"Im alten Ägypten sahen die Menschen ihre Seele als Vogelgestalt.
Dabei ist "Ka" der Doppelgänger der Seele - die Wesensseele, der/die im Jenseits schwebt,
und "Ba" der menschenköpfige Seelenvogel - die Exkursionsseele hier auf Erden, der/die
im Innersten eines Menschen wirkt. Stirbt dieser Mensch, so verlässt
der Seelenvogel [Ba] den toten Körper."
[(1) S.9]

Der Seelenvogel (Ba - Exkursionsseele, Unser unzerstörbarer Geist, Ursubstanz) der Ägyptischen Mythologie.
Bezeichnung für einen bestimmten Aspekt des Seelischen, der sich trotz einer engen Bindung an den Körper
von diesem ablösen und entfernen kann. Solche Seelen, die den Körper verlassen und eigenständig agieren,
werden in der Ethnologie und Religionswissenschaft „Freiseelen“ [Ka, Ba] genannt.
[ergänzt/ Quelle: WiKi]

Als "Geistprinzip" kannten die Ägypter Ba, was vielerlei Bedeutungen hatte, etwa "leuchtender Stern"
oder "Öffnung", "Loch", und häufig wurde Ba auch als Vogel dargestellt. Der Vogel ist bei fast allen
Völkern ein Symbol für den Geist, der gerade den Körper verlässt und gilt zudem als Träger der
Lichtkraft
. Neben Licht bedeutet Ba zusätzlich Feuer oder innerstes Wesen, etwas Geistiges,
Unzerstörbares, und es verlässt den Körper durch ein Loch im Kopf, die Fontanelle. Wenn
Ba den Körper verlässt, stirbt der Mensch, schläft ein oder wird bewusstlos. Es ist Ba,
das den Körper lebendig macht, das in den Himmel, das Lichtland, zurückkehrt
und selbst ein Lichtgeist ist! Modern gesprochen ist Ba Lichtenergie, Photon
,
Ursubstanz und Grundbaustein unseres Daseins, unser Ur-Wesen."
Aus: Holger Kalweit: "Liebe und Tod - Vom Umgang mit dem Sterben"
Der Geist im Lichthimmel. Die Geist-Dimension. Geist-Paradoxien
Geist-Stoff - der Stoff der Welt Seite 231f. KOHA 2006


Der Seelenvogel

"Die Seele - sie lebt in uns, um und über uns und verbindet uns mit der Erde und dem Himmel.
So groß, ja so groß ist die Seele - und dennoch haben sie nur wenige Menschen gesehen.
Und diese wenigen, die die Seele erblickt haben, waren erstaunt: Die Seele erschien ihnen
nicht in Riesengestalt, sondern als kleiner weißer Vogel.


Aber eigentlich ist es nicht überraschend - denn tief im Innern der Seele wohnt tatsächlich ein Vogel, der Seelenvogel -
er hat listige Augen, einen roten Schnabel, weiße Federn und steht - bevorzugt - auf einem Bein, manchmal auf dem rechten,
manchmal auf dem linken. Sein Gesicht hat ziemliche Ähnlichkeit mit einem menschlichen Antlitz - das wussten schon
die alten Ägypter.


Die alten Ägypter wussten auch, dass der Seelenvogel schon lange vor der Geburt in die kleine Menschenseele hineinschlüpft
und darin bleibt, in harten und glücklichen Zeiten. Erst mit dem Tode verlässt der Seelenvogel den menschlichen Körper
durch das linke Ohr und fliegt mit bedeckten Augen zum Himmel hoch ...



Eine Darstellung des Ba-Seelenvogels aus dem Ägyptischen Totenbuch.
Stirbt dieser Mensch, so verlässt der "Ba" - Seelenvogel den toten Körper

[ergänzt/Quelle: WiKi]

Lieber Seelenvogel - woher kommst du, was tust du,
wohin gehst du nach meinem Tod?


Der Seelenvogel lächelt: "Ihr Menschen müsst immer fragen ... immer Erklärungen haben ..."

Und - nach einer Pause - fährt er fort zu reden:
"Die kosmische Seele schickt mich zu dir, damit deine Seele nicht verloren geht ... Und was ich tue?
Ich esse nicht, ich schaue nur ... und wenn du weinst, dann kommen auch mir die Tränen,
und wenn du lachst, dann kichere ich mit. Du siehst - du bist nicht allein, immer bin ich bei dir...
Und ich helfe dir, wenn du willst, glasklare Gedanken zu fassen und leuchtend-rote Liebe zu spüren.

Und nach deinem Tode?
Da trage ich fliegend deine Seele in den Kosmos zurück,
wo sie sich glücklich auflösen wird ..."

Ich: "Was machst du, wenn ich böse bin?"

Seelenvogel: "Dann helfe ich dir - richtig - böse zu sein ..., richtig heißt:
auch im Böse-Sein die Liebe nicht ganz zu verlieren ..."


Ich: "Und wenn ich glücklich bin?"

Seelenvogel: "Dann freu ich mich mit dir, und gleichzeitig sorge ich dafür,
dass dein Glück begrenzt ist ..."


Ich: "Warum denn das?"

Seelenvogel: "Du sollst Mensch bleiben und Begrenztheit erfahren. Wenn du die menschlichen Grenzen
aufheben möchtest, dann musst du mit mir - mit mir - fliegen ..."


Ich: "Das heißt wohl - nur im Sterben werde ich meine Grenzen lösen ...
Bist du, lieber Seelenvogel, bist du unsterblich?"


Seelenvogel: "Sterblich - unsterblich - was heißt das schon ... willst du wirklich immer leben, ewig und ewig so weiterleben ... du ruhst
all-nächtlich in deinem Tiefschlaf ... der Tiefschlaf ist ein kleiner Tod, traumlos ist der Tiefschlaf, die Versuchung des Sterblichen ...
du wagst es - oder du freust dich gar darauf, jede Nacht probeweise das Tor des Todes zu durchschreiten, indem du dich in den
endlosen See des Tiefschlafs hinein sinken lässt ... der all-nächtlich erfahrene kleine Tod im Schlafe gehört zum Gezeitenwechsel
des Lebens ... Tag und Nacht ... Sonne und Mond ... Leben und Tod ... Tätigsein und ewig scheinende Ruhe ...
Was sagt dein Herz jetzt?"


Ich: "Ich weiß nicht."

Seelenvogel: "Das ist eine kluge Antwort ..."

Ich: "Kennst du all meine Geheimnisse?"

Seelenvogel: "Ich bin dein Geheimnis - ich, dein Seelenvogel, bin dein Geheimnis ...
hüte es gut, dein Geheimnis ..."




"With a little help from my friends"

"Bei lang währenden psychischen Leiden oder in akuter Krise, bedarf es manchmal helfender Personen,
die dazu beitragen, dass seelische Wunden wieder verheilen. Ob es sich bei diesen helfenden Personen
um professionelle Helfer oder um engagierte Freunde handelt, gleichermaßen stellt sich die Frage:


Welche Haltungen und Aktivitäten sind in der Rolle als Helfer förderlich?


Die Antwort ist einfach: Wenn der Seelenvogel rebelliert, schreit, weint, keine Freunde hat,
sich scheu zurückzieht oder total verrückt spielt, dann kann ich
- als Helfer, Begleiter -


einengend sein: den Seelenvogel (wieder) domestizieren und in den Käfig sperren
(vergleichbar dem Vorgehen der klassischen Psychiatrie), oder ich kann


befreiend wirken: dem Seelenvogel in Würde, liebevoll begegnen ... Dies ist das Entscheidende,

es bedeutet im einzelnen:

sich einfühlen in den Seelenvogel des anderen Menschen, in sein Tun und seine Laune,
ihn annehmen und ernst nehmen, so, wie er sich gebärdet, ausgesandte Symbole erkennen und versuchen, sie zu verstehen,
seinen Wunsch nach - vielleicht radikaler - Änderung erahnen und ihn dabei unterstützen, seine inneren Kräfte zu entdecken und
zu entfalten, ihn gewähren lassen, soweit er anderen nicht schadet und sich selbst nicht ruiniert, den Werde-Prozess des Seelenvogels
wahrnehmen und seine Wandlung begleiten - Katharsis - ein anderer Vogel - Phönix - kreierte sich in radikaler Wandlung selbst ...


Bei dieser einfühlsamen Zuwendung eines Therapeuten oder natürlichen Helfers entsteht eine Atmosphäre, die auch als
"therapeutisch-liebevolle Anteilnahme" benannt werden könnte, was im Christentum der Nächstenliebe ähnlich kommt ...


Das Entscheidende am Erfolg einer (professionellen) Psychotherapie ist ein möglichst großes Vertrauensverhältnis
zwischen Klient [Karl Rogers (1902-1987] und Therapeut, von untergeordneter Bedeutung ist die Methodik (ob Psychoanalyse
oder Verhaltenstherapie, Gestalt- oder Gesprächstherapie, Bioenergetik oder Systemische Therapie - extrem exotische Verfahren
seien mal ausgenommen). Ein solch "großes Vertrauensverhältnis" kann selbstverständlich auch von einem natürlichen Helfer
aufgebaut werden ...



Entscheidend sind die Grundprämissen therapeutischen Handelns:


Die Würde des Menschen achten, einfühlsam Anteil nehmen und
den anderen in seinem So-Sein akzeptieren und Hoffnung geben


Einschränkend sei, wenn der Klient Gewalt übt gegen Mitmenschen, z.B. sexuellen Missbrauch, psychische oder physische Folter.
Hier muss der Helfer kraft seiner Autorität entsprechend intervenieren und den Klienten keineswegs in seinem So-Sein bestärken,
sondern ihn zu anderen Maßnahmen führen.


Selbstheilungs-Kräfte mobilisieren und die ureigene Lebensphilosophie
herauskristallisieren


Den Menschen als soziales und potentiell liebevolles Wesen fördern

Therapeutisch-kreative Distanz üben, um Abhängigkeit zu vermeiden
und Raum zu geben für Selbstregulierung


Das Ziel der Psychotherapie klar und plastisch beschreiben und
problem-spezifische Methoden und Übungen zur Selbstregulierung
anbieten...


Doch nochmals sei betont:

Die jedem Menschen innewohnenden Kräfte der Selbstregulierung versuchen, einen gestörten Seelenvogel
wieder in ein inneres Gleichgewicht zu bringen. Das nach einer Krise gewonnene "neue" Gleichgewicht kann
von dem ursprünglichen Zustand weit entfernt sein - und ist alles andere als stabil, denn der Mensch ist ständig
wechselnden Erschütterungen ausgesetzt, etwa durch seine Mitmenschen, durch Umwelteinflüsse, durch
das "innere Verarbeiten" seiner Sinneseindrücke. Diese wechselnden Gezeiten und Stürme im Seelenleben
sind natürlich - und natürlich ist auch, wenn man dabei - falls nötig - Hilfe erfährt durch seine Mitmenschen ..."
[(1) S.80-83]



"Zu Anfang einer Therapie ist es wichtig, die Frage nach der individuellen Lebensphilosophie
und der geheimen eigenen Religion des Klienten zu stellen. Hieraus erwächst eine gewisse Reifeprüfung
für den Therapeuten, denn er muss gewillt sein, einen anderen Menschen auf seinen wagnisreichen Wegen und
Irrwegen zu begleiten, auch wenn er meint, es besser zu wissen aufgrund seiner Erfahrungen. Doch ein Besser-Wissen
in Bezug auf den Klienten soll es in der Therapie nicht geben, es würde nicht nur das Spektrum des Klienten
beschneiden, sondern auch - global - die weite Fülle des Lebens beengen und begrenzen.


Nebenbei bemerkt:
Genau diese Beengungs- und Begrenzungsstrategie verfolgt die klassische Psychiatrie, indem sie -
"wissenschaftlich" begründet - vorgibt, alles zu wissen über das Gesund-Sein und Krank-Sein der Psyche ..."
[(1) S.115]

"Die Menschen haben vergessen, dass sie als schöpferische "Künstler des Lebens" geboren wurden ...
Das Leben eines Künstlers des Lebens spiegelt jedes Bild wider, das er aus der unerschöpflichen Quelle
seines Unbewussten erschafft. Jede seiner Taten ist Ausdruck seiner Originalität, Schöpferkraft und
lebendigen Persönlichkeit. In ihm gibt es keine Konventionalität, keine Konformität, keine hemmende
Motivierung. Er bewegt sich so, wie es ihm gefällt. Sein Verhalten ist wie das des Windes, er bläst,
wie er mag. Sein Ich ist nicht in seiner fragmentarischen, begrenzten, gehemmten egozentrischen
Existenz eingekerkert; er hat sein Gefängnis verlassen."

Daisetsu Teitaro Suzuki
(1870-1966)
Ein bekannter japanischer Autor von Büchern
über den Zen-Buddhismus.



Aus dem "Patienten-Dasein" zum Therapeuten werden

"Sie erinnern sich: Der Seelenvogel schreit in Angst, Verzweiflung, Verwirrung,
er fühlt sich wertlos und elendiglich ...


Als professioneller oder natürlicher Therapeut kann man den Seelenvogel in einen Käfig sperren -
irgendwann wird der Seelenvogel sich beruhigen: die brachiale Domestizierung ist der bequemste Weg.
Und hinzu kommt: Manche Seelenvögel lassen sich sogar gerne einsperren.


Oder: Man kann - als professioneller oder natürlicher Therapeut - dem Seelenvogel zur Freiheit verhelfen,
dies ist selten einfach, oft bedarf es einer großen Hingabe, einem freund-lichen Einfühlungsvermögen
und einer am Du-orientierten grenzenlosen Phantasie.


Versuchen sie folgendes Paradoxon zu erspüren:
Nur aus einer psychischen Extremlage, ohne die gängigen Werktage der Logik, kann sich ein Mensch
geistig-seelisch in eine höhere Ebene entwickeln. Eine Methode des Zen besteht darin, den Schüler in eine
existentielle Ausnahmesituation zu bringen, aus der er sich nur ohne Logik - irr-rational - befreien kann.


Ein Mensch in psychischer Krise ist in einer ungemein privilegierten - und gleichermaßen leidvollen - Situation,
in der er existentielle Grenzerfahrungen durchleben "darf", einen Ausweg jenseits der Vernunft finden muss
und so eine höhere Stufe in Richtung auf die Ur-Seele - das Selbst, das "Göttliche" - erklimmen kann.
Dieses soeben bezeichnete Selbst enthält im Kern Erlösendes.


Der Therapeut ist dabei kein Therapeut im schulmedizinischen Sinne. Er ist ein "Meister", der gleichzeitig
diesen Titel ablehnt, weil er weder Hybris will noch Besserwisserei - ein Meister, der seine eigene Psyche
wie auch seine eigene soziale Umgebung meistert und dem Klienten das Existentielle widerspiegeln kann:
das menschliche Leben in seiner extremen Vielfalt - das Leben - eben -... Das Sein ...

Aber es gibt auch als Behandlungsweg eine Psychologie ohne Seele, geschaffen für die, die keine höheren Bedürfnisse
(dies ist nicht wertend gemeint) haben, sondern lediglich - wieder oder zum ersten Mal - im Alltag funktionieren oder von Symptomen
frei sein wollen. Dies ermöglicht ein Weiterleben mit weniger Sorgen, ein Eintauchen in das all-bekannte Leben der Alltäglichkeit,
das wenig Einsamkeit bringt und viele erfreuliche Ablenkungen. Dies kann bedeuten, sich halbwegs gemütlich einzurichten in dieser Welt,
wo man gelernt hat, die Widrigkeiten des Alltags zu ertragen, ohne sie zu hinterfragen, und wo man die geheimnisvolle Tür zum Sein
nur eine Handbreit oder gar nicht öffnet.

"Das Ich, das "ich möchte dies - ich möchte das" sagen kann, und das Ich, das will - ist eine schwache Kreatur;
es muss sich am Ende verständigen mit dem hartnäckigen, dem zähen Ich: das stumm ist, das niemals redet,
das nicht argumentiert; und in manchen Menschen vielleicht der Wächter ist - doch in Menschen meiner Art
der dumpfe, der unerbittliche, der unüberwindliche Geist der Mittelmäßigkeit ... Da war eine Tür, und ich konnte
sie nicht öffnen. Ich reichte nicht bis an die Klinke. Warum konnte ich mein Gefängnis nicht verlassen?
Was ist die Hölle? Die Hölle ist man selbst, allein. Die anderen Gestalten darin sind nur Projektionen.
Da ist nichts, wovor und nichts, wohin man fliehen könnte. Man ist immer allein. Man ist immer allein."


Thomas Stearns Eliot
(1888-1965)
"Cocktailparty" (1949) - Komödie in 3 Akten
1948 Literatur-Nobelpreis


Aufbauend auf den Prägungen der Psychomatrix (z.B. während der Kindheit) und einer genetisch-neuralen Schablone
(als angeborene Gegebenheit = Basisequipment) erwächst bewusst oder instinktiv die individuelle Lebensphilosophie, die
eigene, geheime Religion, die individuelle Antwort gibt (oder geben kann) auf die Frage, warum ich auf dieser Erde bin.
Erfahrungsgemäß übersteigt dabei die eigene geheime Religion in ihren Inhalten und ihrer Tragweite die (in den
Industrieländern) staatstragende philosophische Ideologie des Konsumismus.


Die meisten psychischen Konflikte und so genannten psychischen Krankheiten sind letztendlich fundamentalistische Antworten
oder fundamentalistische Widersprüche bezüglich der individuellen Lebensphilosophie, der eigenen geheimen "Religion".
Um irgendeine "psychische Krankheit" - ob Depression oder so genannte Psychose - zu verstehen, muss man zuerst in
den Tempel der privaten Lebensphilosophie eintreten. Es ist wenig ergiebig zu versuchen, eine "psychische Krankheit"
zu heilen, bevor man nicht die private Lebensphilosophie des betroffenen Menschen erkundet hat."


"Freundlich-einfühlsame Anteilnahme bei gleichzeitig therapeutisch-kreativer Distanz
und Stimulierung der Selbstheilungskräfte."


"Empathie (im Sinne von einfühlendem, nicht wertenden Verstehen),
positive Wertschätzung, Sich-sorgen, emotionale Wärme und
Echtsein im therapeutischen Verhalten"


"Empathie - Achten - Echtsein"

""Heil" im Sinne von Annehmen des Weltlichen und Kosmischen, dessen, was ist,
des eigenen Da-Seins, wie es ist, und dabei in einem - traurigen oder fröhlichen -
Gelassen-Sein leben ..."


"Der "Patient" hilft sich selbst und hilft dem andern.
Er wird zum Therapeuten des eigenen Ich und
zum Therapeuten des ihn umgebenden Du."




"Betrachtung der sechs inneren und äußeren Grundlagen des Bewusstseins"
Bewusstseinvorstellung aus dem europäischen 17. Jahrhundert
[Bildquelle: Wikipedia]
Robert Fudd
(1574-1651)
Arzt und Philosoph


"Der universale Raum dehnt sich grenzenlos aus - ist überall, hoch oben in den Sternen oder in unserem Zimmer.
Ausgehend von diesem Gleichnis, bitte ich Sie, sich vorzustellen, dass das "Seelische", das ich "Ur-Seele" nenne,
über-all ist, im Kosmos und hier auf erden, in allen Lebewesen und wohl auch in den Dingen. Die Ur-Seele -
vergleichbar dem Raum - erfüllt alles - und erfüllt natürlich auch Sie und Ihre Persönlichkeit - die Ur-Seele ist
das transpersonale Sein, ist das "höhere Selbst" und im weiteren sinne - "Göttliches".


Ein winziger Teil der Ur-Seele löst sich gewissermaßen und inkorporiert sich in einem Einzelwesen,
zum Beispiel in einem Menschen. Ähnlich ist es, wenn der unendliche Raum auch einen tönernen Krug füllt:
Der Raum in dem Kruge unterscheidet sich vom allumfassenden Raum nur durch seine Begrenztheit.
Ebenso unterscheidet sich die Individual-Seele (das "kleine Selbst") von der Ur-Seele
einzig durch ihre Begrenztheit ..."
[(1) S.39]

"Bei manchen Lebewesen - oder bei allen? - kristallisiert sich inmitten des Meeres der "Individual-Seele"
eine kleine Insel des Bewusst-Seins. Man ist nicht nur die eigene Existenz, sondern man kann gewissermaßen
auch daneben stehen und seine eigene Existenz - wie von außen - betrachten. Bewusst-Sein. Ein weiterer Schritt
führt zum Ich-Bewusstsein, Ego-Bewusstsein.


Die genetisch-neurale Schablone ist das Basis-Equipment der Psycho-Matrix (1).
Die Psycho-Matrix erfährt aber von Anbeginn ihres Seins dauernde und zahllose Prägungen
und Konditionierungen, die allmählich zum Aufbau von relativ selbständigen Matrix-Einheiten -
so genannten Ego-Bausteinen - führen. Der Mensch verfügt nicht nur über ein "Ego",
sondern über viele Egos.


Beispiel: die kleine C. sieht am Gartentor ihre Freundin (Wahrnehmung, Außenreiz) und freut sich
(die Wahrnehmung gelangt ungefiltert zur Psycho-Matrix und hat eine Stimmung erzeugt).
In Sekundenschnelle werden noch andere Instanzen der seelischen Matrix berührt (Denken, Gedächtnis, Imagination,
soziales Empfinden etc.), schließlich wird unter den vielen Egos eine Auswahl getroffen und dem "kindlichen Spiel-Ego"
der Auftrag erteilt zu reagieren. Die kleine C. ruft: "Komm rein, wir können vielleicht baden gehen und dann Eis essen."
Alsdann wird das "kindliche Vernunft-Ego" mobilisiert und C. sagt weiter: "Ich frag' gleich den Papa ..."


Siehe ZITATE: Friedemann Schulz von Thun / Mein Inneres Team >>>

Auch ohne Außenreize ist die Psycho-Matrix in eine ständige Selbstbeschäftigung vertieft, die einzelnen Instanzen der Matrix
"reden" dauernd angeregt miteinander und stimmen Prägungen und Reaktionsmuster untereinander ab. Wenn vorher von
mehreren Egos gesprochen wurde, dann auch deshalb, weil dadurch sichtbar wird, dass der Mensch nicht nur über eine
Persönlichkeit, nicht nur über ein Ego verfügt, sondern eine ganze Horde von Egos dirigieren muss. Das bewusste
Kennenlernen dieser Teil-Persönlichkeiten ist nicht nur für Menschen mit psychischen Störungen nützlich,
sondern kann auch von "Normalen" auf sehr kreative Weise im Alltag gewinnend eingesetzt werden.
Viele Mitglieder unserer Leistungsgesellschaft schaffen sich jedoch immer neue, besonders gut funktionierende Ichs,
die - rekordsüchtig - auf noch mehr Großtaten, Arbeits-output und glänzende Auftritte getrimmt werden. Im vielleicht
winzigen Moment einer kleinen Erleuchtung ahnt man dann, dass dies nicht der Sinn des Lebens sein kann und spürt
eine unbestimmte Sehnsuchz nach einem Zustand, wo man - einfach - ohne diese multiplen Egos glücklich sein kann.


Wahrnehmungen, Empfindungen und Erfahrungen stürmen durch den mentalen Filter [individueller + sozialer Filter (1)] hindurch
und ergießen sich auf die diversen psychischen Matrices; diese sprechen sich dann schnell untereinander ab, einer oder
mehrere Ego-Bausteine erhalten den Auftrag zu reagieren, meist in Form eines konditionierten Reflexes.


Doch die Menschen (und auch die Tiere, vielleicht auch die Pflanzen) müssen nicht nur reflektorisch handeln, sie können auch
tief im Innern der Seele eine bewusste, ein-malige Entscheidung wählen: ein schöpferisches Unikat (!), anstelle des serienmäßigen
und ubiquitär vorhandene Reflexverhaltens. Das Ergebnis des Reflex-Verhaltens ist eine einfache Re-aktion (wobei "einfach" nicht
abwertend gemeint ist). Das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, einer getroffenen Wahl (!) ist schöpferisch und zeigt sich
als selbständige Handlung. Nehmen wir einen einzigen, beliebigen Alltag unseres Lebens: Wie oft handeln wir reflektorisch,
in Re-aktion - wie oft handeln wir aus bewusster, freier Entscheidung, in einem selbständigen Tun?


Die Wahrnehmung haben wir als wichtiges Geschehen beschrieben, durch das die psychischen Matrices in Bewegung geraten.
Die Wahrnehmung ist vielfältig: Sehen, Hören, Riechen, tastendes Spüren, Schmecken, Temperatur und Lage empfinden,
Tasten - und der siebte Sinn - und so weiter. Die Wahrnehmung ist - wie sollte es anders sein - kein objektiver Vorgang:
Jeder sieht die Welt mit anderen Augen, jeder erlebt eine andere Realität!
Was wir wahrnehmen, ist nur eine Illusion, ist nicht die Realität,
sondern ein - subjektiv vor gefärbtes - Abbild.
"[(1) S.46-48]

(1) Während der frühen Kinderjahre baut sich - spezifisch für jede gesellschaftliche Kultur - ein "sozialer Filter" auf, der gewissermaßen die Psycho-Matrix
umhüllt. Dieser Filter erwächst aus den Normen, Geboten und Gepflogenheiten einer menschlichen Kultur, aus ihren Wertvorstellungen, moralischen und
religiösen Kategorien: Was ist gut, was ist böse? Was darf ich immer, was darf ich ausnahmsweise, was darf ich nie? Wer ist liebenswert, wer ist ab-
zulehnen? Was darf ich anschauen, was darf ich sagen und was nicht? Wann werde ich gelobt, wann bestraft? Welches Verhalten wird erwünscht?
Was ist wichtig im Leben? Was ist logisch, was ist unvernünftig? Was tut mir gut und darf in mich eindringen? Wovor muss ich mich schützen,
weil es mich verletzen könnte? Welche Märchengestalten sind wahr? Gibt es Dämonen, Kobolde, Schutzengel, Heilige, Götter?

Parallel zu diesem sozialen Filter ersteht ein "individueller Filter" aus eigener Erfahrung; als Beispiel möge eine kindliche Erfahrung dienen:
Werktags gibt es auf strenge Anweisung der Mutter nie Eiscreme, also wird die Versuchung einer Werbetafel mit Eiscreme an Werktagen gar nicht
erst richtig in das Bewusstsein (Teil der Psycho-Matrix) vordringen. Somit entsteht auch kein bewusster Konflikt zwischen Lust und Verbot.
Der soziale und der individuelle Filter lassen sich - der Einfachheit halber - als "mentaler Filter" zusammenfassen.
Alle Wahrnehmungen (auftretende Reize, Informationen) und Empfindungen (X) können nur dann bis zur Psycho-Matrix vordringen,
wenn sie vom mentalen Filter durchgelassen werden. Der mentale Filter hat eine Schutz- und Auswahlfunktion. Bestimmte elementare,
für das (Über)Leben essentielle Empfindungen/Wahrnehmungen wie Durst, Hunger, Schmerz und sexuelle Lust durchlaufen offenbar
mühelos das Filtersystem und werden uns bewusst, ebenso wie Empfindungen von entstehenden Gefahren. Subtilere affektive Empfindungen, wie z.B.
eine liebevolle Atmosphäre, eine feindselige Spannung oder die Empfindung beim Anblick des aufgehenden Vollmondes durchqueren bei manchen den
mentalen Filter, bei andern nicht oder nur teilweise. Dies hängt davon, wie der mentale Filter vom jeweiligen gesellschaftlichen Kulturkreis und vom Elternhaus
geformt wurde. Rigide, ängstliche Eltern verdichten das Filtersystem ihres Kindes (z.B. durch unzählige Verbote), was dazu führt, dass das Kind sich weniger
Wahrnehmungen und Empfindungen bewusst wird: Die Psycho-Matrix eines solchen Kindes kann somit weniger Eindrücke sammeln. Gleichgültige oder oft-
abwesende Eltern
schaffen bei ihrem Kind ein unvollständiges, "durchlöchertes" Filtersystem und somit eine mangelhafte Schutzfunktion. Aufgeschlossene,
unbeschwerte Eltern
, die vielleicht noch zusätzlich eine glückliche Atmosphäre schaffen, machen den mentalen Filter ihres Kindes grundsätzlich durchgängiger
und offener: Das Kind muss gegen "normale" Reize und Informationen keine unnötigen Barrikaden errichten, denn es hat gelernt, schädigende Außenreize zu
erkennen und abzuwehren. die Psycho-Matrix eines solchen freien Kindes sammelt reichhaltige Eindrücke, das Reservoir für Wahrnehmungen,
Empfindungen und Erfahrungen wird gefüllt.

Das ["geistige"] mentale Filtersystem kann ganz oder teilweise ausgeschaltet werden:
dies geschieht durch bestimmte Drogen, am eindruckvollsten durch Psychedelika (das bekannteste ist LSD), auch durch
Psychostimulantien (wie Ecstasy oder Crack, weniger durch Kokain) und - dosisabhängig - durch Euphorika (wie Alkohol, Opium,
Cannabis). Ebenso kann sich das Filtersystem auflösen in extremen psychischen Zuständen (rasende Angst bis Panik), unter
extremen Umweltbedingungen
, z.B. einsam in der Hitze der Wüste, so genannter Reizentzug oder - im Gegenteil - durch Reizüberflutung,
z.B. exzessive Techno-Disco. Das Gros von Wahrnehmungen (z.B. das Hören eines Liedes, Riechen einer Speise) oder Empfindungen
(Spüren einer angenehmen Atmosphäre) oder Erfahrungen (z.B. das anerkennende Lächeln eines Mitmenschen nach einer bestimmten
Leistung) durchqueren den mentalen Filter und erreichen die Psycho-Matrix, ohne dass wir uns dieses Vorgangs unbedingt bewusst werden.
So sammeln wir ständig - unbewusst - Informationen und Eindrücke und speichern sie. Was alles in unseren Archiven und Vorratskammern
des Gehirns lagert, hat so unvorstellbare Ausmaße erreicht, dass keiner von uns dies annähernd überblicken könnte. Hinzu kommen noch
die bereits beschriebenen, gewissermaßen prähistorischen Empfindungen aus unserer Pränatalzeit."
[(1) S.43-45]

(X) Empfindung wird hier nicht im Sinne der üblichen psychologischen Terminologie verwendet, sondern im Sinne von Wahrnehmen einer Atmosphäre, Wahrnehmen (Spüren)
der Stimmung eines anderen Menschen, Wahrnehmen (Spüren) von Liebe, oder der "siebte Sinn" im Wahrnehmen von Gefahren, Chancen oder über-sinnlichen Gegebenheiten.




Mehrere Tore zur Innenwelt

"Wenn wir Erde und Kosmos betrachten, so ist das psychische Phänomen nur ein - eigentlich nicht abgrenzbarer -
Teil des kosmischen Phänomens. Man kann sich vorstellen, dass sich - ähnlich der unendlichen Ausbreitung des "Raums" -
auch eine Ur-Seele unendlich verbreitet, überall ist. Von dieser Ur-Seele (die wir auch das "höhere Selbst" nennen können)
grenzt sich die Individual-Seele ab, die Individual-Seele eines Menschen oder einer Katze, gewissermaßen das "kleine Selbst";
die Individual-Seele wird eigenständig und bleibt dennoch verbundener Teil der allumfassenden Ur-Seele. Man muss sich
klarmachen, dass die Individual-Seele mit all ihren Mannigfaltigkeiten der einzige "geistige Teil" des Kosmos ist, der für uns
unmittelbar erfahrbar wird und somit unerlässliche Bedingung einer allgemeinen kosmischen Erfahrung ist.
Unsere Individual-Seele ist nicht nur das Tor zur Innenwelt, sondern darüber hinaus das einzige Fenster,
durch das wir die universale Welt, das Kosmische schauen können.

An unserer Individual-Seele können wir unendlich viele Facetten entdecken und betrachten. Für diesen Facettenreichtum
der Seele haben sich im Verlaufe der letzten 100 bis 200 Jahre aus dem Bereich der Psychologie eine Reihe von Begriffen
entwickelt, die weitgehend auch sprachlich Allgemeingut geworden sind: Mit diesen Begriffen werden letztendlich
unfassbare, dennoch erfahrbare Zustände der Individual-Seele umschrieben.

Bitte lesen Sie die folgende Darstellung von unten nach oben:

Wahrnehmbare Facetten der Individual-Seele:
Liebe
Weisheit, Vision
Bezogen-Sein zum Kosmischen, zum "Göttlichen"
Todähnlicher Tiefschlaf
Trance, Ekstase, Meditation
Archetypisches Seelenleben
Reservoir individueller Wahrnehmungen
und Empfindungen
(so genanntes Unbewusstes)
Reservoir für (zum Teil verdrängte) Erlebnisse
und Erfahrungen
Träume
Instinkt, Intuition
Bewusstsein
Ich-Bewusstsein und Ego-Bausteine
Imagination
Willensvorgänge
soziales Empfinden, innere Sensibilität
Erotik
Gefühle
Gestimmt-Sein (von Melancholie bis Euphorie,
von Gelassenheit bis Wut oder Angst...)
Denken, Gedächtnis
Triebe (zum Beispiel Sexualität, Aggression)
Sinneswahrnehmung
Psychomatrix und mentaler Filter
Lebensenergie


Die Psyche wirkt auf den Körper ein - dabei entstehen
sichtbare Reaktionen und spontanes Tun:


- sich ziel-gerichtet bewegen im Sinne von Tätig-sein
(angreifen, fliehen, mitgehen, bei-sich-bleiben)

- sprechen, auch in der Zeichensprache

- Ausdruck (Gesichtsausdruck, Körperhaltung) zeigen
(z.B. Traurigkeit, Angst oder Liebe)

-
Wärme oder Kälte ausstrahlen

Einige der oben genannten psychischen Gegebenheiten werden auch unter dem Begriff "Geist", bzw.
geistige Funktionen subsumiert, wobei "Geist" als ein von Körper und Psyche unterschiedlicher Wesenteil des Menschen
gesehen wird (früher auch als Geist-Seele-Körper-Verhältnis bezeichnet).


Manche Psycho-Theoretiker definieren dann vier "geistige" Funktionen: Aufnahme (input), Speicherung, Verarbeitung
und Ausgabe (output) von Informationen. Die Informationsaufnahme erfolgt durch Augen, Ohren und die anderen Sinnesorgane,
gespeichert wird im Gedächtnis, die Informationsverarbeitung wird gemeinhin Denken genannt, als Träger von Informations-output
fungieren vor allem die gesprochene und geschriebene Sprache, auch die Zeichensprache.


Der Mensch als Informations-gesteuertes Wesen - anders verhält es sich in der philosophischen und religiösen Begriffswelt:
Hier spielt "Geist" (lateinisch: spiritus) als immaterielles Wesen eine eigene Rolle. Wo wird vom "göttlichen Geist" gesprochen und vom -
den verschiedene Religionen eigenen - "rein geistigen Wesen" (Götter, Heilige, Engel), die allesamt in ihrem Sein nicht an Materielles
gebunden sind. Nun kann auch der Seele des Menschen eine Geistnatur zuerkannt werden, wenn man davon ausgeht, dass die Seele
sich zwar mit dem Leib verbindet, aber auch ohne ihn existieren kann. Nicht nur beim Tod des individuellen Körpers, sondern auch im
intuitiven Erleben und/oder im Bezogen-sein zum Kosmisch-Göttlichen kann sich die (Individual-) Seele vom Körper loslösen und geistiges Sein
erreichen. Ob außer den Menschen-, Tier- und Pflanzen-Seelen noch andere "irdische Geistwesen" ("verirrte Seelen", Spukgeister, Dämonen,
Naturgeister, elfen usw.) die Erde beleben, wissen wir nicht, können wir aber erahnen. Die Existenz "irdischer Geistwesen" lässt sich mit den
üblichen wissenschaftlichen Methoden nicht ergründen; doch lässt sich ebenso wenig beweisen, dass sie nur Hirngespinste sind.


Bei der - psychologischen - Betrachtung des menschlichen Da-seins ist eine Trennung der Begriffe "Geist" und "Psyche" artifiziell
und keineswegs zweckdienlich; so wird der Terminus "Geist" in diesem Buch selten, und wenn, dann als Synonym für Psyche
(oder Seele) verwendet.


Um einige der oben erwähnten Facetten der Individual-Seele veranschaulichen zu können, gebe ich ein einfaches Beispiel:
An einem späten Sommernachmittag ziehen Wolken auf, ich ahne (ahnen und intuieren), es wird in nächster Zeit regnen ...
Tatsächlich höre ich alsbald ein leises seltsam-platschendes Geräusch (Sinneswahrnehmung) ... Ich höre, spüre, sehe, taste,
schmecke meine Um-welt, doch diese Sinneswahrnehmungen bedeuten mir nur, dass da etwas Sinn-erregendes (Sinnliches) ist,
es sagt mir aber primär nicht, was es ist ... Nach Bruchteilen von Sekunden erkenne ich das seltsam-platschende Geräusch als beginnenden
Regen - diese Erkenntnis entspringt einem Vorgang, den wir Denken nennen (in unserem Beispiel ein sehr schnell, fast gleichzeitig mit den Sinnes-
eindrücken einsetzendes Denken). Das Denken (mit Hilfe des damit verbundenen Gedächtnisses) übermittelt mir, was hinter des Sinneswahrnehmung
steckt ... Und der Regen erzeugt eine Stimmung, zum Beispiel: "Ach ja, der Sommer geht zu Ende, bald beginnen die grauen Tage ... Melancholie ..."
(Gestimmt-sein) ... Mein kleiner Sohn fragt: "Kommt der Regen vom lieben Gott?" (einfaches Bezogen-sein zum Kosmisch-Göttlichen) ... Ich lächele,
stimme ihm zu und behalte meine recht abstrakte mit Zweifeln besetzte Gottesvorstellung für mich (Weisheit), dann betrachte ich meinen kleinen Sohn
mit beschützenden Gefühlen, die tief aus dem Herzen kommen (soziales Empfinden ... Liebe ...) ... Ich trete hinaus ins Freie und spüre den inzwischen
heftigen Regen und genieße ihn - ich schließe die Augen, atme weit und ruhig, Gedanken vergehen, die Sinne verrauschen, ich vermische mich mit
dem Regen (Trance) ... und verschwebe in zeitloser Leichtigkeit ...


Ein einfaches Beispiel, doch auch die Seele wirkt in ihrer Einfachheit, im Sinne von Einheit:
Dies bedeutet, dass die Seele keine Teile hat, in die sie sich zerlegen ließe.
Wir können die Seele lediglich von vielen Seiten beschauen und für das Gesehene passende Begriffe suchen
(Fühlen, Intuition, Bewusstsein etc.) und dabei den ein-fachen Reichtum unserer Seele bestaunen.
Wenn Psycho-logen die unterschiedlichen Facetten der Seele besehen,
dann analysieren sie und konstruieren theoretische Gebilde."




Die Entdeckung der individuellen Lebensphilosophie

"... Schmiede dir deine, schmieden sie sich ihre eigene Philosophie, werden Sie zum Religionsgründer
in eigener Angelegenheit... Willst du deine individuelle, ganz private - auch atheistische - Religion lieben,
oder willst du dich einer weit verbreiteten religiösen Richtung anschließen? Alle Religionen mit Millionen Anhängerschaft -
die Religionen der Christen, Mohammedaner, Hindus, Konfuzianer, Buddhisten, Taoisten, Schintiisten, die Religion der so
genannten Naturvölker etc. - all diese Religionen beziehen sich auf eine oder mehrere Gottheiten oder auf gottähnliche
Prinzipien. Alle Religionen haben ihre Propheten und Priester, die zwischen dem Gott-Prinzip und dem Menschen vermitteln:
Wohin willst du - als einzelner - dich wenden? Sokrates soll gesagt haben: "Ich weiß, dass ich nichts weiß."


Ratlosigkeit befiel auch den einzelnen, der in Systemen des dialektischen und historischen Materialismus lebte -
in den ehemals so genannten sozialistischen Staaten - Religion und Ideologie sind Geschwister geworden: statt Jesus, Buddha
oder Mohammed kamen Marx, Lenin und Mao-tse-tung als verbindliche Wegweiser, statt Priester wirkten Parteifunktionäre -
allesamt in Diensten eines "höheren Prinzips".


Die modernen Priester des heute herrschenden Konsumismus sind Showmaster, Politiker, Formel-1-Rennfahrer, erfolgreiche (Pop)Musiker
und Schauspieler - wie Priester sind sie von einer anderen Welt, in der Welt des sagenhaften Luxus, und sie sprechen - wie echte Priester -
zum gemeinen, kleinen Volk. Lassen Sie sich durch die Ideologie des herrschenden Konsumismus verführen?


Die Götterkreaturen der Religionen und die Ersatzgötter der Ideologien, von Marxismus bis Konsumismus, sind allesamt Produkte
der menschlichen Hirnphantasien ... atheistischer oder theistischer Glaube - was bekümmert dies das Universum?
Bestenfalls schenkt es den Menschen ein kosmisches Lächeln.

Die eigene Lebensphilosophie finden heißt, die Innenräume seiner Seele erforschen und bereit sein,
über diejenige Realität hinauszugehen, die man mit Händen oder menschlichen Begrifflichkeiten fassen kann ...


Was tun?

Das Leben so zu akzeptieren, wie es ist (was ein Engagement für eine bessere Welt nicht ausschließt), auch akzeptieren,
dass der einzelne keine eigene - im Sinne von "Eigen-sein" - Seele hat, nur eine Individual-Seele als reversible Ausstülpung
einer Ur-Seele. Die Individual-Seele zeigt wohl kein eigenständiges Weiterleben nach dem Tode. Mit dem Tode geht der Mensch
ein in ein allumfassendes Ganzes und verliert dabei seine Individualität, die er eigentlich nie gehabt, sondern die er sich nur
eingebildet hat... Das Akzeptieren der individuellen, psychischen Gegebenheiten kann für den einen Teil der eigenen
Lebensphilosophie sein. Für den anderen kann eine Änderung der Persönlichkeitsstruktur zum Lebensplan, zur eigenen
Lebensphilosophie, gehören.


Das Zauberwort, um den richtigen weg zu finden, heißt in-sich-hineinhorchen.
Diesen Prozess kann ein Therapeut intensivieren, er kann ihn aber auch behindern, indem ein Klient
zu sehr vom Therapeuten abhängig gemacht wird, oder indem durch eilfertig verordnete Psychopharmaka
das eigentliche wesentliche verschleiert wird."
[(1) S.118-121]



"Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es.
Zum Himmel steigt es.
Und wieder nieder
zur Erde muss es.

Ewig wechselnd.

Seele des Menschen,
wie gleichst Du dem Wasser!

Schicksal des Menschen,
wie gleichst Du dem Wind!


Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
„Der berühmteste deutsche Dichter“




Das Ich

"In den ersten Meetings vollzieht sich der Aufbau der Persönlichkeit des Klienten - sehr praktisch
gesehen - mit Hilfe einer Vermehrung der Ich-Stärke, d.h. einer Erforschung und Stärkung der bewussten
Persönlichkeit. Auch dies geschieht auf natürliche und spontane weise millionenfach ohne Therapeuten.

Ablehnenswert ist es, wenn erfolgssüchtige Psycho-Trainer ein bis zur Rücksichtslosigkeit
wachsendes Mega-Ich bei ihren Kunden aufbauen.

Das Ich erkennen
Ich-Stärke aufbauen
und schließlich
diese Ich-Stärke ablegen
wie ein lästiges Gewand?


Ich-Stärke - kennen Sie das? Vermissen sie das? Wollen Sie Ich-Stärke erreichen oder überwinden?

Ich-Stärke umfasst ein sehr breites Spektrum und ist eine globale Wesensbeschreibung,
die folgendes bedeuten kann:

Ich bin aktiv und zwar eigen-mächtig; ich habe Durchsetzungsvermögen; ich bin mir meiner selbst bewusst;
ich pflege Autonomie - weitgehende Selbständigkeit - ich kann die Stürme des Lebens weitgehend autark meistern,
ich habe Ansprüche an andere, und ich erfülle in Maßen die Anforderungen meines sozialen Umfelds; Ängste,
Depressionen, psychosomatische und sexuelle Störungen kann ich - fast immer - souverän überwinden. Ich
gewinne immer mehr Selbstachtung, und ausgehend von meiner inneren Kraft kann ich mich auch - wohldosiert -
anderen gegenüber in meinem Fühlen und Denken öffnen. Ich setze mich durch und bin mir - selbstbewusst -
meiner enormen Fähigkeiten und Ressourcen bewusst. Ich habe eine persönliche Ausstrahlung und bin - obwohl
selbstkritisch - sicher auf meinem Weg. Ich bin zufrieden bis glücklich und weiß um den Sinn meines Lebens


Manche Menschen können sich mit den eben geschilderten Eigenschaften gut identifizieren,
bei anderen erweckt diese Aufzählung Frustrationen, weil es scheinbar an vielem "mangelt".

Wie geschieht - praktisch gesehen - der Aufbau von Ich-Stärke und Selbst-Bewusstsein
in einem therapeutischen Meeting?


Allein schon das Erleben einer Situation, die von den Grundprämissen therapeutischen Handelns getragen ist
(Anteilnahme, Akzeptiert-werden in seinem So-sein etc.), vermehrt Ich-Stärke. Hinzu kommen - als Stichworte aufgeführt -
folgende förderliche Maßnahmen:

Ich Bewusstes Wahrnehmen positiver Erlebnisse; betontes Erkennen kleiner und großer Leistungen; sich die Vielzahl
der eigenen positiven Eigenschaften mehrmals pro Tag präsent machen; sich selbst loben und belohnen für, auch kleine, Erfolge;
sich immer wieder klarmachen, dass man alle Energien, Erfahrungen und Fähigkeiten (Ressourcen), um sein Leben zu meistern,
in sich trägt; das internalisierte Bild meiner Persönlichkeit, das Selbstbild, größer werden lassen; bestimmte Eigenschaften
(z.B. Melancholie) nicht länger mehr negativ bewerten, sondern als reiche Quelle nützen; Angst überwinden, oder als hilfreiche
Begleiterin akzeptieren; die individuelle Energiebilanz aufstellen und für mehr Energiezufluss sorgen; nahe und ferne Ziele konstruieren,
die einen positiven Sog ausüben; die "Power-Übung" in das eigene Repertoire aufnehmen; aus Autoaggression ein gesundes Maß
an Fremd-Aggression entwickeln (ohne den anderen zu verletzen); lernen, unterschiedliche Stimmungen (freudig bis nachdenklich sein)
bewusst herbeizuführen; die Kunst der Autosuggestion kreativ für sich einsetzen; sich üben in der souveränen Kommunikation mit anderen;
gleich-mütig (= gleichen Mutes), nicht gleichgültig werden; Leidenschaften entdecken; sich in Liebe erleben etc.


Die meisten wollen Ich-Stärke gewinnen, um noch glanzvoller zu funktionieren,
um die Grenzen der Aufnahmefähigkeit und Leistung aufzuheben.


Die immer schnelleren Verkehrsmittel sind Symbol für immer schnellere Lebensläufe, wer mithalten will, von dem wird eine Beschleunigung
seiner intellektuellen Fähigkeiten verlangt. Flexibilität - z.B. als Arbeitnehmer - ist längst Selbstverständlichkeit geworden, das exponierte eigene Ich
muss sich messen lassen an den Ichs der anderen Personen, die zum Vorbild deklariert werden. Gefühle von Ich-Geborgenheit in Tradition,
Glauben, Natur und Familie sind in der aktuellen Welt aufgeblähter Ich-Stärken wie verstaubte Antiquitäten. Status- und erfolgsorientierte Armani-Yuppies
mit Laptop und einem 10.000-$-Abend im Fünf-Sterne-Restaurant - für zu viele Menschen ist dies Inbegriff von Ich-Power und wird dilettantisch
nachgeahmt durch das Rumtragen von Handys und Visa-Cards. Ich - Ich - Ich - der Sog des luxuriösen, leichten Lebens wird durch wunderbare,
zu-Herzen-gehende Werbung, der neuen Massenreligion, vielfach verstärkt: Das allseits strahlende Ich!

Ist dieses Ich anstrebenswert?

Mit der Ich-Stärke ist es wie mit äußerem Reichtum:
Ein bescheidener Reichtum erleichtert das Leben,
exzessiver Reichtum bringt Übel für andere
und letztendlich auch für sich selbst.

In unserer Konkurrenzgesellschaft, eingebettet in die Ideologie des Konsumismus, mag ein merkliches Maß
an Ich-Stärke überlebensnotwendig sein. Ein Lebenskünstler kann seine Ich-Stärke schöpferisch-für-sich
und einfühlsam-für-andere leben, kann all-einig sein und eins-sein mit seiner Welt.

Aus der Ich-Stärke kann kreative Auflehnung, Freiheit, Mannigfaltigkeit und Leidenschaft erwachsen -
gleichzeitig mit einer tiefen Moral in der Beziehung zum anderen, womit sich das Ich
wie von selbst zurücknimmt. Ich nenne dies den "moralischen Eroberer" geistiger Werte.

Gegensätzliches geschieht, wenn in Power-workshops (geleitet von verirrten Psycho-Trainern) mit Turbo-Effekt
rücksichtslos Ellbogen-kämpfen geübt wird und Mega-Ichs hochtrainiert werden - Selbstverwirklichung um jeden Preis:
dies sind zynisch-rabiate "selbst-süchtige Eroberer" materialisierter Werte.

An sich sind die Grenzen zwischen einem moralischen Eroberer und einem selbst-süchtigen Eroberer ziemlich klar,
doch gehört es zur Aufgabe eines Psychotherapeuten, mangelnde Ich-Stärke bei einem Klienten nicht nur aufzubauen,
sondern auch die Grenze zur selbst-süchtigen Ich-Stärke erkennbar zu machen. Überdies sollte offensichtlich werden,
dass - um gut zu überleben - nicht dauernd Ich-Stärke demonstriert werden muss, vielmehr ist richtiger:
Ich-Stärke ablegen, um wahrlich zu leben."
[(1) S.121-125]

"Gesundheit bedeutet, dass man sein Ich fallen lässt, seine Habgier abstreift,
nicht mehr der Erhaltung und Mehrung des Ich nachjagt, das man ist,
und sich selbst im Sein und nicht im Haben, bewahren,
begehren, benutzen erlebt ..."

Erich Fromm
(1900-1980)
Deutscher Psychoanalytiker, Philosoph
und Sozialpsychologe

"Ps
ychische Störungen und psychische Leiden sind Ausdruck dafür,
dass die gegenwärtige Situation unerträglich ist und einer Änderung bedarf.

Diese Änderung kann im individuellen oder sozialen Bereich sein, oder auch beide erfassen.
Von einer individuellen Änderung kann man auch dann sprechen, wenn das, was bisher abgewehrt wurde
(z.B. melancholische Stimmung, Angstattacken) akzeptiert wird als Teil der eigenen Persönlichkeit.
Gewöhnlich versteht man aber unter Änderung: etwas anders machen als bisher,
eine neue Lösung finden, eine Wandlung herbeiführen.

Das Herbeiführen überraschender irr-rationaler, paradoxer Problem-Lösungen gibt es im Management, in der Politik,
selten in der Pädagogik, im Buddhismus und anderen Glaubensrichtungen, in Technik, Kunst und der Therapie der Psyche.
Es ist dies das blitzartige Herausspringen aus dem einförmigen Kreislauf des Alltags und - damit einhergehend - das Erobern
einer neuen Bewusstseinsebene
. Mystisches Erleben gehört hierzu, ebenso Erleuchtung, satori, visionäres Wahrnehmen und
paradoxes Heilwerden. Fragen nach dem Warum, Wann, Wer, Woher, Wie werden nicht gestellt,
alles konzentriert sich auf die Gegenwart und - im Falle des paradoxen Heilens - zusätzlich
auf das psychische Problem und seine Lösung."
[(1) S.143]



"Das ICH, der Kern unseres so hoch eingeschätzten Wachbewusstseins,
das den Maßstab für Normalität bestimmt und die Normen eines allgemeinen Konsensus
darüber festsetzt, dieses ICH, das sich als WIR so ungeheuer ernst nimmt und meint, den
Lauf der Dinge durch seinen Willen, seine Kontrolle und sein Wissen bestimmen zu können,
dieses ICH ist nur eine Insel im Meer des UNBEWUSSTEN. Nein, es ist nicht einmal eine Insel,
kein Festland, es ist ein kleines Boot auf hoher See, und nicht einmal das im eigentlichen Sinn,
sondern nur der Steuermann, der das Boot zu lenken versucht.

Wäre es für einen Steuermann richtig, das Meer zu verachten, auf dem er fährt?
Wäre es angemessen, auf die Mittel, die die Reise ermöglichen, herabzuschauen, und
sich darüber erhaben zu dünken? Wäre es von Vorteil, die unmittelbare Umgebung
zu hassen und sich zu gut dafür zu sein, die Reisebedingungen einzuschätzen?


Die Figur, die im Hintergrund enthalten ist, tritt aus diesem heraus, aber sie verlässt ihn nicht.

Das ICHbewusstsein tritt heraus aus der ununterschiedenen Fülle des Unbewussten und macht
einen Unterschied. Aber noch ist das ICH so ängstlich, dass es bei jeder Bewegung des Geistes
fürchtet, die Anstrengung des Heraustretens und Unterscheidens wäre umsonst gewesen,
der Unterschied wieder aufgelöst.

Das ICH muss sich abgrenzen, um sich nicht zu verlieren.

Das ICH ist von Angst so sehr überflutet, dass es starr wird
und sich in einem viel größeren Sinn abgrenzen muss,
als es unbedingt nötig wäre.
Das ICH verachtet seine Herkunft, wie der Sohn, der auszog,
etwas Besseres zu werden. Die Zeit für eine Versöhnung steht an.

Durch Achtung, im wahren Doppelsinn des Wortes, gelingt es jedoch viel besser,
sich mit den Bedingungen des Lebens vertraut zu machen.

Der bewusste Einsatz von Trance und Autosuggestion kann dazu beitragen,
uns diese Achtung zu lehren und zu einer wahren Ökologie des Geistes zu führen.

Kay Hoffmann
(b.1949, Philosophin)
„Das Arbeitsbuch zur Trance“ p173
Nachwort: Trance - Versöhnung mit dem Unbewussten.
Hugendubel 1996 (1994
)



Psychotherapie zwischen Seelsorge und Prostitution

"Nicht vergessen sollte man, dass es sich bei einer Psychotherapie um eine künstliche Beziehung handelt und dass der Therapeut
sich für seine Zuwendung honorieren lässt: ein bezahlter Freund. Ist die Psychotherapie die geistige Variante der leiblichen Prostitution?

Auch die Prostituierten (ob weiblich oder männlich) lassen sich für ihre - körperliche - Zuwendung bezahlen, sie stehen zeitlich nur
begrenzt zur Verfügung und erlauben dem Kunden ungewöhnliches (sexuelles, aber auch psychisches) Verhalten; gewöhnlich geht es
den Kunden nach der "Behandlung" besser als vorher. Auch in der Psychotherapie soll sich der Klient so verhalten, wie er sich sonst
seiner Umgebung nicht zeigen kann oder will (z.B. traurig, ängstlich, weinerlich); auch die therapeutische Zuwendung ist zeitlich limitiert,
der Klient sollte sich danach (nicht immer, aber meist) besser fühlen als vorher.

Sowohl in einer Psychotherapie wie in der Prostitution darf der Klient/der Kunde Schwächen zeigen: In der Psychotherapie sind dies
mangelndes Selbstwertgefühl, seltsame Phobien, Ticks oder Lebensängste etc., in der prostituierenden Körpertherapie werden manchmal
ähnliche Schwächen sichtbar und zusätzlich Frigidität, Impotenz oder Perversionen behandelt. Sowohl die Prostituierte wie auch der Therapeut
versuchen, sich während der Klientenzentrierten Behandlung in ihrer Persönlichkeit zurückzunehmen und verschweigen - mit Rücksicht
auf den Klienten - eigene Wünsche, Vorstellungen und Lebensansichten. Beide - Psychotherapeut und Prostituierte - nehmen bei frei zahlenden
Kunden Honorare, die deutlich über dem Facharbeiterlohn liegen, wobei gute Prostituierte - den Straßenstrich ausgenommen - unvergleichlich
mehr verdienen als gute Therapeuten. Doch sei zugestanden, dass die Prostituierte sich erheblich mehr in die Arbeit einbringen muss
und unvergleichlich mehr Risiken eingeht. Der psychotherapeutische Beruf ist dagegen risikoarm. Im Gegensatz zum Psychotherapeuten
kann eine Prostituierte gemeinhin nicht mit Krankenkasse abrechnen - doch auch hier gibt es Ausnahmen: Einige wenige Sexualtherapeuten
(vor allem in Nordamerika) haben in ihrem Team sehr wohl Prostituierte, die gewissermaßen den praktischen Teil der Therapie übernehmen,
versteckt taucht diese intime Dienstleistung auf den psychologischen und ärztlichen Honorarabrechnungen auf.

Der katholische Priester im Beichtstuhl ist das andere Extrem, das an die Tätigkeit des Psychotherapeuten erinnert: Der religiös Gläubige
(entsprechend dem Klienten) öffnet sein Herz und schüttet all die Bedrängnisse und Kümmernisse aus, sein schlechtes Gewissen wie seine Angst
vor Verwirrung, Hoffnungslosigkeit und Tod. Wer Probleme hat mit dem Sich-Öffnen, der wird vom Seel-Sorger - ähnlich vom Seelen-Therapeuten -
behutsam dazu gebracht, seine Emotionen und Gedanken fließen zu lassen. Der Seelsorger praktiziert eher eine Ultra-Kurztherapie und muss sich -
ähnlich wie der ärztliche Kurz-Therapeut - zum Ende der Sitzung ein kompaktes, zur Problemlösung führendes, Finale einfallen lassen. Bei beiden,
Seelsorger wie Psychotherapeut, spielt die Lebensphilosophie, bzw. die religiöse Überzeugung eine entscheidende Rolle. Am Ende der Beichte steht
zunächst das Buße-Üben - vergleichbar der Aufforderung mancher Therapeuten, bestimmte (z.B. verhaltenstherapeutische) Übungen zu absolvieren.
Diesem Ritual folgt beim Seelsorger der Absolution: "Ego te absolvo a peccatis tuis, in nomine Patris, et Filii et Spiritus sancti, amen." [Ich spreche dich
frei von deinen Sünden...] Auch der Therapeut befreit durch seine empathische, wertschätzende Haltung den Klienten von großer Last. Seelsorger und
Therapeuten zeigen gleichermaßen den Weg, der über die engen Grenzen nur-materiellen Seins hinausführt ...

Bei allen genannten seelen-/körperlich-therapeutisch Tätigkeiten - wenn sie differenziert und reflektiert arbeiten - erscheinen immer wieder Zweifel
über den wirklichen Sinn dieses beruflichen Tuns. Alle drei Berufe geben unterschiedliche Formen von "Liebe" - dennoch hat sich das moralische Elend
auf Erden eher noch vergrößert - sollen die drei genannten Berufe - trotzdem - einen gewissen Mut zum Weitermachen beibehalten?
" [(1) S.194-196]



"Was die Psychiatrie als Geisteskrankheit verfolgt,
ist in Wirklichkeit ein Sammelsurium spiritueller Fähigkeiten.


Ein Mensch nach einer irreal-visionären Krise ["Schizophrenie"] kann wieder zur grauen,
aber bequemen Normalität zurückkehren und seine spirituellen Fähigkeiten brachliegen lassen
(wozu viele durch die Psychiatrie genötigt werden), oder er erkennt neue Dimensionen
seines Da-Seins. Das geht dann über Selbst-Heilung weit hinaus ...

Irreal-visionäre ["psychotisch-schizophrene"] Fähigkeiten sind in jedem und könnten gelebt werden,
aber für den Normalbürger ist dies ein gefährliches Wagnis, weil es das System, in dem er lebt
und woraus er seine Sicherheit bezieht, fundamental erschüttert.
Wer aber über die Grenzen der gegenwärtigen Erkenntnis hinauswachsen will, braucht Mut
zur existentiellen Neugierde, Mut, verschüttete Fähigkeiten wiederzuentdecken und
zum eigentlichen Wesenskern vorzudringen, eine andere Form von Bewusstsein
zu erobern ... Haben Sie den Mut eines spirituellen Eroberers?"
[(1) S.247]



"Die Wissenschaft der Zukunft braucht Mut,
Absurdes in ihr Repertoir mit aufzunehmen.

Folgende Rechnung scheint einfach: 1+1 = 2
Und dennoch kann auch ein anderes Ergebnis heraus kommen -
Sie erinnern sich vielleicht an dieses Beispiel: 1+1 = 0
Ich nehme einen Apfel und esse ihn. Dann nehme ich einen
weiteren Apfel, verzehre auch diesen. Das heißt: 1+1 = 0.
Objektivität gibt es nicht."




"Die meisten psychischen Konflikte und Krisen, selbst Grenzsituationen unseres Seins
werden ohne professionelle Intervention überwunden, mit Hilfe
der eigenen Selbstregulierungskräfte und manchmal -
zusätzlich - mit Hilfe einfühlsamer Freunde ...

Gehen wir von einer Ur-Seele aus, dann entsteht - sobald sich von der Ur-Seele "Etwas" abgrenzt -
in diesem "Etwas" eine Individual-Seele. Unser Körper mit seinen Organen und Neurotransmittern
wird zum sichtbaren Teil der Seele. Der wesentliche Unterschied zwischen Individual-Seele und Ur-Seele
liegt darin, dass sich erstere als abgetrenntes Einzelwesen erfahren kann,
als "in-die-Welt-geworfene" Existenz, das Allein-sein spürt.
[(1) S.267]

Aus: Josef Zehentbauer: „Abenteuer Seele. Psychische Krisen als Chance“
Auszugsweise aus Seite 9, 56f, 80-83,99-100, 46-48, 43f, 39, 17-21, 106,107,108,111,112,
115, 118-121, 121-125, 143, 194-196, 247, 263, 267, 269 ALBATROS 2012 (2000)
[Meine Ergänzungen]



Psychosen (1) - ein zutiefst menschliches Problem

Menschen müssen im Unterschied zu anderen Lebewesen um ihr Selbstverständnis ringen.
Es gehört zu unseren Möglichkeiten, an uns zu zweifeln, andere(s) zu bezweifeln und dabei
auch zu verzweifeln, über uns hinaus zu denken und uns dabei zu verlieren.


Wer lange Zeit verzweifelt ist, ohne Halt und Trost zu finden, wer seine Gefühle nicht mehr
mitteilen kann und sie nicht mehr aushält, kann depressiv werden, wer die Flucht nach
vorne ergreift, auch manisch. (1a)
Wer sich selbst verliert, verliert auch seine Begrenzung und Abgrenzung zu anderen.
Entsprechnd verändert sich die Art, Dinge und Personen um sich herum wahrzunehmen.
Die Gedanken werden sprunghaft, probierend und weniger menschlich. (1b)

Dauert dieser Zustand an, sprechen wir von Psychosen (1). Wer psychotisch wird, ist also kein
"Wesen vom anderen Stern", reagiert nicht menschen-untypisch, sondern zutiefst menschlich.

Eine Psychose (1) ist eine tiefe existentielle Krise, eine meist alle Lebensbereiche umfassende Verunsicherung.
Subjektiv ist nichts mehr, wie es war, auch wenn aus der Sicht von anderen gar nicht viel passiert ist. Vorrangig
können STIMMUNG, LEBENSGEFÜHL und LEBENSENERGIE wesentlich verändert sein, dann spricht die
Psychiatrie von "affektiver Psychose" (1a). Oder es können vorrangig WAHRNEHMUNG, DENKEN und
SPRACHE betroffen sein, das nennen Psychiater "schizophrene/kognitive Psychose" (1b).
Letztlich hängen Wahrnehmung und Stimmung (in beiden Richtungen) zusammen.
Und jede Psychose ist anders, so wie jeder Traum anders ist,
weil jeder Mensch ander ist ...

Menschlicher Zugang - Vorurteile und ihre Entkräftung

Psychoseerfahrene Menschen und ihre Familien sind meist mit völlig
falschen Vorstellungen über die Erkrankung konfrontiert.

Verbreitete Vorurteile sind: Menschen mit Psychosen seien dumm, unheilbar
oder gespaltene Persönlichkeiten. Schuld an der Erkrankung seien die Eltern
oder ihre Gene und die Psychose sei ausschließlich somatisch zu behandeln.
Diese Vorstellungen sind falsch.

Wahr ist:
Menschen mit Psychoseerfahrung verstoßen i.A. weniger gegen Gesetze als andere.
Bestimmte Risiken sind befristet erhöht, doch auch in akuten Phasen sind Psychose-
erfahrene weniger gefährlich als Menschen unter Einwirkung von Alkohol oder Drogen

Am ehesten kommt es zu Aggressionen wegen subjektiv erlebter Grenzüberschreitung,
solche Risiken sind meist vorhersehbar.

Psychoseerfahrene sind eher Opfer von Missbrauch und Gewalt als Täter. Sie sind in
erster Linie nicht unberechenbar, sondern selbst verunsichert in dem, was anderen als
Wirklichkeit [sozial geteilte Wirklichkeit ↔ explizite Psychoseerfahrung] erscheint.

Manche Menschen erleben in Psychosen mehrere Realitäten oder verarbeiten die tat-
sächliche Komplexität der Welt anders als sonst. Das Bild der "Persönlichkeits-
spaltung" ist falsch und irreführend.

In jedem familiären Zusammenleben gibt es Verwicklungen und Wechselwirkungen,
deshalb ist die Einbeziehung und Entlastung der ganzen Familie wichtig.
Beweise, dass ein bestimmtes "falsches" Verhalten der Eltern
Psychosen verursacht, gibt es nicht.

Es gibt zwar eine Eigendynamik des Hirnstoffwechsels nach psychischer Belastung;
doch ebenso bedeutsam für Erkrankung und Heilung sind psychische
und soziale Prozesse.

Psychoseerfahrene benehmen sich nicht gleich und unbedingt "krankheitstypisch",
sondern in erster Linie wie Menschen mit unverwechselbaren persönlichen
Eigenschaften - auch in Hinblick auf ihre Symptome ...

Aus: Broschüre 2007: „Es ist normal, verschieden zu sein! - Verständnis und Behandlung von Psychosen“ S.5,
17, erstellt im Dialog von Psychoseerfahrenen, Angehörigen und Therapeuten/Wissenschaftlern in der AG der
Psychoseseminare (Hrsg.), Redaktion: PD Dr. Thomas Bock, Dorothea Buck, Prof. Dr. Klaus Dörner, Susanne Heim,
Cornelia Schäfer, Eva Schmittt, Prof. Dr. Peter Stolz, Ursula Zingler, Herstellung: Brücke Neumünster gGmbH,
Ehndorfer Straße 13-17, 24537 Neumünster, 6.Auflage 2007. (1) "Seelenkrankheiten", "Geisteskrankheiten",
(1a) afektive Psychose: bipolare affektive Störung, Manisch Depressive Krankheit. (1b) schizophrene/kognitive
Psychose: Schizophrenie. Unter: www.rat-und-tat-koeln.de/bilder/pdfs/Broschuere_Es%
20ist%20normalverschieden%20zu%20sein.pdf >>>

"Ein Mensch, der Heute unter Depressionen leidet und sich an einen Psychiater wendet, bekommt wahrscheinlich
folgende Worte zu hören:
"Sie leiden an einem Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn. Ihr Serotonin-Wert
ist zu niedrig. Das lässt sich gut mit Medikamenten behandeln."
Mit einem Rezept in der Hand verlässt dieser
Mensch kurze Zeit später die Praxis. Manche sind erleichtert über die biochemische Erklärung und dass es
Tabletten dagegen gibt.
Diese Menschen wären erstaunt zu erfahren, dass die "Serotonin-Theorie der Depression"
(von Alec Coppen 1967, (1923-2019) britischer Psychiater) bereits seit vielen Jahren widerlegt ist ...
[S.143]
Die [biochemische Erklärung der Depression] Hypothese vom Transmittermangel ["Monoamin-Mangel Hypothese":
Serotonin, Noradrenalin, Dopamin,
aus den 60-iger Jahren d. 20. Jhd.] wird der unendlichen Komplexität unseres Gehirns
nicht gerecht, erklärt der Depressionsforscher [Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult.] Florian Holsboer [b.1945]:
"In unserem Gehirn
befinden sich Milliarden unterschiedliche Zellen; diese in ihrer Funktion, sowohl im Zellinneren, als auch in ihrer Wechsel-
wirkung untereinander zu begreifen, ist eine Aufgabe, der gegenüber das Verständnis des Weltalls auch nicht schwerer
zu sein scheint"
(1). Allein für Serotonin gibt es mindestens 14 unterschiedliche Rezeptoren. Die Signalübertragung lässt
sich sowohl präsynaptisch als auch postsynaptisch beeinflussen. Die Rezeptoren können innerhalb von Millisekunden
dynamisch herauf- und herunterreguliert werden. Hinter diesem Rezeptoren-System sind noch weitere "second Messenger"
geschaltet, die auf den Informationsfluss einwirken. Die biochemische Signalübertragung [durch sog. Botenstoffe (Trans-
mittersubstanzen)] ist zudem nicht der einzige Kommunikationsweg unserer Nervenzellen. Impulse werden auch elektrisch
weiter geleitet. Die elektrische Kommunikation der Nervenzellen lässt sich mit Tabletten [Psychopharmaka] nicht beein-
flussen. In Irland und Schweden haben die staatlichen Arzneimittelbehörden auf diese Erkenntnisse reagiert. In beiden
Ländern ist es den Pharmakonzernen verboten zu behaupten, ihre Mittel würden ein chemisches Ungleichgewicht im
Patienten korrigieren (2). Die Hypothese, Depressionen seien eine rein organische Erkrankung, kann sich negativ
auf den Patienten auswirken.
Wird diese Auffassung einem Depressiven vermittelt, entbindet es ihn vom Aufarbeiten
der Schwierigkeiten, die die Depression ausgelöst haben. Er glaubt, mit der Einnahme von Medikamenten genug
gegen seine Erkrankung unternommen zu haben. Langzeitstudien haben immer wieder gezeigt, dass Patienten,
die ihre Erkrankung rein medikamentös behandeln, insgesamt länger krank sind und ein deutlich höheres
Rückfallrisiko haben (3) ... In einem Interview (4) vom März 2015 sagt Holsboer: "Diagnosen in der Psychiatrie
sind beliebig, weil sie keine objektiven Laborergebnisse enthalten. Man hat kein Röntgenbild, keine Blutwerte,
es sind auf verbaler Kommunikation basierende Einschätzungen. Diagnosekriterien ändern sich alle zehn
Jahre." (4)
... Für die Zulassung eines Medikaments müssen Hersteller eigentlich Dosisfindungsstudien
einreichen. In diesen soll die minimale Dosis bestimmt werden, bei der das Medikament noch wirksam ist.
Bei allen Antidepressiva mussten die Gutachter einräumen, dass "eine minimale effektive Dosis für Anti-
depressiva nicht festlegbar"
sei". Wenn die Depression durch biochemische Vorgänge definiert wäre,
wäre auch die Festlegung einer Minimaldosis für Antidepressiva möglich ..."
Aus: Peter Ansari, Sabine Ansari: „Unglück auf Rezept - Die Antidepressiva-Lüge und ihre Folgen“ Psychopharmaka.
Die Biochemie der Depression ist unbekannt S.63f, 66, 67f. Psychiater. Die Serotonin Lüge S.143,
Vorwort Prof.em.Dr.med. Bruno Müller-Oerlinghausen
Klett-Cotta 2016, www.depression-heute.de
(1) Florian Holsboer: "Biologie für die Seele - Mein Weg zur personalisierten Medizin" S. 51 C.H.Beck 2009
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Florian Holsboer: www.holsboer.de/index2.php?include=inc/show.php&id=4
(2) Anna V. Zetterqvist, Shai Mulinari: "Misleading Advertising for Antidepressants in Sweden:
A Failure of Pharmaceutical Industry Self-Regulation" PLoS ONE 8(5): e62609
(3) Evelyn M. van Weel Baumgarten: "Treatment of depression related to recurrence:
10-year follow-up in general practice" J Clin Pharm Ther. 2000 Feb;25(1):61-6
http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.525.1506&rep=rep1&type=pdf
(4) Anja Reichelt: "Airbus-Absturz: Er muss eine Psychose gehabt haben" Interview mit Florian Holsboer
Bunte online 28. März 2015 www.bunte.de/psyche/airbus-absturz-er-muss-eine-psychose-gehabt-haben-119010.html

"Die Fragwürdigkeit eines neurobiologisch verkürzten Psychopharmaka-Schizophrenie-Modells
zeigt sich, wenn die betreffenden Menschen plötzlich nach Jahren des Stillstands und Vor-sich-hin-Leidens
feststellen, dass Veränderung und Besserung durch eine vorsichtige Neuroleptika-Reduktion
und entsprechende Formen und Dosierungen des Miteinanders möglich sind.

Die Betreffenden stehen nun vor einer harten Entscheidung: Sie müssen sich entweder der Erkenntnis stellen,
dass sie die vielen Jahre bis hierher möglicherweise unnötig gelitten haben, insbesondere auch unter den Neben-
wirkungen der Medikamente [Psychopharmaka], welche ja eigentlich alle Nutzerinnen und Nutzer haben - oder sie
halten am (Selbst-)Bild eines unheilbaren Kranken fest. Letzteres jedoch vermutlich in Zukunft mit berechtigten Zweifeln
an der Unveränderbarkeit ihrer Lebensumstände. Die Einsicht liegt nahe, dass das erlebte Leid möglicherweise sinn-
und grundlos durch die Art der medikamentösen Behandlung verschlimmert wurde. Noch weitergehender ist dann
die Überlegung, dass die Medikamente allenfalls kurzfristig, aber eben zumindest langfristig nicht hilfreich waren,
sondern dass sie vielmehr die persönliche Entwicklung, die Genesung in eine Art Warteschleife geschickt haben.
Vor diesem Hintergrund muss sich die betreffende Person oftmals vollkommen neu definieren,
ihre Vergangenheit neu und anders sortieren, ihr Bild vom Leben verändern ...

Es gibt keine Garantie, dass ein Absetzen des letzten Krümels gelingen wird. Es gibt keine verlässliche Vorhersage,
wem es gelingen bzw. wem es nicht gelingen wird ... Es ist ja auch nicht möglich, Antworten auf die Frage zu finden,
wer seine Psychose unter Soteria-Bedingungen ohne Nueroleptika (1) bewältigen kann ... Es kommt durchaus auch
darauf an, was die betreffende Person tut ... Es gilt also, Geduld zu haben und die langfristige Perspektive beizube-
halten. Den richtigen Moment zum Absetzen abzuwarten, bestenfalls mit der inneren Gelassenheit, dass mehrere
Anläufe nötig sein könnten, und dem Vorsatz, die entwickelten Routinen nicht aufzugeben im Glauben, dass sie
mit dem Absetzen des letzten Krümels unnötig geworden sein könnten.
Nicht zuletzt ist denkbar, dass eine Rest-
medikation erhalten bleibt. Dies muss keine Neuroleptikum sein. Es kann auch einfach eine Schlafmedikation
[Baldrian, Hopfen, Melisse, Lavendel, Passionsblume, Melatonin u.a.m] sein ... In diesem Sinne ist das Absetzen
des letzten Krümels vielleicht nur ein anderes Wort für eine Reduktion auf Placebo-Level. Eventuell muss eine
individuelle Niedrigdosis beibehalten werden, da sich die Rückanpassung der neuronalen Netze
an eine medikamentenfreie Situation nicht (schnell genug) vollzieht ...

Medikamentenfreiheit dreht die Lebensgeschichte nicht zurück. Die Psychoseerfahrung bleibt Bestandteil des
eigenen Lebens, die eigene Psychosebefähigung (soziale Empfindsamkeit, soziales Dilemma, trouble generateur)
bleibt ein Merkmal der eigenen Person. Eine zumindest über ein bis zwei Jahre fortgesesetze Begleitung durch
Profis und die Nutzung von Therapien sind deshalb auch nach dem Absetzen des letzten Krümels fast immer
sinnvoll. Manchmal können bestimmte wichtige Themen erst dann in der Therapie bzw. im Leben
aufgegriffen werden.
"

Aus: Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka: "Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen"
Leben mit einem letzten Krümel oder ganz ohne Psychopharmaka, Der letzte Krümel S.211-215, Psychiatrie Verlag 2019
(1) John R. Bola, Loren R. Mosher: "At Issue Predicting Drug-Free Treatment Response in Acute Psychosis From the
Soteria Project" Schizophrenia Bulletin 2002; 28(4): 559-576



"Je mehr ein Mensch seine Muskeln gebraucht, desto mehr gute Gefühle spürt er
in seinem Kopf ... Lockeres Ausdauertraining hilft nicht nur, den Niedergang der
kognitiven Fähigkeiten abzuwehren. Viellmehr hat es auch das Potential
(StC),
den Verlust von Gehirnstrukturen im Alter umzukehren! [Neurogenese (1962)
n. Joseph Altmann (1925-2016), US-amerik. Neurobiologe
(JA)] ... Wer ins
Schwitzen kommt, der schickt sein Gehirn zu Kur ... Wer ein körperlich
und geistig aktives Leben führt, der scheint sein Gehirn vor unliebsamen
Verfallserscheinungen im Alter zu schützen"
(JB)
Jörg Blech
(b.1966)
Deutscher Wissenschaftsjournalist
Sachbuch-Autor

(StC) Stanley J. Colcombe, Kirk I. Erickson, Paige E. Scalf, Jenny S. Kim, Ruchika Prakash, Edward McAuley, Steriani Elavsky, David X. Marquez, Liang Hu,
Arthur F. Kramer: "Aerobic exercise training increases brain volume in aging humans" J Gerontol A Biol Sci Med Sci. 2006 Nov;61(11):1166-70
www.gwern.net/docs/dnb/2006-colcombe.pdf
(JB) Jörg Blech: "Die Heilkraft der Bewegung - Wie Sie Krankheiten besiegen und Ihr Leben verlängern" Kapitel 10: Die Seele wird munter S.151,
Reger Körper, wacher Geist S.162, Training - die bessere Tablette S.163, Kapitel 11: Jungbrunnen im Gehirn. Mythos vom unveränderbaren Gehirn
[S.R.Cajal, Joseph Altman] S.171f, Geistige Bewegung - Rüstzeug für gesunde Gehirne S.176 FISCHER 2014 überarbeitete Neuauflage von „Heilen
mit Bewegung“ 2007, ("Healing through Exercise: Scientifically Proven Ways to Prevent and Overcome Illness and Lengthen Your Life: How Exercise
Can Cure Illness and Lengthen Your Life" Da Capo Lifelong Books 2009). Siehe auch ZITATE:
Bernie Siegel: Krebs-Denken-Fühlen-Bewegen-Essen >>>
Jean Marx: "Preventing Alzheimer’s: A Lifelong Commitment? Recent research suggests that keeping mentally and physically
active when young and middle-aged can help stave off the brain degeneration of Alzheimer’ Science 2005,309,S.864-866.
http://science.sciencemag.org/content/sci/309/5736/864.full.pdf

(JA) ~1928: Das bisherige Dogma, des spanischen Hirnforschers und (1906) Nobelpreisträgers Santiago Ramón y Cajal
(1852-1934), der 1928 schlicht befand:
„Im erwachsenen Gehirn sind die Nervenbahnen starr und unveränderlich.
Alles kann sterben, aber nichts kann regenerieren“
,
wird allmählich widerlegt.

Einige Meilensteine der NEUROGENESE - GEHIRN-PLASTIZITÄTS-FORSCHUNG:
1962 Joseph Altman: The Discovery of Adult Mammalian Neurogenesis in http://neurondevelopment.org/adult-neurogenesis
1974: Michael S. Kaplan (b.1952, US-amerik.Biologe): "Environment complexity stimulates visual cortex neurogenesis:
death of a dogma and a research career" Trends Neurosci. 2001 Oct;24(10):617-20
Charles G. Gross (b.1936, US-amerik. Psychologe, Neurowissenschaftler): "Three before their time: neuroscientists whose ideas
were ignored by their contemporaries" Exp Brain Res. 2009 Jan;192(3):321-34 [Emanuel Swedenborg (1688–1772),
Claude Bernard (1813–1878), Joseph Altman (1925–2016)] www.princeton.edu/~cggross/ExpBrainRes08.pdf
1988: Arturo Alvarez-Buylla, Marga Theelen, Fernando Nottebohm: "Birth of projection neurons in the higher vocal center of the canary
forebrain before, during, and after song learning" Proc Natl Acad Sci U S A. 1988 Nov;85(22):8722-6
1998: Peter S. Eriksson, Ekaterina Perfilieva, Thomas Björk-Eriksson, Ann-Marie Alborn, Claes Nordborg, Daniel A. Peterson, Fred H. Gage:
"Neurogenesis in the adult human hippocampus" Nature Medicine 1998 4, 1313 - 1317
>2004: Andréanne Bedard, Andre Parent: "Evidence of newly generated neurons in the human olfactory bulb" Brain Res Dev Brain Res. 2004 Jul 19;151(1-2):159-68

Bogdan Draganski, Christian Gaser, Volker Busch, Gerhard Schuierer, Ulrich Bogdahn, Arne May: "Neuroplasticity: Changes in grey matter induced by training"
[Jonglieren] Nature. 2004 Jan 22;427(6972):311-312
Andrea Mechelli, Jenny T. Crinion,Uta Noppeney, John O’Doherty,John Ashburner, Richard S. Frackowiak, Cathy J. Price: "Neurolinguistics: structural plasticity
in the bilingual brain" Nature. 2004 Oct 14;431(7010):757. http://www.brainresearch.us/structural_plasticity_in_the_bilingual_brain.pdf
Johannes Thome, Amelia Eisch: "Neuroneogenese - Relevanz für Pathophysiologie und Pharmakotherapie psychiatrischer Erkrankungen"
Der Nervenarzt 2005, Vol.76, Issue 1, pp 11–19
Gerd Kempermann (b.1965, DZNE - Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen): "Adult Neurogenesis: Stem Cells and Neuronal
Development in the Adult Brain" Oxford University Press 2006
Ana C. Pereira, Dan E. Huddleston, Adam M. Brickman, Alexander A. Sosunov, Rene Hen, Guy M. McKhann, Richard Sloan, Fred H. Gage,
Truman R. Brown, Scott A. Small: "An in vivo correlateof exercise-induced neurogenesis in the adult dentate gyrus" Proc Natl Acad Sci USA
2007 Mar 27;104(13):5638-43

Jörg Blech: "Hirn, kuriere dich selbst! - Forscher erkunden einen Jungbrunnen im erwachsenen Gehirn. Geistige Aktivität, soziale Kontakte,
aber auch körperliche Bewegung lassen neue Nervenzellen sprießen [NEUROGENESE] – was den Geist bis ins hohe Alter flexibel hält.
Wenn die Neuronen-Produktion erlahmt, drohen Alzheimer und Depression" Spiegel special (S.92-103) 4/2006
Siehe: http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/47216864
Elkhonon Goldberg (b.1946, US-amerik. Neurologe, Neuropsychologe): „Die Weisheits-Formel: Wie Sie neue Geisteskraft gewinnen, wenn Sie
älter werden“ Übersetzung: Monika Niehaus-Osterloh („The Wisdom Paradox: How Your Mind Can Grow Stronger As Your Brain Grows Older“
NY: Penguin 2005) Rowohlt 1.Auflage 2007, „Die Regie im Gehirn: Wo wir Pläne schmieden und Entscheidungen treffen“ (“The Executive
Brain: Frontal Lobes and the Civilized Mind“ Oxford University Press 2001) Vorwort von Oliver Sack VAK Verlags GmbH 2002


Dr. Claudia Voelcker-Rehage:
"Der Zusammenhang zwischen motorischer und kognitiver Entwicklung
im frühen Kindesalter - Ein Teilergebnis der MODALIS-Studie"
pdf >>>

Aus: www.zeitschrift-sportmedizin.de/fileadmin/content/archiv2005/heft10/358-363.pdf

Empfehlungen und Richtlinien für Bewegung und Fitness - Medizinische Trainingslehre pdf >>>
Prof. Dr. Paul Haber (Wien):
www.trainingstherapie.at/fileadmin/tt/ups/Empf_Richtl_f.pdf

Martin Halle: „Zellen fahren gerne Fahrrad - Mit gesunden Gefäßen länger jung bleiben“ Mosaik 2012
Martin Halle, Arno Schmidt Trucksäss, Rainer Hambrecht, Aloys Berg (Hrsg.): „Sporttherapie in der Medizin - Evidenzbasierte Prävention und Therapie“ Schattauer 2008
Claude Bouchard, Roy J. Shephard, Thomas Stephens, John R. Sutton, Barry d. McPherson: „Exercise, Fitness, and Health - A Consensus of Current Knowledge“
Human Kinetics Books, Champaign, Illinois 1990
Andreas Broocks, Uwe Ahrendt, Marcel Sommer: "Körperliches Training in der Behandlung depressiver Erkrankungen" Psychiat Prax 2007; 34: S300-S304
Norbert-Ullrich Neumann, Karel Frasch: "Biologische Mechanismen antidepressiver Wirksamkeit von körperlicher Aktivität" Psychoneuro 2005; 31(10): 513-518
Robert D. Abbott, Lon R. White, G. Webster Ross, Kamal H. Masaki, J. David Curb, Helen Petrovitch: "Walking and Dementia in Physically Capable Elderly Men"
JAMA. 2004 Sep 22;292(12):1447-53. https://pdfs.semanticscholar.org/64da/f818ae463ce2c61be8e090ba4a092273bfa5.pdf
Suvi Rovio, Ingemar Kåreholt, Eeva-Liisa Helkala, Matti Viitanen, Bengt Winblad, Jaakko Tuomilehto, Hilkka Soininen, Aulikki Nissinen, Miia Kivipelto:
"Leisure-time physical activity at midlife and the risk of dementia and Alzheimer's disease" Lancet Neurol. 2005 Nov;4(11):705-11
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Michael Babyak, James A. Blumenthal, Steve Herman, Parinda Khatri, Murali Doraiswamy, Kathleen Moore, W. Edward Craighead,
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Psychosom Med. 2000 Sep-Oct;62(5):633-8; www.hibody.co.uk/Exercise%20treatment%20for%20major%20depression.pdf
Andrea L. Dunn, Madhukar H. Trivedi, James B. Kampert, Heather O'Neal Chambliss: "Exercise treatment for depression: efficacy
and dose response" Am J Prev Med. 2005 Jan;28(1):1-8
Miachel Rauchenwald (b.1955, Österr.Urologe): "Körperliche Fitness beim alternden Mann" Journal für Urologie und Urogynäkologie
2001; 8(6) (Ausgabe für Österreich), S.33-39. www.kup.at/kup/pdf/950.pdf
Ralf Sygusch, Petra Wagner, Anke Janke, Walter Brehm: "Gesundheitssport – Effekte und deren Nachhaltigkeit bei unterschiedlichem
Energieverbrauch" Deutsche Zeitschrift für sportmedizin 2005, 9, S.318-326
www.zeitschrift-sportmedizin.de/fileadmin/content/archiv2005/heft09/Originalia1.pdf
Rainer Hambrecht, Stephan Gielen: "Essay Hunter-gatherer to sedentary lifestyle" Lancet. 2005 Dec;366 Suppl 1:S60-1
University of Leipzig, Heart Centre, Department of Internal Medicine/Cardiology
Sylvia Kirchengast: "Physical Inactivity from the Viewpoint of Evolutionary Medicine" Sports 2014, 2, 34-5
Department of Anthropology, University of Vienna; www.mdpi.com/2075-4663/2/2/34/pdf




Prof. Dr. med. Hinderk Meiners Emrich [1943-2018], lange Zeit Ordinarius
für Psychiatrie an der Medizinischen Hochschule Hannover [1992-2008],
erklärte:

"Ich kenne viele Künstler, die intensiver als ich mit ihrer Seele reden
und die sagen, ohne diese paranormalen Fähigkeiten könnte ich
nicht arbeiten. Die Psychiatrie läuft heute in Gefahr, alles unge-
wöhnliche Seelenleben, das in der Romantik noch positive Neben-
klänge hatte, als pathologisch zu etikettieren und zu bekämpfen."

Es scheint das Schicksal kreativer Menschen zu sein, dass sie
verdächtig erscheinen, sobald sie aus der Masse ragen.


Aus: Jörg Blech: „Die Psychofalle: Wie die Seelenindustrie uns zu Patienten macht“
Kapitel 14: Wohl dem, der eine Macke hat. Zwischen Genie und Wahnsinn S.249f
FISCHER 2014


"Das Buch ["Chemie für die Seele" (2)] ist ein Aufruf, der konventionellen Psychologie und Psychiatrie zu misstrauen,
und den Potentialen und Kräften der eigenen Selbst-Erkenntnis und Selbst-Heilung zu vertrauen."
Man kann - wie ein moderner Galileus Galilei - die Lehrgebäude von Psychologie und Psychiatrie auf den Kopf stellen:
Das dann entstehende Gegenteil kommt den tatsächlichen Gegebenheiten etwas näher. "Depression" ist nicht primär ein Übel,
das vertrieben werden muss, sondern ist (wenn auch manchmal leidvolle) Grenzerfahrung zwischen Leben und Tod, ist überdies
Fundgrube für Tiefgang und Kreativität ... "Schizophrenie" ist eine Erfindung der Psychiater und erinnert an Hexenverfolgung
und Inquisition; diese Diagnose ist eine arrogante Verdrängung von ungewöhnlichen Wahrnehmungen und eine Verleugnung
des Visionären ... "Angst" ist eine notwendige Begleiterin unseres Wissens um den Tod ... "Neurosen" sind Verhaltensweisen,
die man in einer Lebensphase (ob Kindheit oder Erwachsenenalter) erlernt hat und die dem Durchschnittsdenken wider-
sprechen; "Neurosen" hat jeder, der markante psychische Eigenheiten zeigt und sich vom grauen Alltag abhebt ...


Ein radikales Umdenken ist nötig:
Um sein Ich und seine Seele zu erforschen, muss man über die bloße Psychologie hinausgehen
und den Mut zur absoluten Subjektivität haben. Die üblichen Wissenschaften gehen von außen
an das Objekt "Seele" heran und bleiben deshalb Außenseiter."
[S.264]

Die in diesem Buch (2) präsentierten Grundlagen einer neuen - zum Umdenken auffordernden - Psychotherapie
erwachsen aus den Strömungen der humanistischen Psychologie [Erich Fromm], der existentiellen Philosophie
[Psychiatrie: Rollo May, Irvin D. Yalom] und des Zen-Buddhismus. Diese radikal auf die Selbstheilungskräfte-
beruhende Psychotherapie wendet sich nicht nur an professionelle Psychotherapeuten, sondern auch an
Nicht-Spezialisten, an "natürliche Helfer", vor allem ist der "Therapeut-in-uns" angesprochen, gewissermaßen
der beste Therapeut, der in jedem von uns ist und der Selbstregulierung und Selbstheilungskräfte entfaltet ...


Letztendlich liegt das Geheimnis darin, unsere Seele nicht zu bekämpfen,
sondern sie anzunehmen, zu schätzen und zu lieben ... dann wird
aus dem psychischen Reifungsprozess ein individueller Beitrag
zur globalen Sehnsucht nach einer gerechteren, friedlichen Welt ...


Ein neues Zeitalter hat begonnen: die Raumfahrt in den eigenen Kosmos,
in den Kosmos der eigenen Seele. Sie können daran
teilnehmen - tun Sie's"
[S.269]

Siehe auch ZITATE: Friedemann Schulz von Thun / Mein Inneres Team >>>



Dr. med. Josef Zehentbauer
(b.1945)

Josef Zehentbauer, verheiratet, vier Kinder, Dr. med., langjährige Tätigkeit als Allgemeinarzt und Psychotherapeut in einer psychosomatisch
orientierten Gemeinschaftspraxis in München. Früher ärztliche Tätigkeit in Afrika (Nigeria) und Indien (Kalkutta), mehrjährige Arbeit in der Neurologie,
in verschiedenen psychiatrischen Kliniken und der Akutstation einer Nervenheilanstalt sowie gemeinsame Projekte mit Franco Basaglia (1924-1980, ital.Psychiater)
und anderen Exponenten der "Kritischen Psychiatrie" Italiens. Mitarbeit an Fernseh- und Rundfunksendungen zum Thema Psychopharmaka. Zahlreiche Veröffent-
lichungen, Vorträge und Seminare über Psychiatrie, Psychopharmaka/Psycho-Drogen, Medizinkritik, Psychotherapie und alternative Heilverfahren.
(1) Josef Zehentbauer: „Abenteuer Seele. Psychische Krisen als Chance“ ALBATROS 2012 (2000)
(2) Josef Zehentbauer: „Chemie für die Seele.Psyche, Psychopharmaka und alternative Heilmethoden“ 11. teilweise aktualisierte Auflage mit
einer Ergänzung zu den neuesten Antidepressiva und atypischen Neuroleptika. Peter Lehmann Antipsychiatrieverlag 2010 (1986)
www.josef-zehentbauer.de; www.antipsychiatrieverlag.de/verlag/titel/zehentbauer.htm
(3) „Körpereigene Drogen – Garantiert ohne Nebenwirkungen“ Patmos Verlag der Schwabenverlag AG 8. Auflage 2015
(2005)

Körpereigene Drogen = Botenstoffe = Neurotransmitter = Moleküle des Lebens (3)

"Ob wir uns ärgern oder ob wir glücklich sind, ob wir uns entspannen oder hyperaktiv sind, ob wir
vor Kreativität sprühen oder Lust auf Sex haben - all dies lässt sich biochemisch erklären: Es
sind winzige Botenstoffe, kleinste Moleküle, die in unserem Gehirn und im gesamten Körper
hin und her eilen und unsere Gefühle und Gedanken "transportieren", von einer Nervenzelle
zur anderen, von einem Organ zum anderen. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse
beweisen: All unsere Gefühle und Gedanken, unser Wahrnehmen und Handeln
werden von diesen Botenmolekülen getragen, weitergeleitet, "verarbeitet", ge-
speichert und in Aktionen umgesetzt. Ohne Botenstoffe - ohne "körper-
eigene Drogen" - ist Denken und Fühlen nicht möglich ...


Jeder Mensch hat die Fähigkeit,
körpereigene Drogen (3) zu produzieren -
schmerzstillende,
angstlösende,
beruhigende,
mitfühlende,
transzendenzfördernde,
energiesteigernde,
gesundmachende,
lustaktivierende Substanzen.

Unsere psychosomatische Instanz
setzt körpereigene Drogen (3)
je nach Bedarf ein und
mobilisiert Kräfte,
um das eigene Leben und
das Leben der anderen Wesen
zu erleichtern.


Die Stimulierung körpereigener Drogen (3)
können wir bewusst lenken
und fördern."

Das "Externe" (Ereignisse, Sinneswahrnehmungen: wie die Begegnung mit einer sehr liebevollen Person,
ein Wellnesstag, ein grandioser Sonnenuntergang etc.) und absichtlich herbeigeführte seelisch-körperliche
Zustände (von Tanzen bis Meditation) bestimmen das "Interne" (und damit die Stimulierung spezifischer
körpereigener Drogen)."


Aus: Josef Zehentbauer: „Körpereigene Drogen – Garantiert ohne Nebenwirkungen“
Einleitung S.9; Die körpereigenen Drogen des Menschen: Mikroanatomie der Seele
S.43, Methoden zur Mobilisierung körpereigener Drogen S.193, Patmos Verlag
der Schwabenverlag AG 8. Auflage 2015 (2005; A&W 1992)



„Nach unserem heutigen Wissen bedeutet Schizophrenie
in den meisten Fällen die besondere Entwicklung,
den besonderen Lebensweg eines Menschen
unter besonders schwerwiegenden
inneren und äußeren
disharmonischen Bedingungen,
welche Entwicklung
einen Schwellenwert überschritten hat,
nach welchem die Konfrontation
der persönlichen inneren Welt
mit der Realität und der Notwendigkeit
zur Vereinheitlichung zu schwierig
und zu schmerzhaft geworden ist
und aufgegeben worden ist”


Prof. Dr. med. Manfred Bleuler
(1903 - 1994)
Schweizer Psychiater
Aus: "Schizophrenie als besondere Entwicklung" in
Klaus Dörner (Hg.): "Neue Praxis braucht neue Theorie. Ökologische
und andere Denkansätze für gemeindepsychiatrisches Handeln -
38. Gütersloher Fortbildungswoche" J.v.Hoddis-Verlag 1987


"Neuroleptika [typische u. atypische NL (Antipsychotika)](TAN) blockieren die Dopamin-Übertragung [im Gehirn]
und werden bei Menschen mit psychotischen Symptomen [Halluzinationen, Wahn, Realitätsverlust, Ich-Störungen
(Fremdbeeinflussungserleben, veränderte Wahrnehmung), Schizophrenie] eingesetzt. Dabei ist das gemeinsame
und beabsichtigte Wirkprinzip aller Neuroleptika eine Blockade des postsynaptischen Anteil der Dopamin-D2-
Rezeptoren
. Auf eine erhöhte Dopamin-Produktion und -Ausschüttung, die mit Psychosen einhergeht, haben
Neuroleptika damit keinen Einfluss. Demnach besitzen sie auf der biologischen Ebene keine "ausheilende"
Wirkung
, sondern verursachen im Gehirn und Körper oft weitere ungünstige Veränderungen, die mit der
Dauer ihrer Anwendung meist noch zunehmen. Neurobiologische Forscher haben ihre Wirkung
so beschrieben:

"Neuroleptika wirken nicht ursächlich auf Wahn und Halluzinationen, sondern symptomatisch
wie die Lautstärkenregelung eines defekten Radios mit Hintergrundrauschen, bei dem durch
Leiserstellen zwar das lästige Rauschen unterdrückt wird, ohne jedoch das zugrundeliegende
Problem der Fehlfunktion zu beheben."
[A]

"Erwünschte Wirkung des Neuroleptikums ist das Abblenden oder Distanzieren von dem aufdringlichen "Zuviel" der Bedeutungs-
vielfalt in der Psychose. - Alles fällt irgendwie bedeutungsärmer und weniger intensiv aus und wird künftig auch zunehmend genau
so erwartet. - Schließlich ist die überfordernde und ängstigende Bedeutungsfülle das Hauptproblem während der Psychose.
Diese spürbare Wirkung wird erreicht, wenn ca. 50 bis 65 Prozent der vorhandenen Dopamin-2-Rezeptoren im [mesolim-
bischen] Belohnungssystem des Gehirns blockiert sind ... [= "neuroleptische Schwelle" (1954, n. Hans Joachim Haase
(1922-1997): = "Verkleinerung der Handschriftenfläche von 13% unter Neuroleptika Therapie" (1). Nicht für alle Neuroleptika
gültig: Clozapin (Leponex)! Quetiapin (Seroquel), Olanzapin (Zyprexa)] ...
Wird diese Schwelle unterschritten, kann die im Krisenfall erwünschte Wirkung nicht erwartet werden. Wird diese Schwelle
überschritten, drohen hingegen mehr Nebenwirkungen durch die Blockadewirkung in anderen Bereichen des Gehirns [Vier
dopaminerge Systeme des Gehirns
: mesolimbisch, nigrostriatal, tuberoinfundibulär, mesokortikal]. Streng genommen
müsste also bei jeder Person, die zum ersten Mal mit einem Neuroleptikum behandelt wird, die [neuroleptische] Schwelle
[durch langsames tägliches Steigern der Tagesdosis] individuell bestimmt werden ... entscheidend [ist], dass eine Auseinan-
dersetzung mit der eigenen Psychoseerfahrung noch möglich ist. Schließlich gilt es, [gemeinsam in verfahrenen Situationen
neue Entwicklungsmöglichkeiten und Auswege zu erkennen] einen Wendepunkt für sich zu finden. Unter sehr hohen
Dosen eines Neuroleptikums ist das typischerweise nicht mehr möglich [s.u.] ...
Die alte klinische Beobachtung, wie sie z.B. in der sogenannten neuroleptischen Schwellendosis n. Haase (1954) trans-
portiert wurde, steckt auch heute noch in vielen biologischen und pharmakotherapeutischen Strategien, nämlich dass
aus einer psychischen Problematik eine somatische gemacht wird. Dies hat für die Beteiligten, die Betroffenen
und deren Familien, ... für die behandelnden Teams, ... die auf Körpermedizin spezialisierten Ärzte, anfangs durchaus
etwas Beruhigendes, wird dann aber über die lange Zeitdauer der Anwendung der Substanzen [Antipsychotika] zu-
nehmend zum Problem, da die anfängliche Wirkung, die häufig als Entlastung empfunden wird, verblasst und die
unangenehmen [Neben-]Wirkungen wie die Gewichtszunahme deutlicher werden. Dem wird begegnet durch Dosis-
erhöhung und mittels Medikamentenkombinationen. Allerdings wirkt auch das neue Medikament, die neue
Kombination oder die höhere Dosierung schon nach einigen Monaten wieder ähnlich. Weil sich in der Praxis
einfach zeigt, dass sich seelische Probleme nicht durch den Einsatz von Substanzen [Psychopharmaka]
lösen lassen, sondern dass [gemeinsam] nach einer Lösung in der Lebenswelt gesucht werden muss ...
So gesehen lässt sich das Mantra [Lied] der naturwissenschaftlichen Psychiatrie, formuliert (1861) von Wilhelm
Griesinger [1817-1868, dtsch. Internist, Psychiater, Neurologe] (2), "Geisteskrankheiten sind Gehirnkrankheiten",
besser verstehen als eine Art trotziger Ausruf des biologisch orientierten Arztes im Sinne von: Geistes-
krankheiten sollen Gehirnkrankheiten sein, damit ich sie als Arzt verstehen und behandeln kann
.
Tatsächlich ist es aber nicht so, sondern psychische Krankheiten sind kommunikative Phänomene, mit Stavros
Mentzos (3) [1930-2015, griech.-dtsch.Psychiater,PA] (2009) können wir sie auch verstehen als Psychosoma-
tosen des Gehirns
. Zu ihrer Überwindung brauchen wir gerade aus körpermedizinischer Sicht die gesunden,
flexiblen Eigenschaften, die das Gehirn so lange, wie wir leben, zu bieten hat. Durch die Dauerverordnung von
Psychopharmaka riskieren wir, dass diese gesunden, selbstregulatorischen Prozesse im zentralen Nerven-
system, die ja durch die Psychosomatosen des Gehirns nicht vollständig außer Kraft gesetzt sind, unter-
drückt werden und als Ressource zur Heilung verloren gehen. Und auf der Seite der Kommunikation
gehen wir das Risiko ein, dass wir die Botschaft der Unverständlichkeit, die in den psychischen
Symptomen enthalten ist, überhören ..."
Aus: Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka: „Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen“ Wie funktioniert eigentlich Genesung von Psychosen?
Neuroleptika. Welche spürbaren positiven Wirkungen haben Neuroleptika während der Psychose? S.48-53, Die Praxis des Reduzierens und Ausschleichens. Exkurs
in die Klinik. Was behandeln wir: Gehirnkrankheiten oder Psychosomatosen? S.182, Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019
(1) H. J. Haase: "Über Vorkommen und Deutung des psychomotorischen Parkinsonsyndroms bei Megaphen-bzw. Largactil-Dauerbehandlung"  Nervenarzt. 1954 Dec 20;25(12):486-92
(2) Wilhelm Griesinger: "Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten für Ärzte und Studierende"  Stuttgart Verlag von Adolph  Krabbe 1861
(3) Stavros Mentzos: "Lehrbuch der Psychodynamik. Die Funktion der Dysfunktionalität psychischer Störungen" Vandenhoeck & Ruprecht 2009


"Wir alle sind Gläubige: Früher waren die meisten Menschen Gläubige der in ihrem Umfeld praktizierten Religion,
heute sind wir größtenteils WISSENSCHAFTSGLÄUBIGE. Und zu dieser Wissenschaftsgläubigkeit gehört der
Glaube an die im Namen der Wissenschaft gemachten Aussagen [hier] der Psychiater. Wie unwissenschaftlich
und ungesichert diese Aussagen im Grunde sind, ist verständlicherweise nur für diejenigen ersichtlich,
die sich eingehend mit diesem Fachgebiet auseinandersetzen.
Wenn also der Psychiater bzw. der Arzt als EXPERTE - wie früher ein Priester - die seelische Befindlichkeit der
Gläubigen [PatientInnen] durch seine Aussagen und Verordnungen beeinflussen kann, wenn er ihnen positive
Auswirkungen seiner Behandlung [zu suggerieren] vorzugaukeln vermag, dann gilt dies auch damit, wenn er
ihnen kraft seiner Autorität RÜCKFÄLLE für den Fall des Absetzens der Psychopharmaka voraussagt."
Aus: Marc Rufer: 1.  "Angst machen - Angst nehmen: Beim Absetzwunsch wird die Meinung der Ärzte zur Gefahr"
Rituale S.204, in Peter Lehmann: "Psychopharmaka absetzen" 2013 [Meine Ergänzungen]
 2. „Glückspillen – Ecstasy, Prozac [Fluoxetin] und das Comeback der Psychopharmaka“ Knaur 1995


"Dass in der Psychiatrie Krankheiten mit Medikamenten behandelt und geheilt werden, wie in der körperlichen Medizin, ist ein Mythos.
Ein säkularer Mythos. Mythen zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit Frage- und Denkverboten verbunden sind
[Mario Erdheim,
b.1940, Schweizer Ethnologe, Psychoanalytiker (1)]
. Psychiatrische Diagnosen entsprechen in keiner Weise biologischen Gegeben-
heiten. Dies darf und soll nicht erkannt werden. Vielmehr sind sie willkürliche soziale Konstrukte und auch Konventionen, das heißt
Abmachungen unter ExpertInnen. So wird beispielsweise die Schizophrenie von der englischen Psychologieprofessorin Mary Boyle
(2) als "scientific delusion", also als wissenschaftliche Irreführung, Täurschung oder Wahn bezeichnet. Der Allgemeinheit werden
psychiatrische Diagnosen als Glaubensinhalte, die magisch aufgeladen sind, dargeboten - wissenschaftlich verbrämt. Der medi-
zinische Schleier, der das psychiatrische Gedankengebäude verhüllt, soll und darf nicht gelüftet werden. Die psychiatrische
Diagnostik muss als Wahrheitsproduktion und Wahrheitspolitik bezeichnet werden
[Michael Foucault (1926-1984), frz. Philosoph,
Psychologe, Soziologe (3)]
. Mit dem Geständnis der Betroffenen - ja, ich bin psychisch krank, ja ich bin schizophren, ja ich bin
depressiv - ist ihr Ziel erreicht. Psychiatrische Diagnosen signalisieren Handlungsbedarf, Behandlungsbedarf - selbstverständlich
mit Psychopharmaka. Von ÄrztInnen Medikamente zu erhalten, ist ein in unserer Gesellschaft tief verwurzelter Ritus, ein
Sakrament des Heilens auch. Und genauso wie Mythen stehen Riten im Gegensatz zu selbstständigem Denken. Riten sind
Handlungen, die automatisch ausgeführt werden. Sie machen die Welt einfacher, überschaubarer, sie dürfen nicht hinterfragt
werden
(1a). Die gesellschaftlichen und damit verbunden die psychischen Ursachen der beanstandeten Störungen sollen
nicht erkannt werden. Nicht denken, nicht zu verstehen versuchen, darum geht es. Eine Pille oder eine Injektion soll den
Schaden aus der Welt schaffen, die Balance der Neurotransmitter wiederherstellen. Die Botschaft lautet: Du sollst nicht
wissen, glaube! Auf das in unserer Gesellschaft alles beim Alten bleibt, der Status quo erhalten, die bestehenden Macht-
verhältnisse gestützt werden. Die Psychiatrie spielt damit eine wichtige Rolle bei der gesellschaftlichen Produktion
von Unbewusstheit
(1b)."
Aus: Marc Rufer: "Placebo-Effekte" in Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer: „Neue Antidepressiva,
atypische Neuroleptika - Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr
des Elektroschocks“ S. 176f, Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)
(1) Erdheim Mario: Referat (23.11.2004) "Mythen und Frageverbote" an der Jahrestagung gfs-zürich Markt- u. Sozialforschung
(1a) "Sinngebung und Kulturwandel" in Roland Apsel (Hg.): "Ethnopsychoanalyse Band 1: Glaube, Magie, Religion",
S. 9-31, Frankfurt am Main: Brandes & Apsel Verlag 1997
(1b) "Die gesellschaftliche Produktion von Unbewusstheit- Eine Einführung in den ethnopsychoanalytischen Prozess" Suhrkamp 1982
(2) Mary Boyle: "Schizophrenia: A Scientific Delusion?" Routledge 2002
(3) Michael Faoucault: "Das Leben der infamen Menschen" S. 62 Merve Verlag 2001


"Die etablierte Klinikpsychiatrie schenkt dem psychischen Erleben keine Beachtung,
sie ist nicht der Meinung, dass man aus einer Psychose Nutzen ziehen kann.
"Alles Wirrwar ohne Bedeutung", sagt der Arzt im Landeskrankenhaus ..."
Regina Bellion: Die Zeit danach: "Nach dem Absetzen fangen die Schwierig-
keiten erst an" S.302, in Lehmann: "Psychopharmaka absetzen" 2013


Bei ca. 20 % der Betroffenen können Neuroleptika die Symptome jedoch gar nicht unterdrücken, man spricht dann
von Non-Respondern.
Trotzdem werden diese Betroffenen fast immer auf Dauer mit Neuroleptika behandelt ...
Weil eine neuroleptische Behandlung bei relativ vielen Menschen in Psychosen gar nicht erforderlich ist und oft
schädigende Folgewirkungen haben kann, sollte auch auf psychiatrischen Akutstationen zunächst eine Be-
handlung über zwei bis vier Wochen ohne Neuroleptika erfolgen. Nur Betroffene mit unzureichender Rück-
bildungstendenz sollten überhaupt mit Neuroleptika behandelt werden. Diese Zeit gibt man den Betroffenen
in den wenigsten Fällen, weil Teamkompetenz, Stationsgröße und mangelhafte Stellenbesetzung
dem entgegenstehen ...
In den meisten Fällen wäre es wünschenswert, die Betroffenen - sofern sie damit einverstanden sind -
gemeinsam mit ihren wichtigen Bezugspersonen intensiv zu Hause durch ein multiprofessionelles Team,
das ausgebildet und erfahren ist im "Offenen Dialog" [B, D] zu begleiten und zu unterstützen (Home Treat-
ment). Auch Experten aus Erfahrung sollten Teammitglieder sein. Sollte dies nicht ausreichen, würde sich
eine Psychosebegleitung in einer kleinen Soteria-Einrichtung ["alltagsnahe-stationäre Begleitung"] rund um
die Uhr anbieten [B].
Ca. 40 % [C] - bei erfahrenen Teams vermutlich sogar noch mehr [B, D] - der so ge-
nannten Ersterkrankten könnten dann ganz ohne Neuroleptika auskommen
, und das dann auch weitgehend
auf Dauer, so die gemeinsame Aussage der Studien, die dazu bis heute durchgeführt wurden. Nur noch
wenige Betroffene müssten dann in einem Krankenhaus behandelt werden ...
Insgesamt ist die erwünschte Wirkung der Neuroleptika [E] nur "minimal" ... So müssen im Durchschnitt
6 Patienten behandelt werden, um bei 1 Patienten eine Symptomverminderung zwischen 20 und
30 % zu erreichen
[E1]. Und der Unterschied zwischen den Neuroleptika-Behandelten und der Placebo-
Kontrollgruppe nimmt im Behandlungsverlauf immer weiter ab [E2] ...
Supersensitivität (Hypersensitivität)
durch Neuroleptika =
Toleranzentwicklung gegenüber der Neuroleptikawirkung, das heißt, es werden
immer höhere Dosierungen erforderlich (mindestens 20 % mehr in den letzten fünf Jahren) ...

Cave: Die Rebound-/Entzugs-/Supersensitivitätspsychose (SSP) werden oft als Ausdruck der
"Grunderkrankung Psychose/Schizophrenie" fehlinterpretiert! und als "Beweis" gedeutet, dass
der oder die Betreffende ohne Neuroleptika nicht zurechtkäme! Die Kenntnis der Entzugs-
symptome (siehe unten) könnte solche "Fehlinterpretationen" verhindern!


Theoretisches Modell zur D2High (= D2-Rezeptorvermehrung)
und Dopaminrezeptor Upregulation im Striatum
bei Neuroleptika (Antipsychotika) Therapie

= Dopamine Supersensitivity



Oben: Prä- u. Postsynapse mit Dopamin und Dopamin-Rezeptoren bei einem nicht mit Neuroleptika behandelten Menschen.
Unten: Dopamin und Dopamin-2 [D2-] Rezeptor-Upregulation bei einem mit Neuroleptika behandelten Patienten.

Dopamin: überwiegend erregend (exzitatorisch) wirkender Neurotransmitter des zentralen Nervensystems
Dopamin-D2 Rezeptoren
(im Hypophysenvorderlappen, Dopamin hemmt dort die Freisetzung von Prolaktin,
im Limbischen System, im Corpus striatum und in der Area postrema)

D2High:
postsynaptische D2-Rezeptordichte Zunahme - D2-Upregulation, die eine Erhöhung der Nervenzell-Empfindlichkeit
[(Supersensitivity (SS)] gegenüber Dopamin zur Folge hat. Dieser "Mechanismus" wird für den allmählichen "Wirkungs-
verlust" der Neuroleptika und die Ausbildung der Spätdyskinesien (tardive dyskinesia) verantwortlich gemacht.
DAT - Dopamintransporter: Protein der Nerven-Zellmembran, das den Transport des Neurotransmitters Dopamin in
die Zelle ermöglicht (Beendigung der Dopaminwirkung durch Dopamin Entfernung aus dem synaptischen Spalt)

Aus: Anne-Noël Samaha: "Can antipsychotic treatment contribute to drug addiction in schizophrenia?"
Fig. 1, p11, Prog Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry 2014 Jul 3;52:9-16. http://samaha-lab.com/
wp-content/uploads/2015/07/SAMAHA-A.-N.-2014.pdf
(SS) James K. Witschy, Gary L. Malone, Dwight L. Holden"Psychosis after neuroleptic withdrawal in a manic-depressive patient" AJP 1984;141, S.105-106
Waldemar Greil, Stephan Schmidt: "Absetzsyndrome bei Antidepressiva, Neuroleptika und Lithium" Münsch med Wschr 1988;130:704-707
Warren Steiner, Marc Laporta, Guy Chouinard: "Neuroleptic-induced supersensitivity psychosis in patients with bipolar affective disorder"
Acta Psychiatrica Scandinavica 1990;81:437-470
Guy Chouinard, Barry D. Jones, Lawrence Annable: "Neuroleptic-induced supersensitiviy psychosis" AJP 1978;135:S.1409-1410"
Guy Chouinard, Barry D. Jones: "Neuroleptic-induced supersensitiviy psychosiss: clinical and pharmacologic characteristics" AJP 1980;137:S.16-21
Patricia L. Gilbert, Jackuelyn M. Harris, Lou Ann McAdams, Dilip V. Jeste: "Neuroleptic Withdrawal in Schizophrenic Patients: A Review of the Literature"
[66 Studien-Metaanalyse, von Studien zwischen 1958 und 1993, ~5600 Betroffene] Arch Gen Psychiatry. 1995;52(3):173-188
Oliver D. Howes, Shitij Kapur: "The Dopamine Hypothesis of Schizophrenia: Version III—The Final Common Pathway"
Schizophr Bull. 2009 May; 35(3): 549–562


Die Wirksamkeit der Polypharmazie [Multimedikation, Polypragmasie bei Neuroleptika] wurde nicht durch
qualitativ ausreichende Studien nachgewiesen [1] und ihre möglichen Folgen sind keinesfalls harmlos [2]:


mehr extrapyramidale [Extrapyramidal-motorische] Störungen
[Frühdyskinesien: Zungen-, Schlund- u. Blickkrämpfe, Krämpfe d. Kiefer- (Trismus), Gesicht- u. Nackenmuskulatur, un-
willkürliche Bewegungen d. Gesichtsmuskulatur, choreatisch-athetoide Bewegungen d. Halses u. d. oberen Extremität.
Die Symptome sind primär harmlos u. reversibel;
Parkinsonoid: meist erst nach 1-2 wöchiger Therapie, betrifft bis zu
15-20% der Patienten, ist dosisabhängig, Störungen der Feinmotorik, des ges. Bewegungsapparates, Symptomtrias:
Tremor, Rigor (Zunahme d. Muskeltonus), Akinesie. Bewegungsarmut, Hypo-, Amimie, Salbengesicht, kleinschrittiges
Gangbild, monotone Sprache, Speichelfluss. Parkinsonoid Symptomatik tritt charakteristischerweise symmetrisch auf,
häufig dysphorisch-depressive Grundstimmung;
Akathisie u. Tasikinesie: bei ca. 20% der Fälle d. ersten Therapiewochen
(1-7. Woche) mit klassischen, hochpotenten Neuroleptikum; seltener? bei niederpotenten o. atypischen Neuroleptika,
~ sehr häufiger Grund für einen Therapieabbruch; Quälende Unfähigkeit ruhig zu sitzen =
Akathisie; "Bewegungsdrang":
Patienten müssen sich bewegen o. Bewegungsstereotypien durchführen. Cave: Die Akathisie kann als Verschlechterung
der Schizophrenie verkannt werden, sodass eine Dosissteigerung die Symptome deutlich verstärken; ständiger Be-
wegungsdrang u. innere Anspannung =
Tasikinesie, "Laufdrang mit Trippelbewegungen", als große individuelle,
"qualende" Belastung erlebt, Gefahr der Selbstgefährdung;
Schlafstörungen, dysphorisch-gereizten Stimmungslage
,
sowie bei längerer Persistenz d. Nebenwirkungen schwere Erregungszustände.
Spätdyskinesien/tardive Dyskinesien:
zumeist mit einer Latenz von Monate bis Jahre nach Therapiebeginn! Risikofaktoren:
Hohe Tagesdosierungen d. Neuroleptika [hochpotente>atypische?],
Kumulation d. Neuroleptikadosen, höheres Alter,
weibl. Geschlecht, zerebrale Vorschädigung, affektive Störungen, somatische Erkrankungen: z.B. Diabetes mellitus,
Orofaziale Symptome: repetitive, stereotype Saug-, Schmatz- u. Zungenbewegungen (z.B. Rausstrecken der Zunge), Tics
d. Gesichtsmuskulatur, Grimassierung, Rabbit-Syndrom = Vertrikal gerichteter rhythmischer Lippentremor,
Körper-
symptome:
im Bereich d. Extremitäten, d. Hände u. Finger unwillkürliche z.T. athethotische ( langsame, ausfahrende
Bewegungen von Händen oder Füßen) Bewegungsabläufe, "Schaukelbewegungen" des Rumpfes.]


Peter R. Breggin: Tab 4.1: Symptoms of Tardive Dyskenasia p.45 >>>

mehr Übergewicht [7] und Diabetes [8]
[Über H-1-Rezeptoren (histaminergen R.) entwickelt sich eine z.T. ausgeprägte Gewichtszunahme,
(abenehmend von li n. re): Olanzapin, Amisulprid, Clozapin, Quetiapin, Risperidon, Haloperidol usw.
Metabolisches Syndrom [8.1]: Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon u. Polypharmazie.
Diabetes [8.2]: ohne Neuroleptika 2.9 %, Quetiapin 16 %, Clozapin 15.5 %, Risperidon 13.2%,
Olanzapin 10.6 %, typische Neuroleptika 10.6 %, Aripiprazol 6.7 %, Amisulprid: 3.9 %; auch
die Kombination mit Antidepressiva (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) o. Lithium
steigert die Diabetes Rate]


erhöhte Rate plötzlicher Herztode [9]
[Neuroleptia haben einen direkten Einfluss auf die Funktion der Na+ und K+-Kanäle des kardialen Reizleitungs-
systems, Gefahr der Entwicklung einer vital bedrohlichen Kammertachykardie mit plötzlichen Herztod durch
Verlängerung der QTc-Zeit (> 440ms Männern, > 450ms Frauen, sofortiges Absetzen der Neuroleptika:
> 480ms Torsades-de-pointes-Syndrom, Sonderform d. polymorphen ventrikulären Tachykardie); die Blockade
der [muskarinischen-] M2-Rezeptoren löst einen direkten kardialen anticholinergen Effekt aus, mit Steigerung
d. arrhythmogenen Potenzials (z.B. Tachykardien, supraventrikuläre Extrasystolen etc.)
]
"Die Kombination antipsychotischer Nebenwirkungen mit schlechter Ernährung, Bewegungsmangel, einem
hohen Prozentsatz an Rauchen und anderen Faktoren in Verbindung mit einer psychotischen Erkrankung
zusammen mit sozio-ökonomischer Benachteiligung hat einen verheerenden Effekt auf die kardio-meta-
bolische Gesundheit. Deshalb verwundert es nicht, dass Menschen mit schweren psychischen Störungen
um 16 bis 25 Jahre kürzer als die Allgemeinbevölkerung leben und dass [die] koronare Herzerkrankung die
Haupttodesursache ist und nicht Suizid." (Vorwort in [10])


verschlechterte kognitive Funktionen
[Sedierung: Antagonismus an [Histamin1] H-1-/Alpha-1-Rezeptoren; macht man sich bei d. niederpotenten typischen NL therapeutisch
zu Nutze; bei d. neuen atypischen NL: Quetiapin (Seroquel:T1/2 = 7h), Olanzapin (Zyprexa: T1/2 = 34-52h), Clozapin (Leponex: T1/2 =
8-12h]; Anticholinerge NW = Blockade cholinerger M1/M2 Rezeptoren, 1) Periphere (M: muskarinische) anticholinerge Störungen:

Mundtrockenheit, Schwitzen, Akkomodationsstörungen
(Pilocarpin-Tropfen), Glaukom, Obstipation, paralytischer Ileus, Miktions-
störungen, Harnverhalten
2) Zentrale anticholinerge Störungen: kognitive Störungen, anticholinerges Delir; Durch Blockade
adrenerger Rezeptoren (Alpha-1-Rezeptoren):
Schwindel, Blutdruckabfall, orthostatischer Dysregulation (Hypotonie), Synkope
(Ohnmachtsanfall), Anstieg des Pulses (= reflektorische Tachykardie)
, v.a. durch die klassischen, niederpotenten NL u.
die neuen atypischen NL Clozapin, Quetiapin u. Risperidon (Risperdal: T1/2 = 3 (24)h)]


mehr sexuelle Funktionsstörungen
[Durch Blackade der [Dopamin-] D-2-Rezeptoren im tuberoinfundibulären System (Hypothalamus, Adenohypophyse) können
Amisulprid (Solian: T1/2 = 12h), Risperidon u. viele d. klassichen Neuroleptika zu einer erhöhten Prolaktin-Plasmakonzentration.
führen, Symptome: Galaktorrhö ("Milchfluss" in bis zu 80% der Fälle), Menstruationsstörungen: Amenorrhö (15-25%), Gynäkomastie
beim Mann, sexuelle Funktionsstörungen; Osteoporose bis zur  Entwicklung eines Syndroms der inadäquaten ADH-Sekretion.]


verstärkte [Plus-] Positiv-Synmptomatik wie Wahn und Halluzination
[Positiv-/Plussymptomaik: fasst verschiedene Symptome zusammen, die im Rahmen einer Schizophrenie auftreten können.
Sie sind gekennzeichnet durch Ausdrucks-, Erlebnis- u. Verhaltensweisen, die im "normalen" Verhalten des Menschen nicht
vorkommen, z.B. Übersteigerungen u./o. starke Fehlinterpretationen des normalen Erlebens. Positivsymptome überwiegen im
akuten Schub einer Schizophrenie: Wahn, Halluzinationen (Sinnestäuschungen, Trugwahrnehmungen), Denkstörungen,
Psychotische Ich-Erlebnis-Störungen.]


wahrscheinlich erhöhte Todesrate
Einige Studien werten vor allem Behandlungsverläufe von Patienten im mittleren
Lebensalter aus und erfassen keine Todesfälle nach dem 53. bzw. 65. Lebensjahr.
"Lebensverkürzende Wirkungen: Übergewicht, metabolisches Syndrom und Diabetes,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und plötzlicher Herztod."
(S.212)

Sogar die American Psychiatric Association [3] (vergleichbar der DGPPN in Deutschland) hat
daher 2013 eine Kampagne zur Eindämmung der Polypharmazie [Multimedikation] durchgeführt:

"Verschreiben Sie nicht routinemäßig zwei oder mehr Antipsychotika [atypische Neuroleptika] gleichzeitig.
Die Forschung zeigt, dass die Verwendung von zwei oder mehr Antipsychotika bei 4 bis 35 % der ambulanten
Patienten und bei 30 bis 50 % der stationären Patienten auftritt. Allerdings ist der Nachweis für die Wirksamkeit
und Sicherheit bei der Verwendung mehrerer antipsychotischer Medikamente begrenzt und das Risiko für
Arzneimittelwechselwirkungen, Noncompliance und Medikament[ierungs]fehler erhöht. Im Allgemeinen sollte
die gleichzeitige Verwendung von zwei oder mehr antipsychotischen Medikamenten vermieden werden, außer
in Fällen von drei gescheiterten Behandlungsversuchen mit Monotherapie, die, falls möglich, eine fehlge-
schlagene Behandlung mit Clozapin [Leponex: T1/2 = 8-12h] einschließen sollte, oder wenn ein zweites anti-
psychotisches Medikament mit der Absicht hinzugefügt wird, ein- und ausschleichend auf Monotherapie
umzustellen."
[3]

Bis heute ist es skandalöserweise nicht gelungen, etwas Vergleichbares für die deutschsprachige Psychiatrie
umzusetzen.
Bei einer Rate von 44 % neuroleptischer Polypharmazie [Multimediaktion] bei wiederholt stationär
psychiatrisch behandelten Patienten in Deutschland
[4] mit zum Teil großen regionalen Unterschieden muss
man wohl von dem direkten oder indirekten Einfluss der Pharmaindustrie ausgehen. In Österreich und
der Schweiz sind dieselben Pharmafirmen aktiv.


Wird eine Polypharmazie trotzdem begonnen, ist Folgendes zu beachten:
Die Wirksamkeit einer Kombination wird leider oft erst nach mehreren Wochen, spätestens jedoch nach 3 Monaten deutlich.
Ist dann keine Verbesserung eingetreten, sollte die Polypharmazie stufenweise rückgängig gemacht werden. Ist eine Besserung
eindeutig eingetreten, was selten möglich ist, dürfen jedoch keine zusätzlich aufgetretenen schädlichen Wirkungen (z. B.: Gewichts-
zunahme, EKG- u. Festtstoffwechsel-Störungen, verschlechterte kognitive Fähigkeiten) einer Fortsetzung entgegenstehen. Diese
Entscheidung sollte der Betroffene möglichst nach genauer Rücksprache mit Personen seines Vertrauens [Therapeuten] treffen.


Gemäß der (begrenzten) Studienlage kann man Polypharmazie bei der Mehrheit der Betroffenen rückgängig machen.
So war bei
der Einnahme von drei bis vier Neuroleptika bei 88 % der Betroffenen über einen Zeitraum von nur drei Monaten eine Reduktion
um fast 60 % der Dosis und um oft mehr als ein Neuroleptikum möglich. Über einen längeren Zeitraum wären wahrscheinlich
weitere Reduktionen möglich gewesen, so die Studienleiter. Bei 50 % der Betroffenen verbesserten sich dadurch die psych-
otische Restsymptomatik und die psychischen und sozialen Fähigkeiten. Nur bei 12 % der Betroffenen kam es zu Ver-
schlechterungen, die jedoch durch eine Rückkehr zu höheren Dosierungen und ohne stationäre Behandlung wieder rück-
gängig gemacht werden konnten [5]. Bei der Einnahme von nur noch zwei Neuroleptika waren Reduktions-Studien bei ca.
70 % der Betroffenen erfolgreich. Die Studiendauer war hier noch kürzer, und zwar ein und drei Monate. Es kam zu
Gewichtsreduktionen um durchschnittlich 2.3 kg nach sechs Monaten. Die psychischen und sozialen Fähigkeiten
verbesserten sich und die Symptomatik blieb unverändert [6].
Zu schnell sollte man nicht vorgehen! ..."


Dr. med. Volkmar Aderhold
(b.1954)
Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin, arbeitet seit 1982 in der Psychiatrie.
1996-2006 Oberarzt im Bereich Psychosen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.
Seit 2006 Mitarbeiter am Institut für Sozialpsychiatrie an der Universität Greifswald. Und freiberuflich tätig mit Fortbildungen und Umsetzung
des Offenen Dialoges in stationären und ambulanten Strukturen. Zahlreiche Veröffentlichungen.
Volkmar Aderhold - Institut für Sozialpsychiatrie an der Uni Greifswald 2014:
"Neuroleptika minimal – warum und wie" pdf >>>

Aus: Peter Lehmann (b.1950, Dipl.-Pädagoge, selbstständiger Autor u. Verleger in Berlin), Volkmar Aderhold (b.1954, Dr. med., Arzt f. Psychiatrie, Psychotherapie),
Marc Rufer (b.1942, Arzt u. Psychotherapeut Zürich), Josef Zehentbauer (b.1945, Allgemeinarzt u. Psychotherapeut München):
„Neue Antidepressiva, atypische
Neuroleptika - Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks“
Minimaldosierung [MD] und Monitoring
(Überwachung) [MT] bei Neuroleptika. S.198-200, Polypharmazie S.210, 212 Geleitworte von Andreas Heinz (Direktor der Klinik u. Prof. f. Psychiatrie u. Psychotherapie,
Charité Berlin, Präsident elect d. Deutschen Gesellschaft f. Psychiatrie u. Psychotherapie, Psychosomatik u. Nervenheilkunde), Dr. rer. biol. hum. Peter & Sabine Ansari
(Vorwort) und Marina Langfeldt (Nachwort, Oberstaatsanwältin Dr. jur.) Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)
[MT] Alex Mitchell, Vijay Delaffon, Dai Vancampfort, Christoph U. Correll, Marc De Hert: "Guideline concordant monitoring of metabolic risk in people
treated with antipsychotic medication: systematic review and meta-analysis of screening practices" Psychol Med. 2012 Jan;42(1):125-47


"Da die individuell niedrigst wirksame [Neuroleptika-, Antipsychotika-] Dosis nicht vorausgesagt werden kann, sollte daher -
für den Fall, dass eine andere Lösung als die Verabreichung von Neuroleptika für die Betroffenen derzeitig nicht möglich ist -
zur Dosisfindung mit der niedrigsten Dosis begonnen werden, von der eine positive Wirkung zu erwarten ist -
vorausgesetzt, die Betroffenen sind körperlich fit, über alle Risiken informiert und mit der Behandlung einverstanden.
Mit eriner Dosiserhöhung sollte dann möglichst vier Wochen
[E3], nach vorausgegangenen Behandlungen sogar acht
Wochen
[E4] abgewartet werden ... [Psychopharmaka-] Blut- und Plasmaspiegel sind nicht dazu geeignet, die richtige
Dosis zu finden. Die individuellen Unterschiede in der Ansprechbarkeit der Dopamin-Rezeptoren auf Neuro-
leptika sind zu hoch
. Der [Psychopharmaka-] Blutspiegel kann nur dazu dienen, das Erreichen einer potentiell
wirksamen Dosis
oder einer möglichen Überdosierung zu prüfen oder die Einnahme überhaupt zu kontrollieren ...
Grundsätzlich sollte mit nur einem Neuroleptikum behandelt werden (Monotherapie); mehrere Neuroleptika über
längere Zeit gleichzeitig zu verordnen bzw. einzunehmen, ist fast nie sinnvoll. Immer muss der Betroffene selbst
eine Verbesserung feststellen und zusätzliche unerwünschte Wirkungen ("sorgfältige Risko-Nutzen-Abwägung")
[E5] dürfen nicht zusätzlich schädigen ..."




Empfehlung zur Neuroleptika-Niedrigdosierung in der Akutbehandlung

Aus: Volkmar Aderhold: "Minimaldosierung und Monitoring bei Neuroleptika" in Peter Lehmann,
Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer: „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika - Risiken,
Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks“
Minimaldosierung und Monitoring bei Neuroleptika. Tab. 1, S.202, 202-205. Geleitworte von Andreas Heinz,
Peter & Sabine Ansari u. Marina Langfeldt, Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)
[MD] Stefan Leucht, Myrto Samara, Stephan Heres, Maxine X. Patel, Scott W. Woods, John M. Davis: "Dose Equivalents
for Second-Generation Antipsychotic Drugs: The Classical Mean Dose Method" Schizophr Bull. 2015 Nov;41(6):1397-402
John M. Davis, Nancy Chen: "Dose response and dose equivalence of antipsychotics" J Clin Psychopharmacol. 2004 Apr;24(2):192-208


(TAN): Daniel E. Casey: "What makes a neuroleptic atypical?" in: Herbert Y. Meltzer: "Novel antipsychotic drugs" Raven Press, S.241-251 1992
Walter F. Müller: "Wirkungsmechanismus älterer und neuerer Neuroleptika" in: Frank König, Wolfgang P. Kaschka (Hg): "Interaktionen
und Wirkmechanismen ausgewählter Psychopharmaka" S.37-54, Thieme 2. Auflage 2003"
Prof. Dr. Gerhard Ebner: "Aktuelles aus der Psychopharmakologie. Das Wichtigste vom [European College of Neuropsychopharmacology-]
ECNP-Kongress«, in: Psychiatrie (Schweiz), Online-Ausgabe 2003, Nr. 1, S. 29-32
Jeffrey A. Lieberman, T. Scott Stroup, Joseph P. McEvoy, Marvin S. Swartz, Robert A. Rosenheck, Diana O. Perkins, Richard S.E. Keefe,
Sonia M. Davis, Clarence E. Davis, Barry D. Lebowitz, Joanne Severe, John K. Hsiao : "Effectiveness of antipsychotic drugs in patients
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[A] Chris Barkus, David J. Sanderson, Nicholas P. Rawlins, Mark E. Walton, Paul J. Harrison, David M. Bannerman: "What causes aberrant salience in
schizophrenia? A role for impaired short-term habituation and the GRIA1 (GluA1) AMPA receptor subunit" Mol Psychiatry. 2014 Oct; 19(10): 1060–1070
[B] Lehmann, Peter, Peter Stastny (Hg.): "Statt Psychiatrie 2" mit den Artikeln "Soteria – Eine alternative psychosoziale Reformbewegung" von Volkmar Aderhold,
Peter Stastny, Peter Lehmann (S. 150-165) und "Offene Dialoge" von Jaakko Seikkula, Birgitta Alakare (S. 233-249) E-Book 2014
Volkmar Aderhold, Nils Greve: "Bedürfnisangepasste Behandlung und offene Dialoge" 2009 KONTEXT 40,3, S. 228 – 242, ISSN 0720-1079228,
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG. www.dgsf.org/service/wissensportal/beduerfnisangepasste-behandlung-und-offene-dialoge
Deutscher Ethikrat: Öffentliche Anhörung
"'Wohltätiger Zwang' in der Psychiatrie", 23.02.2017, dbb forum Berlin, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin:
www.ethikrat.org/anhoerungen/wohltaetiger-zwang-in-der-psychiatrie/?cookieLevel=accept-all&cHash=1ac61157a9ea47e9e92c881946d06c20
[C] John R. Bola, Klaus Lehtinen, Johan Cullberg, Luc Ciompi: "Psychosocial treatment, antipsychotic postponement, and low-dose medication strategies
in first-episode psychosis: A review of the literature" Psychosis 2009, Band 1, S. 4-18
John R. Bola, Loren R. Mosher: "Treatment of Acute Psychosis Without Neuroleptics: Two-Year Outcomes From the Soteria Project" JNMD 2003 Band 191, S. 219-229
[D] Jaakko Seikkula, Birgitta Alakare, Jukka Aaltonen: "The Comprehensive Open-Dialogue Approach in Western Lapland: II. Long-term stability
of acute psychosis outcomes in advanced community care" Psychosis 2011, Band 3, s. 192-204
[E1] Peter Lepping, Rajvinder S. Sambhi, Richard Whittington, Steven Lane: "Clinical relevance of findings in trials of antipsychotics: systematic review"
Br J Psychiatry. 2011 May;198(5):341-345
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[E3] Stephen Zwi Levine, Jonathan Rabinowitz: "Trajectories and antecedents of treatment response over time in early-episode psychosis"
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Eve C. Johnstone, David G. C. Owens, Timothy J. Crow, John M. Davis: "Does a four-week delay in the introduction of medication alter the course
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[E4] Michael G. Case, Virginia L. Stauffer, Haya Ascher-Svanum, Robert Conley: "The heterogeneity of antipsychotic response in the treatment of schizophrenia"
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Ville Lehtinen, Jukka Aaltonen, Tarja Koffert, Viljo Räkköläinen, Erkka Syvälahti: "Two-year outcome in first-episode psychosis treated according
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[E5] Beng-Choon Ho, Nancy C. Andreasen, Steven Ziebell, Ronald Pierson, Vincent Magnotta,: "Long-term Antipsychotic Treatment and Brain Volumes:
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Lieuwe de Haan, Don H. hinszen, Marie E. Lenior, Evelyne Doderlein de Win, Rob Qorsira: "Duration of Untreated Psychosis and Outcome of Schizophrenia:
Delay in Intensive Psychosocial Treatment Versus Delay in Treatment With Antipsychotic Medication" Schizophr Bull. 2003;29(2):341-8
[1] Christoph U. Correll, Jose M. Rubio, Gabriella Inczedy-Farkas, Michael L. Birnbaum, John M. Kane, Stefan Leucht: "Efficacy of 42 Pharmacologic Co-
treatment Strategies Added to Antipsychotic Monotherapy in Schizophrenia: Systematic Overview and Quality Appraisal of the Meta-analytic Evidence"
JAMA Psychiatry. 2017;74(7):675-684
[2] Marc Lochmann van Bennekom, Harm J. Gijsman, Frans G. Zitman:"Antipsychotic polypharmacy in psychotic disorders: a critical review
of neurobiology, efficacy, tolerability and cost effectiveness" J Psychopharmacol. 2013 Apr;27(4):327-36
[3] Polypharmacy: Übersetzug durch den Verfasser: APA -American Psychiatric Association (20.9.2013): "Five things physicians and patients should
question" recommendation 5 updated August 21, 2014; recommendation #3 updated April 22, 2015
Prof. Dr. Martin Lambert, Lehrbeauftragter Klinik u. Poliklinik f. Psychiatrie u. Psychotherapie Zentrum Psychosoziale Medizin
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Martinistr. 52, D-20246 Hamburg: "Allgemeine Psychopharmakologie -Grundlagen:
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), Arzneimittelinteraktionen - Die wichtigsten Substanzklassen" Unter: www.uke.de/dateien/
kliniken/psychiatrie-und-psychotherapie/dokumente/lehrmaterialien-stud-med/f1.allgemeine_psychopharmakologie.pdf
[4] Christian Schmidt Kraepelin, Bernd Puschner, Sabine Loos, Birgit Janssen: "Antipsychotische Polypharmazie bei Patienten
mit Schizophrenie und hoher Versorgungsinanspruchnahme" Psychiatrische Praxis, 40. Jg. S. 380-384
http://www.choosingwisely.org/wp-content/uploads/2015/02/APA-Choosing-Wisely-List.pdf
[5] Takefumi Suzuki, Hiroyuki Uchida, Kenji F. Tanaka, Masayuki Tomita, Kenichi Tsunoda, Kensuke Nomura, Harumasa Takano,
Akira Tanabe, Koichiro Watanabe, Gohei Yagi, Haruo Kashima: "Reducing the dose of antipsychotic medications for those who
had been treated with high-dose antipsychotic polypharmacy: an open study of dose reduction for chronic schizophrenia"
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[6] 6.1. Susan M. Essock, Nina R. Schooler, T. Scott Stroup, Joseph P. McEvoy, Ingrid Rojas, Carlos Jackson: "Effectiveness of Switching
From Antipsychotic Polypharmacy to Monotherapy" Am J Psychiatry 2011; 168:702–708)
6.2. Hikaru Hori, Reiji Yoshimura, Asuka Katsuki, Atsuko-Ikenouchi Sugita, Kiyokazu Atake, Jun Nakamura: "Switching to antipsychotic
monotherapy can improve attention and processing speed, and social activity in chronic schizophrenia patients"
Journal of Psychiatric Research 2013; 47:12, pp 1843-1848
[7] Debra L. Foley, Katherine I. Morley: "Systematic review of early cardiometabolic outcomes of the first
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[8] 8.1. Christoph U. Correll, Anne M. Frederickson, John M. Kane, Peter Manu: "Does Antipsychotic Polypharmacy
Increase the Risk for Metabolic Syndrome?" Schizophr Res. 2007 Jan; 89(1-3): 91–100
8.2. Davy Vancampfort, Christoph U. Correll, Britta Galling, Michel Probst, Marc De Hert, Philip B. Ward, Simon Rosenbaum,
Fiona Gaughran, John Lally, Brendon Stubbs: "Diabetes mellitus in people with schizophrenia, bipolar disorder and major
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[9] David Ruschena, Paul E. Mullen, Philip Burgess, Stephen Cordner: "Sudden death in psychiatric patients" J Clin Psychiatry. 2011 Jul;72(7):936-41
Wayne A. Ray, Cecilia P. Chung, Katherine T. Murray, Kathi Hall, C. Michael Stein: "Atypical Antipsychotic Drugs and the Risk of Sudden Cardiac Death"
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[10] Jari Tiihonen, Jouko Lönnqvist, Kristian Wahlbeck, Timo Klaukka, Leo Niskanen, AntiiTanskanen, Jari Haukka:
"No mental health without physical health" Lancet. 2011 Feb 19;377(9766):611
http://www.medizin-wissen-online.de/index.php/psychiatrie/80-psychopharmakotherapie/antipsychotika/3-nebenwirkungen
-der-antipsychotika-der-1-generation, http://flexikon.doccheck.com/de/Positivsymptomatik
http://flexikon.doccheck.com/de/Negativsymptomatik
Negativ-/Minus Symtome
: Affekt Verarmung, Schwung-/Antriebsverminderung, Reduzierung d. Psychomotorik (Gestik, Mimik), Verarmung
des Denkens, kognitive Einschränkung (Aufmerksamkeits-, Konzentrationsstörung) -> sozialer Rückzug, Isolation, beruflicher Abstieg ...

"Um Therapeuten, Angehörigen- und Selbsthilfegruppen, die sich einer Psychoedukation unterziehen ließen
und über Informationsmaterial, das die PHARMAINDUSTRIE gesponsert hat, gelernt haben, dass psychische Probleme
Ausdruck von Stoffwechselstörungen sind und mit dem Absetzen der Psychopharmaka der Rückfall gesetzmäßig eintritt, sollte
man einen großen Bogen machen. Ärzte, die [sich] nicht über Rezeptorenveränderungen, Bildung von Behandlungsresistenzen,
Gewöhnungsprozesse und Entzugsprobleme [Absetzprobleme, Entzugsdyskinesien] bei neuen Antidepressiva und atypischen
Neuroleptika informieren, sind ernstzunehmende RISIKOFAKTOREN für fehlgeschlagene Absetzversuche. Sie tragen auch eine
wesentliche Verantwortung für eine ungewollte weitere Verabreichung von Antidepressiva und Neuroleptika oder
gar Elektroschocks ..."
Aus: Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer: „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika - Risiken,
Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks“ Psychopharmaka absetzen?
Warnhinweise S. 232. Geleitworte: Andreas Heinz, Peter & Sabine Ansari u. Marina Langfeldt, Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)


"Man mag es für merkwürdig halten, wenn ein Arzt sich über das Absetzen von Psychopharmaka auslässt. Seine Aufgabe ist es doch,
Medikamente zu verordnen. Ärzte lernen das. Wie man Medikamente absetzt, lernen sie nicht. In Zeiten, in denen die LANGZEITMEDIKATION
nicht nur in der Psychiatrie bei vielen Krankheiten (Blutdruck, erhöhte Blutfette, Diabetes) zur Regel geworden ist, ist das ein Mangel. Und nicht
ganz selten ist es fragwürdig, ob eine langzeitige Medikamentenbehandlung wirklich geboten ist. Insbesondere in der Psychiatrie kommen immer
wieder Zweifel auf, die allerdings häufiger von Behandelten als von Behandelnden artikuliert werden. Viele Patienten machen die Erfahrung, dass
ihre Ärzte nicht auf ihre Klagen und Wünsche hören, wenn sie meinen, man könne es doch auch einmal ohne Medikamente versuchen.
Ich will an dieser Stelle nicht auf die Frage eingehen, wann und wie lange Psychopharmaka unter welchen Bedingungen notwendig sind oder nicht.
Hier geht es darum, dass viele Medikamenten-Konsumenten aus guten oder weniger guten Gründen die Nase voll haben und die weitere Medi-
kamenteneinnahme einstellen. Behandelnde Ärzte reagieren darauf immer noch allzu häufig verstockt. Viele drohen damit, ihre Patienten zu ver-
stoßen – und manche tun das auch. Das aber ist mit den Prinzipien und der Ethik ihres Berufes nicht vereinbar. Es kann sogar ein Kunstfehler sein:
Wenn ein Patient Medikamente, die er langzeitig eingenommen hat, absetzen oder reduzieren will, hat der behandelnde Arzt ihm gefälligst zu helfen –
auch wenn er anderer Meinung ist. Er kann ihm davon abraten. Er ist sogar verpflichtet, aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen den Patienten darüber
aufzuklären, welche Risiken dieser durch den Verzicht auf seine Medikamente auf sich nimmt. Der Patient entscheidet. Wenn der Arzt ihn beraten hat,
ist der Patient frei, auch Entscheidungen zu treffen, die der Arzt für unklug hält. Selbst wenn die Entscheidung "dumm" ist, kann der Arzt letzten Endes
nichts tun, als ihm dabei zu helfen, dass er dabei keinen Schaden nimmt. Der Patient nimmt dann die Risiken, die damit verbunden sind, in Kauf. Der
Arzt kann dazu beitragen, diese zu vermindern, indem er die Phase des Absetzens begleitet, um auf diese Weise unnötige Risiken zu minimieren.
Denn jeder, der länger Medikamente, insbesondere Psychopharmaka, eingenommen hat, sollte unbedingt vermeiden, von heute auf
morgen mit der Einnahme aufzuhören. Es bedarf einer Strategie der allmählichen Dosisreduktion, bis schließlich nach Wochen bis
Monaten [und sogar erst nach Jahren] ganz auf die Medikamente verzichtet werden kann.
Den Plan dazu sollte der Patient gemeinsam
mit seinem behandelnden Arzt ausarbeiten können. Selbst wenn dieser mit seiner Warnung recht hat, kann das Ergebnis eines Absetz-
versuches sinnvoll und fruchtbar sein. Er kann die Voraussetzung dafür sein, im Gespräch über die künftige Behandlung ein
gemeinsames Konzept zwischen Arzt und Patient zu entwickeln."
Asmus Finzen, Peter Lehmann, Margret Osterfeld, Hilde Schädle-Deininger, Anna Emmanouelidou, Theodor Itten: "Psychopharmaka absetzen:
Warum, wann und wie" Wie man Medikamente absetzt, lernen Ärzte nicht. S.16, in: Soziale Psychiatrie, 39. Jg. (2015), Nr. 2, S. 16-19
www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/gesundheit/pdf/absetzenbremen.pdf
[Meine Ergänzungen]


"Kombinationen von mehreren Psychopharmaka stellen in mittel- und langfristigen Verläufen
fast nie einen Vorteil für die Betreffenden dar und sollten Anlass zu Dosisreduktionen und
schließlich zum Absetzen überflüssiger Psychopharmaka geben ... Die Medikamenten-
reduktion und der Genesungsprozess sind eine anstrengende Aufgabe, die sich über
Jahre erstreckt. Die nötige Disziplin, Beharrlichkeit und Durchhaltekraft gewinnen alle
Beteiligten aus den Zielen, auf die sie in diesem Prozess hinstreben. Diese Ziele sollten
einem am Herzen liegen und sie sollten über den simplen Wunsch der Reduktion
oder des Absetzens der Medikamente hinausgehen ..." (A)

Die Don'ts der Medikamentenreduktion

Sich nicht vorbereiten
Schlagartig absetzen
Allein gegen den Rest der Welt
Mit keinem reden
Sich nicht auf Krisen einstellen
Keine Alternativen entwickeln
Keine Therapien nutzen
Schlecht schlafen
Sich schlecht ernähren
Weiter kiffen, weiter koksen
Alles auf einmal nachholen
Reduzieren nur um des Reduzierens willen!
(B)

Aus: Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka:
„Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen“
(A) Andere Psychopharmaka S.189; Die Praxis des Reduzierens
und Ausschleichens: Die Frage "Wozu?" S.175; (B) Anhang,
S.248, Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019

"GENESUNG ist ein ineinander verwobenes, mehrgliedriges und individuell zu komponierendes Geschehen.
Dabei sind drei Bausteine in diesem Prozess relevant. Sie beziehen sich aufeinander und unterstützen sich
gegenseitig ... TRIALEKTIK DES GENESUNGSPROZESSES ... Der BEDEUTUNGSDOSIERTE SOZIALRAUM
meint letzlich eine mit einer gelassen reagierenden Person geteilte, örtlich abgegenzte Situation, in der alles
Vorhandene gefahrlos ausprobiert, untersucht und genutzt werden kann. Der Anschluss an alltägliches non-
verbales Tun - wie trinken, essen, Nahrung zubereiten, bewegen, liegen oder sitzen - ist günstig, eine Re-
duktion der vorhandenen Gegenstände und Handlungsoptionen ebenfalls.
Mit ABSCHALTTECHNIKEN sind alle nonverbalen, körpernahen und konzentrativen Techniken gemeint.
Diese sind in bedeutungsdosierten Räumen leichter zu üben. Allerdings ist dies gerade während der Hoch-
phasen von Psychosen, in denen sie besonders wichtig wären, besonders schwer. Schließlich benötigt die
Person nicht umsonst die realitätsdistanzierende Funktion der Psychoseerfahrung, da eben die sozial ge-
teilte Realität zu schmerzhaft, die in ihr gespürte Spannung zu groß geworden ist. Insofern ist es wichtig,
gerade solche bedeutungsdosierten Sozialräume zur Behandlung von akuten Psychosen anzubieten
(Stichworte: weiches Zimmer, Soteria), in der Genesung zunehmend für sich selbst zu schaffen sowie
die oftmals schmerzhafte Einsicht und Fähigkeit zu entwickeln, anstrengende Räume und auch an-
strengende Personen nur dort aufzusuchen. Typische Kombinationen dieser beiden Bausteine
wären ein gemeinsamer Spaziergang durch die Natur, gemeinsames Teetrinken in ruhiger Atmo-
späre, gemeinsame Meditation in einem ruhigen Raum oder eben das Liegen auf der Couch
im gemeinsamen Wohnzimmer. Zudem, und dies gilt vor allem im weiteren Genesungsverlauf,
ist das Erzählen von den egenen Erfahrungen wichtig - ERZÄHLRAUM (reden, zuhöhren, re-
framen, dritter Standpunkt). Hierbei geht es darum, sonst nicht Teilbares - sprich: die ex-
klusive Psychoseerfahrung oder auch die eigene, spannungsreiche Innerlichkeit - anderen
Personen mitzuteilen. Ob es sich bei den anderen um psychoseerfahrene Peers, Angehörige
oder Sozialprofis handelt, ist sekundär. Entscheidend ist, wie sich diese anderen geben
und verhalten ...



Die Leitmotive der ärztlichen Profis sollte lauten:

Wer ansetzt, muss auch wissen, wie er oder sie absetzt! (2: S.83)

Kleine Dosisänderungen machen den Unterschied.
Meist liegt die Dosisänderung zwischen 5 und 10 Prozent und kann je nach
Dauer der einnahme alle vier bis 12 wochen [und länger] vorgenommen werden! (2: S.88)


Wenn die Entzugserscheinungen zu intensiv sind, ist es langfristig zielführender,
innerhalb weniger Tage wieder auf die vorherige Dosis zurückzukehren und sich zu
stabilsieren. Beim nächsten Mal sollte der Reduktionsschritt dosisangepasst oder
mit größerem zeitlichem Abstand vorgenommen werden!
(2: S.89)

Oft entsteht der Eindruck, ab einer bestimmten Schwelle einer neuroleptischen Dosis
nicht mehr weiterzukommen. Dies geschieht meist im niedrigen Dosisbereich unterhalb
von 1 bis 2mg Haloperidol-ÄQuivalent. Manchmal kann die Dosis nicht weiter reduziert
werden (= individuelle Niedrigdosis). Manchmal kann der letzte Krümel aber in Kleinst-
schritten weiter reduziert oder sogar erfolgreich abgesetzt werden! (2: S.91)


An einen Reduktionsprozess ist mit viel Geduld heranzugehen.
Es gilt, sich Zeit zu nehmen und zeit zu lassen!
(2: S.93)

Die Reduktion von Medikamenten [psychopharmaka] im Rahmen von Medikamentenkombinationen
ist der Reduktion bei solomedikation vergleichbar, birgt aber dennoch besondere Heraus-
forderungen. Diese ergeben sich aus den unterschiedlichen Wirkungen, nebenwirkungen
und Interaktionen der Medikamente [Psychopharmaka] und können tendenziell mithilfe
einiger Grundregeln angegangen werden!
(2:S.203)

Nach dem Absetzen sollten die entwickelten Routinen und gewohnheiten fortgesetzt
werden. Die genesung ist mit dem Absetzen nicht abgeschlossen, die Trialektik
[bedeutungsdosierte Sozialräume, Abschalttechniken, Erzählräume] kann auch
ein Modell für eine Lebensführung nach dem Absetzen sein!
(2:S.216)

Im Verlauf der Genesung wird nicht zwingend alles gut (Normalität, ver-
lässlichkeit u. Geborgenheit im hier und jetzt), aber es wird besser. Dies
bedeutet, dass die eigene Lebensgestaltung so "normal" wie möglich
wird. Der Preis für diese Normalität ist eine sorgsam dosierte Teilhabe
an einem Mix von familiären, nachbarschaftlichen, beruflichen und
sozialprOfessionellen "Miteinandern" und rückzügen in freiräume
nur für sich. (2:S.223)




Aus: Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka: „Medikamentenreduktion
und Genesung von Psychosen“ Reduktion von Psychopharmaka-Kombinationen,
Hinweise zur Orientierung bei der Reduktion von Psychopharmaka-Polypharmazie
[Multimedikation] S.200, Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019

Der Reduktionswunsch von Neuroleptika-Nutzern wird also durch glaubwürdige wissenschaftliche Erkenntnisse (4)
unterstützt. Freilich ist die Dosisreduktion nicht immer einfach. Krisen sind sogar während der Reduktion häufiger, als
wenn die Medikamente zunächst einfach so weitergenommen werden. Dies wird verständlich, wenn wir die Anpas-
sungen des Gehirns auf die ständige Anwesenheit dieser Substanzen [Neuroleptika] betrachten. Denn innerhalb
von Wochen bis Monaten stellen sich die Dopamin verwendenden Nervenzellverbände auf die ständige Anwesen-
heit der blockierenden Substanz ein. Es entwickelt sich eine TOLERANZ gegenüber der Substanz. Einerseits
bilden die Nervenzellen, deren Dopamin-2-Rezeptoren durch die stete Zufuhr der Neuroleptika intensiv blockiert
sind, mehr Dopamin-2-Rezeptoren [D2high, s.o.]. Die Dichte und die Anzahl der potenziell durch Dopamin erreg-
baren Rezeptoren auf der Oberfläche der empfangenden Nervenzelle nehmen also zu . Andererseits steigt die
Rate der sogenannten supersensitiven Dopamin-2-Rezeptoren an [D2-Rezeptoren Up-regulation], welche
viermal so wirksam eine Aktivierung durch Dopamin an die empfangende Zelle weitergeben .... Diese Ver-
änderungen und Anpassungsleistungen der Dopamin verwendenden Nervenzellverbände auf synaptischer
Ebene bedeuten, dass REBOUND-Erscheinungen beim Absetzen oder Drosseln der Zufuhr dieser Substanzen
auftreten ... Bedeutsam ist, dass Reduktionen von Neuroleptika nach bereits erfolgter Gewöhnung [Toleranz]
an die Medikation zudem ein [Absetz-] ENTZUGSSYNDROM [s.u.] verursachen können. Es geht also nicht
nur darum, das in Folge der Reduktion größere emotionale Berührtwerden und das Wieder-Spüren der
eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Ängste aufzunehmen und zu integrieren. Sondern es geht auch um
regelrechte [Absetz-] Entzugserscheinungen (5) [körperliche Abhängigkeit von Neuroleptika] ... setzen
üblicherweise innerhalb weniger Tage ein und halten meist nur für zwei bis drei Wochen an ... Das Aus-
maß der [Absetz-] Entzugserscheinungen ist individuell. Nicht alle spüren dieselben Beschwerden und
nicht jeder spürt überhaupt Beschwerden nach einem Reduktionsschritt. Manchmal bemerken die Be-
treffenden nur Verbesserungen im Sinne einer größeren Wachheit und Interessenslage, mehr Energie
im Denken und Handeln. Trotzdem ist es aus unserer Sicht wichtig, sich selbst und damit auch
dem Gehirn genügend Zeit zu geben, um sich an die Veränderungen aufgrund der kleineren
Dosis zu gewöhnen.
Zu schnelle Reduktionen sind nach unserer Erfahrung immer kritisch. Re-
duktionen sind auch deshalb anstrengend, da die Person mehr Wünsche, Bedürfnisse und Ängste
spürt. Sie trägt dies in ihr Umfeld hinein, erlebt andere intensiver und setzt sich anders mit ihnen
auseinander. Dies fordert also auch von den anderen Gelassenheit und eine Bereitschaft, sich
noch mal neu mit sich selbst und der betreffenden Person auseinanderzusetzen ... Üblicherweise
gilt die Faustformel, dass alle 6 bis 12 Wochen eine Dosis um 5 bis 10 % reduziert werden
kann
(6)... die 5 bis 10 % müssen u.E. für jeden Reduktionsschritt anhand der letzten Dosis [neu]
berechnet werden ... Letztlich muss jeder selbst seine Reduktionsgeschwindigkeit heraus-
finden ... Die Angst vor einer erneuten [psychotischen] Krise ist bei den Betroffenen und den
sie begleitenden Menschen groß. Häufig werden [Absetz-] Entzugserscheinungen als
Vorboten eines Wiederauftretens einer psychotischen Krise
[fehl-] gedeutet. Die
Tatsache, dass auch Profis und insbesondere Ärztinnen und Ärzte oftmals keine Kenntnisse
zu den möglichen Entzugserscheinungen haben, lässt die Verunsicherung bei den Be-
treffenden erheblich steigen. Schon über das Wissen um den Umstand der Entzugs-
erscheinungen können die Beschwerden umgedeutet werden und den Betreffenden
entlasten ... Im Notfall gilt es tatsächlich, den Reduktionsschritt rückgängig zu machen
und nach erfolgter Stabilisierung eine erneute Reduktion mit einem
kleineren Schritt zu versuchen ..." (2)

Phasen der Genesung
[(1) S.154f]


Akute (orange) -, Integrierte -, Geparkte -, Lang anhaltende (dunkelgrün) -,
Exklusive (schwarz) Psychoseerfahrung, Sozial geteilte Realität (hellgrau),
Überlagerung von psychotischer u. sozial geteilter Realität (dunkelgrau)
Heimischer Bezirk (gelb); Phasen des Genesungsverlaufs: + Wendepunkt-
erfahrung ["Psychoseeinsicht"] (grüner Blitz), + Wahrnehmung und Differen-
zierung doppelter Realitäten (dunkelblau), + Parken psychotischer Realität
(dunkelgrün) + zunehmende Integration und neue Interpretation der
Psychoseerfahrung (dunkelgrün). Jede dieser Phasen ist ein eigener
Schritt hin zur Genesung!


"Psychosen klingen ab, wenn die Betroffenen sich über ihre Erfahrungen und deren Hintergründe
sinnvoll verständigen können. Dieser Weg der Verständigung ist anstrengend. Es geht für alle Be-
teiligten darum, die Besonderheiten der psychotischen Eigenwelt anzuerkennen und
schrittweise eine mit anderen Menschen teilbare Sicht der Dinge [zwischen der sozial teil-
baren Realität einerseits und psychotisch veränderte Erfahrungen andererseits] zu ent-
wickeln ... SIE haben sich mit anderen Menschen über ihre Psychoseerfahrungen, deren
Hintergründe und die harte Arbeit im "Steinbruch der Genesung" verständigen können ...
Es geht also um zutiefst menschliche Bedürfnisse nach Akzeptanz, Toleranz, Bindung
und sozialer Zugehörigkeit ... um den Prozess des Findens, Aushandelns und Ge-
staltens von Möglichkeiten im Miteinander ["akzeptierende soziale Integration",
und Erkennen von "Inseln der Klarheit"
(3) n. Edward M. Podvoll (1936-2003)] ...
Im Verlauf des Genesungsprozesses kann ein Standpunkt gewonnen werden
der eine selbstbestimmte Entscheidung erlaubt, welchen Raum und welche
Bedeutung die Psychoseerfahrung in der eigenen Biografie einnehmen soll ...
"Verletzlichkeit und Bloßgestellt-werden-Können sind nun mal die schwer
erträglichen Schwestern der Geborgenheit." (1)


Interessant ist, dass Menschen, die an PSYCHOSEN leiden, in sogenannten Entwicklungsländern bis in die 1980er Jahre hinein
eine ziemlich gute Chance hatten, zu genesen. In einer Studie
(7) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahre 1979
zeigte sich, dass bei Teilnehmern aus eben diesen Ländern häufiger gute Verläufe zu beobachten waren.
"Unbenommen all dieser
Einschränkungen ist es wahrscheinlich, dass der Verlauf der Schizophrenie in den verschiedenen Zentren tatsächlich unter-
schiedlich ist und dass der Verlauf der Schizophrenie in den weniger entwickelten Länden weniger schwerwiegend ist
als in den weiter entwickelten Ländern."
(7).
Diese Beobachtung, die wiederholt bestätigt wurde und die dem steten Rückgang der Genesungsraten in den industrialisierten
Ländern seit den 1950er Jahren
entspricht
(8), wirft natürlich Fragen auf. Mögliche Erklärungen wären unter anderem, dass in diesen
Ländern nur begrenzte Plätze in psychiatrischen Kliniken zur Verfügung stehen, nur wenig Neuroleptika verschrieben werden. Aus diesem
Grund bleiben die Betreffenden meist in ihrem sozialen Umfeld (gruselige Ausnahmen beispeilsweise von Ankettungen besonders auffällig
sich verhaltender psychisch Kranker sind hingegen kein Argument gegen diese Regel, sondern ehrer als Bestätigung der Ausnahmen anzu-
sehen. Dort durchleben sie ihre Psychose ohne Medikamente, aber in gewohnter Umgebung, mit vertrauten Menschen, sie bleiben dabei,
werden nicht (sofort) isoliert. Sie sind also sichtbar, spürbar und erlebbar, sie bleiben ein Teil des Alltags,auch für ihr Umfeld. In den ge-
nannten Studien
(7,8) wird die präzise Erforschung der Ursachen für die unter- schiedlichen Verläufe angeregt, gleichzeitig werden
folgende möglichen Ursachen benannt: unterschiedliche familiäre Bindungen und Strukturen, die Einbeziehung der Familien
von Betroffenen durch die Sozialprofis und besondere Belastungen für psychisch verletzliche Personen
in einer hoch industrialisierten Leistungsgesellschaft.
Hinzu kommt die Kultur der ständigen, ja, industrialisierten Selbstoptimierung in den Industrieländern. Wir sind angehalten,
uns fortwährend zu verbessern und an unseren Schwächen zu arbeiten. Die Ruhelosen hasten zum Yoga, während die Phleg-
matischen sich zum Ziel coachen lassen. Die Leittragenden dieser Entwicklung sind die sogenannten Minderleister, die so-
genannten Kranken und Schwachen.
Warum muss ich um meine Rente bangen, wenn ich ein stabiles Leben erreicht habe
(und dies mithin unter dem Schutz der Rente)? Warum muss ich als Mensch mit psychischer Erkrankung "da abegeholt
werden, wo ich bin"? Kann ich nicht einfach da bleiben, wo ich mich gerade befinde?
Immerhin ist es schon eine Leistung,
wenn es nicht schlimmer wird, wenn ich nicht in eine Krise gerate, wenn ich nicht wieder mehr Medikamente brauche.
Abschließend lässt sich sagen: Ja, wir brauchen mehr ambulante Angebote und mehr Information. Vor allem aber brauchen
wir mehr Gemeinschaft. Genesen können wir, die Kranken, die Gesunden, die Gesellschaft nur gemeinsam. Vielleicht ist
Akzeptanz das Zauberwort dieser Tage. Nehmen wir die Dinge (Menschen und ihr Verhalten) doch, wie sie sind. Lassen wir
einander den Raum, den wir brauchen. Und wagen wir ein Leben in unserem Dorf, in unserem Kiez, in unserer Gesell-
schaft wie in einer Großfamilie. Im Vertrauen darauf, dass alle schon am selben Strang ziehen werden. Sicherlich ist es
immer wieder schmerzhaft, demütig zu bleiben und anzuerkennen, dass ich für den anderen nicht wissen kann,
wie er sein Leben zu leben hat oder wie er die Dinge sehen soll
. Aber gerade diese Zurückhaltung kann ich eben
auch von dem anderen fordern. Eine solche Demut ist nicht wehrlos. Im Gegenteil: sie ist gelassen und stark. Und viel-
lleicht erlaubt uns diese Gelassenheit, den Weg gemeinsam zu gehen. Auf der Suche nach einer Gesprächsebene,
im Vertrauen auf eine mögliche Verständigung über einander, das Gemeinsame und den Weg,
den wir gemeinsam zurücklegen." (2)

Aus: (1) Jann E. Schlimme, Burkhart Brückner: „Die abklingende Psychose: Verständigung finden, Genesung begleiten“
Einleitung: S.10, 13, 15f, 18; Abbildung 8 (von mir bearbeitet): Schematischer Genesungsverlauf der abklingenden
Psychose S.154f. Abbildung 9: Trialektik des Genesungsprozesses S.206. Unter Mitarbeit von Birgit Hase,
Amelie Palmer, John Peach und Levent Önal, Psychiatrie Verlag 1. Auflage 2017
(2) Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka:„Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen“
Wie funktioniert eigentlich Genesung von Psychosen?: Die drei Bausteine der Genesung (Trialektik der Genesung)
S.34-36 u. Abb.1, S.35. Das Miteinander der Genesung S.40; Neuroleptika: Wieso sollten Neuroleptika nicht so
hochdosiert und nicht automatisch lebenslang genommen werden? S.63,66, Welche Entzugserscheinungen
können Neuroleptika-Reduktionen auslösen? S.66-69; Die Praxis des Reduzierens und Ausschleichens:
Der erste Schritt S.83, Die Reduktionsgeschwindigkeit: kleine und langsame Dosisschritte S.88f,91,93;
Reduktion von Psychopharmaka-Kombinationen S.203; Leben mit einem letzten Krümel oder ganz ohne
Psychopharmaka: Nach dem Absetzen S.216, Der Preis der Normalität S.223, soziale rolle und Genesung
S.236f, Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019
(3) Edward M. Podvoll (1936-2003, Psychotherapeut, Psychiater in der psychoanalytischen Privatklinik Chestnut Lodge (Maryland, USA) bei
Frieda Fromm-Reichmann (1889-1957) u. Harold Searles (1918-2015), Autor), Tilmann Borghardt (Übersetzer): „Von Psychose genesen:
Psychosen verstehen und behandeln“ [Originalausgabe: “The Seduction of Madness: Revolutionary Insights into the World of Psychosis
and a Compassionate Approach to Recovery at Home“ 1990“, 2. Fassung: „Aus entrückten Welten: Psychosen verstehen und behandeln“
2004 („Recovering Sanity: A Compassionate Approach to Understanding and Treating Pyschosis“ 2003] Norbu Verlag 1.Auflage 2017
(4) Jari Tiihonen, Antti Tanskanen, Heidi Taipale: "20-Year Nationwide Follow-Up Study on Discontinuation of Antipsychotic Treatment
in First-Episode Schizophrenia" Am J Psychiatry. 2018 Aug 1;175(8):765-773
Martin Harrow, , Thomas H. Jobe, Robert N. Faull: "Does treatment of schizophrenia with antipsychotic medications eliminate
or reduce psychosis? A 20-year multi-follow-up study" Psychol Med. 2014 Oct;44(14):3007-16
Lex Wunderink, Roeline M. Nieboer, Durk Wiersma, Sjoerd Sytema, Fokko J. Nienhuis: "Recovery in remitted first-episode psychosis
at 7 years of follow-up of an early dose reduction/discontinuation or maintenance treatment strategy: long-term follow-up of a 2-year
randomized clinical trial" JAMA Psychiatry. 2013 Sep;70(9):913-20
(5) Guy Chouinard, Barry d. Jones: "Neuroleptic-Induced Supersensitivity Psychosis: Clinical and Pharmacologic Characteristics" Am J Psychiatry 1980; 137:16-21
Guy Chouinard, Anne Noël Samaha, Virginie Anne Chouinard, Charles Siegfried Peretti, Nobuhisa Kanahara, Masayuki Takase, Masaomi Iyo:
"Antipsychotic-Induced Dopamine Supersensitivity Psychosis: Pharmacology, Criteria, and Therapy" Psychother Psychosom. 2017;86(4):189-219
Richard Tranter, David Healy: "Neuroleptic discontinuation syndromes" J Psychopharmacol. 1998;12(4):401-6
Anja Cerovecki, Richard Musil, Ansgar Klimke, Florian Seemüller, Ekkehard Haen, Rebecca Schennach, Kai-Uwe Kühn, Hans-Peter Volz, Michael Riedel:
"Withdrawal symptoms and rebound syndromes associated with switching and discontinuing atypical antipsychotics: theoretical background
and practical recommendations" CNS Drugs 2013 Jul;27(7):545-72
Roy B.Lacoursiere, Herbert E.Spohn, KarenThompson: "Medical effects of abrupt neuroleptic withdrawal" Comprehensive Psychiatry 1976;17(2):285-294
Kenneth L. Davis, Gordon S. Rosenberg: "Is there a limbic system equivalent of tardive dyskinesia?" Biological Psychiatry 1979;14(4):699-703
(6) Die sog. erste "10%-Regel" stammt von Dr. med. David L. Richman (pen name: Dr. Caligari) Berkely/CA/USA: "Dr. Caligari’s Psychiatric Drugs"
Network Against Psychiatric Assault 1984 (Er empfiehlt 10% Reduktionen in 1 Wo-schritten, dies ist für die meisten Neuroleptika Nutzer zu schnell!!!)
(7) WHO (Hg.): "Schizophrenia. An International Follow-up Study" S.370, Chichester. New York, Brisbane, Toronto: John Wiley & Sons 1979
(8) Erika Jääskeläinen, Pauliina Juola, Noora Hirvonen, John J. McGrath, Sukanta Saha, Matti Isohanni, Juha Veijola, Jouko Miettunen:
"A systematic review and meta-analysis of recovery in schizophrenia" Schizophr Bull. 2013 Nov;39(6):1296-1306

Wer hat Angst vor dem Psychopharmaka Absetzen? pdf >>>
Ärztliche Beratung und psychotherapeutische Gespräche beim Absetzen von Dämpfungs- und Beruhigungsmitteln
Dr.med. Josef Zehentbauer - Arzt und Psychotherapeut München

"Sowohl regelmäßige PSYCHOPHARMAKA- wie auch DrogenKonsumentInnen nehmen ihren "Stoff" in der Hoffnung
zu sich, auf diese Art eine Unsicherheit, ein Leiden, eine Unzufriedenheit oder ein Problem besser zu ertragen. Sie hoffen,
dass es ihnen mit Hilfe der Substanz [Medikament, Droge] besser geht. Letztlich kann die Einnahme einer Droge wie die
eines Psychopharmakons als Behandlung oder als Behandlungsversuch eines unerträglichen psychischen Zustands ver-
standen werden. Die allermeisten psychischen Leidenszustände sind mit ANGST verbunden - ANGST als Haupt- oder
Begleitsymptom. Und diese ANGST wird sich beim Absetzen, wenn ihre Ursachen nicht erkannt und möglichst ver-
ändert wurden, mit Sicherheit wieder melden. Gleichzeitig haben die Betroffenen beim Absetzen ANGST vor dem
Wegfall einer Wirkung (zum Beispiel der Dämpfung), die als hilfreich und unverzichtbar erlebt wurde.
Dazu kommt, dass viele der eindringlichen psychiatrischen Botschaft ausgesetzt waren, dass sie dringend auf
den Konsum von Psychopharmaka angewiesen seien. Sie alle fürchten sich vor dem Absetzen, sogar wenn
sie mit der Psychopharmakawirkung in keiner Weise einverstanden sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit ver-
spüren sie starke ANGST, wenn sie dann tatsächlich das Psychopharmakon absetzen. In diesem Zu-
sammenhang kann von ERWARTUNGSANGST gesprochen werden."
Aus: Marc Rufer: "Angst machen - Angst nehmen: Beim Absetzwunsch wird die Meinung der Ärzte zur Gefahr"
Psychisch ausgelöste Entzugserscheinungen, Wegfall der Dämpfung  S.194f
, in Peter Lehmann:
"Psychopharmaka absetzen" 2013 [Meine Ergänzungen]


"Es gibt Betroffene [Psychiatrie-Patienten], die bedenkenlos schlagartig auch höchste Dauerdosen von Psychopharmaka absetzen.
Das kann gutgehen, jedoch muss man - insbesonders beim abrupten Absetzen von Neuroleptika - durchaus mit einer ENTZUGS-
PSYCHOSE rechnen: Halluzinationen, Paranoia [Wahnbildung], Angst- und Panikattacken, Schlaflosigkeit, Verwirrtheit, Depres-
sionen... Der Schulpsychiater [Mainstream Psychiater] interpretiert eine solche ENTZUGSPSYCHOSE willkürlich: Der Patient
war nicht brav, hat seine Medikamente nicht genommen, und schon ist die [Grundkrankheit] Psychose wieder ausgebrochen.
(Die meisten Schulpsychiater bestreiten überhaupt, dass beim plötzlichen Absetzen von Neuroleptika Entzugspsychosen ent-
stehen können, obwohl sie dies an "ungehorsamen" Patienten erleben und obwohl in der internationalen Fachpresse darüber
berichtet wird.). Eine ENTZUGSPSYCHOSE lässt sich vermeiden, wenn vorsichtiges, schrittweises Absetzen gewählt wird
[als eine Möglichkeit nach der 10%-Formel/Regel: dabei wird die ursprüngliche Tagesdosis schrittweise in 10% Mengen
von der Gesamt-Tages-Dosis, z.B. jeweils über 6-8 Wochen (10% pro 6-8 Wochen), reduziert.] ..."

Aus: Josef Zehentbauer: "Wer hat Angst vor dem Absetzen? Ärztliche Beratung und psychotherapeutische Gespräche
beim Absetzen von Dämpfungs- und Beruhigungsmitteln"  Nichts überstürzen, bei Bedarf langsam absetzen. S.194f
,
in Peter Lehmann: "Psychopharmaka absetzen" 2013 [Meine Ergänzungen]


Note: Rebound (Absetzphänomen, Entzug) ≠ Relapse (Rezidiv, Rückfall)

Typische Absetzsyndrome bei Neuroleptika-Entzug (1)


Aus: Jann E. Schlimme, Burkhart Brückner: „Die abklingende Psychose: Verständigung finden,
Genesung begleiten“ Typische Absetzsyndrome bei Neuroleptika-Entzug: Tab. 1 S.196
Unter Mitarbeit von Birgit Hase, Amelie Palmer, John Peach und Levent Önal
Psychiatrie Verlag 1. Auflage 2017
(1) Richard Tranter, David Healy: "Neuroleptic discontinuation syndromes"
J Psychopharmacol. 1998;12(4):401-6


CAVE: Hüte Dich vor plötzlichem Absetzen der Psychopharmaka!
(Kalter Entzug, Cold Turkey")

"Jedes Psychopharmakon [Antidepressiva, Neuroleptika/Antipsychotika, Anxiolytika, Benzodiazepine/Hypnotika,
Phasenprophylaktika] kann Entzugs- bzw. Absetzsymptome
(10) produzieren. Dies geschieht zum Teil, weil das
Gehirn sich an das Psychopharmakon anpasst und es in einem abnormal kompensierten Zustand zurückgelassen
wird, wenn die Dosis eines Medikaments reduziert wird oder das Medikament abgesetzt wird ..."


"Absetzsymptome (10) können oft von Symptomen der vorher bestehenden psychischen Erkrankung und von
sich neu entwickelnden psychischen Problemen während des Reduzierens unterschieden werden. Die Absetz-
symptome entwickeln sich, gewöhnlich kurz nachdem ein Medikament reduziert wurde, und verschwinden,
wenn die Dosis vor der Reduktion wieder eingenommen wird ..."
"Behandler nehmen zu oft an, dass jedes psychiatrische Symptom in Verbindung mit einer inhärenten Störung
des Patienten steht als vielmehr mit einer direkten Medikamentenwirkung oder einem Absetzsymptom.
Medikamentendosierungen werden dann reflexartig erhöht oder zusätzliche Medikamente
verordnet. Dies führt dazu, dass Patienten mit zu hohen Dosierungen oder mit zu vielen verschiedenen
Medikamenten [Multimedikation] auf einmal behandelt werden ... Wann auch immer Symptome während
einer Dosisänderung (nach oben oder nach unten) auftauchen oder sich verschlechtern, sollte der
Behandler einschätzen, ob die Symptome in Verbindung mit der Medikation stehen ..."


"Es ist kaum zu erklären warum Polypharmazie [Multimedikation] so schwer zu verändern ist. Nicht
die Monotherapie, nicht die Doppel- oder Dreifachkombination - es sind die Vierfach- oder Fünffach-
kombinationen unterschiedlichster Psychopharmaka, die nach wie vor bei Heimaufnahmen üblich sind.
Gleichzeitig fordern solche Tatsachen von den Weiterbetreuenden und -behandelnden, sich nicht mit
den Medikamentenverordnungen der Klinik abzufinden. Schließlich sind die Risiken und Neben-
wirkungen von [medikamentöser] Dauerbehandlungen für die Betroffenen nicht zu bagatellisieren.
Gehen wir ruhig realistisch von fünf Präparaten aus, wovon nicht selten drei Neuroleptika, ein Tranquilizer
und ein Phasenprophylaktikum sind. Möglicherweise ergänzt durch ein Anticholinergikum (Akineton)
und gegebenenfalls diverse internistische Präparate. Die Gefahr für vielfältige Interaktionen
(unerwünschte Wechselwirkungen der Medikamente untereinander) wächst massiv."


Aus: DGSP Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.: "Neuroleptika reduzieren und absetzen.
Eine Broschüre für Psychose-Erfahrene, Angehörige und Professionelle aller Berufsgruppen"
Kapitel 4: Reduzieren und Absetzen. Mögliche Probleme beim Reduzieren und Absetzen
von Neuroleptika S.39-41, Kapitel 9: Reduzieren und Absetzen in besonderen Situationen.
Neuroleptika reduzieren im psychiatrischen Wohnheim S.71 DSGP 2014, In: Peter R. Breggin:
„Psychiatric Drug Withdrawal: A Guide for Prescribers, Therapists, Patients and their Families"
Ch 10: Withdrawal Reactions from Specific Drugs and Drug Categories, S.119f, Springer 2013
Anne-Noël Samaha, Greg E. Reckless, Philip Seeman, Mustansir Diwan, José N. Nobrega, Shitij
Kapur: "Less is more: antipsychotic drug effects are greater with transient rather than continuous
delivery" Send to Biol Psychiatry. 2008 Jul 15;64(2):145-52

Benzodiazepin-Entzugssymptome (1)


Aus: Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka: „Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen“
Wie funktioniert eigentlich Genesung von Psychosen? Die Praxis des Reduzierens und Ausschleichens.
Schlaf- und Beruhigungsmittel (pflanzliche Präparate, Benzodiazepine, Z-Drogen, Cannabidiol)
Tab. 3 S.152, Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019
(1) Gerd Laux, W. König: "Benzodiazepine: Langzeiteinnahme oder Abusus?
Ergebnisse einer epidemiologischen Studie" Dtsch med. Wschr. 1985; S.1285-1290


"Verrücktheit ist keine Krankheit, die es zu kurieren gilt. Meine Verrücktheit trat ein, um von mir ein neues Leben einzufordern.
Die Qualen waren einerseits Signale, dass der damalige Zustand meines Lebens nicht gut war, und andererseits die Trieb-
kraft, die mich zwang, aus meiner unerträglichen bzw. sinnlosen Lebenssituation herauszugehen und den Weg zu einem
authentischeren Leben zu suchen. Ohne diesen inneren Zwang der Verrücktheit wäre ich nicht von der Stelle gekommen.
Psychopharmaka dagegen blockieren diese Triebkraft, unter ihrer Wirkung bliebe man für immer
in Leiden und Verrücktheit stecken."

Maths Jesperson: "Zwischen Lobotomie und Antidepressiva. Neuroleptika. S.70-72, Kapitel: Absetzen ohne Entzugsprobleme.
In: Peter Lehmann: „Psychopharmaka absetzen. Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressive, Phasenprophylaktika,
Ritalin und Tranquilizern“ Vorworte von Pirkko Annelie Lahti (b.1941, finn. Psychiaterin) und Loren Richard Mosher
(1933-2004, US Psychiaterin) Antipsychiatrieverlag 4. aktualisierte und erweiterte Auflage 2013


Neuroleptika reduzieren und absetzen pdf >>>
Eine Broschüre für Psychose-Erfahrene, Angehörige und Professionelle
aller Berufsgruppen Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie 2014
"Es hat sich gelohnt, diesen Weg zu gehen" - ein Absetzbericht S.66-70

DDPP - Dachverband Deutschsprachiger PsychosenPsychotherapie (2013):
"Aktuelle Forschungsergebnisse zur Neuroleptika-Behandlung"
pdf >>>
https://ddpp.eu/news-meldung/aktuelle-forschungsergebnisse-
zur-neuroleptika-behandlung.html
Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V: www.bpe-online.de/
Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Rheinland-Pfalz e.V: www.lvpe-rlp.de
Antipsychotika: www.lvpe-rlp.de/sites/default/files/pdf/aufklaerungsbogen-nl.pdf
Antidepressiva: www.lvpe-rlp.de/sites/default/files/pdf/antidepressiva-ns.pdf


"To allay fear and anxiety and to respect their self-determination, individuals withdrawing
from psychiatric medications should feel in charge of the decision to withdraw and
in charge of the pace of the taper. When needed, this encouragement can come
from a therapist, as well as from a prescriber ...

Because of the many risks, known and unknown, associated with psychiatric drug
exposure, the healthcare provider or patient should approach the use of any
psychiatric drug with caution and judicious concern and make every effort
to limit the dose, the combination of drugs, and the time of exposure
with an eye to withdrawing from the drug as soon as feasible ...

Concern about symptoms of Chronic Brain Impairment (CBI) is the most common
reason why patients and their families seek help in withdrawing from long-term
treatment with psychiatric drugs ...

The syndrome of Chronic Brain Impairment (CBI) consists of the following four symptoms clusters:
1. Cognitive dysfunction 2. Apathy and loss of interest 3. Emotional worsening (affective dysregulation)
with loss of empathy, emotional liability, and increased irritability 4. Anosognosia - the failure to
recognize symptoms of brain dysfuntion in oneself. Most commonly, all four are present at
the same time, and there is a reduction in the quality of life ...
The work of psychiatric drug withdrawal, although somtimes difficult and hazardous,
can be very gratifying to the clinician and extremely empowering
to the patient and family ...

Early signs of TD (Tardive Dyskinesia) are probably the most common signal that a patient
on antipsychotic (neuroleptic) drugs needs to be withdrawn from the medication as quickly
as possible ... Tardive dyskinesia is so common and potentially devastating that the entire
treatment team - prescriber, therapist, patient, and family - must understand and be able
to recognize the disorder. The only effective treatment for TD is to remove patients from
the drug as swiftly as possible after the first sign of abnormal movements ...
All the hazards associated with withdrawing from psychiatric medications are also associated
with routine reductions and even small dose reductions. When a dose rduction is associated
with a relatively rapid worsening of the patient's condition, a withdrawal reaction is the most
likely cause and can usually be dealt with by a return to the previous dose ...

Therapists schould not be required or feel obliged to promote "medication compliance".
Medication compliance is antiquated in a era when patients have complete access to drug
information and possess the right to decide whether or not to take psychoactive medication
[Individuals subjected to outpatient or inpatient commitment can lose their right to reject
medication. Forced medication is not therapy. It is coercion and schould have no place
in mental health practices.(1)]. Respect for patient autonomy and self-determination
is ethically required and therapeutically indispensable ...

Aus: Peter Roger Breggin (b.1936, US Psychiater, Harvard University): „Psychiatric Drug Withdrawal: A Guide for Prescribers,
Therapists, Patients and their Families" Part I: Reasons to Consider Psychiatric Drug Withdrawal or Dose Reduction.
Ch 1: A Person-Centered Collaborative Approach to Psychiatric Drug Withdrawal. Exploring the patient's feeling p.6;
Ch 2: Cautions in Assessing the Risks Associated With Psychiatric Drugs. Examples of delayed recognition of serious
psychiatric drug adverse effects p.16; Ch 3: Chronic Brain Impairment (CBI): A Reason to Withdraw Patients From Long
Term Exposure toPsychiatric Medications. Symptoms and characteristics of chronic brain impairment (CBI) p.22,
Symptoms and characteristics of chronic brain impairment (CBI): Comparison to Dementia and Organic Brain
Syndrome p.25, Recovery from CBI p.37; Ch 4: Antipsychotic (Neuroleptic) Drugs: Reasons for Withdrawal.
Tardive Dyskinesia, Tardive Dystonia, and Tardive Akathisie p.44, 46, Springer 2013
Tab 4.1 Symptoms of Tardive Dyskenasia p.45
pdf >>>
Ch 15: Techniques for Beginning Medication Withdrawal p195
Ch 19: Concluding Thoughts for Prescribers, Therapists, Patients and Their Families p.265
(1) Peter R. Breggin: "Toxic Psychiatry: Why Therapy, Empathy and Love Must Replace the Drugs, Electroshock, and
Biochemical Theories of the "New Psychiatry" New York St. Martin's Press 1991. www.empathictherapy.org, http://breggin.com
Irit Gil-ad, Biana Shtaif, Roni Shiloh, Abraham Weizman: "Evaluation of the Neurotoxic Activity of Typical and Atypical Neuroleptics:
Relevance to Iatrogenic Extrapyramidal Symptoms" Cellular and Molecular Neurobiology December 2001;21(6):705–716
Raphael Bonelli, Peter Hofmann, Andreas Aschoff, Gerald Niederwieser, Clemens Heuberger, Gustaf Jirikowski, Hans Peter Kapfhammer:
"The influence of psychotropic drugs on cerebral cell death: female neurovulnerability to antipsychotics" Int Clinical Psychopharm May 2005;20(3):145-149
Volkmar Aderhold, Stefan Weinmann, Claudia Hägele, Andreas Heinz: "Frontale Hirnvolumenminderung durch Antipsychotika?" Nervenarzt 2014:302-323
Paul M. Thompson, George Bartzokis, Kirales M. Hayashi, Andrea D. Klunder, Po H. Lu, Nancy Edwards, Michael S. Hong, Michael Yu, Jennifer A. Geaga,
Arthur W. Toga, Cecil Charles, Diana O. Perkins, Joseph McEvoy, Robert M. Hamer, Mauricio Tohen, Gary D. Tollefson, Jeffrey A. Lieberman:
"Time-Lapse Mapping of Cortical Changes in Schizophrenia with Different Treatments" Cereb Cortex. 2009 May;19(5):1107-1123
Beng-Choon Ho, Nancy C. Andreasen, Steven Ziebell, Ronald Pierson, Vincent Magnotta: "Long-term Antipsychotic Treatment and Brain Volumes.
A Longitudinal Study of First-Episode Schizophrenia" Arch Gen Psychiatry. 2011 Feb;68(2):128–137
Naoko Aoyama, Jean Théberge, Dick J. Drost, Rahul Manchanda: "Grey matter and social functioning correlates of glutamatergic metabolite
loss in schizophrenia" Br J Psychiatry. 2011 Jun;198(6):448-456
"Neuroleptika zwischen Nutzen und Schaden - Minimale Anwendung von Neuroleptika - ein Update"
Dr.med. Volkmar Aderhold (b.1954, FA f. Psychiatrie, Psychotherapie u. Psychotherapeutische Medizin. Seit 2006
Mitarbeiter am Institut für Sozialpsychiatrie an der Universität Greifswald/Mecklenburg-Vorpommern 9/2010
Aus: www.dgsp-ev.de/psychopharmaka/neuroleptikadebatte/neuroleptika-zwischen-nutzen-und-schaden.html




Prof. Dr. Reinhard Maß: "Antidepressiva sind wirkungslos" pdf >>>
https://www.klinikum-oberberg.de/standorte/zsg-zentrum-fuer-seelische-gesundheit-klinik-
marienheide/fachabteilungen/klinik-fuer-allgemeinpsychiatrie-und-psychotherapie/team/
"Marienheider Psychologe veröffentlich Studie, Tabletten haben demnach nur Placebo-Effekt."
Aus: Tageszeitung "Oberbergischer Kreis", Mi 20.11.2019


"Seinen 33. Geburtstag [2007] wird der Sänger Robbie Williams [b.13.II.1974] nicht vergessen. An diesem Tag lässt er sich in eine Klinik
in Arizona einweisen. Sie ist spezialisiert auf den Entzug von Antidepressiva. Trotz mehrerer Versuche hatte er es nicht geschafft,
sein Antidepressivum aus eigener Kraft abzusetzen. Über viele Jahre nahm Robbie Williams das Medikament Venlafaxin [ein SNRI (1)]
ein. Noch in seiner drei Jahre zuvor erschienenen Biografie (2) lobte er das Antidepressivum als lebensrettend. Doch über die Jahre
nimmt er an Gewicht zu. Als er den Spott der Medien nicht mehr ertragen kann, versucht er Venlafaxin loszuwerden. Viel zu spät erkennt
er seine körperliche Abhängigkeit. Er bezeichnet diese Erfahrung als Höllenqual. "Der Tod muss schon drohend bei mir anklopfen,
damit ich so etwas auf mich nehme. Robbie Williams geht nicht in die Entzugsklinik, wenn sein Leben nur ein bisschen außer Kontrolle
geraten ist"
(3), beschreibt er dem Magazin "Stern" [2009] seinen Entzug.

"Die medikamentöse Therapie führt in die Abhängigkeit. Das ist eines der bestgehüteten Geheimnisse der Psychiatrie. Den Patienten fällt
es schwer, die Mittel abzusetzen, weil dies Entzugssymptome [5a] auslöst. Es ist unglaublich, dass führende Psychiater diese Tatsache
seit vielen Jahrzehnten bestreiten [5b] und dass die meisten von ihnen heute noch entschieden leugnen, dass SSRIs (4) abhängig machen
können. (Aber Patienten sind nicht so leicht zu täuschen wie Psychiater; sie wissen allzu gut, dass die Medikamente, auch SSRI,
zu einer Abhängigkeit führen" [5c,d])"
, schreibt der [dänische] Arzt Peter Gotzsche (5) 2016.

Die Lüge von nicht abhängig machenden Antidepressiva erfanden die Marketingstrategen der Pharmakonzerne. Durch geschickte
Propaganda hat sie sich in den Köpfen der Psychiater festgesetzt und ihren Platz auf dem Lehrplan der Universitäten gefunden.
Depression-Heute - www.depression-heute.de - liegen Berichte von Ärzten vor, die beklagen, während des Studiums gelernt zu haben,
SSRIs (4) hätten kaum Nebenwirkungen und eine Absetzproblematik existiere nicht. In diesem Glauben haben sie selber zu Antidepressiva
gegriffen ...
Grundsätzlich wird an Universitäten, in psychiatrischen Krankenhäusern und in deutschen Arztpraxen eine Absetzproblematik
geleugnet
. Das gelingt deshalb so einfach, weil die Symptome denen einer psychischen Erkrankung stark ähneln. Beim Absetzen gerät
der Gehirnstoffwechsel durcheinander, wodurch die psychische Krankheit ausgelöst werden kann, gegen die das Medikament ursprünglich
eingenommen wurde. Es können auch Panikattacken, Depersonalisierung, hypomanische Phasen oder Ängste erstmals auftreten. Häufig
vergehen viele Monate nach dem Einnehmen der letzten Tablette, bis die Probleme beginnen. Das macht es den Ärzten und Patienten schwer,
zwischen
Absetzsymptomen und einer psychischen Erkrankung zu unterscheiden. Dabei ist es eigentlich ganz leicht. Wenn ein Patient in
einer gesunden, stabilen Phase die Medikamente absetzt [auszuschleichen beginnt!] und dann Symptome auftreten, ist davon auszugehen,
dass es sich um
Absetzsymptome handelt, nicht um die Erkrankung. Man kann ein Absetzsyndrom auch gut an plötzlich auftretenden
körperlichen Symptomen erkennen , wie zum Beispiel grippeartigen Schmerzen, Magen- und Darmbeschwerden, elektrischen Entladungen
im Gehirn, Schwindel oder Schlafstörungen. Oft erlebt der Patient beim Absetzen Symptome, die er vorher nicht kannte. In dieser schweren
Zeit benötigt er Unterstützung vom behandelnden Arzt. Stattdessen wird ihm meist geraten, die Medikamente wieder einzunehmen ... [Cave:
die Absetzsymptomatik muss nicht sofort, sondern kann zeitverzögert erst Wochen bis Monate, sogar nach einem Jahr, erst auftreten!]

Ein Patient mit Absetzschwierigkeiten [1957 erstmals durch Prof. Dr. med. Roland Kuhn (1912-2005) bei Imipramin beschrieben; s.u.] ist
mit seinen Problemen allein. Er durchleidet höllische seelische und körperliche Qualen. Seine Probleme sind absetzbedingt, doch keiner
glaubt ihm.
Nahezu jeder professionelle Helfer, den er wegen seinen Beschwerden aufsucht ... erklärt ihm, seine "Grunderkrankung" sei
zurückgekehrt
. Es wird ihm dringend geraten, mit der weiteren Einnahme der Medikamente fortzufahren. Oft erhält der Absetzwillige nach
einem gescheiterten [Ausschleich- u./o. Absetz-] Versuch noch mehr Medikamente, als er zuvor eingenommen hat. So wird der Boden
bereitet für eine häufig jahrelange Odyssee, an deren Ende der schundene Patient steht, der aus einer Mischung von Resignation und
Angst bereit ist, quälende Nebenwirkungen ein Leben lang in Kauf zu nehmen ...

Die modernen Antidepressiva haben ein Krankheitsbild hervorgebracht, das es vorher nicht gab: das SSRI-Absetzsyndrom. Seit 2001
wird es systematisch beschrieben. Es bildet eine eigenständige Diagnose [Y 49.2] im Klassifikationshandbuch der Medizin, dem
ICD-10 (6) [- Unerwünschte Nebenwirkungen bei therapeutischer Anwendung von Arzneimitteln, Drogen oder biologisch
aktiven Substanzen
(Y40 - Y59): www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2016/index.htm].
Damit kann jeder Arzt in Deutschland die Begleitung des Patienten beim Absetzen mit den Krankenkassen abrechnen.

Symptome des SSRI Absetzsyndrom
Symptoms of SSRI Discontinuation Syndrome
♦ Kopfschmerzen ♦ Muskelschmerzen ♦ Stromschlagartige Empfindungen im Körper/Gehirn ("brain zaps")
♦ Grippeartige Schmerzen ♦ Fieber ♦ Schweißausbrüche ♦ Schüttelfrost ♦ Gleichgewichtsstörungen
♦ Übelkeit ♦ Erbrechen ♦ Durchfälle ♦ Rastlosigkeit, Hyperaktivität (Akathisie) ♦ Erhöhte Reizbarkeit
♦ Verwirrung ♦ Aggressivität, erhöhte Gewaltneigung ♦ Panikattacken ♦ Dauerhafte Schlaflosigkeit
♦ Stimmungsschwankungen ♦ Selbstverletzendes Verhalten ♦ Selbstmordgedanken
♦ Selbstmordversuche


Die Symptome sind so schwerwiegend, dass die Patienten sie nicht aushalten können und stattdessen die Medikamente
weiter einnehmen.
Viele Ärzte raten auch deswegen zu einer lebenslangen Einnahme, weil sie bereits schlechte Erfahrungen
gemacht haben, wenn Patienten ihr Medikament weglassen
. Insgesamt nimmt dadurch der Anteil an Langzeitkonsumenten
stetig zu. In Amerika nehmen 11% der Bevölkerung [USA: 318,9 Millionen Einwohner (2014)] dauerhaft Antidepressiva ein,
das sind 30 Millionen Menschen (7). Antidepressiva sind dort die am zweithäufigsten verschriebenen Medikamente. Die
Menschen werden ihre Mittel nicht wieder los. 60% nehmen die Medikamente bereits seit mehr als 2 Jahren, 14% seit
über 10 Jahren. Durch den dauerhaften Gebrauch gibt es in den USA aber nicht weniger depressive Menschen. Ihre
Zahl steigt weiterhin rasant. Aktuell nehmen auch immer mehr Kinder und Jugendliche dauerhaft Antidepressiva.
Dabei gibt es weltweit keine zuverlässige Studie, die den Medikamenten nach einem Jahr Einnahme noch eine
Wirksamkeit gegen Depressionen bescheinigt
(8). Bereits nach zwei Jahren kam es vermehrt zu Rückfällen
bei Menschen, die dauerhaft auf Antidepressiva eingestellt waren (9) ...

In Deutschland vermeiden die niedergelassenen Psychiater und die Krankenhausärzte das Wort "Entzug" im
Zusammenhang mit Antidepressiva
. Das widerspricht nicht nur dem Empfinden der Patienten, sondern auch dem
aktuellen Forschungsstand. Immer mehr Wissenschaftler sind der Auffassung, Absetzerscheinungen von SSRIs
sind aufgrund der Schwere der Symptomatik und ihrer Gefährlichkeit vergleichbar mit denen von Schlafmitteln
[Hypnotika, Benzodiazepine] und Opiaten (10). Der italienische Professor Giovanni A. Fava (10) empfiehlt,
den Begriff Absetzsyndrom [DEAE's - Discontinuation Emergent Adverse Events] zu streichen und
von Entzug zu sprechen, um Patienten das Risiko von SSRIs bewusst zu machen ...

Absetz-bzw. Entzugssymtptome der Antidepressiva (1)


Aus: Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka: „Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen“
Andere Psychopharmaka. Antidepressiva. Tab.5, S.191, Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019
(1) Giovanni A. Fava, Emanuela Offidani: "The mechanisms of tolerance in antidepressant action"
Progress in Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry. 2011 Aug 15;35(7):1593-602

"Führen wir die Behandlung [mit Antidpressiva] länger als 6-9 Monate fort, können wir Prozesse auslösen, die den anfänglichen
akuten Wirkungen von Antidepressiva entgegen wirken (Verlust klinischer Wirkungen). Möglicherweise lösen wir damit einen schlecht-
eren und behandlungsresistenten Krankheitsverlauf aus, was zu [Therapie-] Resistenz oder beschleunigten Rückfällen führen kann.
Wenn die medikamentöse Behandlung endet, können diese Prozesse unbehindert von statten gehen und Entzugserscheinungen und
eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Rückfällen mit sich bringen. Solche Prozesse sind nicht unbedingt reversibel. Je mehr wir Anti-
depressiva wechseln oder verstärkt einsetzen, desto wahrscheinlicher kommt es zu so einer entgegen gesetzten Toleranz."
(10a)
Seine Ausführungen stützt [Giovanni A.] Fava auf verschiedene Studien, wonach sich unter SSRI (1) die Symptome verstärken
können
(10b), Rückfälle in hoher Zahl auftreten (10c), die Wirkung der SSRI nachlässt (10d), Patienten nach anhaltender SSRI-Ein-
nahme ein höheres Risiko einer zweiten Behandlung aufweisen als Patienten, die sie frühzeitig beenden
(10e), nach Rückfällen
Dosiserhöhungen notwendig werden
(10f), Toleranzbildung Dosissteigerungen nötig macht und trotzdem Rückfälle auftreten (10g).
Aber auch nach wiederholter SSRI-Gabe mit Unterbrechungen trete eine Tachyphylaxie ein: eine zunehmende Wirkungsab-
schwächung
(10h). Schließlich könne ein chronischer Verstimmungszustand ("tardive Dysphorie") eintreten (10i) ...
[Antidepressiva-] Entzugserscheinungen (10) können Monate oder Jahre anhalten und auch durch langsames Absetzen
nicht grundsätzlich verhindert werden ...
Laut "British National Formulary
(BNF)"... sind SSRI mit kurzer Halbwertszeit besonders riskant:
"Entzugserscheinungen können innerhalb von fünf Tagen nach Ende einer Behandlung mit Antidepressiva
auftreten, normalerweise sind sie mild und klingen von alleine wieder ab, aber in einigen Fällen können sie
heftig sein. Medikamente mit kürzerer Halbwertszeit wie Paroxetin
[T1/2: 17-24h] und Venlafaxin [T1/2: 5(12)h]
sind mit einem höheren Risiko von Entzugserscheinungen verbunden
(10)"...
Guy Chouinard [Prof. f. Psychiatrie, Montreal, QC, Canada] und [Kollegen] meinten
(10j):
"Der Begriff des Absetzens bezieht sich auf den medizinischen Verschreibungsakt oder die Ent-
scheidung des Patienten selbst, die Einnahme des Medikaments zu beenden. Darüber hinaus ist der
Begriff Absetz-Syndrom' irreführend, da Entzug auch ohne Absetzen auftreten kann, beispiels-
weise mitten zwischen zwei Gaben von Medikamenten mit schnellem Wirkeintritt und kurzer Wirk-
ungsdauer
[< T1/2] (z.B. beim Clock-Watching-Syndrom [= zwanghaftes Warten auf die nächste
Dosis] sowie bei Dosisverringerung" (10j) ... "

Aus: Peter Lehmann: "Risiken und Schäden neuer Antidepressiva und atypischer Neuroleptika" Frühwarnzeichen chronischer
und lebensgefährlicher Schäden. Entzugserscheinungen und Chronifizierung von Depression. S. 94-97 in: Peter Lehmann,
Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer: „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika - Risiken, Placebo-Effekte,
Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks“ Geleitworte von Andreas Heinz
(Direktor der Klinik u. Prof. f. Psychiatrie u. Psychotherapie, Charité Berlin, Präsident elect d. Deutschen Gesellschaft f.
Psychiatrie u. Psychotherapie, Psychosomatik u. Nervenheilkunde), Dr. rer. biol. hum. Peter & Sabine Ansari (Vorwort)
und Marina Langfeldt (Nachwort, Oberstaatsanwältin Dr. jur.) Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)

(1) (S)SRI: (Selektive) Serotonin Reuptake Inhibitors, Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer
(BNF) Britisches nationales Arzneimittelverzeichnis (-liste)




2002 veröffentlichte der amerikanische Psychologie Professor Irving Kirsch [b.1943, Harvard Medical School]
die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen Forschung (12). In den 1990er Jahren hatte er als klinischer Psychologe
vielen seiner depressiven Patienten empfohlen, Antidepressiva einzunehmen. Als er 1995 seine erste
Untersuchung
über den Placebo-Effekt bei Depressionen
begann, ging er davon aus, Antidepressiva seien eine etablierte Medika-
mentenklasse, die Placebo überlegen sind. Diese Einschätzung sollte sich im Lauf seines Lebens drastisch ändern:
"Erst akzeptierte ich die herkömmliche Sichtweise von Antidepressiva, dann widersprach ich und schließlich lehnte ich
sie vollständig ab"
(13). Für seine Berechnungen untersuchte er die Wirksamkeit von vier Therapiezweigen: Medikamente,
Psychotherapie, Placebo und keine Behandlung
. Er fand 38 Studien mit mehr als 3000 schwer depressiven Patienten,
die für die Erstellung einer Meta-Studie geeignet waren (14). Die erste Überraschung seiner Analyse war der deutliche
Unterschied in der
Wirkung von Placebo-Behandlung und keiner Behandlung. In beiden Gruppen hatten die Patienten
keinen Wirkstoff [Verum] erhalten. Dennoch zeigte sich
unter Placebo eine dreimal so hohe Besserungsrate wie bei
Patienten ohne Behandlung
...

Nach Kirschs Untersuchung sind 75% der Wirkung des Medikaments auf den Placeboeffekt zurückzuführen. Damals
glaubte er noch, die restlichen 25 % der Wirkung würden durch den chemischen Wirkstoff zustande kommen ...
Kirsch fand keinen Unterschied in der Wirkstärke der alten Antidepressiva und der neueren SSRIs ...

Die Pharmahersteller reagierten empört auf Kirschs Analyse.
Die Unterschiedlichkeit der Medikamente sei nicht berücksichtigt worden,
jedes antidepressive Medikament wirke anders, und man könne auch in der Dosierung variieren.

Ein Kollege, Thomas J. Moore [The George Washington University School of Public Health and Health Services],
riet Kirsch daraufhin, seine Untersuchungen auf die
Zulassungsdaten der Pharmakonzerne auszuweiten. Er
solle sich dafür auf den "Freedom of Information"-Akt berufen und Einsichtnahme bei der FDA (15) fordern ...
Hier reichen Pharmakonzerne ihre eigenen Studien ein, um eine Zulassung für neue Medikamente zu beantragen. Kirsch
erhielt die Erlaubnis, Einsicht in diese Daten zu nehmen ... Die FDA hatte die Studien bereits vorsortiert und bewertet.
Inadäquate und schlecht kontrollierte Studien fielen bereits im Vorfeld heraus. Übrig blieben nur große, aussagekräftige
Studien, die einen
einheitlichen Bewertungsmaßstab verwendeten. Die Pharmakonzerne mussten die klinischen Besserungen
in einem normierten Maß darstellen:
der Hamilton-Skala ... 0 bis 7 Punkte: keine Depression. 8 bis 13 P.: Leichte Depression.
14 bis 18 P.: Mittelschwere Depression. 19 bis 22 P.: Schwere Depression. 23 P. und darüber: Sehr schwere Depression

Mit diesem Bewertungsmaßstab soll der
Verlauf einer Therapie in Zahlen festgehalten werden ...

Erstaunt stellte ... [Kirsch] fest, nur die positiven Studien waren in wissenschaftlichen Journalen publiziert. Die Pharma-
konzerne hatten fast die Hälfte ihrer Studien der Öffentlichkeit vorenthalten
. Dadurch hatten die Psychiater ein verzerrtes
Bild [publication bias (1)] von der Wirksamkeit der Medikamente bekommen ...
Kirschs Analyse war revolutionär, da sie
sowohl die veröffentlichten als auch die unveröffentlichten Studien der Pharmaindustrie einbezog ... Ihm war aufgefallen,
dass die Wirkung der Antidepressiva an das Auftreten von Nebenwirkungen gekoppelt war. Alle Patienten, bei denen die
depressiven Symptome nach der Gabe eines Medikaments [Verum] zurückgegangen waren, hatten über
Nebenwirkungen
geklagt. Diese Patienten [sog. Verum-Gruppe] errieten demnach, dass sie ein [echtes] aktives Medikament erhalten hatten.
Eine Doppelverblindung [sog. Randomisierte kontrollierte Studie/Doppelblind-Studie], bei der sowohl Arzt als auch Patient
nicht wissen, ob ein Medikament [Verum] oder ein Placebo gegeben wird, ist deshalb in diesem Bereich schwierig.

Als Kirsch diese Gedanken öffentlich vorstellte, luden ihn italienische Antidepressiva-Forscher an die Universität von Verona
ein. Ihr Institut verfügt über umfangreiche Studien mit dem Medikament Paroxetin [GSK]. Falls Kirsch Recht habe, sagten
sie, müsste sich der Eigeneffekt der Medikamente auf null bewegen, wenn man die Patienten ausschließt, bei denen Neben-
wirkungen aufgetreten waren. Genau das traf ein. Es war der Moment, in dem Kirsch seine Ansicht über die chemische
Wirkung der Antidepressiva revidierte
. Fortan glaubte er nicht mehr, Antidepressiva könnten eine Depression chemisch
heilen ...
Bei der neuen Untersuchung lag der Anteil des Placeboeffekts an der Wirkung bei 82% ...

Eine weitere Überraschung ... Kirsch wies nach, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Patient sein Medikament niedrig
oder hoch dosiert
erhält. Aus den Unterlagen der FDA ging hervor, dass ein Antidepressivum in der niedrigsten Dosis eine
Besserung um 9,57 Punkte auf der Hamilton Skala erreicht. Gab man das Medikament in Höchstdosis, wurden 9,97 Punkte
erreicht. Das galt für sämtliche untersuchten Antidepressiva. Die Placebos kamen auf 8 Punkte.
Die Besserung verstärkt
sich also nicht, wenn das Medikament in einer höheren Dosis gegeben wird
.

Im Jahr 2008 untersuchte Kirsch die FDA-Daten erneut (16). Ihn beschäftigte die Frage, ob Antidepressiva bei unterschiedlich
schwer eingestuften depressiven Patienten unterschiedlich wirken
. Er stellte fest,
Patienten mit leichten, mittelschweren und
schweren Depressionen profitieren nicht von der Behandlung mit Antidepressiva
. Ein Unterschied machte sich nur bei den
10% sehr schwer depressiven Patienten [Hamilton-Wert: 28 Punkte und darüber] bemerkbar ... Zusammenfassend kommt
Kirsch zu dem Schluss, moderne Antidepressiva seien nichts anderes als "Extra-Starke-Placebos" [aber dafür mit
potentiell unangenehmen und potentiell lebensbedrohlichen Nebenwirkungen! (2)] ...

Obwohl die [Pharma-] Konzerne bislang keine einzige Studie einreichen konnten, in der Patienten von einer Medikation
über Jahre profitierten, empfehlen Ärzte oft genug eine lebenslange Einnahme
. Das mag einerseits an den Schwierig-
keiten beim Absetzen liegen, andererseits an der geschickten Beeinflussung der Ärzte durch die Pharmakonzerne ...

In Finnland (3) gibt es eine staatliche Klinik, in der die Patienten mindestens ein halbes Jahr lang keine Diagnose erhalten.
Oftmals wird gar keine Diagnose vergeben. Dieses innovative Konzept heißt "Offener Dialog" [Open Dialogue]. Er sieht jeden
Fall als einmalig an und verzichtet auf standardisierte Vorgaben. Jeder Patient wird individuell behandelt. Die Angehörigen
werden in den Heilungsprozess einbezogen. Diese psychiatrische System wurde in den 80er Jahren entwickelt und
erzielt weltweit die besten Langzeitergebnisse bei psychiatrischen Patienten (3). Die Patienten erhalten wenige bis gar
keine Medikamente, die Krankenhausaufenthalte werden vermieden oder sind deutlich kürzer, und ein hoher Anteil
der Patienten erreicht wieder die volle Erwerbsfähigkeit.
Diagnosen sind immer subjektiv gefärbt und abhängig von Kultur,
Zeit, Mode und Gesellschaftsordnung
. Aus diesem Grund erhält ein Patient bei verschiedenen Ärzten unterschiedliche -
bisweilen sogar widersprüchliche - Diagnosen.
Der finnische Ansatz, zunächst auf eine Diagnose zu verzichten,
erscheint sinnvoll (3). Er
wird dem Umstand gerecht, dass es mit unserem heutigen Wissen unmöglich ist,
exakte psychiatrische Diagnosen zu stellen
. Genauso unpräzise wie die Diagnosestellung erfolgt
auch die Auswahl des "richtigen" Medikaments ...

Das Vorgehen der Pharmakonzerne gleicht einer systematischen Gehirnwäsche. Bis heute halten sich die mittlerweile
mehrfach widerlegten Versprechungen der Pharmakonzerne aus den 90er Jahren. Noch immer glauben Hausärzte,
Psychiater und Patienten, es gäbe wirksame Medikamente zur Beseitigung von Depressionen und diese
hätten kaum Nebenwirkungen ...

Die Zukunft der Antidepressiva lässt sich am ehesten am Verhalten der Pharmaindustrie ablesen. Ein Konzern
nach dem anderen [GlaxoSmithKline, AstraZeneca, Pfizer, Merck, Sanofi, Novartis, Bristol-Myers Squibb, zieht
sich, seit 2010, oder ] hat sich aus der Antidepressiva Forschung [bereits] zurückgezogen ... Sie scheinen ein-
gesehen zu haben, dass sich eine Depression nicht gezielt medikamentös beeinflussen lässt ...
Es hat sich im
Lauf der Jahre herausgestellt, dass alle antidepressiven Medikamente [der ersten als auch der zweiten Generation]
gleichartig wirken und sich ihre Wirkung kaum von der Reaktion auf Placebo unterscheidet
... Durch sorgfältige
öffentliche Forschung haben sich weitere Schwierigkeiten aufgetan. Die Effizienz der Medikamente musste
immer weiter nach unten korrigiert werden. Spätestens seit den Veröffentlichungen von Irving Kirsch, David Healy,
Jan Fawcett, Erick H. Turner sowie der STAR-D-Studie ist es für die Pharmakonzerne nahezu unmöglich geworden,
eine hohe Wirksamkeit ihrer Medikamente zu behaupten. Gleichzeitig wird es
immer schwieriger, das hohe Ab-
hängigkeitspotential und die zum Teil lebensbedrohlichen Absetzerscheinungen von Antidepressiva zu leugnen
..."

Aus: Peter Ansari, Sabine Ansari: „Unglück auf Rezept - Die Antidepressiva-Lüge und ihre Folgen“ Patient. Die Qualen beim Absetzen S.46 - 50,
S.54f, 57. Psychopharmaka. Antidepressiva sind unwirksam S.83-92. Pharmaskandale. Lügen bei der Zulassung von Antidepressiva S.130,
Psychiater. So diagnostizieren Psychiater eine Depression S.169, Pillenhistorie. Der Siegeszug der Antidepressiva S.208. Perspektive. Weshalb
die Ära der Antidepressiva endet S.225, 226, 227f, Lügen haben kurze Beine. Lüge: Antidepressiva sind die beste Therapie S.246,
Vorwort Prof.em.Dr.med. Bruno Müller-Oerlinghausen Klett-Cotta 2016, www.depression-heute.de

(1) Siehe auch "publication bias", "Placebo", "Doppelblind", ", "Randomisierung", "Design" usw. unter INFOS: Statistik Glossar & Allerlei >>>
(2) Simone Schächtele, Thomas Tümena, Karl-Günter Gaßmann, Martin F. Fromm, Renke Maas: "Umsetzung von Rote-Hand-Briefen -
Eine Analyse von Medikationsdaten aus einer großen Kohorte geriatrischer Patienten" Deutsches Ärzteblatt, Jg. 111, Heft 15, 11. April 2014
www.aerzteblatt.de/pdf/111/15/m255.pdf
Brian L. Strom: "How the US Drug Safety System Should Be Changed" JAMA. 2006 May 3;295(17):2072-5
http://courses.washington.edu/pharm309/StromJAMA.pdf
Lisa Cosgrove, Steven Vannoy, Barbara Mintzes, Allen F.Shaughnessy: "Under the Influence: The Interplay amongIndustry, Publishing,
and Drug Regulation" Account Res. 2016;23(5):257-79
(3) Jaakko Seikkula, Birgitta Alakare, Jukka Aaltonen: "The Comprehensive Open-Dialogue Approach in Western Lapland: II. Long-term stability of acute
psychosis outcomes in advanced community care" Psychological, Social and Integrative Approaches 3(3):192-204, October 2011 [siehe Links]
Sami Timimi: "No more psychiatric labels: Why formal psychiatric diagnostic systems should be abolished" International Journal of Clinical
and Health Psychology, Volume 14, Issue 3, Pages 208-215, 2014
OPEN DIALOGUE: An alternative Finnish approach to healing psychosis (COMPLETE FILM): www.youtube.com/watch?v=HDVhZHJagfQ
[Meine Ergänzungen]



"Zusammenfassend möchte ich sagen,
dass wir viel zu wenig wissen, wie manche Krankheiten
ohne ärztliche Eingriffe verlaufen
, und daß wir, soweit wir es wissen,
diese Kenntnis in autistischer Weise (1) von unserem medizinischen
Überlegungen absperren, statt sie zur Basis unserer therapeutischen
Handlungen und Forschungen zu machen
.

Wir verschreiben den Patienten auf Rezepten und den Ärzten in
Lehrbüchern eine Menge Mittel, von denen wir nicht wissen, ob sie
nötig oder nützlich, ja oft nicht recht, ob sie schädlich sind und stellen
sie häufig nebeneinander, ohne den relativen Wert derselben zu kennen.

Und was das Schlimmste ist, wir tun nicht alles Erdenkliche, um
aus diesem Zustande herauszukommen. Deshalb ist es keine
Entschuldigung, wenn man sagen wollte, man könne nicht anders,
oder wenn man vom Verlangen des Patienten nach Trost redet; das
"ut aliquid fieri videatur" (2) scheint mir höchstens entschuldbar als
Notbehelf im einzelnen Falle, als allgemeiner Grundsatz aber
unwürdig der Wissenschaft und ihrer Vertreter ..."


Paul Eugen Bleuler
(1857-1939)
Schweizer Psychiater (Zürich)
"Schizophrenie-Forscher"
("Mb.Bleuler")

Aus: „Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung“
B. Vom Autismus in Behandlung und Vorbeugung S.17 SPRINGER 5.Neudruck der
5.Auflage1962 (1921, 1.Auflage 1919). (1) gr.autos = selbst, "auf sich selbst bezogen"
(2) ut aliquid fieri videatur = „Um es so aussehen zu lassen (Um den Anschein
zu erwecken), es werde etwas getan“



"Vor vielen Jahren, bevor der massive Missbrauch von Psychopharmaka begann, war die Depression
eine selbstlimitierende Krankheit, die meist innerhalb weniger Monate vorbei war. Selbst heute dauert
eine durchschnittliche, unbehandelte Depression nur drei Monate ... (5) [5e]

Unsere verrückte Gesellschaft ignoriert die Tatsache vollständig, dass unsere
verschreibungspflichtigen Medikamente nach Herzkrankheit und Krebs
die dritthäufigste Todesursache sind ... (5) (11)

"Die Pharmakonzerne bestimmen nicht nur das Land, die Klinik, die Ärzte und die Teilnehmer, sie gestalten
auch das Design der Studie. Der Aufbau muss wissenschaftlichen Standards genügen. Dennoch lässt die
Durchführung viel Spielraum. Die Bewertung ist immer eine subjektive Einschätzung des durchführenden Arztes.
Er entscheidet zum Beispiel, ob eine auftretende [Symptomaik] Nebenwirkung durch das Medikament oder die
Krankheit des Patienten verursacht wurde. Ebenso erfolgt die Einschätzung der Besserung anhand von subjektiven
Berwertungs-Skalen ...
Die Verblindung [sog. Randomisierte kontrollierte Studie/Doppelblind-Studie [(1) oben]
funktioniert nur theoretisch.
Die Patienten können anhand der Nebenwirkungen erkennen, ob sie sich in der
Medikamentengruppe [Verum] befinden. Dieses Wissen beeinflusst den Heilungsprozess (13). Die Hoffnung,
ein neues Wundermittel zu erhalten, löst eine Heilerwartung aus, die sich positiv auf die Gesundung auswirk.
In der Placebogruppe passiert das Gegenteil. Durch das Ausbleiben von Nebenwirkungen vermuten die Patienten,
keinen Wirkstoff zu erhalten. Dies senkt ihre Hoffnung auf Besserung und wirkt sich negativ auf den Gesundungs-
prozess aus.
Es ist schwierig, die Menschen während der gesamten Studie zu täuschen. Gerade Antidepressiva
verursachen typische Symptome [Nebenwirkungen] wie Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit
und Schwindel. Die Teilnehmer berichten dem [Studien] Arzt darüber, wodurch dieser Hinweise erhält, ob der
Patient ein Placebo oder die zu testende Substanz [Verum] bekommt ...
Der [dänische] Bestsellerautor
und Arzt Peter Gotzsche (55) hat über viele Jahre Zulassungsstudien durchgeführt.
Heute bemüht er sich
um neue Richtlinien und Mindeststandards ... Die Auswertung der Studien findet beim Auftraggeber statt.
Die beteiligten Ärzte haben anschließend keinen Einblick und auch keinen Einfluss mehr.
Peter Gotzsche
hält es für verwerflich, dass "die einzigen Personen auf der Welt, die sämtliche Daten zu Gesicht be-
kommen, Firmenvertreter sind."
(55) ... "Der Unterschied zwischen einer ehrlichen und weniger ehrlichen
Datenanalyse kann auf dem Weltmarkt Milliarden von Euros ausmachen.""
(55)... (17)

Menschen denen es gelungen ist, Psychopharmaka loszuwerden und zu einem normalen Leben
zurückzukehren, bezeichnen sich oft als
"Psychiatrie-Überlebende". Das ist ein sehr treffender
Begriff. Einer von ihnen, der Rechtsanwalt Jim Gottstein [5f], gibt Patienten diesen Rat: "Sie müssen
die Verantwortung für Ihre geistige Gesundheit und für Ihr Verhalten übernehmen. Sie müssen lernen,
Ihre Symptome zu erkennen. Sie müssen lernen, was gut für Sie ist." ...


"Wann werden die Psychiater endlich akzeptieren, dass wir es mit empfindsamen menschlichen Wesen
mit einer heiklen psychischen Balance zu tun haben, nicht mit Maschinen zum Herumpfuschen, und dass
Selbstorganisation und Selbstmanagement integrale Bestandteile der Definition des Lebens sind? Ein echter
und dauerhafter Wandel ist nur möglich, wenn wir einem Menschen helfen, die schmerzhafte Arbeit
und Veränderung in sich selbst zu bewerkstelligen."
(Ivor Browne) (5) [5g]

"Psychopharmaka sind viel, viel gefährlicher, als die Ärzte, die sie verschreiben, Ihnen gegenüber jemals
zugeben würden. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie meisten Menschen niemals Psychopharmaka einnehmen
würden, wenn sie wüssten, wie gefährlich sie wirklich sind, und ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass die meisten Ärzte
aufhören würden, sie zu verschreiben, wenn sie auch nur die leiseste Vorstellung davon hätten, wie gefährlich sie sind.
Wie kommt es, dass so viele Menschen nichts über Psychopharmaka wissen? Nun, die Wahrheit ist, dass alle
ihre Informationen von den Pharmaunternehmen bekommen."
(Peter Breggin) (5) [5h] ...

"Anstatt zu versuchen, die Patienten zu verstehen, hat sich die Psychiatrie zu einer Checklistenübung (55.1)
["Ausfüllen standardisierter Fragebögen", "Standardisiertes u./o. strukturiertes Interview"] entwickelt, die man
ebenso gut einer Sekretärin oder den Patienten selbst [PHQ-9 u.a.] überlassen könnte. Diagnosen werden oft
nach einem Gespräch selbst gestellt, das zehn oder fünfzehn Minuten dauert. Dann bekommen die Patienten
zu hören, dass sie bis ans Ende ihres Leben ein Medikament einnehmen müssen, um ein "chemisches
Ungleichgewicht" im Gehirn zu beseitigen."
(Peter. C. Gotzsche) (55)

"Die DSM-Definitionen [Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders] suchen den gemeinsamen Nenner
bei allen von einer bestimmten psychischen Störung Betroffenen und müssen daher alles Individuelle und Abweich-
ende ausblenden. Sie können unmöglich Faktoren der Persönlichkeit und des Umfeldes berücksichtigen, so etwa
die Frage, ob die depressiven Symptome eine verständliche Reaktion auf einen Verlust, eine schreckliche Lebens-
lage oder auf psychologische Konflikte sind oder ob sie mit der Persönlichkeit der Betroffenen zu tun haben ... Das
DSM muss einfach bleiben, aber die Psychiatrie muss es nicht ... Allerdings war die Vorgangsweise des DSM
viel zu einflussreich und beherrscht inzwischen das Fachgebiet, wie wir es nicht beabsichtigt hatten. Aus einer
nuancierten Psychiatrie ist eine Checklisten-Psychiatrie geworden, die individuelle Unterschiede einebnet und
maßgeschneiderte Therapien vereinheitlicht ... Wir vergessen gern die Einsicht des Hippokrates, der meinte,
wichtiger als die Frage, welche Krankheit ein Mensch habe, sei die Frage, welche Art Mensch von einer
bestimmten Krankheit befallen werde. Natürlich ist es immer das Beste, aufmerksam für beides zu sein.
Die Diagnostik nach dem DSM hat ihren Platz bei jeder Begutachtung, aber sie erzählt uns nicht die
ganze Geschichte." ... Das Fehlen biologischer Tests ist ein gewaltiger Nachteil für die Psychiatrie.
Es bedeutet, dass alle unsere Diagnosen auf subjektiven Urteilen beruhen, die naturgemäß
fehlbar sind." ... (Allen J. Frances: unter weiterf.Lit.)

"Wenn Psychiater und Psychologen neue seelische Störungen ins Leben rufen, dann sitzt die Pharmaindustrie
gleichsam mit am Tisch.
So ist es zuletzt gewesen, als die Kernmannschaft von 160 Experten das DSM-5 [Allen
J. Frances: "Normal" 2013 unter weiterf.Lit.] geschrieben hat. Mehr als die Hälfte dieser DSM-Autoren mussten
einräumen, dass sie finanziell mit der Industrie verbunden sind:
Rund 70% von ihnen arbeiten als Berater oder Redner
für pharmazeutische Firmen und nahmen von diesen dafür Honorare an.
Der Leiter der Taskforce David Kupfer war Eli Lilly
and Company, Forest Pharmaceuticals, Pfizer, Johnson & Johnson, Servier Amerique, Hoffmann-LaRoche, Lundbeck,
Novartis und Solvay Wyeth zu Diensten. Der ... Dresdner Psychologe Hans-Ulrich Wittchen, Mitglied der Arbeitsgruppe
für Ängste, Zwangsstörungen und Dissoziative Störungen, arbeitete für Firmen wie Organon, Pfizer, Novartis und Servier.

Die Nähe der Industrie war besonders groß bei den Psychiatern und Psychologen, die sich mit Störungen befassten,
die typischerweise pharmakologisch behandelt werden.
Bei den psychologischen Störungen waren 83% der Gruppen-
mitglieder finanziell mit der Industrie verbunden, bei den Schlafstörungen waren es 100%.

Das ist eine Seelsorge für die Industrie. Sie steht für eine Denkweise, die sich im DSM-5 widerspiegelt. Ein Mensch mit psych-
ischen Problemen hat demnach ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn - das man mit Psychopharmaka behandeln kann.

"Die finanziellen Verstrickungen der DSM-Autoren seien besorgniserregend", sagt der Arzt und Sozialwissenschaftler David
Klemperer [b.1953] von der Hochschule Regensburg.
Er erforscht, wie finanzielle Anreize das Verhalten von Medizinern
verändern. Generell sei der Einfluss der Pharmaindustrie auf Ärzte immer wirksam
. Eigentlich müssen sie ein besonderes
Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten haben.
Aber wenn sie für Nebentätigkeiten persönliche Honorare von Firmen an-
nehmen, dann verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit und ihre Unabhängigkeit. Sie könnten die Medikamente ihrer finanziellen
Partner bevorzugen und deren Wirksamkeit verzerrt darstellen.
Und sie könnten versucht sein, die Verbreitung von Krank-
heiten aufzubauschen oder s
ogar neue Syndrome zu erfinden. Besonders heikel bewertet Klemperer die Zusatzeinkünfte
der DSM-Autoren.
Er sagt: "Sie bewerten ja nicht nur Medikamente, sondern sie bestimmen, wie seelische Störungen
definiert werden."


Wie stark der Einfluss der Pharmafirmen auf die Nervenheilkunde ist,das könne man kaum ermessen, urteilen unab-
hängige Forscher im Fachblatt European Psychiatry. Das
"Konstruieren neuer Diagnosen oder das Herabsetzen der
Schwellen bereits bestehender Diagnosen, um den Markt für psychopharmakologische Behandlungen aufzublähen"(1)
,
dürfte ganz gewiss dazugehören. Zahlungen von Pharmafirmen an Ärzte gibt es in vielen Bereichen der Medizin.
Aber in nur wenigen sind sie derart selbstverständlich geworden wie in der Nervenheilkunde. Es sind die Psychiater,
die einer Studie aus Minnesota zufolge die höchsten Zuwendungen aus der Industrie kassieren. Und auch in
Deutschland ist gerade die Elite des Fachs mit den Konzernen verflochten. Von 37 Leitern der Kliniken
für Psychiatrie an deutschen Universitätskliniken nahmen offenbar mindestens 35 auf ihrem Berufsweg
finanzielle Zuwendungen von Pharmafirmen an (2) ...

Wenn Psychiater und Psychologen von angesehenen Universitäten erst einmal auf den Lohnlisten pharma-
zeutischer Unternehmen stehen, dann ist ihre Unabhängigkeit gefährdet.
Sie entzaubern sich. Sie machen
sich angreifbar. Die Kollegen lästern hinter vorgehaltener Hand und spotten über die
"Mietmäuler". Die
Industrie nennt sie lieber "Meinungsbildner".
Diese sollen den Interessen ihrer Auftraggeber dienen, sprich:
den Firmen Glaubwürdigkeit verleihen, die öffentliche Meinung über Krankheiten beeinflussen und für hohe
Verschreibungszahlen sorgen.
Gerade in der Psychiatrie können Meinungsbildner Gold wert sein, zumal
Psychopharmaka zu den Medikamentengruppen gehören, die am meisten Umsatz machen ...

Von diesen Zahlungen haben Bürger kaum eine Vorstellung - und auch nicht von den Nachteilen, die sich
daraus für sie ergeben könnten, wenn sie an einen
industrienahen Psychiater [Arzt] geraten. Ein Arzt ist
dem Patienten verpflichtet - ein Meinungsbildner [Mietmaul] seinem Auftraggeber.
Das ist ein Interessens-
konflikt, der zu einer schlechteren Versorgung führen kann:
Der von der Industrie alimentierte Mediziner lobt
und verschreibt womöglich Medikamente, für die er sich sonst niemals eingesetzt hätte.
Dabei spielen auch
psychologische Aspekte eine wichtige Rolle. Selbst wenn ein betreffender Meinungsbildner seine Auftrag-
geber in der Industrie persönlich nicht besonders mag, fühlt er sich ihnen verbunden.

Diese Verbundenheit beeinflusst nicht zuletzt die öffentliche Meinung über Themen der Seelenheilkunde.
Gerade die Leiter der Abteilungen für Psychiatrie werden von Journalisten gerne um Einschätzungen gebeten
und vergleichsweise häufig in den Medien zitiert.
Dass die meisten dieser Experten in Wahrheit befangen
sind, das bleibt so gut wie immer unerwähnt.
Ihre Nähe zur Industrie bedeutet nicht in jedem Fall, dass diese
Meinungsbildner gegen ihre innere Überzeugung sprechen. Aber sie führt dazu, dass Zweifel unterdrückt
werden, wie folgende Überlegung zeigt. Wenn ein bestimmtes Psychopharmakon wegen schlimmer Neben-
wirkungen zu Recht in die Diskussion geriete, dann wird ein Psychiater, der mit der Herstellerfirma finanziell
verbunden ist, das Mittel vielleicht nicht unbedingt verteidigen. Aber er wird mit öffentlicher Kritik daran
zurückhalten und lieber auf Tauchstation gehen, wenn ihn Journalisten um eine Einschätzung bitten."
(Jörg Blech "Die Psychofalle" 2014 S.63ff, S.68f, 70f)
(1) Brian C. Pilecki , J.W. Clegg, Dean McKay: "The influence of corporate and political interests
on models of illness in the evolution of the DSM" Eur Psychiatry 2011 Apr;26(3):194-200
(2) Jörg Blech: "Seelsorge für die Industrie" Der Spiegel Nr.20/2011
www.spiegel.de/spiegel/print/d-78522323.html

Offenlegung von Zahlungen an die Ärzteschaft durch die Pharmaindustrie = Disclosures:
www.ti-austria.at
Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA):
Europäischer Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharma-
unternehmen sowie einzelner Pharmaunternehmen.
http://transparency.efpia.eu
http://transparency.efpia.eu/the-efpia-code-2
www.terrapinn.com/conference/evidence-us

"Die Psychiatrie muss auf den Erfahrungen
der Betroffenen beruhen; sonst ist sie
keine "empirische" Wissenschaft."

Dorothea Sophie Buck Zerchin
(1917-2019)
Deutsche Bildhauerin, Autorin
Mit 19 Jahren (1936) "erkrankt" sie an Schiziphrenie;
Opfer des totalitären NS-Regimes - Zwangssterilisation
Dorothea Sophie Buck Zerchin: „Auf der Spur des Morgensterns – Psychose als Selbstfindung“
Hrsg. Hans Krieger; mit Anhang: „Wie es weiterging“ erzählt von D.S. Buck Zerchin
PARANUS 5. Auflage 2014 (1990)

"Ich hab' Angst. Was denken die andern über mich? Mich mag niemand. Ich fühle mich so allein. Ich möchte Erfolg haben,
bewundert werden - ich mag nicht mehr. Was will ich eigentlich? Schule, Beruf, Liebe - nein, ich mag das nicht. So anstreng-
end, das Leben. Lohnt es sich denn überhaupt zu arbeiten? Geld, ja Geld braucht es schon. Da kann ich mir was leisten.
Das Leben ist so schwierig, so öd. Ich bin so allein, so einsam. Ich möcht' so sein wie die andern. Die haben's gut.
Ich hab' Angst. Was wollen sie von mir? Ich bring' es. Mir gelingt nie etwas.

Dabei könnte ich es schon. Schließlich bin ich auch jemand. Die erbärmlichen Stümper um mich herum, was wollen
die denn? Was meinen die denn? Die sollen mich doch in Ruhe lassen. Ich schaff’’s auch allein. Ich schaue fern,
geh’ ins Kino, ins Konzert, hör’ Musik – zu Hause
.
Immer soll ich was leisten. Immer ich. Niemand nimmt mich so, wie ich bin. Ich bin müde, so unsäglich müde. Ist das noch normal,
so wie ich bin? Ich bin anders. Irgend etwas stimmt nicht. Was mach’ ich falsch? Ich kann machen, was ich will, alles misslingt.
Immer will jemand etwas von mir. Immer von mir. Das ist so schwer, zu schwer. Ich habe Angst. Ich kann das doch nicht.
Wenn’s drauf ankommt, versage ich. Wenn ich mich zeige, wie ich bin, dann werd’ ich verstoßen. Ich halt’s nicht mehr aus.
Ständig bin ich gereizt, missmutig, mürrisch. Ich muss was tun, so geht es nicht mehr weiter. Versteht mich denn niemand?
Ich brauch’ etwas, ich brauch’ Hilfe. Ich werde tun, was alle andern tun. Ich brauch’ ’ne Pille. Was soll ich verzichten?
Wenn’s den andern guttut, wieso nicht auch mir? Ich will dabeisein, will’s gut haben. Ich mag nicht mehr so allein sein.
Ich muss was unternehmen, ich muss, ich will. Da sind viele Leute. Was Schönes erleben, ich brauch’ das.
Es braucht gute Momente, schlechte gibt es genug. Ein wenig Glück. Ich geh’ mit. Ich versuch’s. Was kann
denn dabei Schlimmes geschehen? Und wenn auch. Ist doch alles egal.“


Heute ... zu leben ist nicht einfach. Eine schnelllebige Zeit, eine hektische Zeit. Wohin führt uns der Weg?
Orientierungslosigkeit greift um sich. Nur noch der äußere Schein ist wichtig. So tun, als ob - als ob alles
sehr gut wäre, als ob wir die Sache im Griff hätten - den Beruf, die Liebe, den Erfolg. Es kostet viel Kraft,
die Verzweiflung, die Ängste, die irgendwo auch da sind, zu verbergen, zu überspielen. Wer's nicht schafft,
gilt als Versager. Dabei gibt es heute wahrlich Gründe genug, verzweifelt zu sein. Doch kaum
jemand
wagt es noch hinzuschauen. Kollektive Verdrängung ist Trumpf.
Immer mehr Menschen nehmen psychoaktive Substanzen zu sich: Alkohol, Psychopharmaka,
Drogen
. Wirkstoffe, die unsere psychische Befindlichkeit, unser Erleben verändern. Der Mensch genügt
sich offensichtlich nicht mehr, so wie er ist. Seine Seele wird manipuliert, zurechtgebogen. Einem Leitbild
wird nachgeeifert - erfolgreich, tüchtig, immerfort tätig sollten wir sein. Eine leistungsfähige Psyche in
einem perfekten, straffen und gestählten Körper - das ist das Ziel. Kaum eine, kaum einer schafft das.
Doch es gibt Möglichkeiten, der Natur nachzuhelfen. Chemisch. Es gibt Mittel, die die Psyche verändern,
die uns dazu verhelfen, die Erwartungen zu erfüllen. Das ist ein offenes Geheimnis.
Heute sind antreibende Substanzen im Trend ..."

Aus: Marc Rufer (b.1942, Schweizer Arzt u. Psychiater): "Glückspillen - Ecstasy,
Procac und das Comeback der Psychopharmaka" Einleitung S.13f, Knaur 1995

Modell des typischen Verlaufes einer depressiven Störung und deren Behandlung
n. Prof. Dr. David J. Kupfer


Aus: Edith Holsboer-Trachsler, Josef Hättenschwiler, Johannes Beck et al.:
"Die somatische Behandlung der unipolaren depressiven Störungen 1.Teil"
Abb.2, S.805, Schweiz Med Forum 2010;10(46):802–809


"Depressive Menschen sind keine kranken Menschen.

Vielmehr sind es Menschen, die sich auf eine überfordernde Weise ans Leben angepasst haben
und jetzt darunter leiden und zu zerbrechen drohen, und zwar so sehr, dass dieses Leiden
Krankheitswert hat. Mit anderen Worten: auch wenn die Depression keine Krankheit ist, bringt
sie für die Betroffenen oder den Betroffenen ein hohes Maß an Leiden mit sich. Dass es sich
bei der Depression um keine Krankheit im herkömmlichen Sinn handelt ["ein belastetes,
schwieriges, freudloses und anstrengendes Leben" (S.35)], ist für mein Depressions-
verständnis wichtig und zentral. Für viele mag das tröstlich klingen, nicht krank, sondern
"normal" zu sein. Andere wiederum sind enttäuscht. Wenn man krank ist, dann hat man
etwas, dann weiß man, woran man ist. Und es gibt Ärzte, die dafür zuständig sind, und
Medikamente, die es für einen richten.

"Depression bedeutet depressive Entwicklung und ist immer mit einer zunehmenden Überforderung
und Ermüdung verbunden. Geradezu zwangsläufig hat eine solche Entwicklung, die weder krank
noch abnorm ist, eine wachsende Isolierung und Einsamkeit zur Folge. Aber es gibt Wege,
diesen Zustand zu verändern, Wege, die alle gehen können
und die zum Ziel führen ..."
(1. S.10)


"Leiden, Schmerz, Trauer und ebenso die Depression sind menschliche Erlebensformen und keine krankhaften Zustände.
Es so zu sehen bedeutet, unbelastet und vorurteilsfrei an den jeweiligen Menschen heranzugehen ... Krankheit gehört
wie die Gesundheit zum Leben ... Depressives Erleben ist leidvolles, aber auch normales und gesundes Erleben.
Gesund ist gesund und krank ist krank und beides sind urmenschliche Lebensformen. So, wie Gesundheit nicht
einfach die Kehrseite der Krankheit ist, so ist die Krankheit nicht einfach die Abwesenheit von Gesundheit.
Und mit Krankheit hat nicht zu tun, was normale und selbstverständliche Entwicklungen hervorbringen.
Krankheit ist eine Abweichung von selbstverständlichen und gewohnten Abläufen und Zuständen,
häufig verbunden mit Schmerzen und Leiden. Auch wenn sie dazu führt, dass die Betroffenen sich
überfordern und vernachlässigen und immer mehr leiden, stellt die Depression
eine solche Abweichung nicht dar ...
(1. S.11f)

"Depressive Menschen sind über Jahre geformte Persönlichkeiten mit einem sehr beschwerlichen Leben,
das die Betroffenen unter schwierigsten Bedingungen bestmöglich zu leben versuchen. Eine Persönlichkeits-
entwicklung
, auch eine depressive, ist kein pathologischer Vorgang ["So, wie ich bin, ist es nicht richtig, ist es
nicht normal. Ich bin nicht normal, ich bin nicht wie die anderen, ich bin daneben"
(1. S.12)] und die Persönlichkeit,
die sich daraus entwickelt hat, ist nicht krank ..."
(1. S.13)

"Menschen, die sich depressiv entwickeln, haben sich in ihrer Kindheit aufgrund ihrer persönlichen Disposition
und ihrer Auseinandersetzung mit der damaligen Familien- und Lebenssituation ["mangelnde Sicherheit, Verläss-
lichkeit, Wärme und Geborgenheit", "familiäres Klima ständiger Unsicherheit und diffuser Bedrohung", "Erfahrung
der Brüchigkeit", "Angst", "mangelnde Verbundenheit mit dem Leben"] bestimmte Verhaltensweisen angewöhnt und
diese gelernt
. -
"Den Eltern geht es nicht gut, wir sind ihnen eine Belastung. Wir müssen alles tun, damit es ihnen
besser geht."
Mögliche Ursachen dieser elterlichen Überforderung: eheliche Spannungen, finanzielle Dauersorgen,
Arbeitslosigkeit, krankes oder behindertes Geschwisterkind, Todesfälle in der Familie, allgemeine Unzufriedenheit
mit Leben, Beruf, Wohnsituation, lieblose und kalte Erziehung (2. S.32)
Dazu gehören etwa:
sich übergehen und überfordern, hart und verständnislos mit sich umgehen, nicht Nein sagen
können: "Jetzt oder nie", "Alles auf einmal", "Alles oder nichts", oder auch, sich keine Bedeutung zu geben,
Gefühle des Ungenügens, der Verunsicherung, Angst und Einsamkeit
= depressive Muster: "so handeln und
denken müssen" = "Zwang". Sie haben diese Verhaltensmuster in ihrer persönlichen Entwicklung geübt und
perfektioniert und sich dabei ständig überfordert und erschöpft. Deswegen ist die Depression aber noch lange
kein krankhaftes Erleben, sondern
Ergebnis und Ausdruck eben dieser in der Kindheit gelernten Überlebens-
strategie
[depressive Entwicklung = "latent depressiver Mensch", eine Anpassungsleistung über viele
Jahre oder Jahrzehnte! - "verborgen und noch Kraft zum Funktionieren" - "Sie laufen auf Eis, ohne zu wissen,
wann es einbricht"]. (2. S.22) ...
Das ist ihre Lebensauffassung und darin fühlen sie sich jeden Tag von Neuem bestärkt ... "Sie sind nach außen
gut aufgestellt, ausgeglichen und voller Kraft, innerlich aber fühlen sie sich unsicher, schlecht und kraftlos (2. S.30)
Irgendetwas kann die Depression sichtbar ["manifest" - "offensichtlich, leer und kraftlos"] werden lassen, allmählich
oder plötzlich. "Der letzte Strohhalm lässt das Kamel zusammenbrechen!" (Englisches Sprichwort) ... Und vielfach
lässt sich mit einem auslösenden Ereignis (innere und/ oder äußere Erlebnisse/Stressoren) ein Zusammenhang
herstellen ..." (1. S.14) "Depression bedeutet depressive Entwicklung und damit chronischer Stress, der
im Laufe der Zeit zunehmend körperliche Spuren hinterlässt ..."
(1. S.15)

"Depressive Menschen würden zum Beispiel sich und ihr Leben folgendermaßen beschreiben:
"Ich arbeite nur, es geht immer weiter wie bisher, nichts ändert sich. Ich habe keine Ruhe, die Gedanken kreisen fortwährend
und landen immer beim "worst case", dem schlimmstmöglichen Ausgang. Ich muss nur funktionieren und fühle mich nie frei
und gelöst. Das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, sein eigener Herr und Meister zu sein und selber entscheiden zu
können, kenne ich nicht. Ich mache alles ohne Feuer und Begeisterung und muss mich immer wieder von neuem aufraffen,
bin ständig mit der Frage beschäftigt, mache ich es richtig, schaffe ich es. Zufriedenheit kenne ich nicht, alles kostet unendlich
viel Energie, ohne dass sich das auszahlt oder dass es mir besser geht." ...

"Nichts ist richtig, alles ist nicht so, wie es für mich richtig wäre. Nichts ist recht, nichts genügt, nie ist etwas genug und gut.
Immer gibt es etwas, was ich zu bemängeln habe. Nie ist etwas so, dass ich mit mir zufrieden bin. Mir passt es nicht,
wie ich bin, wie ich denke und mein Leben handhabe. Ich gefalle mir nicht. Ich mag nicht mehr, alles ist mir zu viel.
Ich mache nur noch das Nötigste und ich habe immer Angst, Angst, nicht zu genügen, nicht fertig zu werden und
keine Kraft mehr zu haben. Ständig gehen diese Gedanken in meinem Kopf herum."
(2. S.29)

In meiner therapeutischen Tätigkeit erfahre ich jedoch immer wieder von Neuem, dass man die Depression verstehen
kann, dass es sich um nachvollziehbare Schritte handelt, die zu dpressiven Zuständen führen. Aus diesem Verständnis
heraus lassen sich dann nachvollziehbare Wege ableiten, wie man aus der Depression aussteigen kann, ob zusammen
mit professioneller Hilfe und Unterstützung oder allein. Aussteigen bedeutet, neue Verhaltensweisen zu lernen. Die bis-
herigen haben diese Menschen dorthin geführt, wo sie heute stehen, und zu dem gemacht, was sie heute sind. Lernen
aber heißt Umlernen, heißt auch, neue Gewichte setzen, neue Einstellungen finden. Das jedoch ist nur möglich, weil
die alten Denk- und Verhaltensmuster nicht gottgegeben oder angeboren waren, sondern so gelernt wurden. Das so
zu sehen ist deshalb wichtig, weil viele depressive Menschen von Fachleuten im Glauben gelassen oder gar bestärkt
werden, mit diesem Leiden und mit diesem Schmerz weiterhin leben zu müssen, und die einzige Erleichterungs-
möglichkeit darin besteht, bis ans Lebensende Medikamente zu schlucken.


Mein Ansatz unterscheidet sich von dieser Sichtweise grundlegend: Der depressive Mensch soll wissen,
dass er nicht krank ist, dass er nicht weiter leiden muss und dass es darum geht, sich zu verstehen und
nachzuvollziehen, weshalb welche Schritte beim Ausstieg wichtig und erfolgreich sind. Wissen, warum
man etwas tut, und warum man es gerade so macht, gibt Sicherheit und Vertrauen. Nachvollziehbar
und einleuchtend sollen die Schritte des Ausstieges sein, und die Folgerungen daraus palusibel,
logisch und umsetzbar. Vor allem aber müssen die vorgeschlagenen Schritte bringen, was sie
versprechen. Sonst nützen die besten Erklärungen nichts ...

Der Ausstieg
(Generalthema: "Jetzt geht es um mich."; "Veränderung", "Lernen einer neuen Einstellung",
"Sichaneignen eines neuen Umgangs mit sich selbst") ist nicht nur beschwerlich und erfordert viel Ausdauer
und Geduld, sondern es ist auch spannend, neue Gefühle bei sich wahrzunehmen und auszuhalten, zu
erfahren, wie das Selbstbewusstsein wächst und die Angst vor Rückschlägen immer kleiner wird ...

Das eigentliche Geheimnis jedes erfolgreichen Ausstieges lautet:
"Die depressiven Muster sind erworbene und
gelernte Verhaltensweisen. Der depressive Mensch kann sie daher aus eigener Kraft verändern"
(1. S.192) ...
Sich ernst nehmen, auf sich hören und das tun, was für einen stimmt ... kleine Schritte, kleine Portionen, immer
wieder die Rückfrage, ob der Schritt und das Maß und der Zeitpunkt stimmen ...
Die Ungeduld wird zu einem riesigen
Problem: "Jetzt bin ich schon so lange drin und dran und bin noch nicht weiter" ... es geht um Langsamkeit und Zeit-
haben"
(S.21) ... "ZULASSEN - ANNEHMEN - DAZUSTEHEN und AUSHALTEN, ohne gleich etwas unternehmen,
verändern oder etwas dagegen tun zu wollen"
(1. S.194) ... "Jetzt geht es um mich - Was will ich, was tut mir gut,
was brauche ich jetzt und was traue ich mir im Moment zu?"
(1. S.196) ...Vergiss dich nicht
und kümmere dich um dich! ...


"
Ziel des Ausstieges ist es, immer weniger am Leben zu leiden, vermehrt sein eigenes Leben zu leben
und zufriedener zu werden, mit der Zeit immer mehr fähig zu werden, den Augenblick auszukosten und
sogar zu genießen ... Der depressive Mensch muss nichts. Er entscheidet und er ist maßgebend ..."
(1. S.23)

"Kinder in der Familie und der Einzelne in der Gesellschaft [müssen] wieder Werte wie Fairness,
Gerechtigkeit
und Respekt erfahren. Je mehr eine Gesellschaft sich in diese Richtung entwickelt,
umso weniger Menschen werden eine depressive Entwicklung einschlagen."
(1. S.24)

""Jetzt geht es um mich [mit meinem Körper]." Jetzt will und darf ich mich wichtig nehmen und auf mich schauen.
Ich muss gar nichts. Ich kann und darf, wenn ich will und wenn es mir entspricht. Es ist meine Entscheidung und
mein freier Wille. Ich bin wichtig und deshalb will ich achtsam und verlässlich mit mir umgehen und mir
all das erlauben, was mir guttut, mich stärkt und bestätigt. Ich entscheide, wo's langgeht ...
Ich will mir ein guter Freund sein und auf eine verständnisvolle und aufbauende Art mit mir sprechen. Wenn etwas
nicht so läuft und ich enttäuscht und traurig bin, möchte ich, dass es mir gelingt, aufmunternd und tröstend mit mir
zu sprechen. Meine Gewohnheit, mich fertig zu machen, wenn etwas nicht so läuft, wie ich meine, und keine Ent-
schuldigung zuzulassen, möchte ich ablegen. Auch, wenn ich mit mir nicht zufrieden bin, noch nett und aufbauend
zu mir zu sein ist ein Riesending, das ich nur mit sehr viel Aufwand und Überredungskünsten einigermaßen schaffe.
Da werde ich lange dran zu beißen haben, gerade in schwierigen Momenten mir zuzureden und Verständnis für
mich aufzubringen. Ich werde aber daran arbeiten. Es leuchtet ein ... Langsam ist schneller,
sich zurücknehmen ist hilfreicher als etwas erzwingen wollen ...
Ich will aufhören, mich unter Druck zu setzen, indem ich meine, alles müsse noch schneller, noch besser, noch
perfekter und noch souveräner vonstattengehen. Ich will aufhören, zu meinen, alles allein machen und mit allem
allein fertig werden zu müssen. Ich weiß, dass ich das, was ich mir vornehme, erreichen kann. Nur muss ich
jetzt alles auf eine Art machen, die ich mir bisher verboten und über die ich mich geärgert habe: einen Gang
zurückschalten, langsam und bedächtig vorangehen, immer wieder Pausen machen und sich befragen und
die Ungeduld zähmen. Das ist so anders, als ich bisher gelebt habe, dass ich mich
wirklich um Geduld, Nachsicht und Verständnis bemühen muss ...
Ich werde immer wieder in die alten Muster fallen, mich vergessen und übergehen. Das gehört dazu und
hat nichts mit mir zu tun oder damit, dass ich nicht in der Lage bin, den Weg zu gehen. Ich nehme mir vor,
falls ich überhaupt daran denken werde, diese Einbrüche und die Gefühle der Trauer und der Enttäuschung
zu verstehen und anzunehmen. Ich gehe einen Weg des Lernens und der Veränderung. Das braucht Zeit
und geht nicht gradlinig. Der Weg wird mich ermüden und ich will mir genügend Zeit und Raum zur Er-
holung geben. Ich werde nicht immer motiviert sein, ich werde mich unter Druck setzen, mich antreiben,
mir zu wenig Zeit und Erholung geben. All das wird passieren. Ich werde daran zu denken versuchen,
dass ich immer auch aufhören und unterbrechen kann und darf. Es liegt an mir, wie ich dann entscheide.
Ich versuche, immer daran zu denken, dass es um mich geht und nicht darum, dass ich den Weg um
jeden Preis gehe. Es geht auch nicht um die festsitzenden und tief liegenden Prinzipien, etwas Begon-
nenes auf jeden Fall zu beenden, darum, dass es keine Entschuldigung gibt, etwas nicht zu Ende
zu führen, dass man alle Kräfte mobilisiert und weitergeht, auch wenn man nicht mehr will, nicht
mehr kann und nicht mehr mag. Ich bin mir wichtig und nicht die Veränderung.
Es geht um mich [mit meinem Körper], Punkt ...
Mein Körper braucht ganz viel Pflege und Aufmerksamkeit, sonst hält er das nicht durch. Ich möchte
versuchen, ihn nicht zu vergessen und mit ihm nicht so umzugehen, als würde er über endlose Kraft-
reserven und eine Topkonstitution verfügen. Er ist angeschlagen und braucht deshalb besondere Für-
sorge. Ich weiß, das wird schwierig werden, aber im Kopf habe ich es auf jeden Fall. Ich muss und
will wachsam und sensibel bezüglich all den Zeichen und Signalen, die er aussendete, sein. Ich will
versuchen, achtsam auf seine Zeichen - "Es ist zu viel, ich komme nicht mehr mit, hör auf oder mach
langsam."
- zu achten und diese auch ernst nehmen. Wenn ich mir das vor- nehme, will ich aber auch
versuchen, Verständnis mit mir zu haben, wenn das nicht immer gelingt, wenn ich die Zeichen über-
sehe und den Körper ausbeute. Ich weiß schon, dass das nicht gut ist, aber ich kenne nichts anderes
und deshalb werde ich häufig in die Falle der Missachtung - "Lass mich in Ruhe, ich will das gar nicht
hören, du störst."
- tappen, was ich denn auch postwendend [sofort] werde büßen müssen ... im
neuen, sorgfältigen und behutsamen Umgang mit dem Körper ist der wesentlichste Teil des Aus-
stieges [aus der "depressiven" Coping-Strategie (Verhalten)] - "Mach kleine Schritte, nimm
dir Zeit und geh vorsichtig vorwärts."
- enthalten." (2. S.76-78,87,91,94,97f)

Lern- und Merksätze:
als die "Leitplanken des Ausstieges", geben den Rahmen und die Richtung an, wie Leuchttürme und Orientierungspunkte, an denen Sie
sich halten und orientieren, sich an ihnen aufrichten, sich neu finden, sammeln und motivieren können ... sich versöhnen mit der eigenen
Fehlerhaftigkeit, Ängstlichkeit und Empfindlichkeit, und nur soviel machen, wie im Moment geht, es gibt kein Müssen und keinen
Zwang, sich ernst nehmen, auf sich hören und das tun, was für einen stimmt, durch sie holen Sie sich Verständnis, Trost
und Orientierung ... Sie bestimmen ihren Weg ganz allein ...
"Du musst nichts. Es kommt auch nicht darauf an, möglichst viel zu lernen und zu verändern. Alles, was du tust,
genügt, wenn es für dich stimmt. Und du allein weißt, was für dich stimmt. Erlaube dir, so zu denken und danach
zu handeln. Es geht um dich, du bist gefragt und auf dich kommt es an. Das ist Thema des Ausstieges und
Thema deines neuen Lebens. Mache, was du gerne machst, was du dir zutraust und was dich freut. Es ist
dein Weg und dein Leben. Du entscheidest, wo es langgeht" ...
Niemand ist der Depression ausgeliefert, und ein anderes Leben ist möglich!"
"Es geht zuerst um mich und dann um den Weg. Zuerst komme ich. Ich will mich nicht vergessen,
mich nicht übergehen und mich auch nicht überfordern. Ich muss nicht etwas Bestimmtes lernen und eine neue
Strategie anwenden, sondern im Moment ganz einfach versuchen, das zu machen, was mir möglich ist und mir hilft.
Das zu lernen und irgendwann einmal auch zu leben ist meine Aufgabe. Das sind die Schritte aus der Depression,
anders geht es nicht." ...
"Jetzt geht es um mich." Ich muss nicht irgendwelchen Anforderungen genügen und auch nicht bestimmte
Kriterien erfüllen. Alles, was ich mache, wenn ich es machen will und es mir guttut, ist gut und richtig. ...
"Jetzt geht es um mich" Es geht darum, dass ich mir mit Respekt und Achtung begegne und sorgfältig
mit mir umgehe. Es ist mein Leben und ich will es so leben, dass es für mich stimmt und ich die Ver-
antwortung dafür übernehmen kann. Ich habe nur dieses eine Leben und das will ich auf eine
gute Weise leben." ...
"Jetzt geht es um mich" Jetzt will und darf ich mich wichtig nehmen und auf mich schauen. Deshalb will ich
achtsam und verlässlich mit mir umgehen und mir all das erlauben, was mir guttut, mich stärkt und be-
stätigt. Es geht darum, dass ich mich nie mehr aus den Augen verliere und mich in meinen Gedanken
und Handlungen einbeziehe" ...
"Stimmt diese Fromulierung, passt sie zu mir, bringt sie etwas in mir zum Erklingen, kann ich
etwas mit ihr anfangen? Bin ich jetzt sicherer, trittfester auf dem Weg und auch ruhiger? Und:
Verstehe ich damit besser, was mit dem Geschriebenen gemeint ist, macht es mir den Weg und die
einzelnen Schritte verständlicher und machbarer? Verstehe ich mich besser, werde ich sorgfältiger und
aufmerksamer zu mir, geduldiger und zuversichtlicher für den Weg und die zu machenden Schritte?" ...
"Mache, was du willst und kannst. Sich das zu erlauben, daran zu glauben und im Alltag umzusetzen
ist die schwierige Aufgabe, die der depressive Mensch für den Ausstieg zu leisten hat und
die mit Sicherheit zum Ziel führt." ...
"Menschen sind depressiv, die ihr Leben lang geleitet sind, das zu machen, was andere von ihnen
erwarten, die immer auf die andern ausgerichtet sind, die sich zurückstellen, sich übergehen, sich
nicht spüren und nicht ernst nehmen, die ständig im Gefühl leben, etwas zu müssen, und sich
deshalb ständig verpflichtet fühlen. Sie geraten in einen Zustand ständiger Überforderung und
zunehmender Erschöpfung, den man als Depression bezeichnet." ...
"Ich will meine Müdigkeit ernst nehmen, sie nicht bagatellisieren und gering schätzen. Ich möchte
lernen, auf die Signale des Körpers zu hören, und mich bemühen, sie zu verstehen und danach
zu handeln. Ich möchte nicht die immer gleichen Fehler und Unterlassungen wiederholen und
auch dem Körper nicht mehr die Erholung, die er braucht, vorenthalten. Ich weiß, da habe ich
große Fehler gemacht. Ich kann nicht ungestraft den Körper schwächen und gleichzeitig
Höchstleistungen von ihm verlangen. In Zukunft will ich mit ihm und nicht gegen ihn arbeiten.
Ich will lernen, geduldig mit mir zu sein, mir und dem Körper Zeit geben, ihn nicht immer
antreiben und über ihn verfügen. Damit, dass ich lerne, den Körper zu achten und meine
Ungeduld und Rastlosigkeit zu zügeln, nehme ich eine wichtige Weichenstellung
in Richtung Veränderung und Ausstieg aus der Depression vor."
(2. S.14ff,19,21f,24,26)

"Es geht wesentlich darum, dass der depressive Mensch sich einen Wert gibt, sich selbst
als wertvoll erlebt und dieses Erleben auch wirklich, tief und ganzheitlich spürt und lebt.
Sich wertvoll zu fühlen kann das Gefühl und das Bewusstsein von sich selbst verändern.
Sie/Er kann spüren:
"Ich bin jemand, ich bin jetzt jemand anderes als vorher, auch wenn die anderen dies nicht feststellen können.
Ich bin ich und erlebe mich als mich selbst, als jemand, der einen Wert hat, der zu sich stehen und sich den
anderen als der, der er ist, zeigen kann und will. Ich bin jetzt jemand, der auf sich baut, auf sich zählt und mit
dem auch die anderen rechnen müssen. Ich bin nicht mehr so pflegeleicht und möchte trotzdem geschätzt und
anerkannt werden, ich habe meine Meinung und ihr sollt sie auch wissen, ich möchte ernst genommen werden,
wenn ich einmal etwas nicht spüre, etwas nicht verstehe, wenn ich kompliziert, langsam oder schwierig bin.
Ich bin auch nicht immer ausgeglichen und geduldig, manchmal bin ich gereizt, in schlechter Stimmung,
und ich möchte, dass auch das seinen Platz haben darf."
...
(3. S.234f)
(Aus: Josef Giger Bütler: unter weiterf. Lit. 1. + 2. + 3.)

(1) SNRI: Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
(2) Robbie Williams, Chris Heath: "Feel: Robbie Williams" Rowohlt 2004
(3) www.stern.de/kultur/musik/robbie-williams-im-stern-interview--ich-bin-sehr-gluecklich--3447792.html
(4) SSRI: Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
(5) P.C. Gotzsche: "Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen - Wie Ärzte und Pharmaindustrie die Gesundheit der Patienten vorsätzlich
aufs Spiel setzen“ („Deadly Psychiatry and Organised Denial“ ArtPeople 2015) Abhängigkeit von Psychopharmaka S.247, Das Absetzen von Psycho-
pharmaka. Die schlimmste Arzneimittelepidemie aller Zeiten S.265, 267, Wie soll man vorgehen S.273, Tödliche Psychiatrie und Sackgasse.
Wie viele Menschen sterben durch Psychopharmaka S.317, Zwangsbehandlung und zwangsweise Unterbringung müssen verboten werden
S.323 RIVA 1. Auflage 2016, www.deadlymedicines.dk/http://www.deadlymedicines.dk
(55) Peter C. Gotzsche: „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert“
Übersetzung: Martin Rometsch ("Deadly Medicines and Organised Crime: How Big Pharma has Corrupted Healthcare" Radcliffe 2013)
5. Klinische Studien: ein gebrochener Gesellschaftsvertrag mit Patienten S.104, S.99, 17. Die Psychiatrie, das Paradies der Pharma-
industrie. Der Schwindel mit dem chemischen Ungleichgewicht s.303f, 1. Auflage RIVA 2015
(55.1) Paul Rodney McHugh, Phillip Richard Slavney: "Mental illness--comprehensive evaluation or checklist?" N Engl J Med. 2012 May 17;366(20):1853-5
[5a] Peter Roger Breggin:"Psychiatric Drug Withdrawal: A Guide for Prescribers, Therapists, Patients and their Families" Springer 2013 http://breggin.com
[5b] Margrethe Nielsen, Ebba Holme Hansen, Peter C. Gotzsche: "What is the difference between dependence and withdrawal reactions? A comparison of
benzodiazepines and selective serotonin re-uptake inhibitors" Addiction. 2012 May;107(5):900-8
[5c] Lars Kessing, HV Hansen, K. Demyttenaere, P. Bech: "Depressive and bipolar disorders: patients' attitudes and beliefs towards depression
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[5d] John Read, Claire Cartwright, Kerry Gibson:"Adverse emotional and interpersonal effects reported by 1829 New Zealanders while taking antidepressants"
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Claire Cartwright, Kerry Gibson, John Read, Ondria Cowan, Tamsin Dehar: "Long-term antidepressant use: patient perspectives of benefits and adverse effects"
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[5e] Michael A. Posternak, D.A. Solomon, A.C. Leon, T.I. Mueller, M.T. Shea, J. Endicott, M.B. Keller: "The naturalistic course of unipolar major depression
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[5f] RA Jim Gottstein: http://akmhcweb.org/recovery/jgrec.htm
[5g] Ivor Browne: "The Writings of Ivor Browne: Steps Along the Road, the Evolution of a Slow Learner" Atrium, Cork University Press, 2013
[5h] Peter Breggin: "Psychiatric Drugs: More Dangerous Than You Ever Imagined" Video 2014 unter CEP- The Council for Evidence-based Psychiatry:
http://cepuk.org/2014/11/12/video-psychiatric-drugs-dangerous-ever-imagined-dr-peter-breggin
(6) www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2016/index.htm
(7) Laura A. Pratt, Debra J. Brody, Qiuping Gu: "Antidepressant Use in Persons Aged 12 and Over: United States, 2005–2008"
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(9) Keith S. Dobson, Steven D. Hollon, Sona Dimidjian, Karen B. Schmaling, Robert J. Kohlenberg, Robert Gallop, Shireen L. Rizvi, Jackie K. Gollan,
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"Pillen lösen keine Probleme ... Medikamente könnten womöglich einen Patienten stabilisieren, aber sie reichten nicht aus, das Leiden zu überwinden.
Gerade Menschen mit moderaten Depressionen erleiden nach Absetzen von Antidepressiva häufig Rückfälle ... 76 Prozent innerhalb eines Jahres.
Nach einer kognitiven Verhaltenstherapie erlitten dagegen nur 31 Prozent einen Rückfall. Ähnlich große Unterschiede beobachten Psychologen
immer wieder: Nach guten Verhaltenstherapien erleiden nur halb so viele Patienten einen Rückfall wie nach der Einnahme von Pillen gegen
Depressionen ... Liegt es daran, dass die Medikamente das Grübeln [Sinnieren, Ruminieren] unterdrücken - und es dem Patienten auf diese
Weise erschweren, sein Problem zu lösen? Wenn es also so ist, dass Depressionen einen Sinn haben und die gängigen Medikamente
[Psychopharmaka] nicht recht wirken, dann liegt die Erklärung auf der Hand: Die Medikamente stören einen Vorgang, der auch nützliche
Seiten hat - das Grübeln. Ebenso würde dies erklären, warum die Bilanz der Antidepressiva so durchwachsen ist. Die klinische Wirksamkeit
liegt in vielen Fällen kaum höher als der Effekt von Scheinmedikamenten (Placebos), weshalb etliche Psychiater Antidepressiva nur zur
Behandlung wirklich schwerer Depressionen empfehlen. Mediziner bauschten Daten aus Studien zur Wirksamkeit dieser Mittel [Antidepressiva]
auf, um die angebliche Wirksamkeit besonders groß erscheinen zu lassen. Das ging so: Die positiven Effekte präsentierten sie in Fachartikeln -
während sie die negativen in der Schublade verschwinden ließen [sog. "Publikationsbias" n. Theodore Sterling (1959)]. So ist ein Zerrbild ent-
standen: 94 Prozent der veröffentlichten Studien bescheinigen den Antidepressiva eine bessere Wirksamkeit als Placebos. Doch wenn man
[die] unveröffentlichte Studien hinzunimmt, dann zeigen nur 51 Prozent der Daten einen Vorteil für das Antidepressivum. Eine sorgfältige
Analyse von Daten aus Studien [ (X) Pigoott et al. 2010] der staatlichen Gesundheitsbehörde FDA in den Vereinigten Staaten von Amerika
ergab ein ernüchterndes Bild: Demnach wirken Antidepressiva nicht nennenswert besser als Tabletten aus Zucker [Placebos]."
Aus: Jörg Blech: "Die Psycho-Falle" S.Fischer 2014 S.178ff [Meine Ergänzungen]
Wolfgang Gaebel et al.: "Relapse prevention in first-episode schizophrenia--maintenance vs intermittent drug treatment with prodrome-based early intervention:
results of a randomized controlled trial within the German Research Network on Schizophrenia" J Clin Psychiatry. 2011 Feb;72(2):205-218
(X) H. Edmund Pigott, Allan M. Leventhal, Gregory S. Alter, John J. Boren: " Efficacy and Effectiveness of Antidepressants: Current Status of Research"
Psychother Psychosom 2010;79:267–279

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www.welt.de/gesundheit/article138568439/So-gefaehrlich-sind-die-beliebtesten-Medikamente.html
(12) Irving Kirsch, Thomas J. Moore, Alan Scoboria, Sarah S. Nicholls: "The Emperor's New Drugs: An Analysis of Antidepressant Medication Data
Submitted to the U.S. Food and Drug Administration" Prevention and Treatment, Volume 5, Article 23, posted July 15, 2002
(13) Irving Kirsch: "The Emperor's New Drugs: Exploding the Antidepressant Myth" Random House Group 2009
(14) Irving Kirsch, Guy Sapirstein: "Listening to Prozac [Fluoxetin] but Hearing Placebo - A Meta-Analysis of Antidepressant Medication"
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(15) FDA = Food and Drug Administration = Die staatliche Arzneimittelbehörde in den USA
(16) Irving Kirsch, Brett J. Deacon, Tania B. Huedo-Medina, Alan Scoboria, Thomas J. Moore, Blair T. Johnson: "Initial Severity and Antidepressant Benefits:
A Meta-Analysis of Data Submitted to the Food and Drug Administration" PLoS Med. 2008 Feb;5(2):e45
(17) Peter Ansari, Sabine Ansari: „Unglück auf Rezept - Die Antidepressiva-Lüge und ihre Folgen“ Pharmaskandale. Lügen bei der Zulassung
von Antidepressiva S.124f, Vorwort Prof.em.Dr.med. Bruno Müller-Oerlinghausen, Klett-Cotta 2016, www.depression-heute.de
[Meine Ergänzungen]

"Was bei Heinrich Hoffmanns [1809-1894, dtsch.Psychiater] Zappelphilipp ["Der Struwwelpeter" 1846 (1845)] als
Unart galt, wurde entlang seinem theoretischen Deutungsweg zur Neuropathie, zur Psychopathie, zur Neurasthenie,
zum Kinderfehler, zum Hirnschaden, wurde zweierlei Neurosenkonzepten unterworfen, als Krankheit, Störung und
Behinderung bezeichnet und endet vorläufig bei den Genen und der Neurotransmitter-Chemie."

Prof.Dr.med. Eduard Seidler (b.1929, deutscher Medizinhistoriker): "Von der Unart zur Krankheit - "Zappelphilipp" und ADHS"
S.243, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 5, 30. Jänuar 2004. www.aerzteblatt.de/studieren/archiv/40288/
Zappelphilipp-und-ADHS-Von-der-Unart-zur-Krankheit

Paul W. Andrews, J.Anderson Thomson: "The bright side of being blue: Depression as an adaptation for analyzing complex problems" pdf >>>
[AR = Analytical Rumination Hypothesis = "Grübelsucht" = Ruminieren verbunden mit einer analytischen Denkarbeit]
Psychological Review 2009

Prof. Dr. med. Asmus Finzen (b.1940, Prof. f.Sozialpsychiatrie, Wissenschaftspublizist):
"Neuroleptika für Kinder? Ein Lehrstück" Soziale Psychiatrie 1/10 pdf >>>

Jörg Blech (b.1966, dtsch. Wissenschaftsjournalist): "Schwermut ohne Scham" Der Spiegel 6/2012 pdf >>>

Prof. Dr. rer. nat. Kerstin Konrad et al.: "Hirnentwicklung in der Adoleszenz [12. bis 24.Lj.]- Neurowissenschaftliche Befunde
zum Verständnis dieser Entwicklungsphase"
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 25, 21. Juni 2013 pdf >>>

Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann et al.: "Erwachsenwerden ist schwer - Psychische Störungen in der Adoleszenz" pdf >>>
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 25, S.432-443, 21. Juni 2013

PD Dr. Thomas Bock, Dorothea Buck, Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner, Susanne Heim, Cornelia Schäfer, Eva Schmitt, Prof. Dr. Peter Stolz, Ursula Zingler :
"Verständnis und Behandlung von Psychosen" - "Es ist normal, verschieden zu sein!" erstellt im Dialog von Psychoseerfahrenen, Angehörigen und
Therapeuten/Wissenschaftlern in der AG der Psychoseseminare (Hrsg.) pdf >>>

Jörg Blech (b.1966, dtsch. Wissenschaftsjournalist): "Heilen mit dem Geist - Meditieren, Yoga, positives Denken" Der Spiegel 21/2013 pdf >>>

"Wenn der Mathematikdidaktiker [Prof. Dr.] Wolfram Meyerhöfer [b.1970, Paderborn] in einer Grundschule
[Altersstufen von sechs bis zwölf Jahren] Praktika betreut, dann erlebt er bei jedem zweiten Besuch dieselbe
Szene: "Der betreuende Lehrer begrüßt mich und weist dann auf verschiedene Schüler der Klasse.
'Die beiden
dort haben Rechenschwäche, die dort LRS [Lese-Rechtschreibschwäche, Legasthenie], die beiden dort
haben ADHS [Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung], und der dort ist lernbehindert.'
Was zwischen
den Zeilen als eigentliche Botschaft des Lehrers bei mir ankommt, ist:
'Diese Schüler sind krank, ich als Lehrer
kann nichts dafür, wenn sie etwas nicht können.'
" (1) Dafür würden sie schließlich von der Medizin therapiert.
Und genau das löst nicht das Problem. Denn die meisten Entwicklungsverzögerungen von Schülern gehen
nicht auf eine hirnorganische Störung zurück, sondern auf eine "Anregungsarmut", wie es der Berliner Kinder-
arzt Ulrich Fegeler [b.1948] ausdrückt. Die Kinder stammen oftmals aus sozial schwierigen Familien, in denen
sie nicht ausreichend gefördert werden. Wenn engagierte Lehrer die Eltern auf mögliche Defizite in der Familien-
struktur hinweisen und Vorschläge machen, dann wird ihnen das selten gedankt. Da bleibt häufig nur der Ausweg
in die Medizin: Statt den Eltern und Kindern zu helfen, dichtet man den Kindern eine psychische Krankheit an."
Aus: Jörg Blech (b.1966, dtsch. Wissenschaftsjournalist): „Die Psychofalle: Wie die Seelenindustrie uns zu Patienten macht“
Kapitel 6: Das letzte normale Kind. DMDD [Disruptive Mood Dysregulation Disorder n. Ellen Leibenluft], ODD [Oppositional
Defiant Disorder] und ADHS [ADHD: Attention Deficit Hyperactivity Disorder] - jedem Kind seine diagnostische Heimat,
S.124, FISCHER 2014
(1) Wolfram Meyerhöfer: "Vom Konstrukt der Rechenschwäche zum Konstrukt der nicht bearbeiteten stofflichen Hürden (nbsH)"
Pädagogische Rundschau 2011, 65.Jhg, S.401-426. https://lama.uni-paderborn.de/fileadmin/Mathematik/MathematikDidaktik/
Personen/Meyerhoefer/Meyerh%C3%B6fer_2011_Heft4_P%C3%A4dagogischeRundschau_401-426.pdf

LINKS:
OPEN DIALOGUE: An alternative Finnish approach to healing psychosis (COMPLETE FILM):
www.youtube.com/watch?v=HDVhZHJagfQ

www.psychiatrie-erfahrene-nrw.de/psychopharmaka/wie_man_von_psychopharmaka_herunterkommt.html
www.kulturkritik.net/psychiatrie/absetzen/text_absetzen.html
Harm Reduction-Leitfaden zum risikoarmen Absetzen von Psychopharmaka - The Icarus Project und Freedom Center:
http://soziale-inklusion.com/data/documents/HarmReductionLeitfadenzumrisikoarmenAbsetzenvonPsychopharmaka1EdOnline.pdf

Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP e.V.): "Neuroleptika reduzieren und absetzen -
Eine Broschüre für Psychose-Erfahrene, Angehörige und Professionelle aller Berufsgruppen":
"Es gibt jedenfalls viele gute Gründe, einer dauerhaften Einnahme von Neuroleptika ("Nervendämpfungsmittel") gegenüber skeptisch
zu sein. Um es deutlich zu sagen: Wir sind nicht grundsätzlich gegen Neuroleptika, wir halten Neuroleptika für einen Teil der Patientinnen
und Patienten für einen echten Fortschritt in der Behandlung von Psychosen [bipolare Störung (MDK), Schizophrenie]. Wir sind aber aufgrund
unserer langjährigen Erfahrung und des Forschungsstandes davon überzeugt, dass Neuroleptika in ihrer Wirksamkeit überschätzt, bei den Neben-
wirkungen oft unterschätzt und in ihrer inflationären Verwendung für ganz unterschiedliche Störungen fahrlässig eingesetzt werden. Wir sind
davon überzeugt, dass ein verantwortlicher, skeptischer Umgang mit Neuroleptika als gemeinsames Vorgehen zwischen Arzt/Ärztin und
Patient/Patientin erfolgen sollte und dass Betroffene so weit wie möglicj zu Experten ihrer Behandlung werden sollten. Zum Glück hat
sich inzwischen auch herumgesprochen, dass sich die Einbeziehung von Angehörigen oder anderen vertrauten Personen als Dritte
im Bunde für alle Beteiligten sehr oft als förderlich erweist ..."
(Einleitung S.6)

"Menschen, die wegen einer psychischen Beeinträchtigung eine ambulante psychosoziale Betreuung oder Pflege erhalten oder die im Heim
leben, werden oft durch die Institutionsroutine in eine Situation gebracht, in der sie sich zur regelmäßigen Einnahme der Medikation ver-
pflichtet fühlen. Aber auch in dieser Situation haben Menschen das gleiche Recht auf einen Reduktionsversuch ihrer Medikamente.
Leider sagen psychiatrisch Tätige aus diesem Bereich noch viel zu häufig: "Die Medikation ist Arztsache, da mische ich mich nicht ein."
Andere hingegen ermutigen ihre Klientinnen und Klienten zu Reduktionsschritten und begleiten sie gegebenenfalls auch zum Arzt-
gespräch, falls sie sich dies nicht allein zutrauen. Manchmal lässt sich in den Leitlinien und Qualitätsberichten der Einrichtung nach-
lesen, wie sie zu Medikationsfragen steht. Rein rechtlich kann niemand zur Einnahme einer betimmten Medikation genötigt werden,
nur weil er oder sie ambulante Unterstützung in Anspruch nimmt. Ambulante Zwangsmedikation ist in Deutschland [auch in AUT]
bis heute nicht erlaubt."
(Kapitel 1: Rechtliche Aspekte. Ambulante Pflege - Nötigung zur Medikation S.9)
Aus: DGSP 2014: "Neuroleptika reduzieren und absetzen - Eine Broschüre für Psychose-Erfahrene, Angehörige und
Professionelle aller Berufsgruppen"www.paranus.de/datei_upload/PDF_News/DGSP_ReduktionNeuroleptika_2014_web.pdf

Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP e.V.): "Memorandum zur Anwendung von Neuroleptika"
www.dgsp-ev.de/fileadmin/user_files/dgsp/pdfs/Flyer_Infoblatt_KuFo-Programme_Broschueren/Brosch.Memorand_Neurol_2012_web.pdf

CCHR - The Citizens Commission on Human Rights International -
Weltweit im Einsatz für Menschenrechte in der Psychiatrie:
www.cchrvictoria.org.au/ect-electroconvulsive-therapy/
www.cchr.org/     www.cchr.de/
www.cchrint.org/electroshock/
www.aerzteblatt.de/archiv/475/Elektrokrampftherapie-Schocktherapie-oder-ein-differenziertes-Behandlungsverfahren
Helma Sommer: "Die aktive psychiatrische Therapie unter Berücksichtigung tierexperimenteller Untersuchungen" Gustav Fischer Verlag 1971
John Read, Richard Bentall: "The effectiveness of electroconvulsive therapy: A literature review" Epidemiol Psichiatr Soc. 2010 Oct-Dec;19(4):333-47
"CONCLUSIONS: Given the strong evidence (summarised here) of persistent and, for some, permanent brain dysfunction, primarily evidenced in
the form of retrograde and anterograde amnesia, and the evidence of a slight but significant increased risk of death, the cost-benefit analysis
for ECT is so poor that its use cannot be scientifically justified."

Harold Robertson, Robin Pryor: "Memory and cognitive effects of ECT: informing and assessing patients" BJPsych Advances 2006, 12:228–238
"Conclusions: Evaluation and re-evaluation of ECT’s risks and benefits by SURE, NICE and the Royal College of Psychiatrists, and the
growing recognition of the extent and importance of research by and involving people who have experienced ECT, as well as increased
interest in qualitative data, should lead to improvement in both patient care and research. In light of alarming findings that 50%
of patients report receiving inadequate warnings of the potential sideeffects of ECT, informed consent practices need to be revised.
In particular, prospective patients should be warned of the significant risk of permanent amnesia and the possibility of permanent
memory and cognitive disability. Research to adequately assess the nature and longevity of these effects should be undertaken,
‘incorporating patients’ perspectives on the impact of ECT into future RCTs’ (Greenhalgh et al, 2005: p. 78).
By all accounts this is long overdue.

Michael Grözinger, Andreas Conca, Thomas Nickl-Jockschat, Jan Di Pauli (Hrsg): "Elektrokonvulsionstherapie kompakt -
Für Zuweiser und Anwender" Vorwort S. VI Springer Verlag 2013
"... Ebenso wie Kliniken für Psychiatrie, Psychotherapie
und Psychosomatik sich heute zu recht nicht mehr als Heil- und Pflegeanstalten bezeichnen, sollte es auch der Elektro-
konvulsionstherapie [EKT] erlaubt sein, sich von überkommenen Assoziationen zu lösen. Begriffe wie Elektroschock oder
Elektrokrampftherapie werden von den Patienten, aber auch zum Teil von uns selbst, unwillkürlich mit Zwang, rüder Gewalt
und Schädigung von Nervengewebe in Verbindung gebracht. Tatsächlich ist EKT genauso wenig mit Zwang und Gewalt in
Verbindung zu bringen wie andere aufklärungspflichtige Eingriffe.
Statt Hirngewebe zu schädigen, stimuliert sie [die EKT]
im Gegenteil die Entstehung von Nervenzellen und den Aufbau von neuen Verbindungen zwischen ihnen ..."

"Wir sehen, dass Psychiater in ihren Fachpublikationen chronische Hirnstörungen nach Elektroschocks [EKT, ECT]
erwähnen, die speziell als Folge anhaltender epileptischer Anfälle oder wiederholter Verabreichung auftreten können.
Dass die Neubildung von Nervenzellen lediglich eine Reaktion des Gehirns auf diese Schäden ist und letztlich die Be-
stätigung darstellt, dass Elektroschocks Hirnschäden verursachen, interessiert sie offenbar wenig. Erkennbar ist einzig
die Sorge, dass die Betroffenen weitere Elektroschocks ablehnen."

Aus: Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer, Josef Zehentbauer: „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika - Risiken,
Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks“ Wiederkehr des Elektroschocks.
Chronische und lebensgefährliche Schäden. Elektroschocks als Jungbrunnen. Zusammenfassung S.151. Geleitworte von Andreas Heinz,
Peter & Sabine Ansari u. Marina Langfeldt, Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)

www.mind.org.uk/information-support/drugs-and-treatments
www.mind.org.uk/information-support/drugs-and-treatments/medication-stopping-or-coming-off#.WE01qbLhA-M
www.mind.org.uk/information-support/drugs-and-treatments/medication-stopping-or-coming-off/making-the-decision-to-come-off/#.WE02_LLhA-M
www.btpinfo.org.uk/withdrawing-from-antidepressants
http://www.btpinfo.org.uk/withdrawing-from-antidepressants
https://rxisk.org/guide-stopping-antidepressants
http://akmhcweb.org/recovery/jgrec.htm
www.mindfreedom.org
www.psychrights.org
http://psychintegrity.org
http://cepuk.org
https://ssristories.org
http://recoveringfrompsychiatry.com
http://carlatpsychiatry.blogspot.co.at
www.depression-heute.de
www.leitlinien.de/nvl/depression
www.deutsches-kinderbulletin.de
Ärztliche Fortbildung ohne Pharma-Einfluss: www.mezis.de
www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=2672
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ):
www.akdae.de


Von allen Tyranneien dürfte eine Tyrannei, die aufrichtig das Wohl des Opfers
zum Ziel hat, die bedrückenste sein. Es wäre besser, unter Räuberbaronen zu leben
als unter allmächtigen moralischen Wichtigtuern. Die Grausamkeiten eines Räuber-
barons ermattet vielleicht gelegentlich, und seine Habgier könnte irgendwann befriedigt
sein. Diejenigen, die uns zu unserem eigenen Wohl quälen, werden uns hingegen
immer quälen, weil sie die Billigung ihres Gewissens haben."
[in (5)]

"Of all tyrannies, a tyranny exercised for the good of its victims may be the most oppressive.
It may be better to live under robber barons than under omnipotent moral busybodies. The
robber baron’s cruelty may sometimes sleep, his cupidity may at some point be satiated;
but those who torment us for our own good will torment us without end,
for they do so with the approval of their consciences."

["God in the Dock - Essays on Theology and Ethics" (1948)]
Clive Staples Lewis
(1898 -1963)
Nordirischer Schriftsteller
Literaturwissenschaftler
"Die Chroniken von Narnia"
(1934-1954)

Weiterführende Literatur:
Otto Benkert, Hanns Hippius: „Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie“ 12., vollständig überarbeitet und aktualisierte Auflage SPRINGER 2019,
[Leider kein Kapitel zum Thema "Psychopharmaka richtig - individuell - und vorsichtig langsam ausschleichen"]
Jann E. Schlimme, Thelke Scholz, Renate Seroka: „Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen“ Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2019
Jann E. Schlimme, Burkhart Brückner: „Die abklingende Psychose: Verständigung finden, Genesung begleiten“ Unter Mitarbeit von Birgit Hase,
Amelie Palmer, John Peach und Levent Önal, Psychiatrie Verlag 1. Auflage 2017
Michaela Amering (b.1961, Prof. f. Sozialpsychiatrie UNI Wien), Margit Schmolke (b.1957, dtsche PA, psycholog.PT): „Recovery - Das Ende der Unheilbarkeit“
Psychiatrie Verlag 5. Auflage 2012 (2007)

"Die Erfahrung lehrt, dass nicht die medikamentöse Verdrängung, sondern allein die in ihren Zusammenhängen
zu vorausgegangenen Lebenskrisen verstandenen Inhalte der Psychosen und Depressionen echte Heilung ermöglichen.
Immer wieder hören wir in unserer Selbsthilfebewegung von Betroffenen, denen ihre ambulant oder stationär
behandelnden Psychiater erklären, dass sie an einer sinnlosen, genetisch bedingten Hirnstoffwechselstörung
als Ursache ihrer Psychosen leiden würden und dass sie daher unheilbar krank seien. Dieser entmutigenden,
nur defizitären psychiatrischen Sichtweise möchten wir mit dieser Broschüre entgegenwirken ..."
Aus: Broschüre 2007: „Es ist normal, verschieden zu sein! - Verständnis und Behandlung von Psychosen“
erstellt im Dialog von Psychoseerfahrenen, Angehörigen und Therapeuten/Wissenschaftlern in der AG der
Psychoseseminare (Hrsg.), Redaktion: PD Dr. Thomas Bock, Dorothea Buck, Prof. Dr. Klaus Dörner, Susanne Heim,
Cornelia Schäfer, Eva Schmittt, Prof. Dr. Peter Stolz, Ursula Zingler, Herstellung: Brücke Neumünster gGmbH,
Ehndorfer Straße 13-17, 24537 Neumünster, 6.Auflage 2007 Unter: www.rat-und-tat-koeln.de/bilder/pdfs/Broschuere_
Es%20ist%20normalverschieden%20zu%20sein.pdf

"Die Heilung vieler [Schizophrener] hängt in hohem Maße davon ab, dass der Therapeut frei von konventionellen Haltungen und Vorurteilen ist.
Von diesen Patienten kann nicht und soll nicht verlangt werden, sich zu einer konventionellen Anpassung an die gewohnten Erfordernisse unserer
Kultur leiten zu lassen, noch weniger zu dem, was der einzelne Thera-peut glaubt, dass diese Erfordernisse sind, Der Therapeut sollte wissen, dass
seine Rolle bei der Behandlung zu Ende ist, wenn diese Menschen imstande sind, selbst - ohne Verletzung ihrer Mitmenschen - ihre eigenen Quellen
der Befriedigung und Sicherheit zu finden, unabhängig von der Zustimmung ihrer Nachbarn, ihrer Familie und der öffentlichen Meinung. Solch eine
Haltung ist erforderlich, weil in der Regel die Heilung eines Schizophrenen nicht in der Umwandlung der schon vor der Krankheit bestehenden Persön-
lichkeit in eine andere Art von Persönlichkeit besteht... [Ich] bin überzeugt, dass viele Schizophrene gesund werden könnten, wenn das Ziel der Be-
handlung im Sinne der Bedürfnisse der schizoiden Persönlichkeit und nicht der nicht-schizoiden Persönlichkeit verstanden würde, und auch nicht im
Sinne des nicht-schizophrenen, konformistischen „guten Staatsbürgers”, des Psychiaters.”
Aus: www.fromm-gesellschaft.eu/images/pdf-Dateien/Hoffmann_K_and_Haffner-Marti_H_1998.pdf
in Frieda Fromm-Reichmann (1889-1957): "Intensive Psychotherapie. Grundzüge und Technik"
("Principles of Intensive Psychotherapy" University of Chicago Press, Chicago 1950) S. 206f
Hippokrates 1959

"Wenn Menschen, die als chronisch krank betrachtet wurden, wieder genesen können, wenn Psychiatrieerfahrene, psychiatrische Fachkräfte und
Angehörige sich gegenseitig als Experten anerkennen und die eigene Erfahrung von seelischen Erschütterungen zur Berufskompetenz wird, (...)
kann sich [die Psychiatrie] nicht länger nur als Disziplin verstehen, in der Fachpersonal den "Kranken" Behandlung und Betreuung anbietet.
Psychiatrie wird zu einem Feld der Begegnung, in dem Medikamente nicht das erste Mittel der Wahl sein dürfen, in dem sich Betroffene,
Fachkräfte und Angehörige gemeinsam auf den Weg machen."
Aus: Jörg Utschakowski, Gyöngyvér Sielaff, Thomas Bock, Andréa Winter: "Experten aus Erfahrung - Peerarbeit in der Psychiatrie"
Vom Sein zum Tun - EX-IN [Experienced Involvement, sog. psychosoziale Einbziehung Psychoseerfahrener] auf dem Weg.
Einleitung, S.11f, Psychiatrie Verlag 2016

Edward M. Podvoll (Autor), Tilmann Borghardt (Übersetzer): „Von Psychose genesen: Psychosen verstehen und behandeln“ [Originalausgabe: “The Seduction of Madness:
Revolutionary Insights into the World of Psychosis and a Compassionate Approach to Recovery at Home“ 1990“, Zweite Fassung: „Aus entrückten Welten: Psychosen verstehen
und behandeln“ 2004 („Recovering Sanity: A Compassionate Approach to Understanding and Treating Pyschosis“ 2003] Norbu Verlag 1.Auflage 2017
Jan Foudraine (1929-2016, niederländ. Psychiater, Psychotherapeut, Publizist, Mystiker): „Wer ist aus Holz? Neue Wege der Psychiatrie“ (Wie is van hout 1971) DTV 4.Auflage 1981 (1976)
Peter Lehmann (b.1950, Dr.h.c, Dipl.-Soz.Päd; Hg.): „Psychopharmaka absetzen. Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressive, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern“
Vorworte von Pirkko Annelie Lahti (b.1941, finn. Psychiaterin) und Loren Richard Mosher (1933-2004, US Psychiaterin) Antipsychiatrieverlag 3. aktualisierte und erweiterte Auflage 2008 u.
4. aktualisierte und erweiterte Auflage 2013 u. 5. aktualisierte u. erweiterte Auflage 2019; „Der chemische Knebel. Warum Psychiater Neuroleptika verabreichen“ Mit einem Geleitwort
von Jeffrey Moussaieff Masson (b.1941, US Psychoanalytiker). Antipsychiatrieverlag 6. Auflage 2010 (1986)
Peter Lehmann (b.1950, Dipl.-Pädagoge, selbstständiger Autor u. Verleger in Berlin), Volkmar Aderhold (b.1954, Dr. med., Arzt f. Psychiatrie, Psychotherapie u. Psychotherapeutische Medizin,),
Marc Rufer (b.1942, Arzt u. Psychotherapeut Zürich), Josef Zehentbauer (b.1945, Allgemeinarzt u. Psychotherapeut München): „Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika - Risiken, Placebo-Effekte,
Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks“ Geleitworte von Andreas Heinz (Direktor der Klinik u. Prof. f. Psychiatrie u. Psychotherapie, Charité Berlin,
Präsident elect d. Deutschen Gesellschaft f. Psychiatrie u. Psychotherapie, Psychosomatik u. Nervenheilkunde), Dr. rer. biol. hum. Peter & Sabine Ansari (Vorwort) und Marina Langfeldt (Nachwort,
Oberstaatsanwältin Dr. jur.) Peter Lehmann Publishing 2018 (2017)
Marc Rufer: „Glückspillen – Ecstasy, Prozac [Fluoxetin] und das Comeback der Psychopharmaka“ Knaur 1995
Günter Paul Amminger, Miriam R. Schäfer, Monika Schlögelhofer, Claudia M. Klier, Patrick D. McGorry: "Longer-term outcome in the prevention of psychotic disorders by the Vienna omega-3 study"
[(700mg EPA (Eicosapentaensäure) u. 480mg DHA (Decosahexaensäure)] Nat Commun. 2015 Aug 11;6:7934
Michael Berk, David Copolov, Olivia Dean, Kristy Lu, Sue Jeavons, Ian Schapkaitz, Murray Anderson-Hunt, Fiona Judd, Fiona Katz, Paul Katz, Sean Ording-Jespersen, John Little,
Philippe Conus, Michel Cuenod, Kim Q. Do, Ashley I. Bush: "N-acetyl cysteine as a glutathione precursor for schizophrenia--a double-blind, randomized, placebo-controlled trial"
(1000mg ACC pro Tag) Biol Psychiatry. 2008 Sep 1;64(5):361-8
Mahmut Bulut, Haluk Asuman Savas, Abdurrahman Altindag, Osman Virit, Alican Dalkilic: "Beneficial effects of N-acetylcysteine in treatment resistant schizophrenia"
(600mg ACC pro Tag) World J Biol Psychiatry. 2009;10(4 Pt 2):626-628
Susan L. Rossell, Paul S. Francis, Cherrie Galletly, Anthony Harris, Dan Siskind, Michael Berk, Kiymet Bozaoglu, Frances Dark, Olivia Dean, Dennis Liu, Denny Meyer, Erica Neill, Andrea Phillipou,
Jerome Sarris, David J. Castle: "N-acetylcysteine (NAC) in schizophrenia resistant to clozapine: a double blind randomised placebo controlled trial targeting negative symptoms"
BMC Psychiatry. 2016 Sep 15;16(1):320
Yvonne S. Yang: "Treatment of Cognitive and Negative Symptoms in Schizophrenia With N-acetylcysteine (NAC2)" 2018 https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02505477
Megan Anne Arroll, Lorraine Wilder, James Neil: "Nutritional interventions for the adjunctive treatment of schizophrenia: a brief review" (B-Vitamine, Folsäure)
Nutr J. 2014 Sep 16;13:91. doi: 10.1186/1475-2891-13-91
Jana Trebatická, Zdeňka Ďuračková: "Psychiatric Disorders and Polyphenols: Can They Be Helpful in Therapy?" (Polyphenole aus Grünem Tee o. Ginkgo biloba)
Oxid Med Cell Longev. 2015;2015:248529. doi: 10.1155/2015/248529
Edele Mancini, Christoph Beglinger, Jurgen Drewe, Davide Zanchi, Undine E. Lang, Stefan Borgwardt: "Green tea effects on cognition, mood and human brain function: A systematic review"
Phytomedicine. 2017 Oct 15;34:26-37
Miho Ota, Chisato Wakabayashi, Noriko Sato, Hiroaki Hori, Kotaro Hattori, Toshiya Teraishi, Hayato Ozawa, Tsutomu Okubo, Hiroshi Kunugi: "Effect of L-theanine on glutamatergic
function in patients with schizophrenia" (L-Theanin 250mg pro Tag) Acta Neuropsychiatr. 2015 Oct;27(5):291-6
Michael S. Ritsner, Chanoch Miodownik, Yael Ratner, Tatyana Shleifer, Maria Mar, Leonid Pintov, Vladimir Lerner: "L-Theanine Relieves Positive, Activation, and Anxiety Symptoms
in Patients With Schizophrenia and Schizoaffective Disorder: An 8-Week, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, 2-Center Study" (L-Theanin 400 mg pro Tag)
J Clin Psychiatry. 2011 Jan;72(1):34-42

Bob Johnson (b.1942, brit. Psychiater): „Unsafe at Any Dose: Exposing Psychiatric Dogmas, So Minds Can Heal, Psychiatric Drugs Do More Harm Than Good“ („Unsicher bei jeder Dosierung –
Die Enthüllung psychiatrischer Dogmen, damit der Geist gesunden kann“) Trust Consent Publishing 2006 www.truthtrustconsent.org/
Kerstin Kempker (b.1958, dtsch.Autorin, diplomierte Sozialarbeiterin, leitete von 1996 bis 2001 das Berliner Weglaufhaus): „Flucht in die Wirklichkeit. Das Berliner Weglaufhaus“ Peter Lehmann 1998
Florian Holsboer: "Biologie für die Seele - Mein Weg zur personalisierten Medizin" C.H.Beck 2009
Joachim Bauer (b.1951, dtsch. Internist, Psychotherapeut, Psychiater, Molekular-Neurobiolge): „Das kooperative Gen: Evolution als kreativer Prozess“ HEYNE 2010 (2008),
„Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern“ HEYNE 3.Auflage 2010 (2007), „Das Gedächtnis des Körpers: Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene
steuern“ 16. Auflage PIPER 2010 (2004), “Warum ich fühle, was du fühlst: Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone” HEYNE 18.Auflage 2012 (2005),
„Prinzip Menschlichkeit - Warum wir von Natur aus kooperieren“ [oder „Die Entdeckung des Social Brain“] 7. Auflage HEYNE 2014 (2006), „Arbeit - Warum unser Glück von ihr
abhängt und wie sie uns krank macht“ 1. Auflage Karl Blessing Verlag 2013 u. KINDLE 2013, „Schmerzgrenze - Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt“
Wilhelm Heyne Verlag 3.Auflage 2013 (2011), „Selbststeuerung - Die Wiederentdeckung des freien Willens“ Karl Blessing Verlag 2.Auflage 2015
Franco Basaglia (1924-1980, ital.Psychiater): „Was ist Psychiatrie?“ (Che cos'è la psichiatria?1967) Suhrkamp 1981 (1973)
John Virapen (b.1943, PhD Psychologie, Ex-Eli Lilly Geschäftsführer Schweden): „Nebenwirkung Tod – Korruption in der Pharma-Industrie.
Ein Ex-Manager packt aus“ MAZARUNI 4.Auflage 2008
Siehe zu John Virapen auch ZITATE: Jörg Dietrich Hoppe: Ärzte sollten sich nicht
>>>
Astrid Randerath, Christian Esser: "Das Pharmakartell - Wie Patienten betrogen werden" (45 Min) ZDF-Sendung "Frontal 21" vom 9. Dezember 2008
"Pharmaunternehmen können nach Einschätzung verschiedener Experten fast ungestört ihre Profitinteressen verfolgen. Das geht zu Lasten der Patienten,
wenn dabei Nebenwirkungen verschwiegen, Selbsthilfegruppen instrumentalisiert oder Politiker, Ärzte und Heilberufe mit Gefälligkeiten umworben werden.
Christian Esser und Astrid Randerath zeigten in der Frontal21-Dokumentation "Das Pharma-Kartell" einen Einblick wie dieses System funktioniert.
www.agstg.ch/fotos-/-videos/videos-tierversuche/49-/videos/211-zdf-frontal-21-das-pharma-kartell.html
Frank Wittig: "Leichtfertige Verschreibungen - Test: Wie leichtfertig werden Antidepressiva verschrieben?" Wissenschaftsmagazin Odysso SWR Fernsehen, am Do 17.12.2015

www.swr.de/odysso/test-wie-leichtfertig-werden-antidepressiva-verschrieben/-/id=1046894/did=16426716/nid=1046894/1unmmtn/index.html
und www.depression-heute.de/blog/wie-haeufig-werden-antidepressiva-verschrieben
Martin H. Teicher, Carol Glod, Jonathan O. Cole: "Emergence of Intense Suicidal Preoccupation During Fluoxetine Treatment" Am J Psychiatry Band 147, Nr. 2, Seite 207-10, February 1990
Peter Roger Breggin (b.1936, US Psychiater): „The Anti-Depressant Fact Book – What Your Doctor won’t tell You about Prozac (Fluoxetine), Zoloft (Sertraline), Paxil (Paroxetine),
Celexa (Citalopram) and Luvox (Fluvoxamine)“ DA CAPO 2001

Victor M Castro, Caitlin C Clements, Shawn N Murphy, Vivian S Gainer, Maurizio Fava, Jeffrey B Weilburg, Jane L Erb, Susanne E Churchill, Isaac S Kohane, Dan V Iosifescu, Jordan
W Smoller, Roy H Perlis: "QT interval and antidepressant use: a cross sectional study of electronic health records" (Daten von 38.400 Versicherten, 1990-2011) BMJ 2013;346:f288
www.pfizerpro.com.pe/sites/g/files/g10027681/f/201603/resumen-estudio-QT-PfizerPro.pdf

"Sowohl bei Citalopram als auch bei Escitalopram und Amitryptilin, zwei weiteren häufig verschriebenen antidepressiven Wirkstoffen, fand man einen deutlichen Zusammenhang zwischen
der Höhe der verabreichten Dosis und der Stärke des verlängernden Effekts auf das QT-Intervall (erhöhtes Risiko für schwerwiegende, zum Teil tödliche Herzrhythmusstörungen ... Schwindel-
attacken, anfallsartig auftretendes Herzrasen [Palpitationen] ... Kammerflimmern ... Herzstillstand ... Im August 2011 [hat] daher die FDA die Anwendung von Citalopram eingeschränkt:
Seither darf Citalopram in den USA nicht mehr in Dosierungen über 40mg pro Tag eingenommen werden ... Patienten mit angeborenem langen QT-Intervall (Long-QT-Syndrom) dürfen
Citalopram künftig gar nicht mehr einnehmen ... Für über 60-Jährige, für Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion oder für Patienten, bei denen der Abbau bestimmter Medikamente
durch bestimmte Enzyme (CYP 2C19) [wie auch: Diazepam; PPIs: Omeprazol, Lansoprazol; Clomipramin (trizykl.AD), Moclobemid (MAO-Hemmer)] verlangsamt ist, wurde die Höchstdosis
sogar auf 20mg täglich begrenzt ... Unabhängige Experten raten Patienten, die an Depressionen leiden, ohnehin von Antidepressiva eher ab. Ein Nutzen von Antidepressiva sei auch
bei sehr schwer Erkrankten bisher nicht hinreichend belegt, urteilt etwa das arznei-telegramm [(16) Irving Kirsch 2008, (X) H. Edmund Pigott 2010] ..."
Aus: Cornelia Stolze: "Krank durch Medikamente - Wenn Antibiotika depressiv, Schlafmittel dement und Blutdrucksenker impotent machen"
Nebenwirkungen im Herz-Kreislauf System. Herzrhythmusstörungen durch Antidepressiva S.113f PIPER 2016 (2014)


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wissen sollten!“ Vorwort zur deutschen Ausgabe von Fritz B. Simon (1948-, Dr.med.habil, Psychiater, Prof. für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der UNI Witten/Herdecke,
Vertreter der systemischen Psychologie, (Toxic Psychiatry St. Martin’s Press 1991) AUER 1997; "Psychiatric Drug Withdrawal: A Guide for Prescribers, Therapists, Patients and their Families"
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"Street Spirit (US-amerik. Zeitschrift): Wie kommt es, dass diese Antidepressiva [die SSRI, die Selektiven Serotonon-Wiederaufnahme-Hemmer] noch immer als Wundermittel
gegen Depressionen gelten, wenn über kein Medikament so viele Nebenwirkungen vermeldet wurden, wie über Prozac [Fluoxetin], und wenn Paxil [Paroxetin]
die Selbstmordneigung bei Jugendlichen nachgewiesenermaßen erhöht? Und wieso hat die FDA [Food and Drug Administration, Amerikanische Behörde
für Lebens- und Arzneimittel)] die Öffentlichkeit vor Paxil und Prozac so lange nicht gewarnt?"

Robert Whitaker: Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Die Finanzierung der FDA wurde in den 90er Jahren geändert. Durch ein neues Gesetz, Prescription Drug User Fee Act [1992;
Arzneimittelgebührengesetz für rezeptpflichtige Medikamente], übertrug man die Finanzierung der FDA zum großen Teil der Pharmaindustrie. Dies sieht im Wesentlichen so aus, dass
eine Pharmafirma, die die Zulassung eines Medikaments beantragt, eine Gebühr bezahlen muss. Aus dieser Gebühr werden Arzneimittelzulassungsverfahren der FDA zum großen Teil
finanziert. Von heute auf morgen also kamen die FDA-Geldmittel von der Pharmaindustrie und nicht mehr von den Bürgern. Als dann eine Neufassung des Gesetzes anstand, sagte die
Pharmalobby, Aufgabe der FDA solle es künftig sein, Medikamente nicht mehr, wie bisher, kritisch zu überprüfen, sondern sie möglichst schnell zuzulassen. Dies haben wir der Politik von
Newt Gingrich [b.1943] zu verdanken (von 1995 bis 1999 Sprecher des Repräsentantenhauses. Mit ihm wird die "Republican Revolution" verknüpft, die in der Wahl zum Kongress 1994
erstmals seit Jahrzehnten zu einer republikanischen Mehrheit geführt hat. (Anm. d. Übs., übernommen von Wikipedia).
Euer Job ist es jetzt, Medikamente zu vermarkten, also arbeitet mit
der Pharmaindustrie zusammen und erleichtert die Entwicklung neuer Arzneimittel.
Die Idee von der FDA als einer Aufsichtsbehörde ging verloren. Darüber hinaus wechselten viele FDA
Mitarbeiter zu Pharmafirmen über. Die FDA wird gern ironisch als Trittbrett zur Karriere in der Pharmaindustrie bezeichnet. Man geht zur FDA und arbeitet eine Weile dort, bis man schließlich
ein Jobangebot eines Pharmaunternehmens erhält. Wenn dies der normale Gang der Dinge ist, dann wird ein FDA-Mitarbeiter, der dabei ist, Kontakte für seine weitere Karriere zu knüpfen,
die Pharmakonzerne wohl eher mit Samthandschuhen anfassen. Dies alles geschah in den 90er Jahren. Die FDA erhielt einen neuen Marschbefehl, und der lautete:
„Vereinfacht die Markt-
zulassung von Medikamenten und seid nicht zu kritisch. Wenn ihr eure Geldmittel, die jetzt von der Pharmaindustrie kommen, nicht verlieren wollt, dann haltet euch an diese Vorgabe.“

Street Spirit: Die Pharmakonzerne besitzen also die enorme Macht, die Befunde von Arzneimittelstudien zu frisieren
und sich die beteiligten Wissenschaftler und sogar die FDA gefügig zu machen?

Robert Whitaker: Der Handlungsspielraum der FDA wurde Anfang der 90er Jahre drastisch eingeschränkt, und das Ergebnis sehen wir bei den Psychopharmaka. Die FDA wurde vom Wachhund zum
Schoßhund der Pharmaindustrie. Dies ist der amerikanischen Öffentlichkeit erst heute bewusst geworden. Jetzt veröffentlicht Marcia Angell [b.1939], die frühere Chefredakteurin des New England
Journal of Medicine, ein Buch [The Truth About the Drug Companies: How They Deceive Us and What to Do About It 2004], in dem sie die FDA als Schoßhund der Pharmaindustrie bezeichnet.
Als ehemalige Chefredakteurin der bedeutendsten medizinischen Fachzeitschrift Amerikas ist Marcia Angell eine wichtige Persönlichkeit in der amerikanischen Medizin – und sie kam zu dem Schluss,
die FDA habe die Öffentlichkeit getäuscht. Wegen ihrer Kritik an der Pharmaindustrie hat sie schließlich ihren Job beim New England Journal of Medicine verloren. Ende der 90er Jahre war sie Chef-
redakteurin dieser Zeitschrift und arbeitete mit einem Arzt namens Thomas Bodenheimer zusammen. Dieser hatte beschlossen, in einem Artikel darauf hinzuweisen, dass man sich wegen der zurecht-
redigierten Befunde medizinischer Studien nicht einmal mehr auf medizinische Fachzeitschriften verlassen könne. Die beiden stellten also Nachforschungen darüber an, wie die Pharmaunternehmen
die Forschung finanzieren und die Befunde in ihrem Sinne für die Öffentlichkeit bearbeiten. Sie wiesen darauf hin, dass man aus diesem Grunde nicht einmal mehr dem vertrauen kann, was in wissen-
schaftlichen Zeitschriften zu lesen ist und berichteten, dass es ihnen auf der Suche nach einem Fachmann für die Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen über Antidepressiva nicht gelungen
war, jemanden zu finden, der kein Geld von der Pharmaindustrie erhielt. Das New England Journal of Medicine wiederum wird von der Massachusetts Medical Society herausgegeben, die noch eine Reihe
weiterer Zeitschriften in ihrem Programm hat und sich zum großen Teil durch pharmazeutische Werbung finanziert. Was geschah nun, als der Artikel von Tomas Bodenheimer und Marcia Angell über den
beklagenswerten Zustand der amerikanischen Medizin erschienen war? Beide verloren ihren Job! Sie wurde gefeuert, und Thomas Bodenheimer ebenso. Denken Sie einmal darüber nach: Die führende
medizinische Fachzeitschrift des Landes entlässt Mitarbeiter, weil sie es gewagt haben, die unlauteren Praktiken in der amerikanischen Medizin zu kritisieren, die die wissenschaftliche Literatur vergiften.
Wir haben so eine Arzneimittelzulassungsbehörde, die das Schoßhündchen spielt und eine medizinische Fachliteratur, der man nicht trauen kann. Dies alles zeigt, dass die amerikanische Öffentlichkeit
belogen wurde, nichts über die Probleme mit diesen Medikamenten erfuhr und nichts darüber, warum diese Probleme geheim gehalten wurden. Dies hat mit Geld zu tun,
mit Prestige und mit Beziehungen zu beiderseitigem Nutzen.

Street Spirit: Es geht auch darum; Kritiker mundtot zu machen. Eli Lilly benutzt die Medien, um die Vorteile von Prozac anzupreisen, lockt Ärzte mit allerlei Zuwendungen auf Konferenzen,
wo über die Vorzüge des Medikaments berichtet wird, und kauft ganz einfach die Forscher. Setzt die Pharmaindustrie ihr Geld und ihre Macht nicht auch dazu ein,
Kritiker zum Schweigen zu bringen?

Robert Whitaker: Ein Beispiel dafür ist Dr. Joseph Glenmullen [b.1950], ein Psychiater, der auch für die Harvard University tätig ist und der unter dem Titel Prozac Backlash („Der Prozac-Rückschlag“)
ein Buch (im Jahr 2000) veröffentlicht hat, in dem er vor den Gefahren von Prozac warnt. Er hatte herausgefunden, dass dieses Medikament in viel zu oft verschrieben werde und schwere Neben-
wirkungen habe. Er warf sogar Fragen nach Gedächtnisstörungen und anderen kognitiven Problemen bei langfristiger Einnahme dieser Arzneien auf. Prompt versuchte Eli Lilly, ihn mit einer öffent-
lichen Kampagne zu diffamieren. Man schickte Hinweise an die Medien, in denen seine Zugehörigkeit zur Harvard Medical School (die angesehenste medizinische Fakultät der USA. Anm. d. Übs.)
infrage gestellt wurde usf. Es ging nur darum, einen Kritiker mundtot zu machen. Singt man das Lied der Pharmaindustrie, bekommt man eine Menge Geld, um durch die Welt zu jetten und überall
Vorträge über die Wunderwirkungen bestimmter Medikamente zu halten. Und die, die sich diese Vorträge anhören, ohne kritische Fragen zu stellen, erhalten für ihre Teilnahme an der Informations-
veranstaltung ein Gala-Diner und vielleicht auch ein Honorar. Wenn man absahnen will, so ist dies kein Problem.
Man preist die Wunderwirkungen des Medikaments in den höchsten Tönen, verschweigt
die scheußlichen Nebenwirkungen und bekommt dann ein schönes Honorar als Gastredner und Experte auf dem Gebiet. Gehört man jedoch zu denen, die fragen: „Und was ist mit den Manien und den
Psychosen?“ – dann bringen sie dich zum Schweigen. David Healy [b.1926] ist das beste Beispiel dafür. Als Wissenschaftler war er in England hoch angesehen. Er hatte mehrere Bücher zur Geschichte
der Psychopharmakologie veröffentlicht und war so etwas wie der ehemalige Vorsitzende der Psychopharmakologischen Vereinigung. Schließlich bot ihm die Universität Toronto die Stelle des Leiters
der dortigen psychiatrischen Abteilung an, eine Aufgabe, die er gerne übernommen hätte. Also flog er nach Toronto und hielt einen Vortrag über die erhöhte Selbstmordgefahr unter Prozac und anderen
[Selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmern] SSRI Antidepressiva. Als er nach Hause zurückkehrte, hatte die Universität Toronto ihr Angebot zurückgezogen. Fließen Gelder
von Eli Lilly an die Universität Toronto? Aber natürlich. Die Antwort auf Ihre Frage ist also: Ja, Eli Lilly macht Andersdenkende mundtot.

Street Spirit: Was verbirgt sich hinter der Geschichte von der heimlichen Einigung zwischen Eli Lilly und den Überlebenden, die die Pharmafirma verklagt hatten,
nachdem Joseph Wesbecker [1942-1989] unter dem Einfluss von Prozac 20 ihrer Kollegen erschossen hatte?

Robert Whitaker:
Im Verlauf des Verfahrens gegen Eli Lilly wollte der Richter Beweismaterial zulassen, das das Fehlverhalten von Eli Lilly in einem anderen Fall bezeugt hätte.
Der Richter sagte: „In Ordnung, legen Sie dieses Material vor.“ Und was geschah dann? Die Kläger hatten auf einmal kein Interesse mehr daran, Beweise vorzulegen, die ihre Klage
gestützt hätten. Der Richter fragte sich natürlich, warum die Kläger plötzlich ihr bestes Material nicht mehr präsentieren wollten, und er roch den Braten. Es dämmerte ihm, dass Eli Lilly
sich heimlich mit den Klägern geeinigt hatte, und dass ein Teil dieser Übereinkunft darin bestand, das Verfahren zur Farce zu machen, damit Eli Lilly von den Vorwürfen freigesprochen
würde. Dann hätte Eli Lilly sagen können: „Nun ist bewiesen, dass unser Medikament die Menschen nicht gewalttätig macht!“ Und genau das war geschehen. Eli Lilly hatte gemerkt, dass
der Prozess praktisch schon verloren war, und bot den Klägern darum eine Menge Geld an. Die beiden Parteien einigten sich auf diesem Weg, doch ließ man die Kläger das Verfahren
fortsetzen. Nun kann Eli Lilly öffentlich verkünden, man habe den Prozess gewonnen und damit sei bewiesen, dass Prozac nicht gefährlich sei.

Street Spirit: Wie ist das Ganze dann ans Tageslicht gekommen?

Robert Whitaker: Man wüsste bis heute nichts davon, wenn nicht zwei Dinge geschehen wären Zum einen, ob man es glaubt oder nicht: Der Richter erhob Einspruch
gegen die Entscheidung seines eigenen Gerichts. Er sagte: „Da stimmt etwas nicht.“ Er fand heraus, dass es eine heimliche Einigung gegeben hatte und dass das weitere
Gerichtsverfahren eine reine Farce gewesen war. Er nannte dies eine der schwersten Verletzungen der Integrität der Justiz, die er je erlebt habe. Zum anderen veröffentlichte
der englische Journalist John Cornwell [b.1940] ein Buch (1996) mit dem Titel Power to Harm: Mind, Medicine, and Murder on Trial (“Die Macht, zu schädigen: Psyche,
Medizin und ein Verfahren wegen Mord”). Er schrieb über diesen Fall, doch hörte man in Amerika kaum etwas über diese geheime Einigung und die ganze Rechtsbeugung,
die darauf folgte. Es war ein englischer Journalist, der diese Geschichte aufgedeckt hatte. Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Man bringt Menschen wie Marcia Angell
zum Schweigen. Man biegt sich die wissenschaftliche Forschung so hin, wie man sie haben will. Man beugt das Recht. Man pervertiert das Arzneimittelzulassungsverfahren
der FDA. Überall geht man so vor, und am Ende haben wir eine Gesellschaft, die an diese Psychopharmaka glaubt. Sie haben mich vor einer Weile gefragt, warum die meisten
Menschen immer noch von Prozac berzeugt sind. Einer der Gründe ist der, dass die Mär von dem Wundermittel weiterhin aufrechterhalten wird. Sie wird öffentlich weiterverbreitet,
weil jede Kritik nach diesem Schema zum Schweigen gebracht wird. Der andere Grund ist der, dass es manchen Menschen unter Prozac wirklich besser geht. Das stimmt einfach,
genauso, wie es anderen mit Placebos besser geht. Und solche Berichte hört man dann immer wieder: „Ich nehme Prozac, und jetzt geht es mir gut.“ Es gibt ist diese spezielle
Gruppe von Patienten. Ihre Geschichten werden in der Öffentlichkeit verbreitet. Aus diesen Gründen glauben die meisten Menschen, trotz aller gegenteiligen Erkenntnisse,
die mittlerweile gewonnen und größtenteils vertuscht wurden, weiterhin an die Mär von den Wundermitteln, die so sicher und nebenwirkungsarm seien. [...]

Street Spirit: Lassen Sie uns von Antidepressiva wie Prozac nun übergehen zu einer anderen Gruppe angeblicher Wundermittel – den neuen Antipsychotika. Sie schrieben einmal,
dass der Langzeitgebrauch von Antipsychotika – sowohl der alten Neuroleptika wie Thorazin und Haldol als auch der neueren Atypika wie Zyprexa und Risperdal – pathologische
Hirnveränderungen erzeuge, die zu einer Verschlimmerung der Symptome von psychischer Krankheit führen können. Welche Veränderungen der Hirnchemie werden von Antipsychotika
verursacht, und wie führt das zu dem am meisten beängstigenden Ergebnis, das Sie beschreiben – Verursachung chronischer psychischer Erkrankungen durch diese Mittel selbst?

Robert Whitaker: Dies ist ein Leitfaden, dem man über einen Zeitraum von etwa 40 Jahren nachgehen kann. Das Problem der Chronifizierung von psychischen Erkrankungen
kann man von Zeit zu Zeit immer wieder in der Forschungsliteratur finden. Der biologische Mechanismus wird inzwischen recht gut verstanden. Die Antipsychotika blockieren
sehr wirksam 70-90 Prozent der Dopamin-Rezeptoren im Gehirn. Als Antwort darauf erzeugt das Gehirn um die 50 Prozent zusätzliche DopaminRezeptoren. Es versucht,
besonders empfindlich zu werden. Im Ergebnis haben Sie so ein Ungleichgewicht des Dopaminsystems im Gehirn. Das ist etwa so, als ob Sie aufs Gaspedal treten – so
wirken sich die zusätzlichen Dopamin-Rezeptoren aus - und gleichzeitig auf die Bremse, was der blockenden Wirkung der Medikamente entspricht. Wenn man die
Bremse nun loslässt, indem man die Medikamente abrupt absetzt, so hat man ein überaktives Dopaminsystem, man hat zu viele Dopamin-Rezeptoren.
Und was passiert? Menschen, die die Medikamente plötzlich absetzen, bekommen ernste Rückfälle.

Street Spirit: Stimmt es, dass Menschen, die mit diesen Antipsychotika behandelt wurden, zu einer erheblich höheren Rückfallquote neigen?
Haben sie häufiger neue seelische Krisen im Vergleich zu Menschen, die anders und ohne solche Medikamente behandelt wurden?

Rober Whitaker: Ja, unbedingt, und man wusste seit 1979, dass man damit tatsächlich die zugrundeliegende biologische Vulnerabilität für Psychosen vergrößerte.
Beiläufig entdeckte man dabei noch, dass man psychotische Symptome auch mit Amphetaminen auslösen kann, wenn man am Dopaminsystem herumpfuscht.
Wenn Sie also jemandem genug Amphetamine geben, so steigern Sie sein Psychoserisiko. Das ist allgemein bekannt. Und was machen Amphetamine?
Sie setzen Dopamin frei. Es gibt also eine biologische Erklärung dafür, dass das Psychoserisiko ansteigt, wenn man am Dopaminsystem herumpfuscht.
Das ist die Quintessenz dessen, was Antipsychotika machen: Sie stören das Dopaminsystem.
Es gibt eine sehr aussagekräftige Studie dazu: Forscher der Universität Pittsburg untersuchten in den 90er Jahren Menschen, denen gerade neu
eine Schizophrenie diagnostiziert wurde. Sie begannen damit, dass sie MRI-Bilder der Gehirne dieser Menschen machten. So haben wir ein Bild
der Gehirne dieser Menschen zu Beginn der Diagnose. Danach machten sie weitere Aufnahmen in den folgenden 18 Monaten, um zu sehen,
wie sich diese Gehirne veränderten. Während dieser Zeit bekamen sie Antipsychotika verschrieben, und was fanden die Forscher heraus?
Sie berichten, dass die Medikamente während dieser 18 Monate eine Vergrößerung der basalen Ganglien erzeugten, eine Hirnregion,
die mit Dopamin arbeitet. Mit anderen Worten, sie erzeugen eine sichtbare Veränderung der Morphologie, eine Veränderung der Größe
einer Hirnregion, die anomal ist. Das ist das eine. Wir haben ein Antipsychotikum, das eine Hirnanomalie verursacht. Jetzt kommt aber
der Knüller. Man fand heraus, dass sich während dieser Vergrößerung eine Verschlimmerung der Negativ-Symptome zeigte. Wir haben
also ein mit modernster Technologie ermitteltes aussagekräftiges Ergebnis. Durch Fotos vom Gehirn ist dokumentiert, wie ein von außen
zugeführtes Agens die normale Chemie ruiniert, eine anomale Vergrößerung der basalen Ganglien verursacht, und diese Vergrößerung
wiederum verschlimmert die Symptome, die man zu behandeln glaubte. Nun, das ist genau die Geschichte
eines pathologischen Vorgangs, ein äußeres Agens verursacht Anomalie, verursacht Symptome ..."

Aus: Interview mit Robert Whitaker aus der amerikanischen Zeitschrift "Street Spirit", Interviewer: Terry Messman, übersetzt von Thomas Gotterbarm
u. Kalle Pehe: "Psychopharmaka – ein Angriff auf die Menschenwürde" Teil 1: Antidepressive S.7-9; Teil 2: Antipsychotika S.9f (2005)
pdf >>>
Unter: www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/gesundheit/pdf/whitaker-intervew.pdf   www.thestreetspirit.org/August2005/interview.htm
DDPP - Dachverband Deutschsprachiger PsychosenPsychotherapie (2013): "Aktuelle Forschungsergebnisse zur Neuroleptika-Behandlung" pdf >>>
https://ddpp.eu/news-meldung/aktuelle-forschungsergebnisse-zur-neuroleptika-behandlung.html

"Unsere Gesellschaft will in dem Kranken, den sie verjagt oder einsperrt,
nicht sich selbst erkennen; sobald sie die Krankheit diagnostiziert,
schließt sie den Kranken aus."

Paul-Michel Foucault
(1926-1984)
Frz. Philosoph, Psychologe, Soziologe
Aus: Reimer Gronemeyer (b.1939, dtsch. Soziologe, Theologe):
„Das 4. Lebensalter - Demenz ist keine Krankheit“ S.7 Pattloch 2013
In: Michel Foucault: "Psychologie und Geisteskrankeheit"('Maladie mentale
et personnalité' 1954; 2. Auflage 1962: 'Maladie mentale et psychologie')
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an der Humboldt Universität Berlin) Teil I: Normalität im Belagerungszustand. 1. Was ist Normal und was nicht? Warum kein Labor mithilfe von Tests Normalität in der Psychiatrie definiert S.36
Wie definieren wir die einzelnen psychischen Störungen? S.54 DuMont Buchverlag 2.Auflage 2013
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Josef Giger Bütler: 1. "Depression ist keine Krankheit - Neue Wege, sich selbst zu befreien" Einleitung S.7f, S.10, S.11, S.13, S.15, S.21, S.23f, S.191, S.194, S.196, S.199, Beltz 1.Auflage 2012
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Merkmale, Verlauf und Ausprägung der Depression S.24, S.26, S.29f, S.76, 87, S.91, 94, 97ff BELTZ 2010
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Eugen Bleuler (1857-1939 Zürich, Psychiater): „Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung“ SPRINGER 5. Neudruck der 5.Auflage 1962 (1921, 1919 1.Auflage)
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Wie Ärzte und Pharmaindustrie die Gesundheit der Patienten vorsätzlich aufs Spiel setzen“ („Deadly Psychiatry and Organised Denial“ ArtPeople 2015) RIVA 1. Auflage 2016
David Healy (b.1926, professor of psychiatry, Bangor University UK): "Pharmageddon" University of California Press 2012, https://davidhealy.org
Joanna Moncrieff: "The Myth of the Chemical Cure - A Critique of Psychiatric Drug Treatment" Palgrave Macmillan 2008, https://joannamoncrieff.com
Daniel Carlat: "Unhinged: The Trouble with Psychiatry - A Doctor's Revelations about a Profession in Crisis" Free Press 2010
Jörg Blech: 1.) "Seelsorge für die Industrie" Spiegel, Nr.20, S.116-120, 16.5.2011, "Die Elite der Nervenheilkunde ist eng mit Pharmakonzernen verflochten: Psychiater,
Neurologen, aber auch Psychologen arbeiten als bezahlte Berater für die Unternehmen. Nun fordert ein Professor seine Kollegen auf, ihre Nebeneinkünfte offenzulegen."
www.spiegel.de/spiegel/print/d-78522323.html, http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/78522323
2.) „Die Psychofalle: Wie die Seelenindustrie uns zu Patienten macht“ FISCHER 2014
Peter Ansari (Dr. rer. hum. biol.), Sabine Ansari (Heilpraktikerin): 1) „Unglück auf Rezept - Die Antidepressiva-Lüge und ihre Folgen“ Vorwort von Prof. em. Dr. med. Bruno Müller-Oerlinghausen
(Prof. f. Pharmakologie und Toxikologie, Klinische Pharmakologie mit besonderem Arbeitsschwerpunkt in der Psychopharmakologie, Berlin) Klett-Cotta 2016, www.depression-heute.de
2) Antidepressiva senken die Suizidrate nicht. Durch eine massenhafte Verschreibung von Antidepressiva steigen die Suizidraten:
www.depression-heute.de/blog/antidepressiva-senken-die-suizidrate-nicht
Edward Shorter: „Geschichte der Psychiatrie“ (A History of Psychiatry 1997) Rowolts Enzyklopädie 2003
Werner Bartens: "Aus Rücksicht auf die Pharmakonzerne" Süddeutsche Zeitung, am 7. April 2015: "Der Herausgeber [Prof. Dr. med. Dieter Köhler] eines Ärztejournals ["Kompakt Pneumologie"]
tritt zurück, weil sein kritischer Kommentar nicht gedruckt werden darf. Der Zwischenfall zeigt, welchen Einfluss die Pharmaindustrie ausübt."
www.sueddeutsche.de/gesundheit/medizin-kann-man-das-nicht-abschwaechen-1.2419538
Michael Imhof (b.1951, dtsch. Chirurg, medizinisch-wissenschaftlicher Berater u. Gutachter ): „Eidesbruch. Ärzte, Geschäftemacher und die verlorene Würde des Patienten“ CAMPUS 2014
Vortrag von Ben Goldcare (b.1974, ritischer Arzt und Journalist): "What doctors don't know about the drugs they prescribe" [Reboxetin] TED Talks, am 27.9.2012
www.ted.com/talks/ben_goldacre_what_doctors_don_t_know_about_the_drugs_they_prescribe?language=de
Ben Goldacre (b.1974, britischer Arzt, Psychiater), Anne Emmert (Übersetzer), Karin Miedler (Übersetzer): „Die Pharma-Lüge: Wie Arzneimittelkonzerne Ärzte irreführen und Patienten schädigen“
(Bad Pharma: How Drug Companies Mislead Doctors and Harm Patients 2012) Vorwort von Prof. Dr. Peter T. Sawicki (ehemaliger Leiter (2004 - 2010) des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWiG), Kiepenheuer u. Witsch 2013
Ben Goldacre (b.1974, britischer Arzt, Psychiater), Irmengard Gabler (Übersetzer): „Die Wissenschaftslüge: Wie uns Pseudo-Wissenschaftler das Leben schwer machen“
(Bad Science 2008) FISCHER 2010
Günther Loewit (b.1958, Arzt,Schriftsteller NÖ): „Der ohnmächtige Arzt. Hinter den Kulissen des Gesundheitssystems“ HAYMON 2010, „Wie viel Medizin überlebt der Mensch?“
HAYMON 2013, „Sterben - Zwischen Würde und Geschäft“ HAYMON 2014
Fahmy Aboulenein (b.1973, Doz.Dr.med., Österreichischer Arzt, Neurologe, MS-Spezialist): "Die Pharma-Falle - Wie uns die Pillen-Konzerne manipulieren" edition a 2016
Dirk Richter, Klaus Berger, Thomas Reker: "Nehmen psychische Störungen zu? Eine systematische Literaturübersicht" Psychiatrische Praxis 2008; 35(7): 321-330 - EineAnalyse von 44 Studien:
USA, CAN, GB, NL, AUS, BRD mit der Schlussfolgerung:
"Die unterstellte Zunahme psychischer Störungen aufgrund des sozialen Wandels der Gesellschaft kann nicht bestätigt werden."
Wolfgang Schneider: "Medikalisierung sozialer Prozesse" Psychotherapeut 2013, 58, S.219-236.
"Gerade auf der Ebene der psychischen Störungen werden subjektive Befindlichkeits-
störungen zunehmend zu Krankheiten hochdefiniert, was sicherlich vielfach für somatiforme Störungen, Anpassungsstörungen oder auch das Burnout-Syndrom gilt."

Norbert Schmacke: "Häufigkeit seelischer Erkrankungen - Die Frage nach der "wahren" Prävalenz ist kein akademischer Luxus" Wissenschaftsforum in Gesundheit und Gesellschaft 2012 Jg. 12, Heft 3 (Juli): 7–15
"Es gibt im Grunde wenig Anlass zu der Skandalisierung des Themas „Häufigkeit seelischer Erkrankungen in Deutschland“. Wie wichtig es ist, mehr Klarheit über die tatsächliche Prävalenz psychischer Störungen
und das Ausmaß von Über-, Unter- und Fehlversorgung im Kontrast zu angemessener Versorgung zu erhalten, zeigen auch noch einmal die epidemiologischen Studien im Gefolge der U.S. Epidemiologic
Catchment Area (ECA) Study (Bijl et al. 2003). Danach spricht viel dafür, dass die größte Aufmerksamkeit der Behandlungssysteme sich auf die leichten „Fälle“ psychischer Störungen richtet, einschließlich
von Menschen, bei denen eine ICD-Diagnose fragwürdig erscheinen kann, während im Bereich besonders schwer beeinträchtigter Menschen tendenziell Unterversorgung zu beobachten ist. Dieser Befund
muss zu denken geben, wenn nach einer Erweiterung der Ressourcen für die Behandlung und Begleitung psychisch Kranker gerufen wird: Die Gelder fließen leider nicht automatisch in die richtige Richtung,
da es unproblematischer ist, das Leistungsspektrum für leicht beeinträchtigte Ratsuchende zu erweitern als für diejenigen, bei denen spürbare therapeutische Fortschritte oft schwer zu erreichen sind."
(S.12, Aus: www.wido.de/fileadmin/wido/downloads/pdf_ggw/wido_ggwaufs1_0712.pdf)
Hans Urlrich Wittchen et al.: "The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010" European Neuropsychopharmacology (2011) 21, 655–679

Die gewaltige Zunahme [2005: 27% der Einwohner der EU, inzwischen 2010: seien 38% der EU Bürger seelisch gestört] geht zurück auf einen Buchungstrick. Die Verfasser der Studie
nahmen einfach vierzehn neue Krankheiten hinzu, darunter Schlafstörungen, ADHS und andere Verhaltensauffälligkeiten. Davon abgesehen, gab es keine Ausbreitung seelischer Störungen.
Die Raten von Depression, bipolarer Störung, sozialer Phobie und Panikstörung blieben stabil. Es gab keine Hinweise darauf, dass die Häufigkeit der psychischen Störungen zugenommen hat."
(Aus: Jörg Blech "Die Psychofalle" 2014 S.57f)
Ramin Mojtabai: "Clinician-Identified Depression in commuity Settings: concordance with structured-interview diagnoses." Psychotherapy and Psychosomatics 2013;82:161-169
[5639 Studienteilnehmer mit der Diagnose: Depression] "Das Ergebnis: In nur 38,4% der Fälle konnten die Forscher die Diagnose bestätigen und eine Depression erkennen.
Gerade die älteren Menschen waren häufig Opfer einer Fehldiagnose geworden. Sechs von Sieben der Patienten, die 65 Jahre oder älter und in Behandlung waren,
hatten gar keine Depression."
(Aus: Jörg Blech "Die Psychofalle" 2014 S.62f)
Silvano Arieti (1914-1981, ital.-US amerik.Psychiater, PA, Hochschullehrer, Schizophrenieforscher): „Der Wille zur Menschlichkeit“ (“The Will To Be Human“ Quadrangle Books 1972)
Klett-Cotta 1989 (1976), „Schizophrenie: Ursachen, Verlauf, Therapie, Hilfen für Betroffene“ [„Understnding and Helping the Schizophrenic“ 1979, „Interpretation of Schizophrenia“
1955] Mit einem Vorwort von Asmus Finzen, Piper 10. Auflage 2008 (1989)
Asmus Finzen (geb. 1940 Taarstedt a. d. Schlei, Schleswig, Deutsch-Schweizerischer Psychiater, Basel, emeritiert seit 2003): „Warum werden unsere Kranken eigentlich wieder gesund?
 - Räsonieren über das Heilen“ Edition Das Narrenschiff im Psychiatrie Verlag 2002, „Schizophrenie. Die Krankheit verstehen“ Psychiatrie Verlag 8.aktualisierte Auflgae 2008 (2000),
„Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, behandeln, beältigen“ PSYCHIATRIE Verlag 1. Auflage 2011, „Stigma psychische Krankheit: Zum Umgang mit Vorurteilen, Schuld-
zuweisungen und Diskriminierungen“ Psychiatrie Verlag 1.Auflage 2013
Klaus Lieb [b.1965, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, "Hochschullehrer des Jahres 2013"]: "Mein Essen bezahle ich selbst!"
Spektrum der Wissenschaft 06/2013 "Viel weit reichender sind aber die unterschwelligen Interessenkonflikte. Denn diese wirken innerhalb legaler Grenzen und dabei so subtil,
dass die meisten Ärzte es gar nicht merken. Denn sie haben einen "blinden Fleck" dafür, dass sie beeinflusst werden. Mit anderen Worten: Das Geniale und zugleich
Wirkungsvolle an dieser Art von Manipulation ist, dass sie stattfindet und die Betroffenen dennoch gleichzeitig das Gefühl der Unabhängigkeit und Objektivität haben."
www.spektrum.de/news/mein-essen-bezahle-ich-selbst/1194085
Verein MEZIS - "Mein Essen zahl ich selbst":
www.mezis.de
www.mezis.de/mezis-oesterreich

Offenlegung von Zahlungen durch die Pharmaindustrie - Disclosures:
www.ti-austria.at
Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA):
Europäischer Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen
sowie einzelner Pharmaunternehmen.
http://transparency.efpia.eu
http://transparency.efpia.eu/the-efpia-code-2
www.terrapinn.com/conference/evidence-us
"Echte Durchschlagskraft hat MEZIS ("Mein Essen zahle ich selbst") aber bis heute noch nicht erreicht. Es fehlt MEZIS an den angesehenen Meinungsbildnern [Mietmäulern],
die ja alle auf der paylist der diversen Pharmakonzerne stehen und sicher nicht ihr Essen selbst zahlen, sondern sich, sehr überspitzt formuliert, auf Kosten der Industrie
einen großen Bauch anfressen können. Außerdem ist es noch nicht en vogue [trendy, zeitgemäß], sich sein Essen tatsächlich selbst zu bezahlen. Im Gegenteil, viele
sehen es sogar als Auszeichnung,von Pharmafirmen eingeladen zu werden und beispielsweise im luxuriösen Ambiente über den Dächern Wiens mit direktem
Blick auf den Stephansdom vornehm speisen zu dürfen, während ein eingeladener Meinungsbildner kurz ein Referat hält. Dies scheinbar nur noch, um irgend-
wie den Fortbildungscharakter des gemeinsamen Abendessens wahren zu können. Auch Transparency International weist regelmäßig auf die Interessens-
konflikte und das Korruptionspotential im Gesundheitswesen hin. Doch leider sind die Möglichkeiten dieses Vereins sehr beschränkt. Nur mühsam und
langsam kann Bewusstsein für die Problematik geschaffen werden. Das System der Abhängigkeiten zwischen Pharmakonzernen und Ärzten ist in
vielen Jahren langsam gewachsen und wird selbst durch neue Gesetze nur noch schwer aufzubrechen sein. Die bestehenden Gesetze haben sich
im Laufe der Zeit mit diesem System entwickelt beziehungsweise haben sie letzten Endes dieses System mitgeformt und überhaupt erst ermöglicht."

[Fahmy Aboulenein: Die Pharmafalle S.73f]

Fahmy Aboulenein (Priv. Doz. Dr., Österreichischer Arzt, Neurologe, MS-Spezialist): "Die Pharma-Falle: Wie uns die Pillen-Konzerne manipulieren"
Die Pharmareferenten. Nett aber überflüssig S.73f edition a 2016
Jörg Blech (b.1966, dtsch. Wissenschaftsjournalist): 1.) „Die Krankheitserfinder – Wie wir zu Patienten gemacht werden.“ FISCHER 2003
2.) „Die Psychofalle: Wie die Seelenindustrie uns zu Patienten macht“ Kapitel 4: Seelsorge für die Industrie S.63-65, Karriere mit Pharma-
kontakten S.68f, 70f, Kapitel 6: Das letzte normale Kind. Erziehung mit Psychopharmaka S.103, Kapitel 10: Die gute seite der Depression.
Pillen lösen keine Probleme S.178ff FISCHER 2014

Möglicher Evolutions-psycho-biologischer Sinn der Depression - Die gute Seite der Depression - "Analytical Rumination Hypothesis" n. Andrews und Thomson (2009) -
"Das Grübeln -, Sinnieren -, Ruminieren depressiver Menschen verbunden mit komplexer  analytischer Denkarbeit - Problemerkennung, -lösung":

1. Paul W. Andrews, J. Anderson Thomson Jr. (Canada): "The bright side of being blue: depression as an adaptation for analyzing complex problems" Psychol Rev. 116(3): pp 620–654 Jul. 2009
2. Bettina von Helversen et al. (Berlin): "Performance benefits of depression: Sequential decision making in a healthy sample and a clinically depressed sample" Journal of Abnormal Psychology, 120, pp 962–968 Nov. 2011
3. Joseph Paul Forgas (Australien): "Don’t Worry, Be Sad! On the Cognitive, Motivational, and Interpersonal Benefits of Negative Mood" Psychological Science Vol.22 No 3, pp 225-232 June 2013


Bert Ehgartner (b.1962, Wissenschaftsjournalist, Wien): „Lob der Krankheit – Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein“ LÜBBE 2008, „Gesund, bis der Arzt kommt. Ein Handbuch zur Selbstverteidigung“
LÜBBE 2010, „Wenn Ärzte krank machen – Gesund, bis der Arzt kommt“ Profil Nr.15 41.Jg., 12. April 2010, Seite 98, „Die Hygienefalle - Schluss mit dem Krieg gegen Viren und Bakterien“ Ennsthaler 2015
Bert Ehgartner (b.1962, Journalist, Wien), Kurt Langbein (b.1953, Journalist, Wien): "Das Medizin Kartell - Die sieben Todsünden der Gesundheitsindustrie" PIPER 2.Auflage 2002
Hans Weiss (b.1950, Dr.phil.Psychologie, Medizinsoziologie, österr. Journalist): „Korrupte Medizin – Ärzte als Komplizen der Konzerne“ KIEPENHEUER u. WITSCH 2.Auflage 2008
Gunter Frank (b.1963, deutscher Arzt, Autor): „Schlechte Medizin: Ein Wutbuch“ KNAUS 5.Auflage 2012, „Gesundheitscheck für Führungskräfte: Ihr persönlicher Weg zu mehr Leistungsfähigkeit jenseits aller Moden“
Campus 2001, „Gebrauchsanweisung für ihren Arzt – Was Patienten wissen müssen“ 2. Auflage KNAUS 2014, „Lizenz zum Essen: Warum Ihr Gewicht mehr mit Stress zu tun hat als mit dem, was Sie essen“
PIPER 2.Auflage 2008, www.gunterfrank.de

Siehe auch ZITATE: Karl Kraus: Die Diagnose >>>
Ivan Illich: Das medizinische Establishment >>>
Meine "unvollständige" Literaturliste >>>