Das
medizinische Establishment
ist
zu einer Hauptgefahr
für
die Gesundheit
geworden
Aus: „Die Nemesis der Medizin -
Die Kritik der Medikalisierung des Lebens" (1981)
Ivan Illich
(4. September 1926 in Wien - 2. Dezember 2002 in Bremen)
Österreichisch-amerikanische Sozialphilosoph, Autor,
Theologe und katholischer Priester
|
"Die etablierte Medizin
hat sich zu einer ernsten Gefahr
für die Gesundheit entwickelt.
Die
lähmenden Folgen einer von professionellen Standesorganisationen
ausgeübten Kontrolle über das Gesundheitswesen erreichen
mittlerweile die Ausmaße einer Epidemie. Der Name dieser
neuen Epidemie ist Iatrogenesis; hergeleitet von iatros,
dem griechischen Wort für Arzt, und genesis, Ursprung.
Die Diskussion über den krankmachenden medizinischen Fortschritt
steht heute weit oben auf der Tagesordnung ärztlicher Fachtagungen;
die Forschung befasst sich mit den Krankheit erzeugenden Faktoren
von Diagnose und Therapie; und Berichte über paradoxe, durch die
Heilung
von Krankheit verursachte Schäden beanspruchen immer mehr Raum
in der medizinischen Fachpresse. Den Gesundheitsberufen steht ein
beispielloser Kehraus bevor ... das ärztliche Monopol über das
Gesundheits-
wesen ...
hat unser Recht an unserem eigenen Körper beschnitten ...
Ein professionelles, auf die Person des Arztes abgestelltes
Gesundheitssystem,
das sich über gewisse kritische Grenzen hinaus entwickelt hat,
macht aus drei Gründen die Menschen krank:
►es produziert zwangsläufig klinische Schäden,
die schwerwiegender sind als sein potentieller Nutzen;
►es
kann die politischen Verhältnisse, die die Gesellschaft krank machen,
nur begünstigen - auch wenn es sie zu verschleiern sucht; und
►es nimmt dem einzelnen die Fähigkeit, selbst zu gesunden
und seine Umwelt zu gestalten.
Die heutigen Medizinsysteme haben die Grenzen dessen,
was erträglich ist, bereits überschritten."
Ivan
Illich
(1926-2002)
Österreichisch-amerikanischer Autor, Philosoph, Theologe, katholischer
Priester
Aus: „Die Nemesis der Medizin - Die Kritik der
Medikalisierung des Lebens“
S.9 EINLEITUNG. 4.überarbeitete u. ergänzte Auflage Becksche Reihe
1995
Als 1.Auflage 1975 im ROWOHLT Verlag, unter dem Titel
"Die Enteignung der Gesundheit - Medical Nemesis", erschienen.
John P. A. Ioannidis: 1."Why most published research findings are false" PLoS Med. 2005 Aug;2(8):e124.
http://buster.zibmt.uni-ulm.de/dpv/dateien/DPV-Wiss-False-Research-Findings.pdf,
2. "Contradicted and
initially stronger effects in highly cited clinical research" JAMA 2005 Jul 13;294(2):218-28
Brian C. Martinson, Melissa S. Anderson, Raymond de Vries: "Scientists behaving badly" Nature 2005
Jun 9;435(7043):737-8, https://pages.stolaf.edu/ross/files/2014/05/ScientistsBehavingBadly.pdf
Ewen Callaway: "Fraud investigation rocks Danish university" [Neuroscientist Milena Penkowa
(b.1973]
Nature doi:10.1038/news.2011.703, www.nature.com/news/2011/110107/full/news.2011.703.html
"Immer wieder wird betont, dass die
moderne Medizin Krankheiten heilen könne,
die in früheren Zeiten
als unheilbar gegolten haben. Diesem an sich korrekten
Satz muss
aber die Behauptung gegenübergestellt werden, dass die moderne
Medizin gleichzeitig mehr Menschenleben auslöscht, als irgendeine Form
von
praktizierter Medizin das bisher getan hat - trotz der
zahlreichen Patienten, die
in früheren Jahrhunderten z.B. infolge
eines vom Arzt durchgeführten Aderlasses
verblutet sind.
Der Tod durch die angewandte moderne
Medizin hat sich mit zu-
nehmender Bedeutung der Medizin in
unseren Breitengraden vervielfacht -
Intensivstationen voll mit
septischen Patienten nach an und für sich harmlosen
Eingriffen
geben ein beredtes Zeugnis von diesem Sachverhalt.
Interessant ist in
diesem Zusammenhang auch die Beobachtung, dass Todesfälle,
die
im Rahmen einer staatlich sanktionierten, qualitätsgesicherten und
gesell-
schaftlich anerkannten Schulmedizin auftreten, in der
medialen Öffentlichkeit
als legale,
wenn auch bedauerliche Zwischenfälle
dargestellt werden -
Todesfälle, die als Folge von Heilverfahren
außerhalb dieser anerkannten
Medizin eintreten, werden als
Kriminalfälle eingestuft."
Aus: Dr.med. Günther Loewit:
"Sterben - Zwischen Würde und Geschäft"
Sterben und Tod III: Die
Medizin. Woran sterben wir? S. 179f
HAYMON 2014
Gesundheitsrisiko Arztbesuch - Todesursache Nr. 3
Die Folgen dieser wissenschaftlichen
Einflussnahme lassen sich aus einer Arbeit der
amerikanischen
Gesundheitswissenschaftlerin Barbara Starfield [1932-2011
(1)] von
der
John Hopkins University in Baltimore [Maryland] erahnen. Sie hat die
hierzu
existier-
enden Untersuchungen analysiert und zieht daraus den Schluss,
dass in den USA
[316,1 Millionen/2013]
jährlich mindestens
225.000 - 284.000 Menschen
[AUT:
~ 6.100 - 7.700 Menschen/Jahr (3)] unnötigerweise, also vermeidbar, aufgrund
einer medizinischen Behandlung
sterben. Das ist die dritthäufigste Todesursache
nach
Herzkrankheiten und Krebs und kommt noch vor Schlaganfällen oder
Unfällen.
Diese sogenannten
iatrogenen,
das heißt wörtlich "vom Arzt"
verursachten, Todesfälle
sind die
Folge von unnötigen Operationen, ärtzlichen Kunstfehlern und von
Infektionen,
die man sich in Krankenhäusern (2) zuzieht. In fast
der Hälfte aller Fälle gehen sie
jedoch auf die Nebenwirkungen von
ordnungsgemäß (!) verschriebenen Medikamenten
zurück. Also nicht von
falsch verschriebenen Medikamenten, sondern von solchen, die
aufgrund der Empfehlungen medizinischer Behandlungsleitlinien
verordnet wurden.
Diese Zahlen beziehen sich vor allem auf
stationäre Krankenhausbehandlungen.
Schaden nehmen kann man auch,
wenn man eine Arztpraxis aufsucht (ambulante
Behandlung). Barbara Starfield geht
davon aus, dass dies jährlich zwischen 4% und
18% [~ 12 bis 54
Mill.] aller Amerikaner
[316,1 Millionen/2013] widerfährt.
Daraus resultieren 116 Millionen
zusätzlich erforderliche Arztbesuche, 77 Millionen
Extraverschreibungen, 17 Millionen Notfallbehandlungen, 8 Millionen
Krankenhausein-
weisungen und 199.000
zusätzliche
Todesfälle [AUT ~ 5.400 Menschen/Jahr (3)], die
ohne die Behandlung nicht eingetreten wären.
Damit sind die iatrogenen Erkrankungen
in den USA zu einem der
Hauptprobleme der modernen Medizin aufgerückt, doch im
Gegensatz zu
Krebs und schweren Herzerkrankungen wären die meisten dieser Fälle
vermeidbar ...
Man kann von einer ähnlichen Zahl in der Europäischen Union [~ 507
Mill.
Einwohner] ausgehen, mindestens. Das bedeutet mehr als 6
MillionenTote in den USA
und der EU seit dem Erscheinen [Juli 2000]
dieses Artikels (1). Wenn man die Jahre
davor mitberücksichtigt,
ist die moderne Medizin für den Tod von fast so vielen
Menschen
verantwortlich wie der Zweite Weltkrieg [~ 50 bis 80 Millionen
Kriegstote].
Und was passierte nach dieser schockierenden
Erkenntnis? ... Nichts."
Aus:
Gunter Frank: "Gebrauchsanweisung für Ihren Arzt - Was Patienten
wissen müssen. II. Faktencheck:
Wie Sie den allgemeinen Nutzen einer
medizinischen Empfehlung überprüfen können. Checkliste Teil 1:
Fragen zum Nutzen einer medizinischen Empfehlung. Punkt 4: Hat die
empfohlene Maßnahme
Nachteile? (Nebenwirkungen) und was bedeuten
sie für mich? Gesundheitsrisiko Arztbesuch.
S.50 ff. VI. Aufbruch:
Das Jahrhundert der Patienten. S.201. KNAUS2.
Auflage 2014
(1) Barbara Starfield: "Is US Health Really the Best
in the World?" JAMA 2000, 284(4):483-4855
B. Starfield Interview mit Jon Rappoport, am 9.12.2009: https://jonrappoport.wordpress.com/2009/
12/09/an-exclusive-interview-with-dr-barbara-starfield-medically-caused-death-in-america/
(2) Nosokomiale Infektion/Hospitalismus
(3) Spekulativ "mögliche" ambulante Todesfälle in Österreich pro
Jahr, die ohne Behandlung nicht
eingetreten wären: ~ 5400
Menschen/Jahr. Einwohner von Österreich: 8.572.895 - Statistik
Austria X/2014
(berechnet: 316,1 Mill USA : 8,6 Mill
(AUT) ~ 37; 225.000 u. 284.000 : 37 ~ 6100 u. ~ 7700
199.000 :
37=~ 5400)
"Infektionen und parasitäre
Krankheiten, die großen Seuchen, die einst
viele Todesopfer forderten,
sind heute in den meisten Ländern unter
Kontrolle ... Allerdings leiden wir nun an zwei Seuchen,
die wir selbst
gemacht haben: Tabak und verschreibungspflichtige
Medikamente.
In den Vereinigten
Staaten und Europa sind Medikamente
die dritthäufigste Todesursache
nach Herzinfarkt und Krebs ...
Es
fällt mir schwer zu verstehen, warum niemand etwas unternimmt,
wenn
Menschen durch Medikamente sterben.
Die Tabak und Pharma-
industrie haben vieles gemeinsam. Die
moralisch abstoßende Missachtung
von Menschenleben ist die Norm ...
Die Manager der Tabakindustrie wissen,
dass sie den Tod feilbieten,
und die Manager der Pharmaunternehmen
wissen das auch ... In diesem
Buch [1] werde ich nachweisen, dass
Pharmaunternehmen die tödlichen
Nebenwirkungen ihrer Medikamente
bewusst und arglistig
verschweigen, sowohl in der Forschung als auch
beim Marketing, und dass sie standhaft Tatsachen leugnen,
mit denen sie konfrontiert werden ..."
Aus:
[1]
Peter C. Gotzsche (b.1949, dänischer Wissenschaftler, FA f. Innere
Medizin): „Tödliche Medizin
und organisierte Kriminalität: Wie die
Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert“
Übersetzung: Martin Rometsch (Deadly Medicines and Organised Crime:
How Big Pharma
has Corrupted Healthcare. Radcliffe 2013) Einführung
Seite 23f. 1 Auflage RIVA 2015
"In einer
wissenschaftlichen Arbeit aus Deutschland, 2008 publiziert in der
Deutschen
Medizinischen Wochenschrift [DMW 2008 133(21) 1111 -
1115], werden die Daten
des Statistischen Jahrbuches von 2006
untersucht. Die Autoren kommen in der Studie
zum Ergebnis, dass
sich jährlich zwischen 400.000 und 600.000 Patienten in deutschen
Krankenanstalten mit nosokomialen Keimen
(sog. "Krankenhauskeimen") infizieren.
10.000 bis 15.000 der
Erkrankten sterben an einer folgenden unbeherrschbaren Infektion.
Ein hoher Prozentsatz von ihnen stirbt den Tod auf der
Intensivstation. Niemand lässt
sich freiwillig zum Sterben in ein
Krankenhaus einweisen. Im Gegenteil, wer immer ein
Krankenhaus
aufsucht, erwartet sich eine Besserung oder Heilung seiner
Beschwerden.
Dass der Aufenthalt im Krankenhausden gegenteiligen
Effekt haben kann, bedenkt dabei
kaum jemand. Die
Wahrscheinlichkeit tödlicher nosokomialer
Erkrankungen ist besonders
auf Intensivstationen
überproportional hoch. Entlang der gesetzten Katheter und Schläuche
dringen die gegen Antibiotika resistent gewordenen Bakterien in den
Körper ein und
verursachen behandlungsresistente Infektionen. Bei
alten und multimorbiden Patienten
fallen solche Keime naturgemäß
auf besonders fruchtbaren Boden. Nicht umsonst
steckt im Wort
"Krankenhäuser"auch die Bezeichnung "kranke Häuser. Dieser Aspekt
des Hospitals war schon einmal, nämlich im Mittelalter, eine
lebensbedrohliche Realität ...
Sie sogenannten
multiresistenten Krankenhauskeime
sind jedoch nur eine Form, wie
die Medizin, anstatt zu heilen,
Menschen den Tod bringen kann. Ein anderes Beispiel
sind der
Einsatz und die
Dosierung von pharmakologisch wirksamen
Substanzen.
Dabei geht es im Wesentlichen um das Enzym
Cytochrom P 450 (CYP), das vor allem
in der Leber vorkommt. CYPs sind Eiweiße, die unter anderem bei der
Verstoffwechslung
von Medikamenten eine tragende Rolle spielen ...
Für den Menschen sind derzeit ca. 60
unterschiedliche CYPs bekannt.
Jedes einzelne von ihnen steht bei der Umwandlung
des einen oder
anderen Medikamentes mehr oder weniger im Vordergrund. Was aber
nicht bekannt ist, ist die von Mensch zu Mensch unterschiedlich
vorhandene Menge
dieser Eiweiße. Das bedeutet, dass Ärzte nicht von
vornherein wissen, wie viel
von einem gewissen Medikament notwendig
ist, um einen gewünschten thera-
peutischen Effekt hervorzurufen.
Konkret heißt das: Behandelnde Ärzte wissen
nicht,
ob
sie ein Medikament unter- oder überdosieren, oder ob sie gerade die
therapeutisch
wirksame Mitte getroffen haben ...
Da derzeit im medizinischen Alltag die Konzentration
von CYPs noch
nicht gemessen wird, werden Patienten bis zu einem gewissen Grad
blind behandelt. Bis zu einem gewissen Grad deshalb, weil es natürlich
Erfahrungswerte
gibt. Wenn man aber noch die unzähligen
Wechsel- und
Nebenwirkungen von Medikamenten
und die herabgesetzte Stoffwechsel-
und Nierenaktivität alter und
schwerkranker Menschen
in die
Überlegungen miteinbezieht, kommt jede kontrollierbare und sinnvolle
Medikation -
vor allem bei alten oder sterbenden Patienten - zum
Erliegen. Denn gerade in diesem
letzten Lebensabschnitt ändern sich
die körperlichen Grundvoraussetzungen für den
Abbau und Umbau von
pharmakologisch wirksamen Subastanzen täglich und stündlich.
Das bedeutet, dass selbst klinische
Pharmakologen und kritische Ärzte nicht wissen,
ob nicht der eine oder andere Patient an
einer Überdosierung von Medikamenten stirbt ..."
Aus: Dr.med. Günther Loewit:
"Sterben - Zwischen Würde und Geschäft"
Sterben und Tod III: Die
Medizin. Tödliche Medizin S.233ff
HAYMON 2014
"Wir leben in
einer Welt der großen Siegeszüge der modernen Medizin.
Die
technisch hoch gerüstete, aber sprachlose Medizin hat das Gefühl
für eine grundlegende gemeinsame Wirklichkeit von Arzt und Patient,
von Krankheit und Heilung innerhalb der auf weite Strecken von
Technik und Ökonomie dominierten Abläufe verloren.
Eine verheerende
Folge besteht darin, dass die Patienten zu Objekten
degradiert
wurden. Die Medizin steht in Gefahr, ihre angestammte Bedeutung
dort zu verlieren, wo sie zur Industriealisierung von
Gesundheitsprodukten
verkommt. Hier verliert sie Ihre Seele und
gleichermaßen auch die Seelen
ihrer Patienten. Unter der
zunehmenden ökonomischen und kommerziellen
Dominanz wird die Ethik
in ein Nischendasein verbannt. Durch die Bindungs-
verluste an ihre
ursprünglichen ethischen Grundsätze und Prinzipien begeht
und
erleidet die technisch hochgerüstete Medizin einen epochalen
Sündenfall
[Untergang durch schwerwiegende ethisch/moralische
Verstöße]. Es sind
vor allem sieben Todsünden [schwerwiegende
Vergehen, (1)], die ich in
diesem Buch programmatisch und
exemplarisch darstelle.
An die
Stelle einer Heilkunde, die auf dem Vertrauen der Patienten basiert
und die Hoffnung spendet, tritt mehr und mehr eine Medizin, welche
sich an
der eigenen Bereicherung und am Profitdenken orientiert.
Dieser Medizin
begegnen deshalb immer mehr Patienten mit wachsendem
Misstrauen,
was die ansteigende
Anzahl von Behandlungsfehlervorwürfen belegt ...
Ich möchte aber nicht einstimmen in den
vielfältigen Chor von einseitigen
und oft marktschreierischen
Skandalisierungen dieser Medizin ... Zwar
müssen das ethische
Versagen der Medizin und die aktuellen Skandale
unserer Tage
angesprochen und angeprangert, zugleich aber muss auch
die Größe
und Wirksamkeit dieser Medizin respektiert werden ...
Der Mensch und seine Krankheit
werden zum Rohstoff
eines
gewinnorientierten
Marktgeschehens
degradiert ...
In dem Maße, wie die Medizin
ihrer
Individualität verlustig geht,
verliert sie ihre Seele ...
An die Stelle einer einfühlsamen Ermittlung
des
Zustandes eines Patienten treten Datensammlungen,
die aber
nur fragmentarisch die Einzelsymptome,
nicht jedoch das
Krankheitsbild als Ganzes
abzubilden vermögen ...
Fährt die Medizin auf diesem Wege fort,
so wird sie all ihre Glaubwürdigkeit
verlieren."
Michael Imhoff
(b.1951
dtsch. Chirurg, Gutachter)
"Eidesbruch - Ärzte, Geschäftemacher und
die verlorene Würde des Patienten"
Vorwort S. 11f, Siehe im Teil 2: Die sieben Todsünden der modernen
Medizin
1. Die Kommerzialisierung von Krankheit und Leiden 2.
Geldgier 3. Habsucht
4. Korruption 5. Ethische Dammbrüche 6.
Mitleidlosigkeit
7. Hochmut und Machbarkeitswahn
CAMPUS 2014
"... Der Markt in einem Gesundheitssystem
unterscheidet sich in wesentlichen Punkten
vom Automarkt. Hier [im
Gesundheitssystem] ist das teurere Produkt häufig nicht
das
bessere, und es gibt keine unabhängigen, einfach zu verstehende
Vergleichsttests.
Stattdessen prüft jeder Hersteller sein eigenes
Produkt selbst. Dadurch entsteht
an der falschen Stelle Wettbewerb,
nämlich ein Wettbewerb, wer die Testergebnisse
am besten
manipulieren kann. Außerdem werden die preiswerten Behandlungs-
möglichkeiten oft gar nicht getestet. Jeder Hersteller versucht,
möglichst teure
Therapievarianten an den Patienten (Kunden) zu
bringen. Und damit der Patient
nicht merkt, dass eine bestimmte
Therapie gar nicht die beste ist, wird die Ver-
breitung
entsprechender Informationen nach Möglichkeit verhindert.
Das ist der Grund, warum Pharmaunternehmen
für die Behinderung guter und
die Streuung falscher Informationen
zwei- bis dreimal so viel Geld ausgeben
wie für die Erforschung
ihrer Produkte.
Denn ohne
zutreffende, qualitativ hochwertige Information ist der Patient in der
schwächeren
Position. Wenn es um das eigene Leid und Leben oder um
das der Familie geht, möchte jeder
unbedingt das Beste. Und wenn
alle behaupten, nur mit der umfänglichsten und teuersten Be-
handlung sei eine Heilung möglich, dann hat der "Kunde" keine Wahl. Er
wird alles daran setzen,
genau diese Behandlung zu bekommen, und
treibt damit die Umsätze der Hersteller in die Höhe,
obwohl er gar
nicht das beste Produkt bekommt.
Die vordringlichste
Aufgabe des Staates wäre es, Chancengleichheit herzustellen. Dazu
müsste
er Rahmenbedingungen schaffen, die eine unabhängige
Forschung und faire Vergleichstests
fördern. Deren Ergebnisse
müssten öffentlich zugänglich und außerdem so gestaltet sein,
dass
der Patient sie verstehen kann. Ein Beispiel, wie so etwas
funktionieren könnte, habe ich
mit dem Pharmafonds [einen großen
Geldtopf, in den Pharmaindustrie und Staat ihre
gesamten
Forschungsgelder einbringen ... dann ... von einem neutralen Verteiler
... die not-
wendigen Gelder für Studien zugeteilt werden] und der
10-Punkte-Checkliste vorgestellt.
Statistik Glossar
& Allerlei
>>>
Doch Politiker haben etwas ganz
anderes im Sinn, wenn sie den Umbau des alten
Gesundheitssystems in
einen moderen Gesundheitsmarkt fordern."
"Ein System wird
umgebaut:
Für die Herstellung der Chancengleichheit war es eine
grundsätzlich kluge Idee,
zwischen dem Medizinanbieter
(Pharmaindustrie) und dem Medizinkonsumenten
(Patient) einen unabhängigen Sachwalter zu installieren: den
selbständigen und in seiner
Entscheidung
freien Arzt. Diesem kommt die Aufgabe zu, die besten
Produkte, Medikamente
und technischen Verfahren zu erkennen, die
eben häufig nicht die teuersten sind,
und den Patienten
entsprechend zu beraten.
Damit Ärzte diese Aufgabe erfüllen können,
wurden sie mit einem Monopol ausgestattet:
Niemand
anderer als der selbstständige Arzt durfte in der ambulanten
Versorgung Medikament
und technische Maßnahmen per Rezept
verordnen. Dafür mussten Arztpraxen einwilligen,
nicht als
Gewerbe zu agieren, das heißt keine Filialen, nur in Ausnahmefällen
angestellte Kollegen, keine Werbung, kein Verkauf von
Zusatzprodukten.
Für die
Industrie war der selbstständige Arzt also der Flaschenhals,
den man
passieren musste, um seine Produkte an den Kunden zu bringen.
Gleiches gilt für die zunehmend privatisierten
Krankenhäuser, die steigende Umsätze
nur dann erreichen können, wenn
selbstständige Ärzte ihre Patienten in großer Zahl einweisen.
Es liegt in
der Natur der Sache, dass Ärzte zur
Zielscheibe umfänglicher Lockangebote wurden,
die sie verleiten
sollten, Behandlungsempfehlungen auszusprechen, die sich weniger an
den
Bedürfnissen des Patienten als vielmehr an den Wünschen der
Hersteller orientieren:
sprich Medikamente in besonders
großer Zahl von bestimmten Firmen zu verschreiben
und möglichst
viele Patienten in bestimmte Krankenhäuser einzuweisen.
Als Ergebnis haben
wir beispielsweise medizinisch unsinnig tiefe Normwerte für
Cholesterin,
Blutzucker, Blutdruck oder auch das Gewicht, damit
immer mehr Patienten mit Diagnosen
versehen werden, die dann
Therapien nach sich ziehen, die sie gar nicht brauchen.
Wir Ärzte [nicht
alle!] haben dieses Spiel mitgespielt, und die Menschen fangen an,
dies zu
durchschauen. Wenn wir nun einen Vertrauensverlust
beklagen, dann müssen wir endlich
selbst etwas dagegen tun. 15
Millionen Euro auszugeben für Plakataktionen a la "Ich bin
Hausarzt. Ich arbeite für Ihr Leben gern" oder "Ich bin Facharzt. Ich
werde Ihnen fehlen",
wie es die Kassenärztliche Bundesvereinigung
(KBV) derzeit tut, halte ich allerdings
nicht für zielführend.
Viel glaubwürdiger wäre es, endlich wirksam
gegen den [Pharma-] Industrieeinfluss
an den Universitäten und Praxen anzugehen. Doch es fragt sich, ob wir Ärzte
überhaupt noch eine Chance dazu
bekommen werden."
Der selbstständige Arzt ein Auslaufsmodell:
Im Jahr 2004 wurden die Karten neu gemischt. Ärzte zu manipulieren
genügte den Herstellern
nicht mehr, sie wollten direkten Zugriff auf
deren Verschreibungs- und Einweisungsverhalten
bekommen. Mit dem
neuen GKV-Modernisierungsgesetz ("Gesetz zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung") wurde
das
Monopol ärtzlicher Praxen aufgebrochen.
Seitdem ist es erlaubt, Filialen zu eröffnen,
ärztliche Mitarbeiter anzustellen, zu werben
und die Praxis einer GmbH
zu verkaufen. Das Ganze nennt sich dann
"Medizinisches Versorgungszentrum", kurz MVZ.
Besonders
interessant ist dieses Konstrukt für Klinikketten und deren
Investoren, denn fortan
agiert in der Praxis
kein selbstständiger
Arzt mehr, sondern ein weisungsgebundener Angestellter,
der
hinsichtlich seiner Therapieempfehlungen viel leichter unter Druck
gesetzt werden kann.
Der
selbstständige, freie Arzt, der
sich nicht als Unternehmer versteht und sich lieber um seine
Patienten kümmert statt um Praxis-Marketing und [Individuelle
Gesundheitsleistungen ] IGeL
Angebote, hat mit seiner kleinen Praxis
viel schlechtere Karten im Kampf gegen Bürokratie-
monster und
Rabattverträge. er findet auch keinen Nachfolger, der sich auf diesen
verlorenen
Posten einlassen will. Jungärzte machen lieber noch
zusätzlich einen Masterabschluss in
Betriebswirtschaft (Master of
Business Administration: MBA) und wechseln auf die andere
Seite
(Krankheit als Geschäftsmodell), die ich Ihnen gleich vorstelle.
So wird der freie, selbstständige Arzt,
besonders auf dem
Land,
zum Auslaufmodell.
Schützen sollten ihn [den freien, selbstständigen Arzt] eigentlich
Ärzteverbände wie die Kassen-
ärztliche Bundesvereinigung (KBV),
doch außer mit Plakataktionen waren diese Arztfunktionäre
in den
letzten Jahren vor allem damit beschäftigt, ihre Gehälter in absurde
Höhen zu schrauben,
zur Rechtfertigung dieses Tuns teure
"Gutachten" in Auftrag zu geben und Familienmitglieder
zu
protegieren. Ein leichter Gegner für die Architekten des neuen
Gesundheitsmarkts,
in dem freie Ärzte zukünftig stören."
"Wenn mehr Diagnosen gestellt und neue
Patienten geschaffen werden,
profitiert der gesamte
medizinisch-industrielle Komplex [1]
davon,
nicht nur die Pharmaindustrie, sondern auch die Hersteller
von diagnostischen und medizinischen Geräten, unab-
hängige
Diagnosezentren, chirurgische Zentren,
Krankenhäuser und sogar
Universitätskliniken ...
Die Aussicht auf hohe Profite und die
Bemühungen
der wahren Gläubigen [der Früherkennung] beflügelte
die Entstehung eines komplexen Netzwerks, das
für mehr Diagnosen
wirbt ..." [1]
Aus: Dr. H. Gilbert Welch (M.D., M.P.H.), Dr.
Lisa Schwartz, Dr. Steve Woloshin: “Die Diagnosefalle:
Wie Gesunde zu Kranken
erklärt werden” Kapitel 11: Durchschauen Sie das System. Geld S.247
Ein
komplexes Netzwerk S.250. Übersetzung: Martin Rometsch,
1. Auflage RIVA 2013
„Overdiagnosed: Making People Sick in the Pursuit of
Health“ Chapter 11: Get the System.
Money p 156; The
resulting complex web p157. Beacon Press 2012 (2011)
[1] Prof. Dr. Arnold Seymour Relman 1980 (siehe unten)
"Krankheit
als Geschäftsmodell:
Die nächste Stufe des Systemumbaus wurde
2009 gezündet.
Durch die Einführung des Gesundheitsfonds [BRD]
wurde das Gesundheitssystem auf den Kopf
gestellt. Nun kommen die
Krankenkassen ins Spiel. Früher erhielten die Krankenkassen die
Mitgliederbeiträge direkt, um damit die medizinischen Behandlungen zu
bezahlen. Doch nun wird
der Geldfluss vom Versicherten zur Kasse in
den Gesundheitsfond umgeleitet. Das bedeutet,
die Beiträge der
Versicherten und der Arbeitgeber fließen zusammen mit einem Zuschuss
des
Bundes in einen zentralen Geldspeicher, aus dem die
Krankenkassen ihre Mittel zugeteilt be-
kommen. Wie viel jede Kasse
für sich abzweigen darf, darüber entscheidet ein Verteilungs-
schlüssel mit dem schönen Namen "Morbiditäts-Risikostrukturausgleich",
kurz Morbi-RSA.
Kassen mit einer höheren Zahl kranker Versicherten
bekommen nun mehr Geld.
Klingt erst mal "solidarisch", hat aber
seine Tücken. Die Kranken werden zu diesem Zweck
in
"hierarchisierte Morbiditätsgruppen" eingeteilt. Das bedeutet: Je
kränker die Patienten sind,
desto mehr Geld erhalten die
Krankenkassen. Und wie ermittelt man die Schwere einer
Erkrankung? Je mehr Medikamente verschrieben werden, desto
kränker sind im Umkehr-
schluss die Versicherten - und dafür
gibts's noch mal einen Nachschlag. War die Kasse vorher
daran
interessiert, überflüssige Therapien zu verhindern, tritt nun das
genaue Gegenteil ein.
Wie stellen sich die Kassen zu diesem
Effekt des Gesundheitsfonds? In einer Informations-
broschüre
des Bundesversicherungsamts mit dem Titel "So funktioniert der neue
Risiko-
strukturausgleich im Gesundheitsfonds" liest man dazu die
Frage: "Besteht für die Kranken-
kassen nicht ein Anreiz,
Versicherte "kränker" zu machen, als sie in Wirklichkeit sind?" und
die Antwort: "Nein, die Diagnosestellung wird von den Ärzten
vorgenommen und nicht von
den Krankenkassen." Das ist richtig, aber
dennoch pharisäerhaft, denn gesetzliche Kassen
tun inzwischen sehr
viel, um Ärzte mit finanziellen Anreizen dazu zu verleiten, ihren
Patienten
per Diagnose Krankheiten anzuhängen, die sie gar nicht
haben. Im Krankenhausbereich
funktioniert dies über die sogenannten
Diagnosis Related Groups, kurz DRGs.
Für jede Diagnose,
die ein Arzt im Krankenhaus stellt, gibt es von den Kassen einen Fest-
betrag. Infolgesdessen werden Ärzte angehalten, teils durch Boni,
teils durch Drohungen
seitens der Klinikleitungen, ihren Patienten
möglichst viele Diagnosen zu stellen, damit
mehr Geld fließen kann.
Normale Blinddarmentzündungen gibt es seitdem nicht mehr,
mindestens eine Harnwegsentzündung oder eine Wundheilungsstörung kommt
noch
dazu. Und wenn im Krankenhaus zudem Diabetes oder hoher
Blutdruck festgestellt
wird, umso besser. Alle diese neu entdeckten
"Krankehiten"müssen dann vom
Hausarzt selbstverständlich
weiterbehandelt werden"
Die Finanzierungsstruktur des
österreichischen Gesundheitssystems pdf
>>>
"Krankenkassen
stellen sich immer noch als Anwälte der Patienteninteressen
dar,
doch sie werden ihre Versicherten vor diesem
Verkrankungswahn [der Patient als
reines
Geschäftsmodell] nicht beschützen. Im Gegenteil. Sie sind die
Letzten,
die Übertherapien bekämpfen, um damit auf eine
Kostendämpfung hinzuwirken.
Das würde ja den eigenen Umsatz
verkleinern, und dann ließen sich die absurd
hohen Gehälter
der
Vorstände nicht mehr rechtfertigen, die schon heute in Glas-
palästen residieren, die denen eines [Deutschen
Aktienindex]DAX-Unternehmens
in nichts nachstehen. Wer dies alles
noch mit dem Begriff "Wachstum" rechtfertigt,
verkennt, dass es
sich nicht um Wachstum, sondern um eine Blase handelt wie
vor
Kurzem die Finanzblase, die den Geldwert hinter den aufgeblähten
Finanz-
produkten nur vortäuschte.
"Das heutige medizinische Wachstum bedeutet
keinen Mehrwert für die Gesellschaft,
sondern stiehlt dem Gemeinwesen Geld, mit
dem echte Verbesserungen finanziert
werden könnten: eine unabhängige Forschung,
eine gute Versorgung auf dem Land,
bessere Pflegebedingungen und vieles andere
Sinnvolle mehr."
"Der medizinisch-industrielle Komplex
(1980)
die Umwandlung der Medizin
in einen Wirtschaftsbetrieb,
ist eine Katastrophe"
Prof. Dr. Arnold (Bud) Seymour Relman
(1923-2014)
Prof. für
Innere- und Sozialmedizin an der Harvard Medical School in Boston/Massachusetts
Von 1977 bis 1991 Redakteur von "The New England Journal of Medicine" (NEJM)
A.S. Relman: "A Second Opinion: Rescuing America's Health Care"
Century Foundation Books New York PublicAffairs
2007
Wenn sich
der Staat einer Fürsorgepflicht entledigt:
Ähnliches gilt leider inzwischen für die meisten
Gesundheitspolitiker, egal welcher
Parteizugehörigkeit. Sie
treten öffentlich gern als Kämpfer gegen eine Zweiklassenmedizin
oder für eine bessere Pflege auf. In
Wirklichkeit sind sie jedoch Vorbereiter dieses System-
wechsels. Sie
arbeiten an einem Gesundheitsmarkt, der nicht der besseren Behandlung
von
Patienten dient, sondern vor allem eine Medizinblase fördert,
in der ["vom Arzt verursachte"
iatrogene Krankheiten und damit die
Zahl der vermeidbaren Todesopfer das einzige reale
Wachstum
darstellen.
Ich habe mich lange gefragt,
wie eine dem Gemeinwohl verpflichtete Politik diese Entwicklung
dulden bzw. sogar aktiv einleiten kann.
Der Berliner Medizinhistoriker Paul Unschuld [b.1943]
beschreibt
diesen Systemwechsel überaus treffend in seinem Buch "Ware Gesundheit
- Das
Ende der klassischen Medizin"[1]. Er findet auf diese Frage
eine bemerkenswerte Antwort:
Als sich vor 200 Jahren die Nationalstaaten bildeten und die
Soldatenheere nicht mehr aus Söldnern bestanden,
sondern aus
eigenen Bürgern, war es notwendig, diese möglichst gesund zu erhalten.
Das Gleiche galt für die
Fabriken und die dafür notwendigen
Arbeitsheere. Infolgedessen lag es im Interesse des Staates,
ein
funktionierendes Gesundheitswesen aufzubauen.
Im 21. Jahrhundert
werden Kriege jedoch mit ferngesteuerten Waffensystemen geführt, und
in der Industrie
ersetzen vollautomatische Produktionsstraßen mehr
und mehr Arbeiter. Industrie und Militär brauchen heute
keine
Massen gesunder und damit funktionstüchtiger Menschen mehr. Ein
Gemeinwesen ist daher nicht mehr
darauf angewiesen, möglichst
vielen Bürgern freien Zugang zu einer gut funktionierenden
Gesundheitsversorgung
zu bieten. Dadurch wandelt sich auch die
Zielrichtung der Gesundheitspolitik. War sie in den letzten 200 Jahren
auf eine tatsächliche Verbesserung der Medizin ausgerichtet, gilt ihr
oberstes Interesse inzwischen nicht mehr
der Gesunderhaltung der
Bürger. Und so überlässt die Politik die Gsundheitsversorgung immer
mehr den Kräften,
die den Bürger als Teil einer Wertschöpfungskette
sehen, deren Ertrag sich per Diagnose steuern lässt, am besten
über
eine Gesundheits-Chipkarte. In den Augen dieser Interessengruppen ist
der ideale Staatsbürger der Zukunft
derjenige, der - dank
vorsorgender Gentests - von Geburt an über zahlreiche bekannte
Risikofaktoren verfügt, die
auf seinem Lebensweg für diverse
Gesundheitsunternehmer Geld abwerfen.
Stören kann dieses Treiben
nur noch, wer sich trotz "falschem" BMI [Body Mass Index],
Cholesterinwert oder
anderen Normabweichungen weigert, den Kranken
zu spielen, wer es ablehnt, sich gefährlichen Therapien
oder
fragwürdigen "Vorsorge"-Untersuchungen auszusetzen - und dafür sogar
bereit ist, höhere Beiträge zu
berappen. Die ersten Vorstöße in
diese Richtung gibt es bereits. Gesunde Menschen, die die Teilnahme an
Vorsorgeuntersuchungen oder an Disease Management Programmen
verweigern, sollen zukünftig, wenn sie
tatsächlich erkranken, einen
Teil der Behandlungskosten selbst bezahlen. Diese Pläne liegen alle in
den
Schubladen. Das klingt nach Big Brother, aber wir sind auf dem
Weg dorthin."
"Es wird, zumindest noch für eine Weile,
den aufopferungsvollen praktischen Arzt
geben,
der
sich zu einem geringen Entgeld der Tendenz
der rein ökonomischen [wirtschaftlichen] Bewertung
allen Tuns
widersetzt
und Empathie in
seine Tätigkeit einbringt."
[1] Paul Ulrich Unschuld (b.1943, dtsch.Sinologie, Medizinhistoriker):
Aus: „Ware Gesundheit. Das Ende der klassischen Medizin“
2.aktualisierte
Auflage C.H.BECK 2011 (2009)
9. Ausblick: Produkt Mensch.
S.115
"... Ärzte sollten selbstbewusste
und auf hochwertige Information pochende Patienten
als die vielleicht letzte Chance begreifen, den freien und
unabhängigen Arztberuf zu erhalten.
Freuen wir Ärzte uns über kritische Fragen,
auch wenn wir sie nicht beantworten können,
und leiten wir diesen
Druck an unsere Fachverbände weiter. Wenn sich selbstbewusste
und
informierte Patienten mit freien Ärzten verbünden, wird vieles möglich
werden.
Wohin
wird diese neue Partnerschaft in Zeiten des Systemwechsels in der
Gesundheitspolitik
führen? Vielleicht zu einem machtvollen,
unabhängigen Interessenverband von Patienten, der -
im Sinne von
Patientengewerkschaften - unabhängige Methoden- und Medikamententests
durchführen kann? Wer weiß, aber es wird etwas Gutes passieren, da bin
ich mir sicher.
Versäumen wir
Ärzte diese Chance allerdings, dann gibt es
keine Existenzberechtigung
mehr für den freien
und selbstständigen Arzt.
Dann liegt die Zukunft des Arztberufs
tatsächlich im Angestelltendasein zukünftiger Praxis-
und
Klinikketten, die Teil großer Gesundheitskonzerne sind, in denen
das Management
über die Vergabe von Diagnosen und Therapien
entscheidet.
Freie Ärzte brauchen den
selbstbewussten, informierten Patienten.
Es wird höchste Zeit, dass
sie das erkennen."
Aus: Dr.
med. Gunter Frank. "Gebrauchsanweisung für Ihren Arzt. Was Patienten
wissen müssen" VI. Aufbruch:
Das Jahrhundert der Patienten. Das
Verkrankungssystem. Im Gesundheitssystem herrscht keine
Chancengleichheit.
S. 215f. Ein System wird umgebaut. S. 216ff.
Der selbstständige Arzt ein Auslaufsmodell. S. 218f.
Krankheit als
Geschäftsmodell. S. 219f. KNAUS 2. Die Krankenkasse als
Gesundheitsunternehmer.
Seite 226. Wenn sich der Staat einer
Fürsorgepflicht entledigt. S. 227f. Welche Revolution braucht
die
Medizin im 21. Jahrhundert? S.232. KNAUS Auflage 2014
"Vorstellbar wäre, dass Idealisten unter den Ärztinnen und Ärzten sich
zusammenfinden
und Strukturen aufbauen, die die Patienten auch
weiterhin als PATIENTEN anstatt als
"Kunden" ansehen und die
Gewissheit vermitteln, nicht in erster Linie die Rendite-
lieferanten der Investoren in der Krankheitswirtschaft zu sein.
Es müsste eine ausreichend große Zahl
solcher Akteure bereit sein, auf die finanziellen
Vorteile zu
verzichten, die die renditeorientierte Anwendung der Schulmedizin
garantiert.
Damit einhergehend müsste eine Abkehr von einigen der
Zwänge erfolgen, die die gesetz-
lichen Krankenkassen auf die
Ärztinnen und Ärzte ausüben.
Und es bedürfte ebenso der Fähigkeiten und
des Willens, sich von den Produkten der
pharmazeutischen Industrie
tatsächlich nur diejenigen nutzbar zu machen, die eine
signifikante
Wirkung bei realen Erkrankungen zeigen.
All dies wird
unweigerlich im Sande verlaufen, wenn sich nicht auch Träger von
therapeutischen
Einrichtungen finden, die willens und imstande
sind, eben diese Einrichtungen durchaus als
Zuschussbetriebe zu
führen.
Es ist kaum vorstellbar, dass sich eine
kritische Masse aus medizinischen Akteuren,
Trägern von
medizinischen Einrichtungen und nicht zuletzt aufmerksamen Patienten
bilden könnte, die fähig ist, diese Utopie einer
Abkehr von den kommerziellen
Grundprinzipien der Krankheitswirtschaft
zu realisieren.
Aber vielleicht reicht es schon, wenn sich
ähnlich wie die Attac [1]-Gegner der Globalisierung
eine
San-Attac-Bewegung für ein an den
eigentlichen Bedürfnissen des kranken Menschen
ausgerichtetes
Gesundheitssystem konstituieren würde, um dem Renditedruck der
von
der Politik favorisierten Krankheitswirtschaft zu widerstehen
und so der Beschwörung,
Gesundheit
dürfe keine WARE sein, doch noch eine Grundlage
und Zielsetzung zu
geben."
Paul Ulrich Unschuld (b.1943, dtsch.Sinologie, Medizinhistoriker):
Aus: „Ware Gesundheit. Das Ende der klassischen Medizin“
10. Nachwort zur zweiten Auflage, 2.aktualisierte Auflage
C.H.BECK 2011 (2009)
[1] Attac = Association pour la Taxation des Transactions financières et pour l'Action Citoyenne =
Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der BürgerInnen;
Attac ist eine internationale Bewegung, die sich für eine demokratische und sozial gerechte
Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzt; gegründet, am 3. Juni 1998 in Frankreich.
www.attac.at/ueber-attac/was-ist-attac.html
www.attac.org
Cuius regio eius religio
Wessen Gebiet, dessen Religion
"Wes Brot ich ess,
des Lied ich sing!"
"Wenn heute
keine Kuverts mehr über die Tische [der Ärzte] wandern und stattdessen um tausende Euros Kosten für Kongresse
[Tagungen] übernommen und Kongressreisen organisiert werden, macht dies für mein Dafürhalten wenig Unterschied. Vielleicht mag es für manche einfach besser aussehen, ändert aber nichts daran, dass es wie eine Provision [wie ein erfolgsabhängiges Entgelt für erbrachte Dienstleistungen und Geschäftsbesorgungen;
Gewinnbeteiligung; Vermittlungsgebühr] wirkt ..."
[F.A. S.57]
Es scheint auf den ersten Blick eine Kleinigkeit, seinem Gegenüber das Du-Wort anzubieten, doch damit ändert sich jede zwischenmenschliche Beziehung wesentlich, auch jene zwischen Pharmareferenten und Ärzten. Eine Barriere fällt, die in einem professionellen beruflichen Verhältnis nie hätte fallen sollen. Nur allzu leicht können
die Verhältnisse dann auch ins Private spielen, verbringen Ärzte und
Pharmareferenten doch auch viel Zeit gemeinsam bei
Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen, wo sie auch in den
gleichen Hotels wohnen, gemeinsam Ausflüge machen oder nächtens
noch bei dem einen oder anderen Schlaftrunk an der Bar plaudern.
Selbst wenn viele Ärzte, viele meiner
Kollegen, betonen und darauf bestehen, dass sie unabhängig sind und
ihre Entscheidungen frei und unbeeinflusst von den Pharmakonzernen
fällen können, die ihnen Kongressreisen bezahlen, wage ich zu
behaupten, dass sie sich selbst etwas vormachen, sich belügen oder
sogar täuschen lassen wollen und dass ihre therapeutische
Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt ist, ob sie es glauben oder nicht
...
[F.A. S.60f]
Die persönlichen Zuwendungen, wenn auch raffinierter verpackt als früher, sind ein fester Bestandteil fast jeder Ärztekarriere geworden. Die meisten Ärzte können oder wollen nicht mehr darauf
verzichten. Ein bekannter Arzt formulierte es mir
gegenüber einmal so: "Ich habe mich an die zusätzlichen Einnahmen
gewöhnt. Sie tun ja auch niemandem weh. Die Pharmakonzerne haben ja
Geld wie Heu." Womit er sich selbst belog. Er sollte sich mal
fragen, woher die Pharmakonzerne Geld wie Heu haben. Außerdem ist es
eine Gewissensfrage, die jeder für sich selbst beantworten muss, ob
man eine sogenannte cash cow sein, sich gut und ausgiebig von
einem Pharmakonzern melken lassen und dafür ein bisschen Futter
bekommen möchte ...
Vereinzelte Bemühungen von Ärzten, das
Bewusstsein für die Problematik zu schärfen, reichen aber nicht aus.
Es fehlt an einer klaren Ablehnung solcher Praktiken und an den
entsprechenden Gesetzen ...
[F.A. S.72]
Die Zwischenfinanzierungen ... eine besonders raffinierte rechtliche
Konstruktion ... [dabei] stellen die Konzerne dem Dienstgeber des
Arztes, also üblicherweise dem Krankenhaus, [finanzielle] Mittel zu Verfügung
... erfüllen derzeit nicht den Tatbestand der Korruption
...
[F.A. S.78f]
Pharmareferenten stellen unter dem Verkaufsdruck, unter den sie ihre Arbeitgeber anscheinend setzen, früher oder später fast zwangsläufig ihre
[Umsatz-/Verkaufs-] Zahlen über die Patienteninteressen, und wenn sie anfangs noch moralische Grundsätze hatten, weichen diese mit der Zeit, und was am Ende bleibt, ist
Skrupellosigkeit [keine moralischen Bedenken, die einen daran hindern, etwas Unrechtes zu tun] ... Das heißt,
Pharmareferenten schwatzen Ärzten notfalls auch Medikamente auf, die
sie selbst nie einnehmen würden und mit denen sie
ihre eigenen Angehörigen nicht
behandelt wissen wollen ...
[F.A. S.78f, 82]
Ärztekongresse bieten ihrem Publikum über den Tag verteilt Vorträge und Diskussionsrunden an. Der
internationale wissenschaftliche Austausch sollte im Vordergrund stehen.
Doch wie bei den Pharmareferenten weicht auch bei den Ärztekongressen die Wirklichkeit von den eigentlichen
Vorgaben ab. Sie scheinen nur auf dem Papier zu bestehen. Die
Kongresse verkommen auch inhaltlich zu dem, als was die
Pharmareferenten sie den Ärzten anbieten: Zu besseren Gourmet- und
Genussreisen in Form pompöser Werbeveranstaltungen der Pharmakonzerne.
Sie sind zu weitgehend überflüssigen Bauchpinsel-Events der
Pharmakonzerne für die Ärzte geworden. Das läuft so: Die Ärzte dürfen
gratis hinfahren, werden hofiert und sollen das Rahmenprogramm
genießen. Dafür bekommen sie unter anderem auch begehrte
Fortbildungspunkte, die sie zuhause nachweisen müssen [CME =
Continuing Medical Education]. Mit gutem Grund dürfen die einladenden
Pharmakonzerne doch wohl bei der nächsten Medikamentenverschreibung
auf den guten ärztlichen Willen hoffen? Zumindest unbewusst. Die Ärzte dürfen sich wie VIPS
[Very Important Persons = "Sehr wichtige Personen"] fühlen, was
ihrer Seele schmeichelt. Sie werden umgarnt und in amikale Gespräche
verwickelt, bei denen es letztendlich doch immer nur um die Produkte
des einladenden Herstellers oder die Verschreibungszahlen des
jeweiligen Arztes geht ...
[F.A. S.87f]
Ich selbst ließ mich zuletzt 2011 von einem Pharmakonzern zu einem
Kongressbesuch [in Amsterdam] einladen ... Auf einer Ablage [in meinem
Hotelzimmer] neben dem Fernseher fand ich alle Unterlagen, die ich
schon in Wien erhalten hatte, noch einmal vor ... Am Ende der
Liste mit den Rahmenveranstaltungen ... stand eine Bitte: "Aus
organisatorischen Gründen ersuchen wir Sie, sich möglich rasch für die
Rahmenprogramme Ihrer Wahl anzumelden. Ein unbehagliches Gefühl der
Vereinnahmung und Abhängigkeit beschlich mich ... Ich erwachte früh
und schwor mir, dass dies der letzte Kongress sein würde, den ein
Pharmakonzern für mich ausrichten durfte ...
[F.A. S.92ff]
Nach dem größten Kongress der
internationalen Gesellschaft für Multiple Sklerose in Lyon [2012]
fragte ich beim Veranstalter EXTRIMS vor Ort nach, wie viele der rund
7000 Besucher [genau: 6822] ihren Aufenthalt selbst bezahlt hatten.
Die Antwort war eindeutig: "Nur Sie." Als ich das auch schriftlich
haben wollte, lehnte die Mitarbeiterin des Kongresschalters ab ..."
[F.A. S.114]
Einzelne Ärzte sollen es sogar auf mehr als hunderttausende Euro im
Jahr bringen, die sie von Pharmakonzernen beziehen. Oft übersteigen
die materiellen Zuwendungen, die Ärzte von Pharmakonzernen erhalten,
ihre Gehälter, die sie in ihrem Brotberuf als Ärzte verdienen. Damit
sind sie von der Pharmaindustrie beträchtlich wirtschaftlich abhängig.
Manche demnach vermutlich mehr als von ihrem eigentlichen Dienstgeber.
Die medizinische Tätigkeit scheint für solche Ärzte nur noch ein
Rahmen zu sein, den sie als Grundvoraussetzung für ihre weitaus
lukrativere Werbungstätigkeit brauchen. Jeder, der über ein solches
Tabu spricht, wird als Neider, Nestbeschmutzer und Querulant, der
maßlos übertreibt und die Ärzteschaft nur in den Dreck zieht,
denunziert und diskreditiert. Alles natürlich nur, um ihn zum
Schweigen zu bringen, das heißt, "mundtot" zu machen und, wenn dies
nicht gelingt, ihm eben seine Glaubwürdigkeit und Reputation zu
nehmen. Hauptsache, niemand stört die in sich gewachsenen
Regelkreisläufe vom Geben und Nehmen und ganz essentiell scheint zu
sein, dass niemand darüber spricht ...
[F.A. S.120]
Sinn und Zweck der disclosure banners [Offenlegung] wäre es ...,
Zuhörern die Möglichkeit zu geben, etwaige Einflussnahme von
Geldgebern auf den jeweiligen Experten [Meinungsbildner] abzuschätzen.
Mit dem Wissen über das Abhängigkeitsverhältnis würden viele Zuhörer
die "Daten und Fakten", die so ein Experte vorlegt, und die Schlüsse,
die er daraus zieht, mit etwas mehr Vorsicht zur Kenntnis nehmen oder
gleich im Vorhinein hinterfragen können ...
Eine ehrliche Offenlegung
könnte dann in etwa so lauten: "Das Medikament wird von Firma A
hergestellt. Für diesen Vortrag bekomme ich von Firma A den Betrag X.
Bisher habe ich folgende Zuwendung von der Firma A erhalten ... Die
Firma hat letztes Jahr mit dem Medikament, über das ich hier spreche,
soundso viel Milliarden Euro Umsatz gemacht. Ich selbst habe letztes
Jahr soundso viel Patienten auf dieses Medikament eingestellt ...
In der
Praxis klingt der Text anders: "Ich denke, Sie wissen alle über meine
disclosures Bescheid und wir können gleich zum wichtigen Teil
kommen. Lassen Sie uns also keine Zeit verschwenden, das Programm ist
dicht" ...
Die Mehrheit der praktizierenden Ärzte ist sogar noch
beeindruckt von möglichst langen disclosure banners. Da der
Vortragende für so viele Firmen spricht, unterstellen sie ihm nicht
etwa besonders leicht käuflich zu sein, sondern im Gegenteil, sie
vermuten besonders hohe Kompetenz. Der muss doch etwas drauf haben,
wenn er vür so viele Firmen sprechen darf, hofiert wird und mit
Vorträgen durch die Lande ziehen darf, denken sie ...
Wer in diesem
Regelkreis [Medizin - Establishment - Meinungsbildner - Arzt - Pharma
- Wirtschaft - Politik - Patient] nicht mitspielt, wer hinterfragt und
die Missstände benennt, für den gibt es auch eine eigene Behandlung.
"Wenn du einmal als Querulant verschrien bist, wirst du diesen Ruf
nie wieder los", sagte einmal ein Kollege wohlwollend und
warnend zu mir. "Kritiker als Querulanten anzupatzen ist eine sehr
effiziente Methode der Ausgrenzung und diese Branche ist besonders gut
darin." Die kritischen Ärzte haben es in der Branche tatsächlich
schwer. Das ist vermutlich in jedem System so, das in sich gewachsen
ist und aus Sicht der daran Beteiligten und davon Profitierenden gut
funktioniert. Sie brauchen keine Kritiker. Ich habe das aufgrund
meiner unangenehmen Fragen selbst schon erlebt ...
"Wenn
du nichts annehmen willst, ist das deine ganz persönliche
Entscheidung, aber lass uns alle in Ruhe"
.... "Dir ist schon klar, dass du, wenn du nichts nimmst und
auch noch offen legst, dass du nichts nimmst, uns alle wie Pharmahuren
hinstellst" ...
"Sei dir bewusst, was du da lostreten könntest" ... "In
Wirklichkeit verstehen wir uns doch alle und kommen gut miteinander
aus. Es ist nicht notwendig, einen Spalt in die Gemeinschaft zu
treiben" ... "Hier zahlt niemand selbst" ... "Du musst
höllisch aufpassen, wie weit du dich mit deiner Kritik aus dem Fenster
lehnst" ... "Die Leute hören so oder so kaum zu. Sie hören nur,
was sie hören wollen. Ganz schlimm wird es, wenn sie dann aufhören dir
zuzuhören, wenn sie merken, dass du sprichst, und hinter vorgehaltener
Hand tuscheln und Geschichten über dich erfinden, von denen du selbst
nichts weißt, weil du sie nie erlebt hast" ... "Auch wenn das,
was du sagst, noch so berechtigt ist, kriegst du damit den Stempel des
Querulanten aufgedrückt. Das passiert allen, die sich mit dem System
anlegen, denn alle leben von diesem System" ...
[F.A. S.124f, 127f, 129f]
Bloß eines vergessen alle Beteiligten: Wenn den überragenden Teil der weltweiten
FORSCHUNG im Bereich der MEDIZIN genau die FIRMEN finanzieren, die
ihre PRODUKTE zu möglichst hohen Preisen und in möglichst großen Mengen auf
den MARKT bringen wollen, und wenn genau diese FIRMEN auch die
KOMMUNIKATION und die BERICHTERSTATTUNG ÜBER IHRE EIGENE FORSCHUNG
oder zumindest großteils durch sie finanzierte Forschung steuern, dann
liegt ein SYSTEMFEHLER vor, das am Ende der Forschung und den
Patienten schadet ..." [F.A.
S.141f]
In letzter Konsequenz bedeutet dieser Teufelskreis
[Pharmamarkt - Medikamentenkosten/-ausgaben
- Gesundheitssystem - Nichthonorierte Zuwendung usw.], dass die Pharmakonzerne umso mächtiger werden, je schwächer die Gesundheitsapparate werden ... [F.A. S.168]
Ich
schätze, dass mindestens zwei Drittel der in der westlichen Welt
verschriebenen Medikamente überflüssig sind und ein großer Teil davon, statt Nutzen zu bringen,
schweren Schaden anrichtet. Würde eine Epidemie auch nur annähernd so viele Todesopfer fordern,
wie sie die Flut an Medikamenten [Multimedikation = Polypharmazie (1)] und deren Nebenwirkungen wahrscheinlich fordert, wäre weltweit
ein Aufschrei zu hören. Die internationalen und nationalen Gesundheitsbehörden und -organisationen
würden weitreichende Gegenmaßnahmen ergreifen, um dem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Stattdessen sehen
wir zu, wie die Medikamentenflut (1) ausartet und wie jedes Jahr
wahrscheinlich mehr Menschen an den Folgen der Langzeitnebenwirkungen
von Medikamenten sterben als bei Verkehrsunfällen. Einer der Gründe
für das tödliche Risko der Medikamente: In der gängigen
Verschreibungspraxis sammeln sich bei vielen Patienten lange Listen
von Medikamenten an, die sie einzunehmen haben, deren Wechselwirkungen
aber weder Ärzte noch Wissenschaftler voraussehen und ergründen
können. Manche Patienten nehmen Tagesrationen von Medikamenten zu
sich, von denen alleine sie satt werden würden. Unter vielen Ärzten
gilt deshalb inzwischen der Grundsatz: Wenn du nicht weißt, was der
Patient hat, dann setze einfach kontrolliert die Hälfte der
Medikamente ab, die er bisher eingenommen hat. In der Regel kommen
die Patienten dann nach einigen Wochen und sind überglücklich. "Ich
weiß nicht, was genau Sie gemacht haben, aber ich fühle mich wie neu
geboren", sagen sie dann ...
Die Wechselwirkungen (1) lassen sich
höchstens für zwei bis drei gleichzeitig eingenommene Medikamente mit
einiger Verlässlichkeit abschätzen ... Das heißt: Wer drei oder noch
mehr Medikamente (1) gleichzeitig einnimmt, befindet sich im biochemischen
Blindflug. Weder er selbst noch irgendjemand anderer weiß ober kann wissen,
was in seinem Körper wirklich passiert und ob die Zuasammenstellung der Medikamente
nicht zu erheblichen Nebenwirkungen oder sogar zu seinem Tod führen kann ...
[F.A. S.181, 182f]
... dass ein bislang sehr oft nicht existierendes Problem zum Problem gemacht wird.
Genau das gilt für viele Patienten jeden Alters, die jetzt regelmäßig Medikamente
(1) einnehmen:
Würde sich jemand genauer mit ihnen befassen, würde sich rasch herausstellen, dass sie sehr oft
gar keine oder wesentlich weniger Medikamente (1) brauchen und dass es viel einfachere Lösungen für
ihr Problem gäbe, falls das Problem denn überhaupt eines ist ..."
[F.A. S.196]
(1) Siehe LEISTUNGEN:
[Strg] + [F] "Polypharmazie = Multimedikation" unter Angewandte
Allgemeinmedizin & Geriatrie
>>>
"Wie sollen solche Personen [die sog.
Impf-Lobbyisten] fähig sein, eine von ihren eigenen finanziellen
Verflechtungen
unabhängige Expertise in die STIKO [1] einzubringen?
Als ich Fred Zepp [Uni Mainz] auf diese
INTERESSENS-
KONFLIKTE
ansprach, entgegnete er mir unwirsch:
"Wenn Ihnen das nicht passt, so müssen
Sie
die STIKO [1]
eben mit Hausfrauen besetzen."
Ein Argument, das wohl aussagen soll, dass die "Wissenschaft vom
Impfen"
so überaus kompliziert ist, dass nur Menschen mit engen
Beziehungen zur Industrie überhaupt in der Lage
sind, das zu
verstehen.
Die weitgehend unkritische Nähe zur Industrie ist
nicht nur ein Merkmal der deutschen Impfexperten-Szene.
Claire-Anne Siegrist, die langjährige Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Impffragen [EKIF Bern],
steht auf
der Honorarliste fast aller großen Impfstoffhersteller. Und der frühere Vorsitzende des österreichischen
Impfausschusses
im Obersten Sanitätsrat, Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, war sich nicht zu blöd dafür, gleichzeitig
als Präsident des Österreichischen Grünen Kreuzes zu fungieren, eines Lobbyvereins für Impfstoff-PR. Dieser
Verein wurde mittlerweile in "Österreichische Liga für Präventivmedizin" umgetauft. Viele der Chef-Lobbyisten
des österreichischen Impfwesens versammeln
sich in diesen und ähnlichen Organisationen. Und während in
Deutschland die STIKO - nach heftiger öffentlicher Kritik
in den Nachwehen der Ära H.-J. Schmitt [nach 2007]
- mittlerweile deutlich transparenter und offener agiert, haben
die
industrienahen Impfexperten in Österreich
die Gesundheitspolitik fest im Griff. Während es nach wie vor keine
öffentlich zugängliche Datenbank für
Verdachtsfälle von [Impf-] Nebenwirkungen gibt, platzt im Gegenzug der aktuelle österreichische
Impfplan [2] aus allen Nähten. Kein Land empfiehlt so viele Impfungen wie Österreich ..."
Aus: Bert Ehgartner (österr. Wissenschaftsjournalist): "Gute Impfung -
Schlechte Impfung:
Der umfassende Ratgeber" Teil I: Die
Impf-Lobbyisten S.31f, Ennsthaler 2018
[1] Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut Berlin
[2] www.sozialministerium.at/site/Gesundheit/Krankheiten
_und_Impfen/Impfen/Impfplan
Was sich ändern muss
"...
Ich [Priv.Doz. Dr. med. Fahmy Aboulenein] skizziere, was sich ändern
muss, damit die gröbsten Missstände des [Medizin - Establishment -
Meinungsbildner - Arzt - Pharma - Wirtschaft - Politik - Patient] Systems erfolgreich
bekämpft werden können.
Ich darf vorausschicken: Es wäre gar nicht
so schwierig und es zahlt sich für uns alle aus. Denn wir alle
sind Patienten. Wir zahlen hohe Versicherungsbeiträge und Steuern, um
unser Gesundheitssystem als eine der tragenden Säulen unserer
Gesellschaft zu finanzieren. Vieles in diesem System ist teuer.
Räumlichkeiten, Instrumente, Personal, jeder einzelne Tupfer, all das
kostet Geld. Wenn in dieser Maschinerie die einzelnen Schrauben derart
verdreht sind, dass in einem Kostenbereich, jenem der
Medikamente, die Preise so ausufern, dass das ganze
System darunter ächzt und irgendwann unfinanzierbar wird, wird die
politische Bedeutung der Pharmaindustrie deutlich.
Die
Patientenversorgung wird zunehmend unmöglicher. Es mangelt an
ausreichender Verfügbarkeit von Ärzten, die auch wirklich Zeit für
ihre Patienten aufwenden können, an Ambulanzen, in denen Patienten
nicht stundenlang auf ihre Betreuung warten müssen, und an regionalen
Krankenhäusern, die wir für eine flächendeckende Versorgung zusätzlich
zu den großen Spitälern brauchen.
Patienten und Ärzte brauchen vor allem eins:
Zeit, um Diagnosen stellen zu können,
Behandlungsschritte erklären zu können und damit Patienten überhaupt
erst betreuen zu können. Anstelle dessen tritt eine immer schnellere, nahezu überhastete
Medizin, die Patientenkontakte sehr
oft auf wenige Minuten reduziert. Speed kills.
Anstelle eines
ausführlichen erklärenden und klärenden Gesprächs erhalten Patienten
scheinbar sehr rasch Medikamente verschrieben und werden auf einen
Kontrolltermin vertröstet. Ja, es ist meistens viel leichter, ein
Medikament zu verschreiben, als ein
Medikament nicht zu verschreiben,
heißt es. Dies kann gar nicht oft genug wiederholt werden, da immer noch viele Patienten glauben, dass
ein Arzt umso besser ist, je mehr Medikamente er verschreibt.
Dabei ist es zumeist genau umgekehrt ... Wir müssen dieses System
["Pharmaindustrie - Ärzteschaft - Patienten - Wirtschaft - Politik"]
verändern, solange es noch nicht zu spät ist.
1.
Wir müssen die VERSCHREIBUNGSPRAXIS
grundlegend überdenken. Ärzte dürfen
nicht für jedes Zwicken und Zwacken ein Medikament verschreiben, das
wiederum nur neue Probleme mit sich bringen kann und sehr oft auch mit
sich bringt.
2.
Wir müssen die PREISPOLITIK bei
MEDIKAMENTEN überdenken. Gefordert
ist hier eine transparente Preisgestaltung. Das würde ein Eingreifen
des Staates in marktwirtschaftliche Mechanismen bedeuten. Angesichts
des öffentlichen Interesses am Produkt Medikament und am Weiterbestand
unseres Gesundheitssystems erscheint mir dies jedoch zulässig.
3.
Pharmareferenten
muss im Prinzip der Zugang zu Krankenhäusern und Arztpraxen untersagt
werden. Sie halten Ärzte von der Arbeit ab und handeln längst
nicht mehr im Sinne des Gesundheitswesens oder des Patienten. Per
Definition bringen Pharmareferenten keine unabhängigen Informationen.
Sie werden von ihren Arbeitgebern, den Pharmakonzernen bezahlt, die
für ihre Bezahlung auch eine Leistung verlangen dürfen. Bis das
Gegenteil bewiesen ist, handelt es sich bei dieser Information um
einseitige Werbung, die nichts in Arztpraxen und Krankenhäusern
verloren hat und ausnahmslos zu verbieten ist.
4.
Alle
Zuwendungen der Industrie und die
Zwischenfinanzierung sollten ausnahmslos verboten sein.
Wenn dies aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sein sollte,
müssten Ärzte, Krankenpflegepersonal und jeder andere Mitarbeiter im
Gesundheitssystem jegliche Art der finanziellen Zuwendung eindeutig
und auch für Patienten nachvollziehbar offenlegen [disclosures (1)].
5.
Alle Ärzte
[Meinungsbildner = Mietmäuler], die ZUWENDUNGEN von der
PHARMAINDUSTRIE beziehen, sind von sämtlichen Positionen, Funktionen
und Aufgaben auszuschließen, in denen sie Einfluss auf allgemeine
Diagnoseleitlinien und Behandlungsrichtlinien haben.
6. Die
Rahmenbedingungen für klinische Studien
müssen ausschließlich von den zuständigen Gesundheitsbehörden
festgelegt werden. Ob überhaupt eine Studie durchgeführt wird und wenn
ja, welchem Design sie folgen muss, sollte ausschließlich die Behörde
entscheiden. Ein Totschlagargument
der Pharmaindustrie gegen diesen Vorschlag lautet: "Damit sind die
Zulassungsstudien und klinischen Anwendungsbeobachtungen nicht mehr
finanzierbar oder werden zu einer weiteren Belastung für das
Gesundheitswesen." Dem wäre natürlich nicht so, wenn die
Pharmakonzerne dazu verpflichtet wären, Geld in einen Topf
einzuzahlen, aus dem die Behörden die Studien finanzieren könnten.
Hiermit wäre eine klare Trennung zwischen Studienkonzept und Design
und der Finanzierung vollzogen. Die öffentliche Hand wäre in der Lage,
die von der Wissenschaft schon lange geforderten sogenannten
head-to-head trials ["Vergleichsstudien"] zu organisieren und durchzuführen.
Medikamente verschiedener Hersteller würden hierbei direkt miteinander
verglichen werden. Die Studien würden so endlich auf ein
überschaubares und notwendiges Ausmaß reduziert, unabhängig von der
Pharmaindustrie organisiert, durchgeführt und vor allem unabhängig von
der Industrie ausgewertet werden. Ich glaube, dass sich die
Pharmakonzerne gegen diesen Vorschlag wehren würden. Denn damit würden
erstmals objektive und tatsächlich unabhängige Daten großer
head-to-head trials ["Vergleichsstudien"] über die Wirkung der Medikamente endlich
einmal direkt verglichen werden können.
7.
KLINISCHE STUDIEN und
ANWENDUNGSBEOBACHTUNGEN, die trotzdem von der
Pharmaindustrie finanziell
unterstützt werden, sollten den Journalen, in denen sie publiziert
werden, keinen Impact-Factor [bibliometrischen Journal-Einflussfaktor
= Einfluss eines Journals auf die Branche (Neurologie, Psychiatrie,
Innere Medizin usw.]
bringen dürfen.
8.
FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN für
ÄRZTE müssen von PHARMAKONZERNEN unabhängig sein.
Da die Pharmakonzerne erklären, dass ihnen die Fort- und Weiterbildung
der Ärzte ein vordringliches Anliegen ist, spricht nichts dagegen,
auch hier einen gemeinsamen Finanzierungstopf einzurichten, aus dem
nationale Fortbildungskonten für Ärzte eingerichtet werden. Die
Pharmakonzerne übernehmen damit die Kosten, die Gestaltung der
Fortbildung kann dann aber durch tatsächlich unabhängige
Fachgesellschaften und Expertengremien erfolgen.
9.
Die
medizinischen FACHGESELLSCHAFTEN müssen von der PHARMAINDUSTRIE
gänzlich unabhängig sein und dürfen nicht auf finanzielle Mittel
einzelner Pharmafirmen angewiesen sein.
Denkbar ist auch hier, dass ein Fonds mit den Mitteln der
Pharmaindustrie geschaffen wird, die die Pharmaindustrie ohnehin den
Fachgesellschaften zur Verfügung gestellt hätte. Die Pharmaindustrie
würde in einen solchen Fonds nur einzahlen. Über die Verwendung müsste
die Gesundheitsbehörde bestimmen. So wäre auch gewährleistet, dass die
Mittel gleichmäßig und nach Notwendigkeit verwendet werden.
Medizinische Sparten, die für Pharmakonzerne besonders lukrativ sind,
würden nicht länger bevorteilt.
10.
Jeglicher ZUGANG der
PHARMAINDUSTRIE zu PATIENTEN, sei es durch Datenflüsse oder Maßnahmen
wie direkte Services etwa im Bereich der Einschulungen [oder
"Selbsthilfegruppen"], gehört
ausnahmslos abgeschafft und verboten.
Mit diesen
Zehn Maßnahmen, die
bei vorhandenem Willen allesamt umzusetzen wären, würden wir viele
grundlegende Probleme unseres Gesundheitswesens, die stetig an Brisanz
gewinnen und immer dringlicher werden, schlagartig lösen. Ja, die Welt
würde mit einem Schlag ganz anders aussehen. Wer wettet dagegen?
Aus: Fahmy Aboulenein (b.1973, Doz.Dr.med., Österreichischer Arzt, Neurologe, MS-Spezialist):
"Die Pharma-Falle - Wie uns die Pillen-Konzerne manipulieren"
Die Pharmareferenten: Die legale
Korruption S.57. Per Du mit der
anderen Seite S.60f. Nett aber überflüssig S.72.
Die Schmeichel-
Falle S.78f. Systembedingte Skrupellosigkeit S.80,
82.
Die Kongresse: S.87f.
Akademischer
Städtetourismus S.92f. Systematische Unterwanderung
S.114. Vereinbare Unvereinbarkeit
S.120. Das Spiel mit der
Wertschätzung S.127. Besser ausspannen als kritisieren S.128, 129f.
Die Wissenschaftlichen Publikationen: Totale Abhängigkeit S.141f.
Die Medikamenten-
preise: Unfreier Markt S.168. Die
Medikamentenflut: S.181f. Kaputt machende Pharmazie
S.182fWas sich ändern muss S.197 - 203
edition a 2016
Siehe auch ZITATE:
Josef Zehentbauer:
Der Seelenvogel
>>>
(1) Offenlegung von Zahlungen durch die Pharmaindustrie -
Disclosures: www.ti-austria.at
Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations
(EFPIA):
Europäischer Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen
sowie einzelner Pharmaunternehmen. http://transparency.efpia.eu
http://transparency.efpia.eu/the-efpia-code-2
www.terrapinn.com/conference/evidence-us