Das
medizinische Establishment
ist
zu einer Hauptgefahr
für
die Gesundheit
geworden


Aus: „Die Nemesis der Medizin -
Die Kritik der Medikalisierung des Lebens" (1981)
Ivan Illich
(4. September 1926 in Wien - 2. Dezember 2002 in Bremen)
Österreichisch-amerikanische Sozialphilosoph, Autor,
Theologe und katholischer Priester





"Die etablierte Medizin
hat sich zu einer ernsten Gefahr
für die Gesundheit entwickelt
.

Die lähmenden Folgen einer von professionellen Standesorganisationen
ausgeübten Kontrolle über das Gesundheitswesen erreichen
mittlerweile die Ausmaße einer Epidemie. Der Name dieser
neuen Epidemie ist
Iatrogenesis; hergeleitet von iatros,
dem griechischen Wort für Arzt, und genesis, Ursprung.


Die Diskussion über den krankmachenden medizinischen Fortschritt
steht heute weit oben auf der Tagesordnung ärztlicher Fachtagungen;
die Forschung befasst sich mit den Krankheit erzeugenden Faktoren
von Diagnose und Therapie; und Berichte über paradoxe, durch die Heilung
von Krankheit verursachte Schäden beanspruchen immer mehr Raum
in der medizinischen Fachpresse. Den Gesundheitsberufen steht ein
beispielloser Kehraus bevor ... das ärztliche Monopol über das Gesundheits-
wesen ... hat unser Recht an unserem eigenen Körper beschnitten ...

Ein professionelles, auf die Person des Arztes abgestelltes Gesundheitssystem,
das sich über gewisse kritische Grenzen hinaus entwickelt hat,
macht aus drei Gründen die Menschen krank:


es produziert zwangsläufig klinische Schäden,
die schwerwiegender sind als sein potentieller Nutzen;

es kann die politischen Verhältnisse, die die Gesellschaft krank machen,
nur begünstigen - auch wenn es sie zu verschleiern sucht; und

es nimmt dem einzelnen die Fähigkeit, selbst zu gesunden
und seine Umwelt zu gestalten.

Die heutigen Medizinsysteme haben die Grenzen dessen,
was erträglich ist, bereits überschritten."


Ivan Illich
(1926-2002)
Österreichisch-amerikanischer Autor, Philosoph, Theologe, katholischer Priester
Aus: „Die Nemesis der Medizin - Die Kritik der Medikalisierung des Lebens“
S.9 EINLEITUNG. 4.überarbeitete u. ergänzte Auflage Becksche Reihe 1995
Als 1.Auflage 1975 im ROWOHLT Verlag, unter dem Titel
"Die Enteignung der Gesundheit - Medical Nemesis", erschienen.
John P. A. Ioannidis: 1."Why most published research findings are false" PLoS Med. 2005 Aug;2(8):e124.
http://buster.zibmt.uni-ulm.de/dpv/dateien/DPV-Wiss-False-Research-Findings.pdf, 2. "Contradicted and
initially stronger effects in highly cited clinical research" JAMA 2005 Jul 13;294(2):218-28
Brian C. Martinson, Melissa S. Anderson, Raymond de Vries: "Scientists behaving badly" Nature 2005
Jun 9;435(7043):737-8, https://pages.stolaf.edu/ross/files/2014/05/ScientistsBehavingBadly.pdf
Ewen Callaway: "Fraud investigation rocks Danish university" [Neuroscientist Milena Penkowa (b.1973]
Nature doi:10.1038/news.2011.703, www.nature.com/news/2011/110107/full/news.2011.703.html




"Immer wieder wird betont, dass die moderne Medizin Krankheiten heilen könne,
die in früheren Zeiten als unheilbar gegolten haben. Diesem an sich korrekten
Satz muss aber die Behauptung gegenübergestellt werden, dass die moderne
Medizin gleichzeitig mehr Menschenleben auslöscht, als irgendeine Form von
praktizierter Medizin das bisher getan hat - trotz der zahlreichen Patienten, die
in früheren Jahrhunderten z.B. infolge eines vom Arzt durchgeführten Aderlasses
verblutet sind.
Der Tod durch die angewandte moderne Medizin hat sich mit zu-
nehmender Bedeutung der Medizin in unseren Breitengraden vervielfacht -
Intensivstationen voll mit septischen Patienten nach an und für sich harmlosen
Eingriffen geben ein beredtes Zeugnis von diesem Sachverhalt.


Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beobachtung, dass Todesfälle,
die im Rahmen einer staatlich sanktionierten, qualitätsgesicherten und gesell-
schaftlich anerkannten Schulmedizin
auftreten, in der medialen Öffentlichkeit
als
legale, wenn auch bedauerliche Zwischenfälle dargestellt werden -
Todesfälle, die als Folge von Heilverfahren außerhalb dieser anerkannten
Medizin eintreten, werden als Kriminalfälle eingestuft."

Aus: Dr.med. Günther Loewit: "Sterben - Zwischen Würde und Geschäft"
Sterben und Tod III: Die Medizin. Woran sterben wir? S. 179f
HAYMON 2014


Gesundheitsrisiko Arztbesuch - Todesursache Nr. 3
Die Folgen dieser wissenschaftlichen Einflussnahme lassen sich aus einer Arbeit der
amerikanischen Gesundheitswissenschaftlerin Barbara Starfield [1932-2011 (1)] von
der John Hopkins University in Baltimore [Maryland] erahnen. Sie hat die hierzu existier-
enden Untersuchungen analysiert und zieht daraus den Schluss, dass in den USA
[316,1 Millionen/2013] jährlich mindestens 225.000 - 284.000 Menschen
[AUT: ~ 6.100 - 7.700 Menschen/Jahr (3)] unnötigerweise, also vermeidbar, aufgrund
einer medizinischen Behandlung sterben. Das ist die dritthäufigste Todesursache
nach Herzkrankheiten und Krebs und kommt noch vor Schlaganfällen oder Unfällen.
Diese sogenannten
iatrogenen, das heißt wörtlich "vom Arzt" verursachten, Todesfälle
sind die Folge von unnötigen Operationen, ärtzlichen Kunstfehlern und von Infektionen,
die man sich in Krankenhäusern (2) zuzieht. In fast der Hälfte aller Fälle gehen sie
jedoch auf die Nebenwirkungen von ordnungsgemäß (!) verschriebenen Medikamenten
zurück. Also nicht von falsch verschriebenen Medikamenten, sondern von solchen, die
aufgrund der Empfehlungen medizinischer Behandlungsleitlinien verordnet wurden.
Diese Zahlen beziehen sich vor allem auf stationäre Krankenhausbehandlungen.

Schaden nehmen kann man auch, wenn man eine Arztpraxis aufsucht (ambulante
Behandlung). Barbara Starfield geht davon aus, dass dies jährlich zwischen 4% und
18% [~ 12 bis 54 Mill.] aller Amerikaner [316,1 Millionen/2013] widerfährt.
Daraus resultieren 116 Millionen zusätzlich erforderliche Arztbesuche, 77 Millionen
Extraverschreibungen, 17 Millionen Notfallbehandlungen, 8 Millionen Krankenhausein-
weisungen und 199.000 zusätzliche Todesfälle [AUT ~ 5.400 Menschen/Jahr (3)], die
ohne die Behandlung nicht eingetreten wären. Damit sind die
iatrogenen Erkrankungen
in den USA zu einem der Hauptprobleme der modernen Medizin aufgerückt, doch im
Gegensatz zu Krebs und schweren Herzerkrankungen wären die meisten dieser Fälle
vermeidbar ... Man kann von einer ähnlichen Zahl in der Europäischen Union [~ 507 Mill.
Einwohner] ausgehen, mindestens. Das bedeutet mehr als 6 MillionenTote in den USA
und der EU seit dem Erscheinen [Juli 2000] dieses Artikels (1). Wenn man die Jahre
davor mitberücksichtigt, ist die moderne Medizin für den Tod von fast so vielen
Menschen verantwortlich wie der Zweite Weltkrieg [~ 50 bis 80 Millionen Kriegstote].
Und was passierte nach dieser schockierenden Erkenntnis? ... Nichts."
Aus: Gunter Frank: "Gebrauchsanweisung für Ihren Arzt - Was Patienten wissen müssen. II. Faktencheck:
Wie Sie den allgemeinen Nutzen einer medizinischen Empfehlung überprüfen können. Checkliste Teil 1:
Fragen zum Nutzen einer medizinischen Empfehlung. Punkt 4: Hat die empfohlene Maßnahme
Nachteile? (Nebenwirkungen) und was bedeuten sie für mich? Gesundheitsrisiko Arztbesuch.
S.50 ff. VI. Aufbruch: Das Jahrhundert der Patienten. S.201. KNAUS2. Auflage 2014
(1) Barbara Starfield: "Is US Health Really the Best in the World?" JAMA 2000, 284(4):483-4855
B. Starfield Interview mit Jon Rappoport, am 9.12.2009: https://jonrappoport.wordpress.com/2009/
12/09/an-exclusive-interview-with-dr-barbara-starfield-medically-caused-death-in-america/
(2) Nosokomiale Infektion/Hospitalismus
(3) Spekulativ "mögliche" ambulante Todesfälle in Österreich pro Jahr, die ohne Behandlung nicht
eingetreten wären: ~ 5400 Menschen/Jahr. Einwohner von Österreich: 8.572.895 - Statistik Austria X/2014
(berechnet: 316,1 Mill USA : 8,6 Mill (AUT) ~ 37; 225.000 u. 284.000 : 37 ~ 6100 u. ~ 7700
199.000 : 37=~ 5400)


"Infektionen und parasitäre Krankheiten, die großen Seuchen, die einst
viele Todesopfer forderten, sind heute in den meisten Ländern unter
Kontrolle ...
Allerdings leiden wir nun an zwei Seuchen, die wir selbst
gemacht haben: Tabak und verschreibungspflichtige Medikamente.

In den Vereinigten Staaten und Europa sind Medikamente
die dritthäufigste Todesursache nach Herzinfarkt und Krebs ...
Es fällt mir schwer zu verstehen, warum niemand etwas unternimmt,
wenn Menschen durch Medikamente sterben.
Die Tabak und Pharma-
industrie haben vieles gemeinsam. Die moralisch abstoßende Missachtung
von Menschenleben ist die Norm ... Die Manager der Tabakindustrie wissen,
dass sie den Tod feilbieten, und die Manager der Pharmaunternehmen
wissen das auch ... In diesem Buch [1] werde ich nachweisen, dass
Pharmaunternehmen die tödlichen Nebenwirkungen ihrer Medikamente
bewusst und arglistig verschweigen, sowohl in der Forschung als auch
beim Marketing, und dass sie standhaft Tatsachen leugnen,
mit denen sie konfrontiert werden ..."
Aus: [1] Peter C. Gotzsche (b.1949, dänischer Wissenschaftler, FA f. Innere Medizin): „Tödliche Medizin
und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert“
Übersetzung: Martin Rometsch (Deadly Medicines and Organised Crime: How Big Pharma
has Corrupted Healthcare. Radcliffe 2013) Einführung Seite 23f. 1 Auflage RIVA 2015

"In einer wissenschaftlichen Arbeit aus Deutschland, 2008 publiziert in der Deutschen
Medizinischen Wochenschrift [DMW 2008 133(21) 1111 - 1115], werden die Daten

des Statistischen Jahrbuches von 2006 untersucht. Die Autoren kommen in der Studie
zum Ergebnis, dass sich jährlich zwischen 400.000 und 600.000 Patienten in deutschen
Krankenanstalten mit nosokomialen Keimen (sog. "Krankenhauskeimen") infizieren.
10.000 bis 15.000 der Erkrankten sterben an einer folgenden unbeherrschbaren Infektion.
Ein hoher Prozentsatz von ihnen stirbt den Tod auf der Intensivstation. Niemand lässt
sich freiwillig zum Sterben in ein Krankenhaus einweisen. Im Gegenteil, wer immer ein
Krankenhaus aufsucht, erwartet sich eine Besserung oder Heilung seiner Beschwerden.
Dass der Aufenthalt im Krankenhausden gegenteiligen Effekt haben kann, bedenkt dabei
kaum jemand. Die Wahrscheinlichkeit tödlicher nosokomialer Erkrankungen ist besonders
auf Intensivstationen überproportional hoch. Entlang der gesetzten Katheter und Schläuche
dringen die gegen Antibiotika resistent gewordenen Bakterien in den Körper ein und
verursachen behandlungsresistente Infektionen. Bei alten und multimorbiden Patienten
fallen solche Keime naturgemäß auf besonders fruchtbaren Boden. Nicht umsonst
steckt im Wort "Krankenhäuser"auch die Bezeichnung "kranke Häuser. Dieser Aspekt
des Hospitals war schon einmal, nämlich im Mittelalter, eine lebensbedrohliche Realität ...
Sie sogenannten multiresistenten Krankenhauskeime sind jedoch nur eine Form, wie
die Medizin, anstatt zu heilen, Menschen den Tod bringen kann. Ein anderes Beispiel
sind der Einsatz und die Dosierung von pharmakologisch wirksamen Substanzen.
Dabei geht es im Wesentlichen um das Enzym Cytochrom P 450 (CYP), das vor allem
in der Leber vorkommt. CYPs sind Eiweiße, die unter anderem bei der Verstoffwechslung
von Medikamenten eine tragende Rolle spielen ... Für den Menschen sind derzeit ca. 60
unterschiedliche CYPs bekannt. Jedes einzelne von ihnen steht bei der Umwandlung
des einen oder anderen Medikamentes mehr oder weniger im Vordergrund. Was aber
nicht bekannt ist, ist die von Mensch zu Mensch unterschiedlich vorhandene Menge
dieser Eiweiße. Das bedeutet, dass Ärzte nicht von vornherein wissen, wie viel
von einem gewissen Medikament notwendig ist, um einen gewünschten thera-
peutischen Effekt hervorzurufen. Konkret heißt das: Behandelnde Ärzte wissen nicht,
ob sie ein Medikament unter- oder überdosieren, oder ob sie gerade die therapeutisch
wirksame Mitte getroffen haben ... Da derzeit im medizinischen Alltag die Konzentration
von CYPs noch nicht gemessen wird, werden Patienten bis zu einem gewissen Grad
blind behandelt. Bis zu einem gewissen Grad deshalb, weil es natürlich Erfahrungswerte
gibt. Wenn man aber noch die unzähligen Wechsel- und Nebenwirkungen von Medikamenten
und die herabgesetzte Stoffwechsel- und Nierenaktivität alter und schwerkranker Menschen
in die Überlegungen miteinbezieht, kommt jede kontrollierbare und sinnvolle Medikation -
vor allem bei alten oder sterbenden Patienten - zum Erliegen. Denn gerade in diesem
letzten Lebensabschnitt ändern sich die körperlichen Grundvoraussetzungen für den
Abbau und Umbau von pharmakologisch wirksamen Subastanzen täglich und stündlich.
Das bedeutet, dass selbst klinische Pharmakologen und kritische Ärzte nicht wissen,
ob nicht der eine oder andere Patient an einer Überdosierung von Medikamenten stirbt ..."

Aus: Dr.med. Günther Loewit: "Sterben - Zwischen Würde und Geschäft"
Sterben und Tod III: Die Medizin. Tödliche Medizin S.233ff
HAYMON 2014




"Wir leben in einer Welt der großen Siegeszüge der modernen Medizin.
Die technisch hoch gerüstete, aber sprachlose Medizin hat das Gefühl
für eine grundlegende gemeinsame Wirklichkeit von Arzt und Patient,
von Krankheit und Heilung innerhalb der auf weite Strecken von
Technik und Ökonomie dominierten Abläufe verloren.
Eine verheerende Folge besteht darin, dass die Patienten zu Objekten
degradiert wurden. Die Medizin steht in Gefahr, ihre angestammte Bedeutung
dort zu verlieren, wo sie zur Industriealisierung von Gesundheitsprodukten
verkommt. Hier verliert sie Ihre Seele und gleichermaßen auch die Seelen
ihrer Patienten. Unter der zunehmenden ökonomischen und kommerziellen
Dominanz wird die Ethik in ein Nischendasein verbannt. Durch die Bindungs-
verluste an ihre ursprünglichen ethischen Grundsätze und Prinzipien begeht
und erleidet die technisch hochgerüstete Medizin einen epochalen Sündenfall
[Untergang durch schwerwiegende ethisch/moralische Verstöße]. Es sind
vor allem sieben Todsünden [schwerwiegende Vergehen, (1)], die ich in
diesem Buch programmatisch und exemplarisch darstelle.


An die Stelle einer Heilkunde, die auf dem Vertrauen der Patienten basiert
und die Hoffnung spendet, tritt mehr und mehr eine Medizin, welche sich an
der eigenen Bereicherung und am Profitdenken orientiert. Dieser Medizin
begegnen deshalb immer mehr Patienten mit wachsendem Misstrauen,
was die ansteigende Anzahl von Behandlungsfehlervorwürfen belegt ...

Ich möchte aber nicht einstimmen in den vielfältigen Chor von einseitigen
und oft marktschreierischen Skandalisierungen dieser Medizin ... Zwar
müssen das ethische Versagen der Medizin und die aktuellen Skandale
unserer Tage angesprochen und angeprangert, zugleich aber muss auch
die Größe und Wirksamkeit dieser Medizin respektiert werden ...


Der Mensch und seine Krankheit
werden zum Rohstoff
eines gewinnorientierten
Marktgeschehens

degradiert ...

In dem Maße, wie die Medizin
ihrer Individualität verlustig geht,
verliert sie ihre Seele ...


An die Stelle einer einfühlsamen Ermittlung des
Zustandes eines Patienten treten Datensammlungen,
die aber nur fragmentarisch die Einzelsymptome,
nicht jedoch das Krankheitsbild als Ganzes
abzubilden vermögen ...

Fährt die Medizin auf diesem Wege fort,
so wird sie all ihre Glaubwürdigkeit
verlieren."


Michael Imhoff
(b.1951 dtsch. Chirurg, Gutachter)
"Eidesbruch - Ärzte, Geschäftemacher und die verlorene Würde des Patienten
"
Vorwort S. 11f, Siehe im Teil 2: Die sieben Todsünden der modernen Medizin
1. Die Kommerzialisierung von Krankheit und Leiden 2. Geldgier 3. Habsucht
4. Korruption 5. Ethische Dammbrüche 6. Mitleidlosigkeit
7. Hochmut und Machbarkeitswahn
CAMPUS 2014




"... Der Markt in einem Gesundheitssystem unterscheidet sich in wesentlichen Punkten
vom Automarkt. Hier [im Gesundheitssystem] ist das teurere Produkt häufig nicht
das bessere, und es gibt keine unabhängigen, einfach zu verstehende Vergleichsttests.
Stattdessen prüft jeder Hersteller sein eigenes Produkt selbst. Dadurch entsteht
an der falschen Stelle Wettbewerb, nämlich ein Wettbewerb, wer die Testergebnisse
am besten manipulieren kann. Außerdem werden die preiswerten Behandlungs-
möglichkeiten oft gar nicht getestet. Jeder Hersteller versucht, möglichst teure
Therapievarianten an den Patienten (Kunden) zu bringen. Und damit der Patient

nicht merkt, dass eine bestimmte Therapie gar nicht die beste ist, wird die Ver-
breitung entsprechender Informationen nach Möglichkeit verhindert.


Das ist der Grund, warum Pharmaunternehmen für die Behinderung guter und
die Streuung falscher Informationen zwei- bis dreimal so viel Geld ausgeben
wie für die Erforschung ihrer Produkte
.


Denn ohne zutreffende, qualitativ hochwertige Information ist der Patient in der schwächeren
Position. Wenn es um das eigene Leid und Leben oder um das der Familie geht, möchte jeder
unbedingt das Beste. Und wenn alle behaupten, nur mit der umfänglichsten und teuersten Be-
handlung sei eine Heilung möglich, dann hat der "Kunde" keine Wahl. Er wird alles daran setzen,
genau diese Behandlung zu bekommen, und treibt damit die Umsätze der Hersteller in die Höhe,
obwohl er gar nicht das beste Produkt bekommt.


Die vordringlichste Aufgabe des Staates wäre es, Chancengleichheit herzustellen. Dazu müsste
er Rahmenbedingungen schaffen, die eine unabhängige Forschung und faire Vergleichstests
fördern. Deren Ergebnisse müssten öffentlich zugänglich und außerdem so gestaltet sein,
dass der Patient sie verstehen kann. Ein Beispiel, wie so etwas funktionieren könnte, habe ich
mit dem Pharmafonds [einen großen Geldtopf, in den Pharmaindustrie und Staat ihre
gesamten Forschungsgelder einbringen ... dann ... von einem neutralen Verteiler ... die not-
wendigen Gelder für Studien zugeteilt werden] und der 10-Punkte-Checkliste vorgestellt.

Statistik Glossar & Allerlei >>>


Doch Politiker haben etwas ganz anderes im Sinn, wenn sie den Umbau des alten
Gesundheitssystems in einen moderen Gesundheitsmarkt fordern."

"Ein System wird umgebaut:
Für die Herstellung der Chancengleichheit war es eine grundsätzlich kluge Idee,
zwischen dem Medizinanbieter (Pharmaindustrie) und dem Medizinkonsumenten
(Patient) einen unabhängigen Sachwalter zu installieren: den selbständigen und in seiner
Entscheidung freien Arzt. Diesem kommt die Aufgabe zu, die besten Produkte, Medikamente
und technischen Verfahren zu erkennen, die eben häufig nicht die teuersten sind,
und den Patienten entsprechend zu beraten.

Damit Ärzte diese Aufgabe erfüllen können, wurden sie mit einem Monopol ausgestattet:
Niemand anderer als der selbstständige Arzt durfte in der ambulanten Versorgung Medikament
und technische Maßnahmen per Rezept verordnen.
Dafür mussten Arztpraxen einwilligen,
nicht als Gewerbe zu agieren, das heißt keine Filialen, nur in Ausnahmefällen
angestellte Kollegen, keine Werbung, kein Verkauf von Zusatzprodukten.

Für die Industrie war der selbstständige Arzt also der Flaschenhals,
den man passieren musste, um seine Produkte an den Kunden zu bringen.
Gleiches gilt für die zunehmend privatisierten Krankenhäuser, die steigende Umsätze
nur dann erreichen können, wenn selbstständige Ärzte ihre Patienten in großer Zahl einweisen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Ärzte zur Zielscheibe umfänglicher Lockangebote wurden,
die sie verleiten sollten, Behandlungsempfehlungen auszusprechen, die sich weniger an den
Bedürfnissen des Patienten als vielmehr an den Wünschen der Hersteller orientieren
:
sprich Medikamente in besonders großer Zahl von bestimmten Firmen zu verschreiben
und möglichst viele Patienten in bestimmte Krankenhäuser einzuweisen.

Als Ergebnis haben wir beispielsweise medizinisch unsinnig tiefe Normwerte für Cholesterin,
Blutzucker, Blutdruck oder auch das Gewicht, damit immer mehr Patienten mit Diagnosen
versehen werden, die dann Therapien nach sich ziehen, die sie gar nicht brauchen.

Wir Ärzte [nicht alle!] haben dieses Spiel mitgespielt, und die Menschen fangen an, dies zu
durchschauen. Wenn wir nun einen Vertrauensverlust beklagen, dann müssen wir endlich
selbst etwas dagegen tun. 15 Millionen Euro auszugeben für Plakataktionen a la "Ich bin
Hausarzt. Ich arbeite für Ihr Leben gern" oder "Ich bin Facharzt. Ich werde Ihnen fehlen",
wie es die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) derzeit tut, halte ich allerdings
nicht für zielführend.

Viel glaubwürdiger wäre es, endlich wirksam gegen den [Pharma-] Industrieeinfluss
an den Universitäten und Praxen anzugehen. Doch es fragt sich, ob wir Ärzte
überhaupt noch eine Chance dazu bekommen werden."

Der selbstständige Arzt ein Auslaufsmodell:
Im Jahr 2004 wurden die Karten neu gemischt. Ärzte zu manipulieren genügte den Herstellern
nicht mehr, sie wollten direkten Zugriff auf deren Verschreibungs- und Einweisungsverhalten
bekommen. Mit dem neuen GKV-Modernisierungsgesetz ("Gesetz zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung") wurde das Monopol ärtzlicher Praxen aufgebrochen.
Seitdem ist es erlaubt, Filialen zu eröffnen, ärztliche Mitarbeiter anzustellen, zu werben
und die Praxis einer GmbH zu verkaufen. Das Ganze nennt sich dann
"Medizinisches Versorgungszentrum", kurz MVZ.

Besonders interessant ist dieses Konstrukt für Klinikketten und deren Investoren, denn fortan
agiert in der Praxis kein selbstständiger Arzt mehr, sondern ein weisungsgebundener Angestellter,
der hinsichtlich seiner Therapieempfehlungen viel leichter unter Druck gesetzt werden kann.

Der selbstständige, freie Arzt, der sich nicht als Unternehmer versteht und sich lieber um seine
Patienten kümmert statt um Praxis-Marketing und [Individuelle Gesundheitsleistungen ] IGeL
Angebote, hat mit seiner kleinen Praxis viel schlechtere Karten im Kampf gegen Bürokratie-
monster und Rabattverträge. er findet auch keinen Nachfolger, der sich auf diesen verlorenen
Posten einlassen will. Jungärzte machen lieber noch zusätzlich einen Masterabschluss in
Betriebswirtschaft (Master of Business Administration: MBA) und wechseln auf die andere
Seite (Krankheit als Geschäftsmodell), die ich Ihnen gleich vorstelle.

So wird der freie, selbstständige Arzt,
besonders auf dem Land,
zum Auslaufmodell
.

Schützen sollten ihn [den freien, selbstständigen Arzt] eigentlich Ärzteverbände wie die Kassen-
ärztliche Bundesvereinigung (KBV), doch außer mit Plakataktionen waren diese Arztfunktionäre
in den letzten Jahren vor allem damit beschäftigt, ihre Gehälter in absurde Höhen zu schrauben,
zur Rechtfertigung dieses Tuns teure "Gutachten" in Auftrag zu geben und Familienmitglieder
zu protegieren. Ein leichter Gegner für die Architekten des neuen Gesundheitsmarkts,
in dem freie Ärzte zukünftig stören."

"Wenn mehr Diagnosen gestellt und neue Patienten geschaffen werden,
profitiert der gesamte medizinisch-industrielle Komplex [1] davon,
nicht nur die Pharmaindustrie, sondern auch die Hersteller
von diagnostischen und medizinischen Geräten, unab-
hängige Diagnosezentren, chirurgische Zentren,
Krankenhäuser und sogar Universitätskliniken ...
Die Aussicht auf hohe Profite und die Bemühungen
der wahren Gläubigen [der Früherkennung] beflügelte
die Entstehung eines komplexen Netzwerks, das
für mehr Diagnosen wirbt ..."
[1]

Aus: Dr. H. Gilbert Welch (M.D., M.P.H.), Dr. Lisa Schwartz, Dr. Steve Woloshin: “Die Diagnosefalle:
Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden” Kapitel 11: Durchschauen Sie das System. Geld S.247
Ein komplexes Netzwerk S.250. Übersetzung: Martin Rometsch, 1. Auflage RIVA 2013
„Overdiagnosed: Making People Sick in the Pursuit of Health“ Chapter 11: Get the System.
Money p 156; The resulting complex web p157. Beacon Press 2012 (2011)
[1] Prof. Dr. Arnold Seymour Relman 1980 (siehe unten)

"Krankheit als Geschäftsmodell:
Die nächste Stufe des Systemumbaus wurde 2009 gezündet.
Durch die Einführung des Gesundheitsfonds [BRD] wurde das Gesundheitssystem auf den Kopf
gestellt. Nun kommen die Krankenkassen ins Spiel. Früher erhielten die Krankenkassen die
Mitgliederbeiträge direkt, um damit die medizinischen Behandlungen zu bezahlen. Doch nun wird
der Geldfluss vom Versicherten zur Kasse in den Gesundheitsfond umgeleitet. Das bedeutet,
die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber fließen zusammen mit einem Zuschuss des
Bundes in einen zentralen Geldspeicher, aus dem die Krankenkassen ihre Mittel zugeteilt be-
kommen. Wie viel jede Kasse für sich abzweigen darf, darüber entscheidet ein Verteilungs-
schlüssel mit dem schönen Namen "Morbiditäts-Risikostrukturausgleich", kurz Morbi-RSA.
Kassen mit einer höheren Zahl kranker Versicherten bekommen nun mehr Geld.
Klingt erst mal "solidarisch", hat aber seine Tücken. Die Kranken werden zu diesem Zweck
in "hierarchisierte Morbiditätsgruppen" eingeteilt. Das bedeutet: Je kränker die Patienten sind,
desto mehr Geld erhalten die Krankenkassen. Und wie ermittelt man die Schwere einer
Erkrankung?
Je mehr Medikamente verschrieben werden, desto kränker sind im Umkehr-
schluss die Versicherten - und dafür gibts's noch mal einen Nachschlag. War die Kasse vorher
daran interessiert, überflüssige Therapien zu verhindern, tritt nun das genaue Gegenteil ein.
Wie stellen sich die Kassen zu diesem Effekt des Gesundheitsfonds? In einer Informations-
broschüre des Bundesversicherungsamts mit dem Titel "So funktioniert der neue Risiko-
strukturausgleich im Gesundheitsfonds" liest man dazu die Frage: "Besteht für die Kranken-
kassen nicht ein Anreiz, Versicherte "kränker" zu machen, als sie in Wirklichkeit sind?" und
die Antwort: "Nein, die Diagnosestellung wird von den Ärzten vorgenommen und nicht von
den Krankenkassen." Das ist richtig, aber dennoch pharisäerhaft, denn gesetzliche Kassen
tun inzwischen sehr viel, um Ärzte mit finanziellen Anreizen dazu zu verleiten, ihren Patienten
per Diagnose Krankheiten anzuhängen, die sie gar nicht haben. Im Krankenhausbereich
funktioniert dies über die sogenannten Diagnosis Related Groups, kurz DRGs.
Für jede Diagnose, die ein Arzt im Krankenhaus stellt, gibt es von den Kassen einen Fest-
betrag. Infolgesdessen werden Ärzte angehalten, teils durch Boni, teils durch Drohungen
seitens der Klinikleitungen, ihren Patienten möglichst viele Diagnosen zu stellen, damit
mehr Geld fließen kann. Normale Blinddarmentzündungen gibt es seitdem nicht mehr,
mindestens eine Harnwegsentzündung oder eine Wundheilungsstörung kommt noch
dazu. Und wenn im Krankenhaus zudem Diabetes oder hoher Blutdruck festgestellt
wird, umso besser. Alle diese neu entdeckten "Krankehiten"müssen dann vom
Hausarzt selbstverständlich weiterbehandelt werden"

Die Finanzierungsstruktur des österreichischen Gesundheitssystems pdf
>>>

"Krankenkassen stellen sich immer noch als Anwälte der Patienteninteressen dar,
doch sie werden ihre Versicherten vor diesem Verkrankungswahn [der Patient als
reines Geschäftsmodell] nicht beschützen. Im Gegenteil. Sie sind die Letzten,
die Übertherapien bekämpfen
, um damit auf eine Kostendämpfung hinzuwirken.
Das würde ja den eigenen Umsatz verkleinern, und dann ließen sich die absurd
hohen Gehälter der
Vorstände nicht mehr rechtfertigen, die schon heute in Glas-
palästen residieren, die denen eines [Deutschen Aktienindex]DAX-Unternehmens
in nichts nachstehen. Wer dies alles noch mit dem Begriff "Wachstum" rechtfertigt,
verkennt, dass es sich nicht um Wachstum, sondern um eine Blase handelt wie
vor Kurzem die Finanzblase, die den Geldwert hinter den aufgeblähten Finanz-
produkten nur vortäuschte.


"Das heutige medizinische Wachstum bedeutet keinen Mehrwert für die Gesellschaft,

sondern stiehlt dem Gemeinwesen Geld, mit dem echte Verbesserungen finanziert
werden könnten: eine unabhängige Forschung, eine gute Versorgung auf dem Land,
bessere Pflegebedingungen und vieles andere Sinnvolle mehr."

"Der medizinisch-industrielle Komplex
(1980)
die Umwandlung der Medizin
in einen Wirtschaftsbetrieb,
ist eine Katastrophe"
Prof. Dr. Arnold (Bud) Seymour Relman
(1923-2014)
Prof. für Innere- und Sozialmedizin an der Harvard Medical School in Boston/Massachusetts
Von 1977 bis 1991 Redakteur von "The New England Journal of Medicine" (NEJM)
A.S. Relman: "A Second Opinion: Rescuing America's Health Care"
Century Foundation Books New York  PublicAffairs 2007


Wenn sich der Staat einer Fürsorgepflicht entledigt:
Ähnliches gilt leider inzwischen für die meisten Gesundheitspolitiker, egal welcher
Parteizugehörigkeit. Sie treten öffentlich gern als Kämpfer gegen eine Zweiklassenmedizin
oder für eine bessere Pflege auf.
In Wirklichkeit sind sie jedoch Vorbereiter dieses System-
wechsels.
 Sie arbeiten an einem Gesundheitsmarkt, der nicht der besseren Behandlung von
Patienten dient, sondern vor allem eine Medizinblase fördert, in der ["vom Arzt verursachte"
iatrogene Krankheiten und damit die Zahl der vermeidbaren Todesopfer das einzige reale
Wachstum darstellen.
Ich habe mich lange gefragt, wie eine dem Gemeinwohl verpflichtete Politik diese Entwicklung
dulden bzw. sogar aktiv einleiten kann.
Der Berliner Medizinhistoriker Paul Unschuld [b.1943]
beschreibt diesen Systemwechsel überaus treffend in seinem Buch "Ware Gesundheit - Das
Ende der klassischen Medizin"[1]. Er findet auf diese Frage eine bemerkenswerte Antwort:

Als sich vor 200 Jahren die Nationalstaaten bildeten und die Soldatenheere nicht mehr aus Söldnern bestanden,
sondern aus eigenen Bürgern, war es notwendig, diese möglichst gesund zu erhalten. Das Gleiche galt für die
Fabriken und die dafür notwendigen Arbeitsheere. Infolgedessen lag es im Interesse des Staates,
ein funktionierendes Gesundheitswesen aufzubauen.
Im 21. Jahrhundert werden Kriege jedoch mit ferngesteuerten Waffensystemen geführt, und in der Industrie
ersetzen vollautomatische Produktionsstraßen mehr und mehr Arbeiter. Industrie und Militär brauchen heute
keine Massen gesunder und damit funktionstüchtiger Menschen mehr. Ein Gemeinwesen ist daher nicht mehr
darauf angewiesen, möglichst vielen Bürgern freien Zugang zu einer gut funktionierenden Gesundheitsversorgung
zu bieten. Dadurch wandelt sich auch die Zielrichtung der Gesundheitspolitik. War sie in den letzten 200 Jahren
auf eine tatsächliche Verbesserung der Medizin ausgerichtet, gilt ihr oberstes Interesse inzwischen nicht mehr
der Gesunderhaltung der Bürger. Und so überlässt die Politik die Gsundheitsversorgung immer mehr den Kräften,
die den Bürger als Teil einer Wertschöpfungskette sehen, deren Ertrag sich per Diagnose steuern lässt, am besten
über eine Gesundheits-Chipkarte. In den Augen dieser Interessengruppen ist der ideale Staatsbürger der Zukunft
derjenige, der - dank vorsorgender Gentests - von Geburt an über zahlreiche bekannte Risikofaktoren verfügt, die
auf seinem Lebensweg für diverse Gesundheitsunternehmer Geld abwerfen.
Stören kann dieses Treiben nur noch, wer sich trotz "falschem" BMI [Body Mass Index], Cholesterinwert oder
anderen Normabweichungen weigert, den Kranken zu spielen, wer es ablehnt, sich gefährlichen Therapien
oder fragwürdigen "Vorsorge"-Untersuchungen auszusetzen - und dafür sogar bereit ist, höhere Beiträge zu
berappen. Die ersten Vorstöße in diese Richtung gibt es bereits. Gesunde Menschen, die die Teilnahme an
Vorsorgeuntersuchungen oder an Disease Management Programmen verweigern, sollen zukünftig, wenn sie
tatsächlich erkranken, einen Teil der Behandlungskosten selbst bezahlen. Diese Pläne liegen alle in den
Schubladen. Das klingt nach Big Brother, aber wir sind auf dem Weg dorthin.
"

"Es wird, zumindest noch für eine Weile,
den aufopferungsvollen praktischen Arzt geben,
der sich zu einem geringen Entgeld der Tendenz
der rein ökonomischen [wirtschaftlichen] Bewertung
allen Tuns widersetzt und Empathie in
seine Tätigkeit einbringt."

[1] Paul Ulrich Unschuld (b.1943, dtsch.Sinologie, Medizinhistoriker):
Aus: „Ware Gesundheit. Das Ende der klassischen Medizin“
2.aktualisierte Auflage C.H.BECK 2011 (2009)
9. Ausblick: Produkt Mensch. S.115

"... Ärzte sollten selbstbewusste und auf hochwertige Information pochende Patienten
als die vielleicht letzte Chance begreifen, den freien und unabhängigen Arztberuf zu erhalten.

Freuen wir Ärzte uns über kritische Fragen, auch wenn wir sie nicht beantworten können,
und leiten wir diesen Druck an unsere Fachverbände weiter. Wenn sich selbstbewusste
und informierte Patienten mit freien Ärzten verbünden, wird vieles möglich werden.


Wohin wird diese neue Partnerschaft in Zeiten des Systemwechsels in der Gesundheitspolitik
führen? Vielleicht zu einem machtvollen, unabhängigen Interessenverband von Patienten, der -
im Sinne von Patientengewerkschaften - unabhängige Methoden- und Medikamententests
durchführen kann? Wer weiß, aber es wird etwas Gutes passieren, da bin ich mir sicher.


Versäumen wir Ärzte diese Chance allerdings, dann gibt es
keine Existenzberechtigung mehr für den freien
und selbstständigen Arzt.

Dann liegt die Zukunft des Arztberufs tatsächlich im Angestelltendasein zukünftiger Praxis-
und Klinikketten, die Teil großer Gesundheitskonzerne sind, in denen das Management
über die Vergabe von Diagnosen und Therapien entscheidet.

Freie Ärzte brauchen den selbstbewussten, informierten Patienten.
Es wird höchste Zeit, dass sie das erkennen.
"

Aus: Dr. med. Gunter Frank. "Gebrauchsanweisung für Ihren Arzt. Was Patienten wissen müssen" VI. Aufbruch:
Das Jahrhundert der Patienten. Das Verkrankungssystem. Im Gesundheitssystem herrscht keine Chancengleichheit.
S. 215f. Ein System wird umgebaut. S. 216ff. Der selbstständige Arzt ein Auslaufsmodell. S. 218f.
Krankheit als Geschäftsmodell. S. 219f. KNAUS 2. Die Krankenkasse als Gesundheitsunternehmer.
Seite 226. Wenn sich der Staat einer Fürsorgepflicht entledigt. S. 227f. Welche Revolution braucht
die Medizin im 21. Jahrhundert? S.232. KNAUS Auflage 2014




"Vorstellbar wäre, dass Idealisten unter den Ärztinnen und Ärzten sich zusammenfinden
und Strukturen aufbauen, die die Patienten auch weiterhin als PATIENTEN anstatt als
"Kunden" ansehen und die Gewissheit vermitteln, nicht in erster Linie die Rendite-
lieferanten der Investoren in der Krankheitswirtschaft zu sein.

Es müsste eine ausreichend große Zahl solcher Akteure bereit sein, auf die finanziellen
Vorteile zu verzichten, die die renditeorientierte Anwendung der Schulmedizin garantiert.
Damit einhergehend müsste eine Abkehr von einigen der Zwänge erfolgen, die die gesetz-
lichen Krankenkassen auf die Ärztinnen und Ärzte ausüben.


Und es bedürfte ebenso der Fähigkeiten und des Willens, sich von den Produkten der
pharmazeutischen Industrie tatsächlich nur diejenigen nutzbar zu machen, die eine
signifikante Wirkung bei realen Erkrankungen zeigen.

All dies wird unweigerlich im Sande verlaufen, wenn sich nicht auch Träger von therapeutischen
Einrichtungen finden, die willens und imstande sind, eben diese Einrichtungen durchaus als
Zuschussbetriebe zu führen.


Es ist kaum vorstellbar, dass sich eine kritische Masse aus medizinischen Akteuren,
Trägern von medizinischen Einrichtungen und nicht zuletzt aufmerksamen Patienten
bilden könnte, die fähig ist, diese Utopie einer Abkehr von den kommerziellen
Grundprinzipien der Krankheitswirtschaft
zu realisieren.

Aber vielleicht reicht es schon, wenn sich ähnlich wie die Attac [1]-Gegner der Globalisierung
eine San-Attac-Bewegung für ein an den eigentlichen Bedürfnissen des kranken Menschen
ausgerichtetes Gesundheitssystem
konstituieren würde, um dem Renditedruck der von
der Politik favorisierten Krankheitswirtschaft zu widerstehen und so der Beschwörung,
Gesundheit dürfe keine WARE sein, doch noch eine Grundlage
und Zielsetzung zu geben.
"


Paul Ulrich Unschuld (b.1943, dtsch.Sinologie, Medizinhistoriker):
Aus: „Ware Gesundheit. Das Ende der klassischen Medizin“
10. Nachwort zur zweiten Auflage, 2.aktualisierte Auflage
C.H.BECK 2011 (2009)
[1] Attac = Association pour la Taxation des Transactions financières et pour l'Action Citoyenne =
Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der BürgerInnen;
Attac ist eine internationale Bewegung, die sich für eine demokratische und sozial gerechte
Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzt; gegründet, am 3. Juni 1998 in Frankreich.
www.attac.at/ueber-attac/was-ist-attac.html
www.attac.org



Cuius regio eius religio
Wessen Gebiet, dessen Religion

 "Wes Brot ich ess,
 des Lied ich sing!"



"Wenn heute keine Kuverts mehr über die Tische [der Ärzte] wandern und stattdessen um tausende Euros Kosten für Kongresse [Tagungen] übernommen und Kongressreisen organisiert werden, macht dies für mein Dafürhalten wenig Unterschied. Vielleicht mag es für manche einfach besser aussehen, ändert aber nichts daran, dass es wie eine Provision [wie ein erfolgsabhängiges Entgelt für erbrachte Dienstleistungen und Geschäftsbesorgungen; Gewinnbeteiligung; Vermittlungsgebühr] wirkt ..." [F.A. S.57]

Es scheint auf den ersten Blick eine Kleinigkeit, seinem Gegenüber das Du-Wort anzubieten, doch damit ändert sich jede zwischenmenschliche Beziehung wesentlich, auch jene zwischen Pharmareferenten und Ärzten. Eine Barriere fällt, die in einem professionellen beruflichen Verhältnis nie hätte fallen sollen. Nur allzu leicht können die Verhältnisse dann auch ins Private spielen, verbringen Ärzte und Pharmareferenten doch auch viel Zeit gemeinsam bei Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen, wo sie auch in den gleichen Hotels wohnen, gemeinsam Ausflüge machen oder nächtens noch bei dem einen oder anderen Schlaftrunk an der Bar plaudern.
Selbst wenn viele Ärzte, viele meiner Kollegen, betonen und darauf bestehen, dass sie unabhängig sind und ihre Entscheidungen frei und unbeeinflusst von den Pharmakonzernen fällen können, die ihnen Kongressreisen bezahlen, wage ich zu behaupten, dass sie sich selbst etwas vormachen, sich belügen oder sogar täuschen lassen wollen und dass ihre therapeutische Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt ist, ob sie es glauben oder nicht ...
[F.A. S.60f]

Die persönlichen Zuwendungen, wenn auch raffinierter verpackt als früher, sind ein fester Bestandteil fast jeder Ärztekarriere geworden. Die meisten Ärzte können oder wollen nicht mehr darauf verzichten. Ein bekannter Arzt formulierte es mir gegenüber einmal so: "Ich habe mich an die zusätzlichen Einnahmen gewöhnt. Sie tun ja auch niemandem weh. Die Pharmakonzerne haben ja Geld wie Heu." Womit er sich selbst belog. Er sollte sich mal fragen, woher die Pharmakonzerne Geld wie Heu haben. Außerdem ist es eine Gewissensfrage, die jeder für sich selbst beantworten muss, ob man eine sogenannte cash cow sein, sich gut und ausgiebig von einem Pharmakonzern melken lassen und dafür ein bisschen Futter bekommen möchte ...
Vereinzelte Bemühungen von Ärzten, das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen, reichen aber nicht aus. Es fehlt an einer klaren Ablehnung solcher Praktiken und an den entsprechenden Gesetzen ... [F.A. S.72]

Die Zwischenfinanzierungen ... eine besonders raffinierte rechtliche Konstruktion ... [dabei] stellen die Konzerne dem Dienstgeber des Arztes, also üblicherweise dem Krankenhaus, [finanzielle] Mittel zu Verfügung ... erfüllen derzeit nicht den Tatbestand der Korruption ... [F.A. S.78f]

Pharmareferenten stellen unter dem Verkaufsdruck, unter den sie ihre Arbeitgeber anscheinend setzen, früher oder später fast zwangsläufig ihre [Umsatz-/Verkaufs-] Zahlen über die Patienteninteressen, und wenn sie anfangs noch moralische Grundsätze hatten, weichen diese mit der Zeit, und was am Ende bleibt, ist Skrupellosigkeit [keine moralischen Bedenken, die einen daran hindern, etwas Unrechtes zu tun] ... Das heißt, Pharmareferenten schwatzen Ärzten notfalls auch Medikamente auf, die sie selbst nie einnehmen würden und mit denen sie ihre eigenen Angehörigen nicht behandelt wissen wollen ... [F.A. S.78f, 82]

Ärztekongresse bieten ihrem Publikum über den Tag verteilt Vorträge und Diskussionsrunden an. Der internationale wissenschaftliche Austausch sollte im Vordergrund stehen. Doch wie bei den Pharmareferenten weicht auch bei den Ärztekongressen die Wirklichkeit von den eigentlichen Vorgaben ab. Sie scheinen nur auf dem Papier zu bestehen. Die Kongresse verkommen auch inhaltlich zu dem, als was die Pharmareferenten sie den Ärzten anbieten: Zu besseren Gourmet- und Genussreisen in Form pompöser Werbeveranstaltungen der Pharmakonzerne. Sie sind zu weitgehend überflüssigen Bauchpinsel-Events der Pharmakonzerne für die Ärzte geworden. Das läuft so: Die Ärzte dürfen gratis hinfahren, werden hofiert und sollen das Rahmenprogramm genießen. Dafür bekommen sie unter anderem auch begehrte Fortbildungspunkte, die sie zuhause nachweisen müssen [CME = Continuing Medical Education]. Mit gutem Grund dürfen die einladenden Pharmakonzerne doch wohl bei der nächsten Medikamentenverschreibung auf den guten ärztlichen Willen hoffen? Zumindest unbewusst. Die Ärzte dürfen sich wie VIPS [Very Important Persons = "Sehr wichtige Personen"] fühlen, was ihrer Seele schmeichelt. Sie werden umgarnt und in amikale Gespräche verwickelt, bei denen es letztendlich doch immer nur um die Produkte des einladenden Herstellers oder die Verschreibungszahlen des jeweiligen Arztes geht ... [F.A. S.87f]

Ich selbst ließ mich zuletzt 2011 von einem Pharmakonzern zu einem Kongressbesuch [in Amsterdam] einladen ... Auf einer Ablage [in meinem Hotelzimmer] neben dem Fernseher fand ich alle Unterlagen, die ich schon in Wien erhalten hatte, noch einmal vor ... Am Ende der Liste mit den Rahmenveranstaltungen ... stand eine Bitte: "Aus organisatorischen Gründen ersuchen wir Sie, sich möglich rasch für die Rahmenprogramme Ihrer Wahl anzumelden. Ein unbehagliches Gefühl der Vereinnahmung und Abhängigkeit beschlich mich ... Ich erwachte früh und schwor mir, dass dies der letzte Kongress sein würde, den ein Pharmakonzern für mich ausrichten durfte ... [F.A. S.92ff]

Nach dem größten Kongress der internationalen Gesellschaft für Multiple Sklerose in Lyon [2012] fragte ich beim Veranstalter EXTRIMS vor Ort nach, wie viele der rund 7000 Besucher [genau: 6822] ihren Aufenthalt selbst bezahlt hatten. Die Antwort war eindeutig: "Nur Sie." Als ich das auch schriftlich haben wollte, lehnte die Mitarbeiterin des Kongresschalters ab ..." [F.A. S.114]

Einzelne Ärzte sollen es sogar auf mehr als hunderttausende Euro im Jahr bringen, die sie von Pharmakonzernen beziehen. Oft übersteigen die materiellen Zuwendungen, die Ärzte von Pharmakonzernen erhalten, ihre Gehälter, die sie in ihrem Brotberuf als Ärzte verdienen. Damit sind sie von der Pharmaindustrie beträchtlich wirtschaftlich abhängig. Manche demnach vermutlich mehr als von ihrem eigentlichen Dienstgeber. Die medizinische Tätigkeit scheint für solche Ärzte nur noch ein Rahmen zu sein, den sie als Grundvoraussetzung für ihre weitaus lukrativere Werbungstätigkeit brauchen. Jeder, der über ein solches Tabu spricht, wird als Neider, Nestbeschmutzer und Querulant, der maßlos übertreibt und die Ärzteschaft nur in den Dreck zieht, denunziert und diskreditiert. Alles natürlich nur, um ihn zum Schweigen zu bringen, das heißt, "mundtot" zu machen und, wenn dies nicht gelingt, ihm eben seine Glaubwürdigkeit und Reputation zu nehmen. Hauptsache, niemand stört die in sich gewachsenen Regelkreisläufe vom Geben und Nehmen und ganz essentiell scheint zu sein, dass niemand darüber spricht ... [F.A. S.120]

Sinn und Zweck der disclosure banners [Offenlegung] wäre es ..., Zuhörern die Möglichkeit zu geben, etwaige Einflussnahme von Geldgebern auf den jeweiligen Experten [Meinungsbildner] abzuschätzen. Mit dem Wissen über das Abhängigkeitsverhältnis würden viele Zuhörer die "Daten und Fakten", die so ein Experte vorlegt, und die Schlüsse, die er daraus zieht, mit etwas mehr Vorsicht zur Kenntnis nehmen oder gleich im Vorhinein hinterfragen können ...

Eine ehrliche Offenlegung könnte dann in etwa so lauten: "Das Medikament wird von Firma A hergestellt. Für diesen Vortrag bekomme ich von Firma A den Betrag X. Bisher habe ich folgende Zuwendung von der Firma A erhalten ... Die Firma hat letztes Jahr mit dem Medikament, über das ich hier spreche, soundso viel Milliarden Euro Umsatz gemacht. Ich selbst habe letztes Jahr soundso viel Patienten auf dieses Medikament eingestellt ...
In der Praxis klingt der Text anders: "Ich denke, Sie wissen alle über meine disclosures Bescheid und wir können gleich zum wichtigen Teil kommen. Lassen Sie uns also keine Zeit verschwenden, das Programm ist dicht" ...

Die Mehrheit der praktizierenden Ärzte ist sogar noch beeindruckt von möglichst langen disclosure banners. Da der Vortragende für so viele Firmen spricht, unterstellen sie ihm nicht etwa besonders leicht käuflich zu sein, sondern im Gegenteil, sie vermuten besonders hohe Kompetenz. Der muss doch etwas drauf haben, wenn er vür so viele Firmen sprechen darf, hofiert wird und mit Vorträgen durch die Lande ziehen darf, denken sie ...

Wer in diesem Regelkreis [Medizin - Establishment - Meinungsbildner - Arzt - Pharma - Wirtschaft - Politik - Patient] nicht mitspielt, wer hinterfragt und die Missstände benennt, für den gibt es auch eine eigene Behandlung. "Wenn du einmal als Querulant verschrien bist, wirst du diesen Ruf nie wieder los", sagte einmal ein Kollege wohlwollend und warnend zu mir. "Kritiker als Querulanten anzupatzen ist eine sehr effiziente Methode der Ausgrenzung und diese Branche ist besonders gut darin." Die kritischen Ärzte haben es in der Branche tatsächlich schwer. Das ist vermutlich in jedem System so, das in sich gewachsen ist und aus Sicht der daran Beteiligten und davon Profitierenden gut funktioniert. Sie brauchen keine Kritiker. Ich habe das aufgrund meiner unangenehmen Fragen selbst schon erlebt ...

"Wenn du nichts annehmen willst, ist das deine ganz persönliche Entscheidung, aber lass uns alle in Ruhe"
.... "Dir ist schon klar, dass du, wenn du nichts nimmst und auch noch offen legst, dass du nichts nimmst, uns alle wie Pharmahuren hinstellst" ... "Sei dir bewusst, was du da lostreten könntest" ... "In Wirklichkeit verstehen wir uns doch alle und kommen gut miteinander aus. Es ist nicht notwendig, einen Spalt in die Gemeinschaft zu treiben" ... "Hier zahlt niemand selbst" ... "Du musst höllisch aufpassen, wie weit du dich mit deiner Kritik aus dem Fenster lehnst" ... "Die Leute hören so oder so kaum zu. Sie hören nur, was sie hören wollen. Ganz schlimm wird es, wenn sie dann aufhören dir zuzuhören, wenn sie merken, dass du sprichst, und hinter vorgehaltener Hand tuscheln und Geschichten über dich erfinden, von denen du selbst nichts weißt, weil du sie nie erlebt hast" ... "Auch wenn das, was du sagst, noch so berechtigt ist, kriegst du damit den Stempel des Querulanten aufgedrückt. Das passiert allen, die sich mit dem System anlegen, denn alle leben von diesem System" ... [F.A. S.124f, 127f, 129f]

Bloß eines vergessen alle Beteiligten: Wenn den überragenden Teil der weltweiten FORSCHUNG im Bereich der MEDIZIN genau die FIRMEN finanzieren, die ihre PRODUKTE zu möglichst hohen Preisen und in möglichst großen Mengen auf den MARKT bringen wollen, und wenn genau diese FIRMEN auch die KOMMUNIKATION und die BERICHTERSTATTUNG ÜBER IHRE EIGENE FORSCHUNG oder zumindest großteils durch sie finanzierte Forschung steuern, dann liegt ein SYSTEMFEHLER vor, das am Ende der Forschung und den Patienten schadet ..." [F.A. S.141f]

In letzter Konsequenz bedeutet dieser Teufelskreis [Pharmamarkt - Medikamentenkosten/-ausgaben - Gesundheitssystem - Nichthonorierte Zuwendung usw.], dass die Pharmakonzerne umso mächtiger werden, je schwächer die Gesundheitsapparate werden ... [F.A. S.168]

Ich schätze, dass mindestens zwei Drittel der in der westlichen Welt verschriebenen Medikamente überflüssig sind und ein großer Teil davon, statt Nutzen zu bringen, schweren Schaden anrichtet. Würde eine Epidemie auch nur annähernd so viele Todesopfer fordern, wie sie die Flut an Medikamenten [Multimedikation = Polypharmazie (1)] und deren Nebenwirkungen wahrscheinlich fordert, wäre weltweit ein Aufschrei zu hören. Die internationalen und nationalen Gesundheitsbehörden und -organisationen würden weitreichende Gegenmaßnahmen ergreifen, um dem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Stattdessen sehen wir zu, wie die Medikamentenflut (1) ausartet und wie jedes Jahr wahrscheinlich mehr Menschen an den Folgen der Langzeitnebenwirkungen von Medikamenten sterben als bei Verkehrsunfällen. Einer der Gründe für das tödliche Risko der Medikamente: In der gängigen Verschreibungspraxis sammeln sich bei vielen Patienten lange Listen von Medikamenten an, die sie einzunehmen haben, deren Wechselwirkungen aber weder Ärzte noch Wissenschaftler voraussehen und ergründen können. Manche Patienten nehmen Tagesrationen von Medikamenten zu sich, von denen alleine sie satt werden würden. Unter vielen Ärzten gilt deshalb inzwischen der Grundsatz: Wenn du nicht weißt, was der Patient hat, dann setze einfach kontrolliert die Hälfte der Medikamente ab, die er bisher eingenommen hat. In der Regel kommen die Patienten dann nach einigen Wochen und sind überglücklich. "Ich weiß nicht, was genau Sie gemacht haben, aber ich fühle mich wie neu geboren", sagen sie dann ...
Die Wechselwirkungen (1) lassen sich höchstens für zwei bis drei gleichzeitig eingenommene Medikamente mit einiger Verlässlichkeit abschätzen ... Das heißt: Wer drei oder noch mehr Medikamente (1) gleichzeitig einnimmt, befindet sich im biochemischen Blindflug. Weder er selbst noch irgendjemand anderer weiß ober kann wissen, was in seinem Körper wirklich passiert und ob die Zuasammenstellung der Medikamente nicht zu erheblichen Nebenwirkungen oder sogar zu seinem Tod führen kann ... [F.A. S.181, 182f]

... dass ein bislang sehr oft nicht existierendes Problem zum Problem gemacht wird. Genau das gilt für viele Patienten jeden Alters, die jetzt regelmäßig Medikamente (1) einnehmen: Würde sich jemand genauer mit ihnen befassen, würde sich rasch herausstellen, dass sie sehr oft gar keine oder wesentlich weniger Medikamente (1) brauchen und dass es viel einfachere Lösungen für ihr Problem gäbe, falls das Problem denn überhaupt eines ist ..." [F.A. S.196]

(1) Siehe LEISTUNGEN: [Strg] + [F] "Polypharmazie = Multimedikation" unter Angewandte Allgemeinmedizin & Geriatrie >>>



"Wie sollen solche Personen [die sog. Impf-Lobbyisten] fähig sein, eine von ihren eigenen finanziellen Verflechtungen
unabhängige Expertise in die STIKO [1] einzubringen?
Als ich Fred Zepp [Uni Mainz] auf diese INTERESSENS-
KONFLIKTE ansprach, entgegnete er mir unwirsch:
"Wenn Ihnen das nicht passt, so müssen Sie die STIKO [1]
eben mit Hausfrauen besetzen." Ein Argument, das wohl aussagen soll, dass die "Wissenschaft vom Impfen"
so überaus kompliziert ist, dass nur Menschen mit engen Beziehungen zur Industrie überhaupt in der Lage
sind, das zu verstehen.
Die weitgehend unkritische Nähe zur Industrie ist nicht nur ein Merkmal der deutschen Impfexperten-Szene.

Claire-Anne Siegrist, die langjährige Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Impffragen [EKIF Bern],
steht auf der Honorarliste fast aller großen Impfstoffhersteller. Und der frühere Vorsitzende des österreichischen
Impfausschusses im Obersten Sanitätsrat, Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, war sich nicht zu blöd dafür, gleichzeitig
als Präsident des Österreichischen Grünen Kreuzes zu fungieren, eines Lobbyvereins für Impfstoff-PR. Dieser
Verein wurde mittlerweile in "Österreichische Liga für Präventivmedizin" umgetauft. Viele der Chef-Lobbyisten
des österreichischen Impfwesens versammeln sich in diesen und ähnlichen Organisationen. Und während in
Deutschland die STIKO - nach heftiger öffentlicher Kritik in den Nachwehen der Ära H.-J. Schmitt [nach 2007]
 - mittlerweile deutlich transparenter und offener agiert, haben die industrienahen Impfexperten in Österreich
die Gesundheitspolitik fest im Griff. Während es nach wie vor keine öffentlich zugängliche Datenbank für
Verdachtsfälle von [Impf-] Nebenwirkungen gibt, platzt im Gegenzug der aktuelle österreichische
Impfplan [2] aus allen Nähten. Kein Land empfiehlt so viele Impfungen wie Österreich ..."


Aus: Bert Ehgartner (österr. Wissenschaftsjournalist): "Gute Impfung - Schlechte Impfung:
Der umfassende Ratgeber" Teil I: Die Impf-Lobbyisten S.31f, Ennsthaler 2018
[1] Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut Berlin
[2] www.sozialministerium.at/site/Gesundheit/Krankheiten
_und_Impfen/Impfen/Impfplan



Was sich ändern muss


"... Ich [Priv.Doz. Dr. med. Fahmy Aboulenein] skizziere, was sich ändern muss, damit die gröbsten Missstände des [Medizin - Establishment - Meinungsbildner - Arzt - Pharma - Wirtschaft - Politik - Patient] Systems erfolgreich bekämpft werden können. Ich darf vorausschicken: Es wäre gar nicht so schwierig und es zahlt sich für uns alle aus. Denn wir alle sind Patienten. Wir zahlen hohe Versicherungsbeiträge und Steuern, um unser Gesundheitssystem als eine der tragenden Säulen unserer Gesellschaft zu finanzieren. Vieles in diesem System ist teuer. Räumlichkeiten, Instrumente, Personal, jeder einzelne Tupfer, all das kostet Geld. Wenn in dieser Maschinerie die einzelnen Schrauben derart verdreht sind, dass in einem Kostenbereich, jenem der Medikamente, die Preise so ausufern, dass das ganze System darunter ächzt und irgendwann unfinanzierbar wird, wird die politische Bedeutung der Pharmaindustrie deutlich.

Die Patientenversorgung wird zunehmend unmöglicher. Es mangelt an ausreichender Verfügbarkeit von Ärzten, die auch wirklich Zeit für ihre Patienten aufwenden können, an Ambulanzen, in denen Patienten nicht stundenlang auf ihre Betreuung warten müssen, und an regionalen Krankenhäusern, die wir für eine flächendeckende Versorgung zusätzlich zu den großen Spitälern brauchen. Patienten und Ärzte brauchen vor allem eins: Zeit, um Diagnosen stellen zu können, Behandlungsschritte erklären zu können und damit Patienten überhaupt erst betreuen zu können. Anstelle dessen tritt eine immer schnellere, nahezu überhastete Medizin, die Patientenkontakte sehr oft auf wenige Minuten reduziert. Speed kills.

Anstelle eines ausführlichen erklärenden und klärenden Gesprächs erhalten Patienten scheinbar sehr rasch Medikamente verschrieben und werden auf einen Kontrolltermin vertröstet. Ja, es ist meistens viel leichter, ein Medikament zu verschreiben, als ein Medikament nicht zu verschreiben, heißt es. Dies kann gar nicht oft genug wiederholt werden, da immer noch viele Patienten glauben, dass ein Arzt umso besser ist, je mehr Medikamente er verschreibt. Dabei ist es zumeist genau umgekehrt ... Wir müssen dieses System ["Pharmaindustrie - Ärzteschaft - Patienten - Wirtschaft - Politik"] verändern, solange es noch nicht zu spät ist.

1. Wir müssen die VERSCHREIBUNGSPRAXIS grundlegend überdenken. Ärzte dürfen nicht für jedes Zwicken und Zwacken ein Medikament verschreiben, das wiederum nur neue Probleme mit sich bringen kann und sehr oft auch mit sich bringt.

2. Wir müssen die PREISPOLITIK bei MEDIKAMENTEN überdenken. Gefordert ist hier eine transparente Preisgestaltung. Das würde ein Eingreifen des Staates in marktwirtschaftliche Mechanismen bedeuten. Angesichts des öffentlichen Interesses am Produkt Medikament und am Weiterbestand unseres Gesundheitssystems erscheint mir dies jedoch zulässig.

3. Pharmareferenten muss im Prinzip der Zugang zu Krankenhäusern und Arztpraxen untersagt werden. Sie halten Ärzte von der Arbeit ab und handeln längst nicht mehr im Sinne des Gesundheitswesens oder des Patienten. Per Definition bringen Pharmareferenten keine unabhängigen Informationen. Sie werden von ihren Arbeitgebern, den Pharmakonzernen bezahlt, die für ihre Bezahlung auch eine Leistung verlangen dürfen. Bis das Gegenteil bewiesen ist, handelt es sich bei dieser Information um einseitige Werbung, die nichts in Arztpraxen und Krankenhäusern verloren hat und ausnahmslos zu verbieten ist.

4. Alle Zuwendungen der Industrie und die Zwischenfinanzierung sollten ausnahmslos verboten sein. Wenn dies aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sein sollte, müssten Ärzte, Krankenpflegepersonal und jeder andere Mitarbeiter im Gesundheitssystem jegliche Art der finanziellen Zuwendung eindeutig und auch für Patienten nachvollziehbar offenlegen [disclosures (1)].

5. Alle Ärzte [Meinungsbildner = Mietmäuler], die ZUWENDUNGEN von der PHARMAINDUSTRIE beziehen, sind von sämtlichen Positionen, Funktionen und Aufgaben auszuschließen, in denen sie Einfluss auf allgemeine Diagnoseleitlinien und Behandlungsrichtlinien haben.

6. Die Rahmenbedingungen für klinische Studien müssen ausschließlich von den zuständigen Gesundheitsbehörden festgelegt werden. Ob überhaupt eine Studie durchgeführt wird und wenn ja, welchem Design sie folgen muss, sollte ausschließlich die Behörde entscheiden. Ein Totschlagargument der Pharmaindustrie gegen diesen Vorschlag lautet: "Damit sind die Zulassungsstudien und klinischen Anwendungsbeobachtungen nicht mehr finanzierbar oder werden zu einer weiteren Belastung für das Gesundheitswesen." Dem wäre natürlich nicht so, wenn die Pharmakonzerne dazu verpflichtet wären, Geld in einen Topf einzuzahlen, aus dem die Behörden die Studien finanzieren könnten. Hiermit wäre eine klare Trennung zwischen Studienkonzept und Design und der Finanzierung vollzogen. Die öffentliche Hand wäre in der Lage, die von der Wissenschaft schon lange geforderten sogenannten head-to-head trials ["Vergleichsstudien"] zu organisieren und durchzuführen. Medikamente verschiedener Hersteller würden hierbei direkt miteinander verglichen werden. Die Studien würden so endlich auf ein überschaubares und notwendiges Ausmaß reduziert, unabhängig von der Pharmaindustrie organisiert, durchgeführt und vor allem unabhängig von der Industrie ausgewertet werden. Ich glaube, dass sich die Pharmakonzerne gegen diesen Vorschlag wehren würden. Denn damit würden erstmals objektive und tatsächlich unabhängige Daten großer head-to-head trials ["Vergleichsstudien"] über die Wirkung der Medikamente endlich einmal direkt verglichen werden können.

7. KLINISCHE STUDIEN und ANWENDUNGSBEOBACHTUNGEN, die trotzdem von der Pharmaindustrie finanziell unterstützt werden, sollten den Journalen, in denen sie publiziert werden, keinen Impact-Factor [bibliometrischen Journal-Einflussfaktor = Einfluss eines Journals auf die Branche (Neurologie, Psychiatrie, Innere Medizin usw.] bringen dürfen.

8. FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN für ÄRZTE müssen von PHARMAKONZERNEN unabhängig sein. Da die Pharmakonzerne erklären, dass ihnen die Fort- und Weiterbildung der Ärzte ein vordringliches Anliegen ist, spricht nichts dagegen, auch hier einen gemeinsamen Finanzierungstopf einzurichten, aus dem nationale Fortbildungskonten für Ärzte eingerichtet werden. Die Pharmakonzerne übernehmen damit die Kosten, die Gestaltung der Fortbildung kann dann aber durch tatsächlich unabhängige Fachgesellschaften und Expertengremien erfolgen.

9. Die medizinischen FACHGESELLSCHAFTEN müssen von der PHARMAINDUSTRIE gänzlich unabhängig sein und dürfen nicht auf finanzielle Mittel einzelner Pharmafirmen angewiesen sein. Denkbar ist auch hier, dass ein Fonds mit den Mitteln der Pharmaindustrie geschaffen wird, die die Pharmaindustrie ohnehin den Fachgesellschaften zur Verfügung gestellt hätte. Die Pharmaindustrie würde in einen solchen Fonds nur einzahlen. Über die Verwendung müsste die Gesundheitsbehörde bestimmen. So wäre auch gewährleistet, dass die Mittel gleichmäßig und nach Notwendigkeit verwendet werden. Medizinische Sparten, die für Pharmakonzerne besonders lukrativ sind, würden nicht länger bevorteilt.

10. Jeglicher ZUGANG der PHARMAINDUSTRIE zu PATIENTEN, sei es durch Datenflüsse oder Maßnahmen wie direkte Services etwa im Bereich der Einschulungen [oder "Selbsthilfegruppen"], gehört ausnahmslos abgeschafft und verboten.

Mit diesen Zehn Maßnahmen, die bei vorhandenem Willen allesamt umzusetzen wären, würden wir viele grundlegende Probleme unseres Gesundheitswesens, die stetig an Brisanz gewinnen und immer dringlicher werden, schlagartig lösen. Ja, die Welt würde mit einem Schlag ganz anders aussehen. Wer wettet dagegen?

Aus: Fahmy Aboulenein (b.1973, Doz.Dr.med., Österreichischer Arzt, Neurologe, MS-Spezialist):
"Die Pharma-Falle - Wie uns die Pillen-Konzerne manipulieren" Die Pharmareferenten: Die legale
Korruption S.57. Per Du mit der anderen Seite S.60f. Nett aber überflüssig S.72. Die Schmeichel-
Falle S.78f. Systembedingte Skrupellosigkeit S.80, 82. Die Kongresse: S.87f. Akademischer
Städtetourismus S.92f. Systematische Unterwanderung S.114. Vereinbare Unvereinbarkeit
S.120. Das Spiel mit der Wertschätzung S.127. Besser ausspannen als kritisieren S.128, 129f.
Die Wissenschaftlichen Publikationen: Totale Abhängigkeit S.141f. Die Medikamenten-
preise: Unfreier Markt S.168. Die Medikamentenflut: S.181f. Kaputt machende Pharmazie
S.182fWas sich ändern muss S.197 - 203 edition a 2016

Siehe auch ZITATE: Josef Zehentbauer: Der Seelenvogel >>>

(1) Offenlegung von Zahlungen durch die Pharmaindustrie - Disclosures: www.ti-austria.at
Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA):
Europäischer Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen
sowie einzelner Pharmaunternehmen. http://transparency.efpia.eu
http://transparency.efpia.eu/the-efpia-code-2
www.terrapinn.com/conference/evidence-us