"Wir wissen noch nicht, wie man als GEMEINSCHAFT lebt,
wie man mit anderen teilt. Wir wissen das nicht deshalb nicht,
weil es an Moral fehlte, sondern weil wir uns nicht als Familie
erfahren, die aus einer gemeinsamen QUELLE lebt."
Aus: Willigis Jäger OSB / Ko-un Rōshi (b.1925, Dtsch. Benediktiner,
Zen-Meister): „In jedem Jetzt ist Ewigkeit – Worte für alle Tage“
15.Dezember S.230, herausgegeben von Christoph Quarch
KÖSEL 2003


BITTE NENNE MICH BEI MEINEM WAHREN NAMEN

Sage nicht, dass ich morgen fortgehe -
denn ich komme doch heute gerade erst an.
 
Betrachte es ganz tief: Jede Sekunde komme ich an -
sei es als Knospe an einem Frühlingszweig
oder als winziger Vogel mit noch zarten Flügeln,
der im neuen Nest erst singen lernt;
ich komme als Raupe im Herzen der Blume
oder als ein Juwel, verborgen im Stein.
 
Ich komme stets gerade erst an,
um zu lachen und zu weinen,
mich zu fürchten und zu hoffen.
Der Schlag meines Herzens ist Geburt und Tod
von allem, was lebt.
 
Ich bin die Eintagsfliege, die an der Wasseroberfläche
des Flusses schlüpft.
Und ich bin auch der Vogel,
der herabstürzt, um sie zu schnappen.
 
Ich bin der Frosch, der vergnüglich
im klaren Wasser eines Teiches schwimmt.
Und ich bin die Ringelnatter, die in der Stille
den Frosch verspeist.


Ich bin das Kind aus Uganda, nur Haut und Knochen,
mit Beinchen so dünn wie Bambusstöcke;
und ich bin der Waffenhändler,
der todbringenden Waffen
nach Uganda verkauft.
 
Ich bin das zwölfjährige Mädchen,
Flüchtling in einem kleinen Boot,
das von Piraten vergewaltigt wurde
und nur noch den Tod im Ozean sucht;
und ich bin auch der Pirat -
mein Herz ist noch nicht fähig, zu erkennen und zu lieben.
 
Ich bin ein Mitglied des Politbüros
mit reichlich Macht in meinen Händen;
und ich bin der Mann, der seine "Blutschuld"
an sein Volk zu zahlen hat
und langsam in einenem Arbeitslager stirbt.
 
Meine Freude ist wie der Frühling, so warm,
dass sie Blumen auf der ganzen Erde erblühen lässt.
Mein Schmerz ist wie ein Tränenstrom, so mächtig,
dass er alle vier Meere auffüllt.


Bitte nenne mich bei meinem Namen,
damit ich all mein Weinen und Lachen
zugleich hören kann;
damit ich sehe,
dass meine Freude und mein Schmerz eins sind.
 
Bitte nenne mich bei meinem wahren Namen,
damit ich erwache,
damit das Tor meines Herzens
von nun an offensteht -
das Tor des Mitgefühls.

THICH NHAT HANH (1926-2022), vietnamesischer buddhistischer Mönch, Schriftsteller und Lyriker. Zenmeister und Friedensaktivist. In den 50iger Jahren des 20. Jhd. gründete er und seine Ordensbrüder und -schwestern eine Bewegung, die als "Engagierter Buddhismus" bekannt wurde. Er lebt in "Plum Village", (Làng Mai), einem buddhistisches Meditationszentrum im Département Dordogne, im südlichen Frankreich. Es wurde 1982 von ihm gegründet. Jedes Jahr finden dort Retreats (Einkehrtage) statt, die von Tausenden von Menschen aus der ganzen Welt besucht werden.
Aus: Thich Nhat Hanh: „Nenne mich bei meinem wahren Namen – Meditative Texte und Gedichte“ („Call Me by My True Names: The Collected Poems of Thich Nhat Hanh“ Parallax Press, 1999) 1. Die Historische DimensionHerder, Bitte nenne mich bei meinen wahren Namen, S.91f 1998
"Dieses Gedicht schrieb ich 1972, zu der Zeit, als wir den Boat People [Bootsflüchtlingen, im Vietnam Krieg (1955-1975)] halfen. Es wurde erstmals auf einem Retreat (Einkehrtag) im Zentrum "De Kosmos" in amsterdam, Niederlande, vorgelesen."



"Es ist für eine Mutter beinahe unmöglich zu entscheiden,
zu welchem Zeitpunkt man einem Kind erklären kann,
dass es auf dieser Welt Menschen gibt, deren
Ideologie in der kompletten Vernichtung aller Juden
und all derer, die damals "unerwünschte Elemente"
waren, bestand, und dass man diese Menschen auf
grausamste und technisch absolut vollendete Weise
ermordet hat.

Naiv hatte ich geglaubt, dass unser Leiden das Ende aller Leiden gewesen sei,
und wollte vor allem vermeiden, Hass in die Seele meiner Kinder zu pflanzen.
Ich hatte einige Illusionen nach unserer Befreiung. Die meisten sind
leider inzwischen erschüttert worden. Die schlimmste Erkenntnis ist,
dass es heutzutage Menschen gibt, und nicht nur dumme und unintelligente,
die behaupten, der HOLOCAUST sei eine grobe Übertreibung -
sogar eine komplette Lüge.


Dazu kommt, dass viele Menschen glauben, wir Überlebenden des Holocaust
wollten nicht darüber sprechen. Ich bestreite das. Man hat uns nicht gefragt.

Ich glaube, dass die Mehrzahl der Überlebenden eines gemein hat:
Wir wollten "Normalität". Normalität für uns und für unsere Kinder.
Es hat Jahre gebraucht, bis ich begriffen habe, dass Normalität nicht
etwas ist,das man aus der Luft zaubern kann.

Was ist daran "normal", wenn man zögert, seinen Kindern auf die Frage
zu antworten, warum sie keine Großeltern haben - aus Angst, sie
zu traumatisieren?
Die Antwort würde lauten, dass sie in irgendeinem
Massengrab in Polen liegen. Normalität für meine Kinder bedeutet auch,
dass sie sich nicht anders und isoliert fühlen sollten. Heute, fünfzig Jahre
später, weiß ich, dass das ein Wunschtraum war ..."

Aus:
Anita Lasker-Wallfisch (b.1925, britische Cellistin, Überlebende des Mädchenorchesters von KZ-Auschwitz):
„Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen“ („Inherit the Truth 1939-1945:
The Documented Experiences of a Survivor of Auschwitz and Belsen“ 1996)
Einführung. Auszugsweise p 21. rororo 11. Auflage 2011 (1997)



SS
-Emblem
Die Schutzstaffel (SS) der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei - NSDAP,
wurde am 4. April 1925 als Saalschutz der NSDAP von Adolf Hitler gegründet.

"Die deutsche SS [Schutzstaffel] ist ein Begriff geworden. Die Mörder und Henker, Folterer und Räuber
und ihre bestialischen weiblichen Helferinnen sind in der ganzen Welt durch Fotos, Filme und Radio-
sendungen, durch die einwandfreien Berichte über ihre Taten und Untaten bekannt geworden. Das Bild
dieser Typen mag ein wenig schematisch sein, aber es ist gut und richtig, dass es zur INKARNATION
ALLES BÖSEN wurde, damit wir es unserer Jugend übermitteln und es vor sie hinstellen,
zur ewigen Warnung und Abschreckung.
Doch liegt auch eine gewisse Gefahr darin, ihnen ob der Größe ihrer Verbrechen etwas von der dämonischen
Größe eines Nero [Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus: 37 - 68 n.u.Z., von 54 bis 68 römischer Kaiser]
oder Caligula [Gaius Caesar Augustus Germanicus: 12 - 41 n.u.Z., von 37 bis 41römischer Kaiser] anzudichten.
Vielleicht saßen an den obersten Stellen solche Übeltäter von Format. [Heinrich] Himmler [1900-1945, Reichs-
führer-SS, Chef der Deutschen Polizei ] mag wirklich ein moderner Nero gewesen sein, obwohl er auf mich doch
eher den Eindruck eines verklemmten Schreibtischhengstes gemacht hat. Aber was wir zu Gesicht bekamen,
war eine Auslese besonders kleiner, besonders dummer, besonders unfähiger Leute. Und die kamen sich groß-
artig vor, wenn sie in geraubten Villen wohnten und geraubte Autos fuhren, die meinten, Damen zu sein, wenn
sie Pelzmäntel trugen. Dieser soziale Ehrgeiz beherrschte sie in einem Ausmaß, dass sie Schweiß und Blut
der Häftlinge, die ihre Häuser gebaut oder die sie beraubt hatten, dass sie das Jammern der jüdischen Frauen,
denen sie vor den Gaskammern ihre Pelzmäntel abnahmen, vollkommen kalt ließ. Die Frauen und Männer
der Waffen-SS zeichneten sich durch eine letztklassige Raffgier aus. Die SS privat - das ist eines
der jämmerlichtsen Kapitel der Geschichte des Tausendjährigen Reiches.
Man darf aber nicht glauben, dass diese ganze SS einen einheitlichen Menschentypus darstellte.
Es waren auch hier die verschiedensten Geister und Charaktere vertreten, die sich allerdings in
der grausigsten Weise ergänzten und in einem genial zu nennenden Aufeinander-eingespielt-sein
die größten Verbrechen der Weltgewchichte begingen...
Es war den Nazis [Anhängern des Nationalsozialismus: einer radikal antisemitischen, rassistischen, antikom-
munistischen und antidemokratischen Ideologie] gelungen, worum die sozialistischen und kommunistischen
Parteien sich jahrelang vergeblich bemüht hatten: Kleinbürger dazu zu bringen, ihre ökonomisch ja tatsächlich
gegebene Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse einzusehen und sogar freiwillig zu bejahen, und ihnen gleichzeitig
durch den über die NSDAP möglichen Aufstieg zu den höchsten Machtpositionen das Bewusstsein zu geben,
in dem Staat, in dem in Wahrheit alles Geschehen auf die Vernichtung ausgerichtet war, "etwas zu reden
zu haben" ... Den Menschen hingegen, die für diesen beschwerlichen Weg der Befreiung aus den Fesseln
der Unkenntnis und Unbildung zu schwach oder zu unbegabt waren, bot Hitler einen bequemeren Aufstieg
aus sozialer Machtlosigkeit zu dem Gefühl, der kulturell maßgebenden Schicht anzugehören. Sie bildeten
das proletarische Menschenreservoir der NSDAP ... Nur, wenn DUMMHEIT sich mit MACHT verbindet,
dann geschieht Fürchterliches, ehe sie beide überwältigt werden ..."

Aus: Ella Lingens, Peter Michael Lingens: "Gefangene der Angst: Ein Leben im Zeichen des Widerstandes"
(„Prisoners of Fear“ Victor Gollancz London 1948) 11. Die Wächter S.253, 263f, 286. Deutike Verlag 2.Auflage 2003
[Meine Ergänzungen]

"Es musste der schwere Entschluss
gefasst werden, dieses Volk
von der Erde
verschwinden zu lassen."


Heinrich Himmler
[Reichsführer-SS, (1900-1945 Zyankali-Suizid],
Geheimrede in Posen [Polen],am 6. Oktober 1943

Aus: Daniel Jonah Goldhagen: „Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust”
(Hitler’s Willing Executioners: Ordinary Germans and the Holocaust 1996) Teil II: Das eliminatorische Programm
und seine Institutionen. Seite 163 GOLDMANN 2000
SS-Emblem Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schutzstaffel

"Michel Foucault [1926-1984, fr. Philosoph, Psychologe, Soziologe] (1) bezeichnet die moderne Gesellschaft
als
"Normalisierungsgesellschaft": Die Humanwissenschaften, ob Medizin, Psychologie oder Soziologie,
konstruieren eine (statistisch definierte) Norm, an welcher Menschen gemessen werden.
Abweichungen
von dieser Norm
gelten als pathologisch ["krankhaft"] und damit behandlungsbedürftig. Der Genozid, also
der Mord an ausgegrenzten und problematisierten Volksgruppen, kann eine extreme Maßnahme einer
solchen "Behandlung" sein, die das Ziel hat, eine wissenschaftlich begründete Gesellschaftsordnung her-
zustellen (1) ... In seiner Auseinandersetzung mit dem
Holocaust als Auswuchs rationaler Sozialplanung
betont auch Zygmund Baumann 2000 [1925-2017, poln.-brit. Philosoph, Soziologe] (2), dass moderne
Gesellschaften, die eine künstliche soziale Ordnung schaffen wollen, inhärent (3) rassistisch (4) sind.
Diejenigen, die nicht in diese anvisierte Ordnung passen, werden zum Problem, das sozialplanerisch,
medizinisch und im Extremfall durch Vernichtung gelöst werden soll:
"Es gilt, die Gesellschaft neu zu
erschaffen, um sie in ein übergreifendes, an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiertes Schema
zu zwingen"
(2, p.106) ... Allen, die den Normalitätsanforderungen der industrialisierten Gesellschaft
nicht entsprachen, ob Trinker, Huren, Arbeitslose, Kriminelle, Begriffsstutzige, Krummgewachsene
oder aufrührerische Gewerkschafter, unterstellten die neuen Fortpflanzungsexperten [Genetiker,
Eugeniker] krankhafte Erbanalgen und versuchten sie auszusondern ... Daher begrüßten die
deutschen Eugeniker und Rassenhygieniker begeistert den
Nationalsozialismus: Endlich
konnten genetische Modelle und Theorien auch am Menschen erprobt werden. Durch
Ehetauglichkeits-Prüfungen, Zwangssterilisationen, Ehe- und Sexualverbot und
schließlich die planmäßige "Vernichtung (lebens-) unwerten Lebens" versuchten
die Nationalsozialisten, eine an genetischen Konzepten orientierte rassen-
hygienische Politik durchzusetzen..."

Aus: Silja Samerski: "Die Entscheidungsfalle - Wie genetische Aufklärung die Gesellschaft entmündigt"
Anmerkungen: 14, Seite 147, 2. Genetische Aufklärung 2.3. Zur Vorgeschichte: Genetik als Grundlage
von Sozialpolitik 2.3.1. Die wissenschaftliche Verwaltung von Erbanlagen S.32, Glossar: Eugenik S.128
WBG 2010. [Meine Ergänzungen]
Alfred Hoche (1865-1943, Prof. f. Psychiatrie/Freiburg), Karl Binding (1841-1920, Prof. f. Rechtswissenschaften):
"Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens - Ihr Maß und ihre Form" Verlag von Felix Meiner
in Leipzig 1920, www.staff.uni-marburg.de/~rohrmann/Literatur/binding.html
(1) Michel Foucault: "Leben machen und sterben lassen. Die Geburt des Rassismus" In: Lettre Inter-
national, Frühjahr 1993:62-66. (2) Zygmund Baumann: "Dialektik der Ordnung. Die Moderne und
der Holocaust" Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 1992 (3) inhärent: lat."in etwas hängen",
"an etwas haften"; innewohnend, anhaftend, so, dass es immer schon zu einer Sache dazu-
gehört und Teil von ihr ist. (4) rassistisch: Die Meinung, dass Menschen einer bestimmten
Ethnie (Angehörige eines bestimmten Volkes) - "Rasse" (heute abwertend!) weniger
"wert" sind als andere. [Quelle: Internet]

TODESFUGE

Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken

wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne
er pfeift seine Rüden herbei

er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz


Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken

Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab
in den Lüften da liegt man nicht eng


Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends
wir trinken und trinken

ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen

Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken

der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod
ist ein Meister aus Deutschland

dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith


Paul Celan
(bis 1947 Paul Antschel)
(1920-1970)
Deutsch-jüdischer Lyriker

Aus: Paul Celan: „Todesfuge und andere Gedichte: Text und Kommentar“ Seite 11f.
Suhrkamp 2004 ("Mohn und Gedächtnis" 1952)

Sulamith = Hebräisch die "Friedfertige", die "Friedliche"
Unterrichtseinheit zu Paul Celans "Todesfuge": www.fasena.de/download/daf/Todesfuge.pdf

"Paul Celan, der große jüdische Dichter deutscher Sprache, beobachtete einst voller Mißtrauen
die verdächtige Popularität seiner
"Todesfuge" [1952], von der er vermutete, dass sie unseren Seelen,
dank ihrer Ästhetik, eine "magische Erleichterung" verschaffe.

Der Wohlklang seiner Verse, schrieb ein kritischer Amerikaner, habe die Unruhe in den Herzen und Gemütern
vieler Deutscher besänftigt: sie durften dank des schönen Mediums, wie er sagte, "ihre Schuld auf wunderbare
und schmerzlose Weise wahrnehmen". Das Grauen ließ sich in Worte fassen, die bei feierlichen Anlässen
mit allem Pathos offizieller Ergriffenheit deklamiert werden durften: Das schien Trost genug zu sein.

Aber Scham und Furcht lassen sich nicht fortreden, auch nicht mit den Worten der Dichter ...

Ein ferner Abglanz jener (deutsch-jüdischen) Welt zieht seine Spur auch durch diese Chronik
des Grauens. Und mit ihm, hinter dem Entsetzen kaum mehr sichtbar, eine unbesiegbare Liebe
zum Leben. Ohne sie hätten Anita und Renate [ihre Schwester] das Inferno
der Lebens- und Menschenverachtung nicht überstanden."
(Klaus Harpprecht, 1996)

Aus: Anita Lasker-Wallfisch (b.1925): „Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen“
(„Inherit the Truth 1939-1945: The Documented Experiences of a Survivor of Auschwitz and Belsen“
Giles de la Mare Publishers 1996) Vorwort von Schwager Klaus Harpprecht (b.1927).
Auszugsweise pp 10, 15. rororo 11. Auflage 2011 (1997)



"Es hat viele Jahre gedauert, bis mir klar wurde, dass der Holocaust mit Schweigen
nicht aus der Welt zu schaffen ist und dass ich meinen Kindern
[Raphael, Maya]
schulde, das Vakuum zwischen der Zerstörung meiner Familie [Mutter Edith
und Vater Alfons, 1942 ermordet im KZ Isbica/Lublin/Polen]
und ihrer Existenz zu füllen ...

Ich hatte nur einen Wunsch: so schnell wie möglich alles hinter mir
zu lassen und ein neues Leben anzufangen, nie wieder erklären zu müssen,
woher ich komme oder meine Personalien rechtfertigen zu müssen ...

Als meine Schwester Renate und ich 1946 endlich - elf Monate nach der Befreiung -
in England ankamen,
hätten wir viel darum gegeben, gefragt zu werden, was wir alles
durchgemacht haben. Aber niemand fragte
...

Wenn man aber erlebt und gesehen hat, was wir erlebt und gesehen haben,
braucht man keine "Fragen", um sich zu "erinnern". Außer einigen Einzelheiten
bleibt alles unauslöschlich im Gedächtnis, und das Resultat ist,
dass wir ÜBERLEBENDEN eine Rasse für sich sind.

Mein maßloser Hass auf Deutschland und die Deutschen ist der Zeit und wohl
auch einer gewissen Maturität zum Opfer gefallen. Mit "Hass" vergiftet man
nicht nur seine Umwelt, man vergiftet sich selbst ...

Während ich diese Zeilen schreibe, fallen die Bomben auf Serbien
[1992-1995], und die Bewohner des Kosovo werden in Güterwagen
verladen. Auch wenn das Endziel nicht die Gaskammern sind,
so ist dies ein weiterer Schandfleck auf der sogenannten
zivilisierten Welt: Die Vernichtung menschlicher Würde;
und wer seine Mitmenschen entwürdigt,
entwürdigt letzten Endes sich selbst."

Aus: Anita Lasker-Wallfisch (b.1925): „Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen“
(„Inherit the Truth 1939-1945: The Documented Experiences of a Survivor of Auschwitz and Belsen“
Giles de la Mare Publishers 1996) Nachwort. Auszugsweise pp 221, 222, 225
Einführung. p 19. rororo 11. Auflage 2011 (1997)



"[Meine Schwester] Renate Lasker Harpprecht [1924-2021] schrieb
für eine Fernsehsendung den folgenden Bericht:


"Der Monat April 1945 war ungewöhnlich heiß. Daran erinnere ich mich sehr genau: an die drückende Hitze
in der Lüneburger Heide [im KZ Bergen-Belsen/Celle] und den süßlichen Gestank von Tausenden
verwesender Leichen. Ich brauche nur die Augen zu schließen, und auch jetzt, nach 50 Jahren,
steigt mir der widerliche Gestank in die Nase.


An viele Dinge, die am 15.April geschahen, kann ich mich heute nur ungenau entsinnen, aber
die kleinen Einzelheiten sind mir noch präsent: Am Morgen hatte ich meine kranke Schwester Anita
[b.1925] der Obhut einer Freundin anvertraut, um irgendwie etwas Trinkwasser aufzutreiben.
Seit Tagen gab es kein Brot mehr zu essen. Die Suppe, die manchmal verteilt wurde, war eine
trübe Brühe, auf der Rübenschalen herumschwammen. Nur wer noch einigermaßen bei Kräften
war, konnte eine Schüssel davon ergattern. Man balgte sich bei der Essensverteilung um jeden Topf.

Ich fand einen rostigen Eimer und ging ans Lagertor. Der SS-Mann, sein Name ist mir unvergeßlich -
er hieß Kasernitzki! -, stand Wache am Tor und versuchte nicht einmal, mich aufzuhalten, als ich
zum einzigen noch funktionierenden Wasserhahn lief, der in der Nähe der Verwaltungsgebäude des
Lagers war. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Das deutsche Wachpersonal war dort
verschwunden. Keiner hielt mich an. Ich füllte meinen Eimer und ging durchs Tor ins Lager zurück,
als eine Horde von halb verdursteten Häftlingen sich auf mich stürzte, um mir den Eimer wegzureißen.
Er kippte um, und das kostbare Wasser versickerte im Staub der Lagerstraße. Ich kehrte
mit leeren Händen in die Baracke zurück.


Ich half meiner Schwester, von ihrer Schlafpritsche herunterzusteigen, und führte sie ins Freie.
Dort setzten wir uns auf die Erde und lehnten uns an die Barackenwand -
vor uns und hinter uns lagen Leichen.


Einige Tage zuvor hatte die SS [Schutzstaffel der NSDAP-Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei]
ein Kommando von einigen Häftlingen zusammengetrommelt, die noch aufrecht stehen konnten.
Wir sollten die Leichen in große Gruben schleppen. Man hatte uns Bindfaden gegeben, mit denen wir
die Arme der Toten zusammenbinden sollten, um sie dann quer durchs Lager in die Grube zu zerren.
Doch dieses Unterfangen wurde bald aufgegeben. Wir waren zu schwach und konnten
an einem Tag nie mehr als etwa fünfzig Leichen wegbringen.


Es war Mittg geworden. Seit Tagen hörten wir das leise Rumpeln von schweren Geschützen,
doch wir hatten keine Ahnung, was draußen, jenseits des Lagers, vor sich ging. Wer schoß?
Waren es die Deutschen, waren es die Alliierten [verbündeten Großmächte]?


Inzwischen war das leise Rumoren einem unverkennbaren Geräusch gewichen - dem Rasseln von Panzerketten.
Im Lager war es totenstill geworden - und in diese Stille drang auf einmal eine englische Stimme: "This is the British Army.
Please remain calm. We have come to liberate you. Don't leave the camp and don't worry. You are free."
Und dann rollten die ersten Tanks [Panzer] ins Lager. Wir schauten stumm auf unsere Befreier.
Zum Jubeln
hatten wir keine Kraft
.
Es war vier Uhr nachmittags an diesem sonnigen 15. April des Jahres 1945."

"Ich würde einiges darum geben, wenn ich wenigstens
eine blasse Vorstellung davon vermitteln könnte,
wie es sich anfühlte, befreit zu werden ..."


Aus: Anita Lasker-Wallfisch (b.1925): „Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen“
(„Inherit the Truth 1939-1945: The Documented Experiences of a Survivor of Auschwitz and Belsen“
Giles de la Mare Publishers 1996) Die Befreiung. Auszugsweise pp 155f
rororo 11. Auflage 2011 (1997)



„Ich will sehen,
wie es wirklich ist,
und vielleicht kann ich
auch etwas Gutes tun!“
(2)



"Der Engel von Auschwitz"

"Was ich tat,
war Menschenpflicht
und leider nur
ein Tropfen ins Meer!"
(1)

KSr. Maria Stromberger
(16. III 1898 Metnitz/Kärnten - 18. V 1957 Bregenz/Vlbg)
Österreichische Krankenschwester und Widerstandskämpferin in der Zeit des Nationalsozialismus.
Am 1. Oktober 1942 ließ Sie sich freiwillig ins Konzentrationslager (KZ) nach Auschwitz versetzen:
„Ich will sehen, wie es wirklich ist, und vielleicht kann ich auch etwas Gutes tun“ (2),
lautete ihre Begründung.

"Als Maria Stromberger am 1. Oktober 1942 nach Auschwitz kommt, wird sie vom damaligen Adjudanten
des Lagerleiters [Rudolf] Höß [1900-1947, als Naziverbrecher vor seiner ehemaligen Residenz in Auschwitz
am Galgen hingerichtet], Robert Mulka [1985-1969], begrüßt, der sie mit folgenden Worten empfängt:
„Schwester, Sie haben einen schweren Dienst vor sich. Die Deutschen führen in Auschwitz eine wirklich
schreckliche Arbeit aus, die aber für uns nötig ist.“ (54) Mulka weiß genau, wovon er spricht, denn er ist für
Beschaffung und Transport des Giftgases Zyklon B nach Auschwitz und den Transport von Gefangenen in
die Gaskammern verantwortlich. (55) Außerdem macht er Stromberger klar, dass alles, was in Auschwitz
vorfalle, als Staatsgeheimnis zu gelten habe. Er warnt sie, dass die seelische Belastung im Lager kaum
auszuhalten sei: „Die Front, das ist ein Kinderspiel im Verhältnis zu Auschwitz.“ (56) Er bekennt auch
ganz offen, dass in Auschwitz die „Säuberung von den Juden“ geschehe und die Sterblichkeit selbst
unter den arischen Häftlingen monatlich 7000 bis 8000 betrage (57) ..."
(3) p9, Anm. p41

Maria Stromberger setzt sich als Abteilungsschwester auf der Infektionsabteilung des KZ-Auschwitz, - unter
permanenter Gefährdung ihres eigenen Lebens -, aufopfernd und hingebungsvoll für die dortigen Häftlinge
im KZ ein. Sie stehlt sogar für Häftlinge Lebensmittel und Medikamente und ist als Kurierin
der illegalen "Kampfgruppe Auschwitz" (4) tätig.
Noch vor Kriegsende kehrt Sie nach Bregenz in Vorarlberg zurück, wo sie ab 3. Februar 1945 in der
Heldendankstraße 15 gemeldet ist. Sie lebt hier wie vor dem Krieg wieder bei ihrer Schwester
Karoline Greber und deren Tochter Hedwig.
In Bregenz wird Sie 1946 von der französischen Besatzungsmacht verhaftet und interniert.
Sie schreibt aus Ihrer Haft, in einem Brief vom 18.6.1946, an den ehemaligen
polnischen KZ-Häftling Edek Pys u.a. folgendes:

"Gegenwärtig befinde ich mich in einem Internierungslager! Ich stehe in dem Verdacht, während meiner
Tätigkeit in Auschwitz Häftlinge mit Phenol behandelt zu haben. Lachen Sie nicht, Edek! Es ist Ernst! -
Wissen Sie, ich bin mitten unter Nazis, SS, Gestapo! Ich als ihr größter Feind! Und muss ihre Klagen
über die "Ungerechtigkeit" anhören, was die Menschen jetzt mit ihnen tun. Dann stehen vor meinen
geistigen Augen die Erlebnisse von Auschwitz!
Ich sehe den Feuerschein der Scheiterhaufen. Ich verspüre den Geruch verbrannten Fleisches,
ich sehe die Elendszüge der einrückenden Kommandos mit den Toten hinterher, ich verspüre die
würgende Angst, welche ich jeden Morgen um Euch gehabt habe, ehe ich Euch wieder gesund vor
mir sah, und ich könnte diesen hier ins Gesicht schreien und blind auf sie losgehen. Das Tollste
daran ist, dass ich noch still sein muss, sonst boykottieren sie mich noch. Aber auch diese Zeit
wird vorübergehen und ich werde wieder frei sein. Was ich dann beginne, weiß ich nicht.
Ich fühle mich so leer und ausgeschöpft und habe keine Freude. Meinen Reichtum an Liebe
habe ich - so scheint mir - in Auschwitz verstreut. Meinen Zweck habe ich erfüllt.
Was soll ich noch mehr?" [(2) S.522f]

Ehemalige polnische KZ-Häftlinge, denen Sie geholfen hatte, erreichen ihre Freilassung.
Eine Anstellung als Krankenschwester findet Sie nicht mehr!
Sie beginnt, am 24.2.1949, als Näherin in der Textilfabrik Benger zu arbeiten.

In Warschau sagt sie 1947 im Prozess gegen den ehemaligen KZ-Kommandanten Rudolf Höß aus.

"Im Prozess gegen [Rudolf] Höß in Warschau sagte die im SS-Revier beschäftigte Krankenschwester
Maria Stromberger als Zeugin aus, dass sie Anfang 1943 denunziert worden sei. [Dr. Eduard] Wirths
[SS-Standortarzt in Auschwitz] hielt ihr vor, er habe von verschiedenen Seiten gehört, dass sie zu mütterlich
und menschlich mit den Häftlingen umgehe. "Ich möchte nicht, dass Sie hinter den Draht kommen, und
warne Sie daher", schloss er seine Ermahnungen. Sie habe erwidert, sie sei weder SS-Mann noch Aufseherin
und sie bitte um ihre Versetzung, wenn ihr Verhalten Anlaß zur Kritik böte. Daraufhin habe ihr Wirths auf die
Schulter geklopft und gesagt: "Schwester Maria, Sie bleiben hier und ich werde Sie
gegen alle weiteren Verleumdungen beschützen."[(2) S.414]

1955 würdigt die Zeitschrift des KZ-Verbandes (Der neue Mahnruf) die Beteiligung des in Auschwitz
ermordeten Ernst Burger (1915-1944) und der Maria Stromberger in der Widerstandsbewegung.

Am 18. Mai 1957 stirbt Maria Stromberger in Bregenz, in ihrer Voralberger Wahlheimat!

(1) im Dankesschreiben an den KZ-Verband für ihre Ernennung zum Ehrenmitglied, am 4. März 1955

(2) Hermann Langbein: "Menschen in Auschwitz" S.518, 414, 521-522 Ullstein-Verlag 1980
Foto Maria Stromberger: "Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes": www.doew.at
(3) Andreas Eder: "Maria Stromberger (1898–1957) - Eine Biografie – Zum Gedenken an den Engel von Auschwitz -
Widerstand und Verfolgung in Bregenz 1938 – 1945" Projekt „Carl Lampert (194-1944 ermordet in Auschwitz) erinnern“
Katholische Kirche Vorarlberg, Feldkirch 2007 pdf
>>>

www.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/carl-lampert-forum/links-dateien/broschuere_stromberger.pdf
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Kampfgruppe_Auschwitz
Hermann Langbein (1912-1995, Österreich. kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Historiker.
KZ-Häftling von Auschwitz, 1954 Mitbegründer des Internationalen Auschwitz Komitees): „Menschen in Auschwitz“
Kapitel: Zivilisten in Auschwitz. Maria Stromberger S. 517-522, Ullstein 1980




Zivilflagge des Dritten Reichs
(1933–1945)
Am 7. August 1920 wurde auf einer Tagung in Salzburg
dieser Entwurf zum offiziellen Banner der NSDAP erklärt.
Am Abend des 24. Februar 1920 erfolgte im Münchner Hofbräuhaus die öffentliche Bekanntgabe der neuen Partei "NSDAP"
durch Umbenennung der Deutschen Arbeiterpartei "DAP" in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei "NSDAP",
wobei die offizielle Ummeldung von "DAP" in "NSDAP" bereits am 20. Februar 1920 vollzogen worden war.

Aus: Das Hakenkreuz - Geschichte eines NS-Symbols
www.zukunft-braucht-erinnerung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=438&Itemid=41
https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Deutsche_Arbeiterpartei
Die Swastika (Sanskrit: "Glücksbringer") ist ein Kreuzsymbol (Hakenkreuz) mit abgewinkelten oder gebogenen Armen.
Solche Symbole sind seit ca. 6000 Jahren in Asien, Europa, Afrika und Mittelamerika bekannt. (Quelle: Internet)

"Ich will damit sagen, dass ich gar nicht daran gedacht habe,
dass diese Befehle Unrecht sein könnten. Ich weiß zwar,
dass die Polizei auch die Aufgabe hat, Unschuldige
zu schützen, doch war ich damals der Überzeugung,
dass die jüdischen Menschen nicht unschuldig,
sondern schuldig seien.


Ich habe der Propaganda, dass alle Juden Verbrecher
und Untermenschen seien und dass sie die Ursache für
den Niedergang Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg
seien, geglaubt.


Mir ist also der Gedanke, dass man sich dem Befehl zur Mitwirkung an der
Vernichtung der Juden widersetzen oder entziehen sollte, gar nicht gekommen.
Ich habe diese Befehele befolgt, weil sie von der obersten Staatsführung
kamen und nicht deshalb, weil ich etwa Angst hatte."


Kurt Möbius
[b.1895 - 8 Jahre Haft
(Chelmno Trial in Bonn/1961) bis ?],
ehemaliger Angehöriger eines Polizeibataillons, das in Chelmno
[Kulm/Polen] Dienst tat, in seiner Aussage vom 8. November 1961
[Vernichtungslager Chelmno nad Nerem (Kulmhof) Polen]

Aus: Daniel Jonah Goldhagen: „Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust”
(Hitler’s Willing Executioners:
Ordinary Germans and the Holocaust 1996) Teil III: Polizeibataillone:
Deutsche Normalbürger als willige Mörder. Seite 217 GOLDMANN 2000

[Meine Ergänzungen]




"Und so sagte sich der Überlebende,
sich nicht zu erinnern mache ihn
zum Komplizen des Feindes:


Wer zum Vergessen beiträgt,
vollendet das Werk der Mörder.


Deshalb ist es notwendig,
Zeugnis abzulegen, um sich
nicht im Lager des Feindes
zu finden."


Elie Wiesel
(1928 - 2016)
US-amerikanisch jüdischer Schriftsteller
Überlebender des Holocausts.
1986 Friedensnobelpreis
2005 Dignitas Humana Award 

“A Plea for the Survivors.” In: A Jew Today
(New York: Random House, 1978) pp. 185–208


Aus: Anita Lasker-Wallfisch (b.1925): „Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen“
(„Inherit the Truth 1939-1945: The Documented Experiences of a Survivor of Auschwitz and Belsen“
Giles de la Mare Publishers 1996) Einführung. p 19. rororo 11. Auflage 2011 (1997)

[Meine Ergänzungen]

"Wenn ich meine Verantwortung
gegenüber den Toten vergesse,
dann vergesse ich sie auch
gegenüber den Lebenden."


Elie Wiesel
(1928 - 2016)
Überlebender des Holocaust
"Wer einem Zeugen zuhört, wird selbst zum Zeugen" - Der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel im Gespräch
mit Constantin von Barloewen [b.1952, Anthropologe] - Frankfurter Rundschau, Ausgabe vom 23.11.2000.
Aus: Vera Kalitzkus (b.1969, deutsche Ethnologin): „Dein Tod, mein Leben: Warum wir Organspenden
richtig finden und trotzdem davor zurückschrecken“ Seite 86. Bernd Hontschik medizinHuman Band 8
SUHRKAMP 2009

R.I.P

Nizkor

LINKS:

www.erinnern.at/bundeslaender/oesterreich
"Nationalsozialismus und Holocaust: Gedächtnis und Gegenwart"

www.doew.at/
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes

www.heimerziehung.at/
VOM SCHWEIGEN ZUM REDEN

www.celan-projekt.de/

www.zukunft-braucht-erinnerung.de

www.shoah.de/index1.html

www.yadvashem.org/
"Gedenkstätte der Märtyrer und Helden
des Staates Israel im Holocaust"


www.bergenbelsen.co.uk/

http://de.wikipedia.org/wiki/Bergen-Belsen-Prozess

www.kz-gedenkstaette-dachau.de/

www.mauthausen-memorial.at/

Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit: www.lexm.uni-hamburg.de/content/below/index.xml

FASENA-Forschungs- und Arbeitsstelle Erziehung nach/über Auschwitz: www.fasena.de/

Unterrichtseinheit zu Paul Celans "Todesfuge": www.fasena.de/download/daf/Todesfuge.pdf

Simon Wiesenthal (1908-2005) Archiv - Dokumentationszentrum Bund Jüdischer Verfolgter des Naziregimes:
http://www.simon-wiesenthal-archiv.at/

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Konzentrationslager_des_Deutschen_Reichs


www.jasenovac.org/

www.holocausttaskforce.org/

R.I.P = Requiescat in pace = Ruhe in Frieden = Riposi In Pace = Rest in peace
Nizkor (Hebrew) = We will remember - Projekt: www.nizkor.org/


United States Holocaust Memorial Museum: www.ushmm.org/

www.science.co.il/holocaust-museums.asp

www.jewishvirtuallibrary.org/
www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/holo.html

www.ippnw.de/

Ärzte gegen Atomkrieg" - International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW) ist eine internationale
medizinische Organisation mit Zehntausenden Ärztinnen und Ärzten sowie Medizinstudierenden
in über 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten.


Gesellschaft für bedrohte Völker, Göttingen: www.gfbv.de/

http://missionaries.griffith.edu.au/qld-mission/mapoon-1891-1919

http://www.dachau-institut.de/institut/autoren/gondascheffelbaars.html

http://www.werkgroepherkenning.nl/voor-wie/internationaal/information-uber-die-werkgroep-herkenning-auf-deutsch/


Von Tieren zu Göttern

"Vor 70.000 Jahren war der Homo sapiens [der „verstehende, verständige, weise, gescheite, kluge, vernünftige Mensch“]
ein unbedeutendes Tier, das in einer abgelegenen Ecke Afrikas seinem Leben nachging. In den folgenden Jahrtausenden
stieg es [der Tier-Mensch] zum Herrscher des gesamten Planeten [Erde] auf und wurde zum Schrecken des Ökosystems.
Heute steht es [der Tier-Mensch] kurz davor, zum Gott zu werden und nicht nur die ewige Jugend zu gewinnen, sondern
auch göttliche Macht über Leben und Tod.


Leider hat die Herrschaft des Sapiens bislang wenig hinterlassen, auf das wir uneingeschränkt stolz sein könnten.
Wir haben uns die Umwelt untertan gemacht, unsere Nahrungsproduktion gesteigert, Städte gebaut, Weltreiche ge-
gründet und Handelsnetze errichtet. Aber haben wir das Leid in der Welt gelindert? Wieder und wieder bedeuteten
die massiven Machtzuwächse der Menschheit keine Verbesserung für die einzelnen Menschen und
immenses Leid für andere Lebewesen.


Trotz unserer erstaunlichen Leistungen haben wir nach wie vor keine Ahnung, wohin wir eigentlich wollen, und sind so
unzufrieden wie eh und je. Von Kanus sind wir erst auf Galeeren, dann auf Dampfschiffe und schließlich auf Raumschiffe
umgestiegen, doch wir wissen immer noch nicht, wohin die Reise gehen soll. Wir haben größere Macht als je zuvor,
aber wir haben noch immer keine Ahnung, was wir damit anfangen wollen. Schlimmer noch, die Menschheit scheint
verantwortungsloser denn je. Wir sind Selfmade-Götter, die nur noch den Gesetzen der Physik gehorchen und
niemandem Rechenschaft schuldig sind. Und so richten wir unter unseren Mitlebewesen und der Umwelt Chaos
und Vernichtung an, interessieren uns nur für unsere eigenen Annehmlichkeiten und unsere Unterhaltung
und finden doch nie Zufriedenheit.

Gibt es etwas Gefährlicheres als unzufriedene und verantwortungslose Götter,
die nicht wissen, was sie wollen?"


Aus: Yuval Noah Harari (b.1976, israelischer Historiker), Jürgen Neubauer (Übersetzter):
„Eine kurze Geschichte der Menschheit“ („A brief History of Mankind - Kizur Toldot
Ha-Enoshut“ 2011) Nachwort S.507f Pantheon 2015 (2013)




"Willst Du wissen, was mit Uns ist?
Warte auf Uns.


Wandaufschrift von 1952,
in einer Zelle des KGB-Gefängnisses,
in Lemberg/Ukraine.
Museum "Gefängnis an der Lonc'ka" 2009

In: Oksana Sabuschko: "Museum der vergessenen Geheimnisse"
(Muzej pokynutych sekretiv 2009) Seite 5. Fischer 2014

"Es war im Herbst 1938. Andre war zwölf Jahre alt und lebte mit seinen Eltern in einer Kleinstadt in Norddeutschland.
Eines Abends kam er von einem Jugendgruppentreffen (der Hitlerjugend) nach Hause.
"Papa", sagte er zu seinem Vater,
"beim Treffen wurde uns gesagt, dass wir morgen Steine auf jüdische Läden schmeißen sollen. Soll ich da mitmachen?"
Sein Vater sah ihn nachdenklich an. "Ja, was glaubst du denn?" - "Ich weiß es nicht. Ich habe eigentlich nichts gegen
die Juden - ich kenne sie ja kaum. Aber alle werden Steine werfen. Was soll ich denn nun tun?"
Die Unterhaltung ging
mit Fragen und Gegenfragen weiter.
"Ich hab verstanden", sagte Andre. "Du willst, dass ich die Entscheidung selber
treffe. Ich will spazieren gehen, und wenn ich zurückkomme, will ich dir sagen, wofür ich mich entschieden habe."


Nach kurzer Zeit kehrte Andre zurück und ging zum Tisch, an dem seine Eltern saßen.
"Ich habe mich entschieden,
aber meine Entscheidung hat auch etwas mit euch zu tun."
- "Was ist es denn?" - "Ich habe mich entschlossen,
keine Steine auf die jüdischen Läden zu werfen, aber morgen werden alle sagen, Andre, der Sohn von X, hat nicht
mitgemacht, er wollte keine Steine schmeißen! Und dann werden sie etwas gegen dich unternehmen. Was wirst
du dann tun?"
Der Seufzer seines Vaters drückte Erleichterung, aber auch einen Funken Stolz aus.

"Während du spazieren warst, haben deine Mutter und ich darüber gesprochen. Wir haben uns folgendes überlegt.
Mit deiner Entscheidung, Steine zu werfen, würden wir leben müssen, denn immerhin haben wir dich ja gebeten
zu entscheiden, was du tun willst. Aber falls du entscheiden solltest, keine Steine zu werfen, würden wir
Deutschland sofort verlassen." Und das taten sie auch." (1)

Aus: Arno Gruen (1923-2015, deutsch-schweizerischer Schriftsteller, Psychologe, Psychoanalytiker):
„Der Verlust des Mitgefühls - Über die Politik der Gleichgültigkeit“ Der Verstoß gegen die Liebe
ist das grundsätzliche Verbrechen. Scham S.136f dtv 3.Auflage 1999 (1997) in
(1) Dan Bar-On (1938-2004, israelischer Psychologe, Therapeut, Holocaust- u.Friedensforscher):
"Die Last des Schweigens. Gespräche mit Kindern von Nazi- Tätern" Campus 1993



"Zahlreiche NS-Kriegsverbrecher, unter ihnen Josef Mengele [1911-1979 Brasilien], Adolf Eichmann
[1906-Hinrichtung 31.Mai 1962 in Ramla bei Tel Aviv, Israel] und Erich Priebke [1913-2013 Rom],
entzogen sich der drohenden Strafverfolgung nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes
durch Flucht nach Übersee.


Als Fluchthelfer dienten vor allem internationale Organisationen wie das Rote Kreuz,
das vielen ehemaligen Nationalsozialisten neue Identitäten beschaffte. Aber auch
kirchliche Kreise spielten eine entscheidende Rolle bei der Flucht von
Kriegsverbrechern nach Südamerika oder in arabische Staaten.


Präzise zeichnet Gerald Steinacher die Fluchtwege von NS-Tätern nach, insbesondere
die von den US-amerikanischen Geheimdiensten als „Rattenlinie“ bezeichnete Fluchtroute
über Südtirol nach Rom oder Genua und von dort weiter nach Übersee.


Er hinterfragt die Beteiligung der katholischen, aber auch der evangelischen Kirche
sowie humanitärer Organisationen und beschreibt die vielfältigen Beziehungsgeflechte,
auf die ehemalige Nationalsozialisten auf ihrer Flucht zurückgreifen konnten.

Der Band trägt so entscheidend dazu bei, eines der dunklen Kapitel
der europäischen Nachkriegsgeschichte zu beleuchten.
"

Quelle:
Schutzhüllen Text hinterer Buchdeckel von Dr. Gerald Steinacher: „Nazis auf der Flucht – Wie Kriegsverbrecher über Italien nach
Übersee entkamen“ STUDIEN VERLAG, Band 26, Institut für Zeitgeschichte der UNI Innsbruck 2008. http://geraldsteinacher.com/home/

Gerald Steinacher [b.1970 St. Johann/Tirol] studierte Geschichte und Politikwissenschaft in Innsbruck, Rom und Trient.
Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck und unterrichtete auch an den Universitäten München und Luzern.
2009 war er Visiting Scholar am Center for European Studies der Harvard University und arbeitete
2010-2011 als Forschungsprofessor (Joseph A. Schumpeter Research Fellow) in Harvard.
Seit Sommer 2011 ist er Professor of History an der University of Nebraska-Lincoln.
[Meine Ergänzungen]


"Die Nazis kamen auf drei verschiedenen Wegen nach Argentinien, so Anwalt Pedro Bianchi:
"Das Rote Kreuz und der Vatikan verteilten Pässe, mit denen die Flüchtlinge über den Hafen Genua
ausreisten. Dieser Weg wurde Rattenlinie genannt." Andere wählten die Klosterroute:
Als Franziskanermönche getarnt, schlugen sie sich nach Spanien durch, von dort reisten sie
per Schiff nach Buenos Aires. Vielen gelang auch die Flucht über Skandinavien, die
argentinischen Botschaften in Dänemark und Schweden stellten bereitwillig Pässe aus..."

Aus: Von Glüsing: "ARGENTINIEN - Rattenlinie oder Klosterroute" DER SPIEGEL 17/21.4.1997
www.spiegel.de/spiegel/print/d-8700913.html




Diese Fotomontage "Hinter der Maske" und die Zeichnung "Transport"
schuf Simon Wiesenthal im Frühjahr 1945 in Mauthausen/Oberösterreich.

Am 5. Mai 1945 wurde das KZ-Mauthausen durch die vorrückenden Truppen
der 11. US-Panzerdivision der 3. US-Armee befreit.

Bildquelle: Simon Wiesenthal: „Doch die Mörder leben“ Seite 49
Herausgegeben u. eingeleitet von Joseph Wechsberg 1967



"Die Gräber sollen unsichtbar werden,
in der Landschaft verschwinden,
um die namenlosen Opfer
für immer aus der Welt
zu schaffen:
ohne Leiche kein Verbrechen
und ohne Verbrechen
keine Anklage"


Ich spreche in diesem Zusammenhang von kontaminierten Landschaften.
Damit meine ich Landschaften, die Orte massenhaften Tötens waren, das jedoch
im Verborgenen verübt wurde, den Blicken der Umwelt entzogen, oft unter strenger
Geheimhaltung. Und nach dem Massaker unternehmen die Täter alle erdenklichen
Anstrengungen, um die Spuren zu tilgen. Lästige Zeugen werden beseitigt, die Gruben,
in die man die Toten geworfen hat, werden zugeschüttet, eingeebnet, in vielen Fällen
wieder begrünt, sorgfältig mit Büschen und Bäumen bepflanzt, um die Massengräber
verschwinden zu lassen. Die Gräber werden versteckt, sie werden camoufliert. Das
ist bekanntlich eine Kunst, die man im Krieg erlernt. Der Soldat wird angewiesen, sich
selber und sein Kriegsgerät, ein Geschütz oder einen Panzer, so zu tarnen, dass er
für den Gegner möglichst unsichtbar wird. Der Gegner soll glauben, er habe nur
Landschaft, nur Wald, nur Gebüsch vor sich, sonst nichts. Der Gegner soll
getäuscht werden. Täuschen und tarnen. Ähnliches geschieht mit den
Massengräbern. Sie sollen für Außenstehende unsichtbar werden,
in der Landschaft aufgehen, mit ihr eins werden. Nichts soll darauf
hinweisen, dass hier Menschen begraben wurden ...

Natürlich gibt es kontaminierte Landschaften nicht nur in Europa, sondern auch
in anderen Teilen der Welt, in Afrika, Asien, Lateinamerika. Es gibt sie überall,
wo Massaker verübt und anschließend die Leichen von den Tätern irgendwo
verscharrt oder auf andere Weise zum Verschwinden gebracht wurden.
In lateinamerikanischen Diktaturen zum Beispiel war es die gängige Praxis der staatlichen
Sicherheitskräfte oder reaktionärer Milizen, politische Gegner zu verschleppen, zu foltern und
anschließend verschwinden zu lassen. Die Zahl der sogenannten "Desparecidos", der in
den siebziger und achthziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Lateinamerika Verschwundenen
wird von Menschenrechtsorganisationen auf zirka 350.000 geschätzt ...

Wir müssen alles tun, um die unbekannten Opfer der Massengräber
in den kontaminierten Landschaften dem Vergessen zu entreißen
und ihnen ihre Namen und Gesichter und
ihre Geschichte wiederzugegeben.




Massengrab im KZ-Bergen Belsen
Kreis Celle/heute:Niedersachsen
Aus: www.spurensuche-online.net/projekte/
vdfv/bergenbelsenleichenhaufen.html

Fotografien von Ermordeten, die, oft halb oder ganz entkleidet, verstümmelt, wie unnütze Gegenstände
achtlos übereinander geworfen, schutzlos unseren schamlosen Blicken preisgegeben da liegen, haben
etwas Pornografisches an sich.
Wir verspüren beim Betrachten Abscheu und Ekel, Entsetzen und
Mitleid, gleichzeitig jedoch auch eine gewisse Erregung, als würden wir bei etwas Verbotenem ertappt.

Wir kommen uns vor wie Voyeure, die die unbekannten Toten ihrer letzten Würde berauben, ohne dass
sie sich dagegen wehren können. Im intimsten, ganz persönlichen Moment des Todes sind sie unserer
Schaulust ausgeliefert. Teil eines anonymen Leichenhaufens, in dem man keine einzelnen Gesichter
ausmachen kann. Mindestens genauso verstörend sind allerdings Bilder von Orten, von Landschaften,
von denen wir wissen oder zu wissen glauben, dass hier solche Dinge geschehen sind.

Das Beunruhigende daran ist, dass wir auf den Bildern keine Hinweise auf das Geschehen finden,
auch wenn wir die Fotografien noch so aufmerksam und genau nach Spuren absuchen. Da ist nichts.
Wir sehen nichts, was auf einen Ort des Schreckens hindeuten würde. Die Landschaft, die wir betrachten
liegt ruhig und friedlich vor uns. Scheinbar unschuldig. Ein Waldstück, eine Brachwiese, ein mit hohen Gras
bewachsener Graben neben einer Landstraße, die irgendwohin führt, ein Uferstreifen mit Weiden und Erlen,
ein Bergrücken, mein Gemüsegarten, meine Streuobstwiese, es gibt nichts Bemerkenswertes zu entdecken,
keine Male, keine Zeichen. Nur Landschaft. Meist ganz unspektakulär. Oft langweilig. Manchmal idyllisch.

Ich habe viele solcher Bilder gesehen, aus Polen, der Ukraine, Weißrussland, Österreich, Slowenien,
sie sind alle gleichermaßen verunsichernd durch ihre offensichtliche Banalität, ihre Alltäglichkeit.
Gerade die äußerliche Unscheinbarkeit der Örtlichkeiten, die Tatsache, dass nichts auf das hier
Geschehene hinweist, verleiht ihnen eine gespenstische, ja bedrohliche Note ...

Die Beschäftigung mit den kontaminierten Landschaften erfordert stets auch eine kritische Auseinander-
setzung mit der
Sprache. So wie die Gräber vor unbefugten Blicken versteckt werden sollten, wurden auch
die
Befehle zum Morden in vielen Fällen durch scheinbar harmlose oder jedenfalls nicht ganz eindeutige
Begriffe getarnt. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an meine Kindheit in Mitterberg [NW-Steiermark],
wohin wir evakuiert wurden. "
Evakuiert" - das ist auch so ein Begriff. Für die Deportation der Juden aus
Deutschland und Österreich in die Todeslager im Osten wurde im offiziellen Schriftverkehr gern der die
brutale Realität verschleiernde Begriff "evakuiiert" gebraucht. "
Evakuiert nach dem Osten" lautete
eine verharmlosende Formel für Tranporte aus Deutschland und Östereich
in die Vernichtungslager. Täuschen und tarnen ...

Wie viele solcher Tatorte, wo die Opfer verscharrt und bis heute nicht gefunden wurden, gibt es
in den kontaminierten Landschaften? Tausende? Zehntausende? Wohnen heute wieder Menschen
an der zufällig abgebildeten Hinrichtungsstelle, die für zahllose andere steht? Wissen sie, was
der Boden, den sie bearbeiten, birgt? Haben sie hier einen Küchengarten angelegt? Einen Kartoffel-
acker? Pflanzen sie hier Zwiebel? Haben sie eine Scheune errichtet? Oder machen sie scheu
einen weiten Bogen um die Örtlichkeit, an der sich Gerüchten zufolge eine Grabstätte befinden soll,
von der die alten Leute im Dorf berichten? Oder kümmern sie sich nicht um die damaligen Ereignisse?
Wie reagieren die Menschen, wenn sie erfahren, dass sie auf einem Massengrab leben? ..."

Aus: Martin Pollack: "Kontaminierte Landschaften" Aus der Reihe "Unruhe bewahren"
Frontblatt, Seite 20, 21f, 43, 80f, 60f, 76. Residenz Verlag 2014




„Ihr seid nicht verantwortlich für das,
was geschehen ist.
Aber dass es nicht wieder geschieht,
dafür schon.“

Max Mannheimer
(1920 - 2016 München)
Jüdischer Überlebender des Holocaust
Kaufmann, Buchautor, Maler
"Spätes Tagebuch: Theresienstadt - Auschwitz - Warschau - Dachau"
Pendo 2000



Zwangsarbeit unter dem Diktat der Kriegsmaschinerie des dritten Reichs
Das Molybdän Bergwerk an der Alpeiner Scharte im Tuxer Hochgebirge (Zillertal/Tirol)
auf 2805m Seehöhe. Über einen zermürbenden Kampf gegen Naturgewalt,
Technik und Verstand.


www.retrofutur.org/retrofutur/app/main?DOCID=100006652

Das Zwangsarbeiter Lager Alpeiner Scharte mit den drei Baracken
Zuletzt für 143 "Personen" Unterkunft bietend, auf etwa 2750 Meter Seehöhe.
Am Samstag, den 11.11.1944, am Morgen um 7 Uhr 43 geschah
das vernichtend tödliche Lawinen Unglück! Hierbei wurden, außer
einer beträchtlichen Anzahl an Leichtverletzten, 16 Personen getötet
und 23 so schwer verletzt, daß sie dem Landkrankenhaus
in Innsbruck, zur ärztlichen Weiterbehandlung
zugeführt werden mußten.
Quelle: www.retrofutur.org



"Tatsachen schafft man nicht
dadurch aus der Welt,
dass man sie ignoriert
"

"Facts do not cease to exist
because they are ignored."


Aldous Huxley
(1894-1963)
Britischer Schriftsteller
Aus: "Bemerkung zum Dogmatismus "
(A Note to Dogma, Proper Studies) 1927

Josef Alois

29.12.15

Geboren, um zu leben ...

Die 14 Überlebenden

Die 7 jüdischen Mütter mit ihren 7 Babys,
die im Winter 1944/45 im KZ-Außenlager Dachau/
Kaufering I bei Landsberg, geboren wurden.



Von l.n.r.:
Eva Schwartz [später Fleischmannova] mit Marika, Dora Löwy mit Zsuzsanna,
Elisabeta Bözsi Legmann mit Gyuri, Sara Grün (mit der Brille) mit Jozsef,
Miriam Rosenthal mit Laszlo, Magda Schwartz mit Judit. Ibolya Kovacs mit Agnes.

Das Bild entstand wenige Tage nach der Befreiung des KZ Außenlagers Dachau/
Kaufering I - 29. April 1945 - durch aliierte Soldaten.
Ein Wunder inmitten
der Zerstörung und der unfassbaren, menschenverachtenden Gewalt.


"... Immer wieder wird die Frage nach dem Grund für das Überleben der Frauen und ihrer Babys gestellt.
Man ist versucht, von einem Wunder zu sprechen. Die Nationalsozialisten betrieben den Massenmord
an den europäischen Juden als staatliche Politik. Der industriellen Vernichtung in Todesfabriken [KZ =
Konzentrationslagern] fielen auch eineinhalb Millionen Kinder zum Opfer. Schwangere und Mütter mit Babys
und Kleinkinder wurden nach ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau sofort vergast. Eva Schwartz, wie sie damals
noch hieß [später Fleischmannova], Miriam Rosenthal, Dora Löwy, Ibolya Kovacs, Elisabeta Bözsi Legmann,
Magda Schwartz und Sara Grün brachten Kinder im Konzentrationslager zur Welt und retteten sie in Freiheit.
Diese Frauen gehörten zu den etwa 437.000 ungarischen Juden, die Mitte 1944 nach Birkenau deportiert
und zum größten Teil getötet wurden. Das Überleben der Frauen hing wie bei allen Verfolgten vor allem
von Glück und Zufall ab. Der Überstellungsbefehl von Kaufering I nach Bergen-Belsen [Kreis Celle/heute:
Niedersachsen] und damit in den sicheren Tod war bereits ausgestellt, konnte aber in den Wirren der
letzten Kriegswochen nicht mehr ausgeführt werden ... Fast wie eine Formel, über die wir nicht mehr
nachdenken, benützen wir heute den Begriff Holocaust, sprechen von der abstrakten Zahl von sechs
Millionen Opfern. Die Fassungslosigkeit angesichts der Verbrechen darf nicht weggeredet
und -geschrieben werden ..."


Aus: Eva Gruberova , Helmut Zeller: „Geboren im KZ: "Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I“
(Seite 10, 11, 12, 163) CH Beck 2. Auflage 2012 (2011); Foto: www.jkmas.de/2012/11/geboren-im-kz



"Von den "Menschen wie du und ich", die Widerstand geleistet haben,
dürften hingegen die meisten aus einem Mittelding zwischen moralischer Überzeugung,
Unterschätzung des Gegners oder Überschätzung der eigenen Möglichkeiten und
mehr oder minder berechtigter Hoffnung des Nicht-entdeckt-Werdens gehandelt haben.

Hätte ich gewusst, dass ich entdeckt würde, hätte ich gewusst, dass mein Schwiegervater [Walter Lingens
(1882-1940) Polizeioberst, von 1932-1935 Polizeipräsident von Köln] mich nicht würde schützen können,
hätte ich geahnt, dass nicht Gefängnis, sondern Auschwitz mein Schicksal sein würde und hätte ich mir
insbesondere vorstellen können, was Auschwitz bedeutete - ich hätte wahrscheinlich keinen Juden
versteckt und mit einiger Sicherheit nicht versucht, Juden zur Flucht zu verhelfen.

So dachte ich, dass der Erfolg meines moralischen Handelns in einem tragbaren Verhältnis
zu meinem Risiko stünde und diese Ansicht war Konsequenz einer Bilanz, in der mein
Schwiegervater einen wichtigen Aktivposten darstellte ...

Doppelter Stacheldrahtzaun

Auschwitz-Stammlager
www.nach-auschwitz.de/ausstellung1/04bild.html

Österreicher und Deutsche haben zwar weniger als Engländer oder Amerikaner erfahren oder jedenfalls erfahren können,
was in Auschwitz geschah, aber dafür haben sie mit eigenen Augen gesehen, dass Juden sich nicht auf eine Parkbank
setzen durften und Gehsteige aufwaschen mussten ...

Dass eine alte Dame sich nicht auf eine Parkbank setzen darf, dass dem jüdischen Kaufmann an der Ecke seine Auslage
eingeschlagen wird, dass Juden knien und den Gehsteig aufwaschen müssen, haben Österreicher und Deutsche hingegen
unmittelbar erlebt. Es hätte ihnen jene Bauchschmerzen bereiten müssen, die einen psychisch gesunden Menschen
in einem freien Land in einer vergleichbaren Situation empört eingreifen ließen ...

Es darf nicht erst unerträglich sein, dass Menschen ihrer Rasse wegen vergast werden, es muss bereits unerträglich sein,
dass man ihnen ihrer Rasse wegen die Fensterscheiben einschlägt, sie den Gehsteig aufwaschen lässt oder
ihre Übersiedlung, und sei es die ins Gelobte Land, betreibt ...
Nichts von dem, was wir in diesen Monaten für Juden taten, wäre möglich gewesen, wenn nicht Dutzende
Menschen aktiv geholfen oder im stillen Einvernehmen mit uns "nichts gesehen" hätten ...
Keiner dieser Menschen kommt in der Statistik des Herrn [Daniel] Goldhagen (1) - der diese Zeit nur aus Papieren kennt - vor,
jeder von ihnen ist das mörderische Risiko der "Judenbegünstigung" eingegangen... Aber Widerstand liegt eben nicht nur vor,
wenn derjenige, der ihn geleistet hat, zu Schaden gekommen ist und deshalb die Krone des Märtyrers aufgesetzt oder, wie ich,
einen Opferausweis bekommen hat. Widerstand - deshalb ist er so schwer zu quantifizieren - musste "geheim", so unauffällig
wie irgend möglich, mit so wenig Mitwissern wie möglich, gleistet werden, wenn er nicht mit dem Leben bezahlt werden
sollte ... Deshalb ist es unseriös, den Widerstand so vieler Österreicher und zweifellos auch Deutscher gegen den
Holocaust als geringfügig zu qualifizieren: Er ist nicht seriös zu quantifizieren ...

Die gläubigen Nazis bewegten sich wie Geisteskranke gleichzeitig in zwei Systemen: Dem "normalen", in dem man
Menschen nicht umbringen durfte, und dem nationalsozialistischen System, in dem man Juden umbringen musste.
Und sie wechselten sekundenschnell von dem einem System in das andere und wirkten deshalb in beiden glaubwürdig,
weil sie in dem Moment, in dem sie im jeweiligen System zu Antworten gezwungen waren,
dieses System auch innerlich anerkannten ...
Wenn ich heute jemanden anlässlich eines Verbrechens sagen höre "Unter Hitler hätte es so was nicht gegeben",
dann liegt die Absurdität [das Unsinnige] eines solchen Ausspruches nicht nur darin, dass nie soviel gemordet und
gestohlen wurde, wie durch Hitlers Schergen. Denn noch nie war soviel von einer volksnahen Justiz gesprochen und
geschrieben worden, wie in der NS-Zeit - aber noch nie war sie so volksfremd, so ferne dem natürlichen Rechts-
empfinden des Volkes, so ausschließlich auf die Interessen der herrschenden Clique
und ihre Kriegsziele abgestellt, wie damals ...
Hier [im KZ Auschwitz] spielte sich die Tragödie des jüdischen Volkes ab, die zahlenmäßig wahrscheinlich fürchterlichste
und größte Judenverfolgung der Geschichte - aber nur eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Juden, die sie miterlebte,
empfand sie als nationale Katastrophe. Dies mag seltsam klingen, seltsam vor allem auch für jene heutigen Juden, die
den Holocaust in einem so unendlichen Ausmaß als "nationale Katastrophe" empfinden, aber bei näherem Hinsehen wird
es verständlich: Für diejenigen, die in Auschwitz persönlich von der Vergasung bedroht waren, war jedes Hinausdenken
über die eigene Person, die nächsten Verwandten, sofern sie im Lager waren, ausgeschlossen. Selbstbehauptung war
alles, nahm alle physischen und psychischen Kräft in Anspruch.
Ich musste nicht jede Sekunde an mein Überleben denken - daher blieb in mir noch Raum, an das Leid anderer zu denken.
Für eine Jüdin, für die in Auschwitz zu überleben noch einmal um hundert Prozent unwahrscheinlicher war als für den
schlechtest gestellten arischen Häftling, blieb dieser Raum nicht. Ihr ganzes Sinnen und Trachten war
von diesem Kampf um die nackte Existenz ausgefüllt ...


Ella Lingens
Foto aus der Erkennungsdienstlichen Kartei der Geheimen Staatspolizei (GESTAPO) Wien
Aus: www.annefrankguide.net/de-AT/bronnenbank.asp?aid=71639

Als ich später [im Dezember 1944] von Auschwitz nach Dachau versetzt worden war, erlebte ich dort
[am 29.4.1945] die Befreiung durch die US-Truppen. Ein amerikanischer Jude sah meinen deutschen [roten]
Winkel [=politischer Häftling], und da ich Englisch sprach, nutzte er die Gelegenheit, mit einem von uns zu reden.
Er fragte mich:: "Na, was habt ihr euch denn vorgestellt? Ihr wolltet doch die ganze Welt beherrschen?"
"
Ich antwortete ihm, ich hätte das nicht gewollt.. "Ja"", sagte er,, "jetzt will es keiner gewesen sein!"
Er hatte ja Recht, keiner wollte es gewesen sein. Aber wenn er uns nicht glaubte, die er mit dem roten Winkel
im KZ gefunden hatte, wem wollter er dann glauben? Wahrscheinlich niemandem. Ich konnte es ihm nicht verübeln.
Aber ich sah voll banger Sorge in die Zukunft und bedachte an Hand dieses Beispiels und vieler ähnlicher mit tiefer
Trauer, ob es überhaupt möglich sein würde, dass Juden und Deutsche jemals würden gedeihlich zusammen
leben und arbeiten können ...
Natürlich war meine Situation im Lager, schon gar in Auschwitz, als einzige arische deutsche Ärztin wesentlich
günstiger, und ich konnte mir Dinge erlauben, für die andere gehängt worden wären ... Meine Kameradinnen warnten
mich manchmal, nicht zu weit zu gehen, und sie hatten recht: Es gab bei jedem SS-Mann eine Grenze, die man nicht
überschreiten durfte ... Freilich konnten nur jene Häftlinge derart mit der SS umgehen, mit denen die SS bereit oder
gezwungen war, sich auf ein Gespräch einzulassen. Andere ... kamen gar nicht erst zu Wort, sondern standen
stumm in der namenlosen Masse und gingen in ihr zu Grunde ...
Diese Frau [Maria Mandel (1912-1948), Oberaufseherin im Frauenlager des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
und des KZ Ravensbrück] saß nun also über meinem Akt und sollte angeblich über meine Zukunft [mit einem Führungs-
bericht] entscheiden. Sie fragte mich, warum ich im Lager wäre und als ich ihr antwortete, ich hätte Juden zur Flucht
ins Ausland verholfen, erwiderte sie im Ton einer Oberlehrerin, die sich entrüstet, dass ihre Zöglinge das Stiegengeländer
herunterrutschen:
"Aber wie kann man denn so etwas machen!"" dann ging es weiter:
"Na, und würden Sie so etwas
noch einmal machen?"
Was sollte ich ihr antworten? Sollte ich ihr sagen, dass, wenn ich zunächst manchmal ein
bisschen unglücklich gewesen wäre, so viel auf mich genommen zu haben,
ich es jetzt, nachdem ich Auschwitz erlebt
hatte, zehn- und hundertfach bejahte, dass ich wenigstens den Versuch gemacht hatte, ein paar Menschen davor zu
bewahren? Ich hätte ihr all meinen Zorn und mein Entsetzen ins Gesicht schreien mögen - aber es hätte so absolut
keinen Sinn. Vor solchen Menschen Charakter zu bewahren, hieß Perlen vor die Säue werfen ["Der-/Demjenigen
etwas (Gutes, Edles, Schönes, Wertvolles) bieten, die/der dies nicht zu schätzen weiß"].
"Es gibt ja gar keine
Juden mehr in Wien"", zog ich mich aus der Affäre. Dieser Umstand oder meine Antwort hat sie offenbar höchlich
[in großem Maße] befriedigt, denn ich bekam einen guten Führungsbericht und wenn es nach ihr gegangen wäre,
wäre ich frei gekommen. Man schien allerdings [im Innenministerium] in Berlin nicht allzu viel auf ihr
positives Urteil zu geben und so blieb ich trotzdem da ...
Die Ereignisse des 20.Juli 1944 [sog. Wolf(s)schanze Hitler Attentat in Ostpreußen, heute: Polen] hatten uns
das Gefühl gegeben, die Befreiung sei nur mehr eine Frage von Stunden. Zwar machte die Enttäuschung die
weitere Haft fast noch unerträglicher, aber die Zeit verging unerhört rasch. Man lebte von einer Zeitungsmeldung
und Radionachritcht zur anderen, alle Apathie war geschwunden, man wusste: Wer jetzt durchhielt, würde
wieder in Freiheit leben können ...
Seit Monaten hatte ich darauf gewartet, diesen Ort des Schreckens [Auschwitz] verlassen zu können,
und heute sollte es also so weit sein, Nur hatte ich gehofft, von hier in die Freiheit zu fahren - stattdessen
ging es [Anfang Dezember 1944] in ein weiteres KZ [Dachau, zuerst Außenlager Agfa-Kamerawerke,
dann ab Mitte Februar 1945 Dachauer Frauenrevier inmitten des Männerlagers - "Ein kleines KZ
innerhalb des KZs"] ... die letzte Station meiner KZ-Laufbahn ... obwohl wahrscheinlich
niemand, der es nicht selbst [das KZ] erlebt hat, es jemals wirklich verstehen kann.
Und selbst wer es miterlebt hat, versteht es nicht ganz."



Dr.jur. Dr.med. Ella Lingens - Reiner
KZ-Auschwitz Gefangenen-Nr. 36.088
(18.11.1908 Wien - 30.12.2002 Wien)
Österreichische Juristin, Ärztin, Gegnerin des Nationalsozialismus
Von 1943 bis 1945 KZ-Haft in Auschwitz und Dachau
1980 Auszeichnung als "Gerechte der Völker" durch das Yad Vashem -
„Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“
in Jerusalem, seit 19.8.1953, als staatliche Behörde tätig.
Im November 1938 versteckte die Juristin zusammen mit ihrem Mann [Kurt Lingens, Arzt] zehn jüdische Freunde,
um sie während des Novemberprogroms (sog. "Reichskristallnacht", Nacht vom 9. auf den 10. November 1938)
zu schützen. Danach immer wieder Hilfe für so genannte "U-Boote", die sich vor der Deportation ["Wegschaffen"
ins KZ] versteckten. Bei der Organisation eines Fluchtversuches wurde sie von einem Spitzel [Rudolf Klinger] an
die Gestapo [Geheime Staatspolizei] verraten [Verhaftung, am 13.10.1942]. Nach vier monatiger Gestapohaft
kam sie ab Februar 1943 wegen "Judenbegünstigung" [am 20.2.43] ins Konzentrationslager [KZ] Auschwitz.
Als Häftlingsärztin traf sie dort auf [den "gefürchteten" Lagerarzt Hauptsturmführer Dr. med.] Josef Mengele
[1911-1978 Brasilien] und arbeitete durch Fälschen von Attesten der "Selektion" ["Ausmusterung" von KZ
Häftlingen zur (Zyklon-B-Gas-) Ermordung] und "Ermordung" Schwerkranker entgegen. Nach Evakuierung
des Lagers Verlegung [Juli 1944] ins KZ-Dachau. Nach der Befreiung [am 29.April 1945] durch die
Amerikaner Beeindigung des Medizinstudiums [in Wien] und anschließende Tätigkeit als Ärztin in
einer Tuberkuloseheilanstalt. 1954 - 1973 Leiterin des Tuberkulosereferats, später des Referats
für psychische Hygiene im Sozialministerium. Ehrenpräsidentin der Österreichischen
Lagergemeinschaft Auschwitz..

Aus: Ella Lingens, Peter Michael Lingens: "Gefangene der Angst: Ein Leben im Zeichen des Widerstandes"
(„Prisoners of Fear“ Victor Gollancz London 1948) Text Innenseite Einband, 1. Die Vorgeschichte S.42f, 51,
57, 59, 66. 2. Verhör und Gefängnis S.80. 10. Die Häftlinge. Die Jüdinnen S.238, 252. 11. Die Wächter S.271
12. Zwischenspiel S.287, 289. 13.Dachau S.316. 14. Die letzten Wochen S.317. 15. Das Ende S.334
Deutike Verlag 2.Auflage 2003 [Meine Ergänzungen]
(1) Daniel Jonah Goldhagen [b.1959, US-amerikanischer Soziologe, Politikwissenschaftler]: „Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche
und der Holocaust” (Hitler’s Willing Executioners 1996) GOLDMANN 2000, „Die katholische Kirche und der Holocaust – Eine Untersuchung über
Schuld und Sühne“ (A Moral Reckoning. The Role of the Catholic Church in the Holocaust and Its Unfullfilled Duty of Repair) SIEDLER 2002




„Die Trennungslinie zwischen denen, die denken wollen und deshalb für sich selbst urteilen
müssen, und denen, die sich kein Urteil bilden, verläuft quer zu allen sozialen Unterschieden,
quer zu allen Unterschieden in Kultur und Bildung.

In dieser Hinsicht kann uns der totale moralische Zusammenbruch der ehrenwerten Gesellschaft
während des Hitlerregimes
lehren, dass es sich bei denen, auf die unter solchen Umständen
Verlass ist, nicht um jene handelt, denen Werte lieb und teuer sind und die an moralischen
Normen und Maßstäben festhalten; man weiß jetzt, dass sich all dies über Nacht ändern
kann, und was davon übrig bleibt, ist die Gewohnheit, an irgendetwas festzuhalten.

Viel verlässlicher werden die Zweifler und Skeptiker sein, nicht etwa weil Skeptizismus
gut und Zweifel heilsam ist, sondern weil diese Menschen es gewohnt sind, Dinge zu
überprüfen und sich ihre eigene Meinung zu bilden.

Am allerbesten werden jene sein, die wenigstens eins genau wissen: dass wir,
solange wir leben, dazu verdammt sind, mit uns selbst zusammenzuleben,
was immer auch geschehen mag.“


Aus: Hannah Arendt (Autor, 1906-1975), Marie Luise Knott (Herausgeber), Eike Geisel (Übersetzung 1991):
„Was heißt persönliche Verantwortung in einer Diktatur?“ (“Personal Responsibility under Dictatorship“
Vortrag 1964/65 in Deutschland), Zitat aus: Zu diesem Buch, S.2, S.46-48, und Essay M. L. Knott:
„Auf der Suche nach den Grundlagen für eine neue politische Moral“ Piper 6.Auflage 2022 (2018)





"Was haben wir dem LEID und TERROR der WELT entgegenzusetzen?
REVOLUTION und TERROR beginnen nicht auf den Barrikaden und
bei den Bomben, sondern in einem ENERGIEFELD, das Menschen
durch HASS und AGGRESSION erzeugen.
Und umgekehrt:
Deswegen können wir TERROR und HASS und AGGRESSION
auch nur durch entgegengesetzte FELDER DES FRIEDENS
und DER LIEBE aus der Welt schaffen."

Aus: Willigis Jäger OSB / Ko-un Rōshi (b.1925, Dtsch. Benediktiner, Zen-Meister):
„In jedem Jetzt ist Ewigkeit – Worte für alle Tage“ 5.Juli S.128, herausgegeben
von Christoph Quarch KÖSEL 2003



LITERATUR:

Willigis Jäger OSB/Ko-un Rōshi: „In jedem Jetzt ist Ewigkeit – Worte für alle Tage“ herausgegeben von Christoph Quarch KÖSEL 2003
Anita Lasker-Wallfisch (b.1925): „Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen“ („Inherit the Truth 1939-1945: The Documented Experiences of a Survivor of Auschwitz and Belsen“ Giles de la Mare Publishers 1996) ) rororo 11. Auflage 2011 (1997)
Eva Gruberova , Helmut Zeller, Max Mannheimer (Nachwort): „Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I“ CH Beck 2. Auflage 2012 (2011)
Nathan Stoltzfus (b.1954, Historiker an der Florida State Uni): „Widerstand des Herzens. Der Aufstand der Berliner Frauen in der Rosenstraße – 1943“ („Resistance of the Heart: Intermarriage and the Rosenstrasse Protest in Nazi Germany“ Norton 1996) dtv 2002
Max Mannheimer (1920-2016, Holocaust Überlebender: Theresienstadt, Auschwitz, Warschau, Dachau): „Spätes Tagebuch: Theresienstadt - Auschwitz - Warschau – Dachau“ Vorwort von Wolfgang Benz (b.1941), Nachwort von Ernst Piper (b.1952) PIPER 2. Auflage 2013 (2010)
Egmont R. Koch (b.1950, dtsch. investigativer Journalist, Autor): „Die CIA-Lüge – Folter im Namen der Demokratie“ (CIA: Central Intelligence Agency, Auslangsgeheimdiest d. USA) Aufbau 2008
Wolfgang Benz (b.1941, deutsch. Historiker der Zeitgeschichte, international anerkannter Vertreter der Vorurteilsforschung, der Antisemitismusforschung u. der NS-Forschung): „Die Protokolle der Weisen von Zion - Die Legende von der jüdischen Weltverschwörung“ C.H.Beck 2007
Paul Celan (Paul Antschel, (1920-1970), deutschsprachiger Lyriker): „"Todesfuge" und andere Gedichte: Text und Kommentar“ [ausgewählt von Barbara Wiedemann (b.1951), Dr. phil. und mit einem Kommentar versehen.] Suhrkamp 2004 ("Mohn und Gedächtnis" 1952)
William Erwin Eisner (1917-2005, US-amerikanischer Comics Zeichner): “The Plot: The Secret Story of The Protocols of the Elders of Zion“ With an Introduction by Umberto Eco (1932-2016, an Italian novelist, literary critic, philosopher, semiotician, and university professor), Afterword by Stephen Eric Bronner (b.1949, political scientist and philosopher, Board of Governors Professor of Political Science at Rutgers University in New Brunswick, New Jersey) W.W. Norton & Co 2006 (2005) A front board quotation by Cynthia Ozick: "In his powerful and shocking narrative - designed to expose, once and for all, this corrupting worldwide lie - Eisner is the true superhero of our time."
Christopher R. Browning (b.1944, US-Historiker Tacoma): „Ganz normale Männer. Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die Endlösung in Polen“ (Ordinary Men: Reserve Police Battailion 101 and the Final Solution in Poland 1992) ROWOHLT 5.Auflage 2009
Daniel Jonah Goldhagen (b.1959, US-amerikanischer Soziologe, Politikwissenschaftler): „Die katholische Kirche und der Holocaust – Eine Untersuchung über Schuld und Sühne“ (A Moral Reckoning. The Role of the Catholic Church in the Holocaust and Its Unfullfilled Duty of Repair) SIEDLER 2002, „Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust” (Hitler’s Willing Executioners: Ordinary Germans and the Holocaust 1996) GOLDMANN 20000
Gordon Willard Allport (1897-1967, US-amerikanischer Psychologe, von 1933 bis 1966 Prof. f.Sozialpsychologie an der Harvard University): „The Nature Of Prejudice“ 2018 Basic Books 1979 (1954)
Jonathan Haidt (b.1963, US-amerik. Psychologe, Moralforscher): "The Righteous Mind: Why Good People are Divided by Politics and Religion" Vintage 2013 (Pantheon 2012)
Wolfgang Metzger(1899-1979, deutscher Psychologe, Vertreter der II Generation d. Gestalttheorie der Berliner Schule): „Vom Vorurteil zur Toleranz“ Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung 1973
Victor Klemperer (1881-1960, dtsch. jüdischer Romanist, Germanist, Philosoph,): „Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933-1941 und Tagebücher 1942-1945“ Zwei Bände. 1.Auflage AUFBAU VERLAG 1995; „Das Tagebuch 1945 – 1949 – Eine Auswahl“ Bearbeitet von Harald Roth. Mit Anregungen für den Unterricht. Mit einem Nachwort von Hermann Weber. AUFBAU TASCHENBUCH VERLAG 2003
Hans Fallada (1893-1947, geboren als: Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen): „Jeder stirbt für sich allein“ ("Every Man Dies Alone" or "Allone in Berlin") Aufbau Verlag 8.Auflage 2011 (1947)
Der Roman basiert auf dem authentischen Fall des Ehepaars Elise (geb. Lemme, 1903-1943) und Otto Hermann Hampel (1898-1943), die von 1940 bis 1942 in Berlin "Postkarten-Flugblätter gegen Hitler" verteilten und so zum Widerstand gegen den "Faschismus" und zur "Behinderung der Kriegsplanungen" aufriefen. Sie wurden von Gertrude Waschke, einer 64-jährigen Witwe, denunziert (verraten). Das Ehepaar Hampel wurde am 20. Oktober 1942 verhaftet. Am 22. Januar 1943 wurden sie vom 2. Senat des Volksgerichtshofes wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ und „Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tod verurteilt. Am 8.April 1943 wurde Elise und Otto Hermann Hampel in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Der Roman gilt als das erste Buch eines deutschen nicht-emigrierten Schriftstellers über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. "Falladas Darstellung des Widerstandes der kleinen Leute gegen das Naziregime bewegt die Gemüter heutiger Leser in aller Herren Länder ... Dass es neben den singulären, prominenten Gestalten der deutschen Opposition gegen Hitler auch diese Form von Widerstand gegeben hat in einem Deutschland, für dessen dunkle Zeit lange das internationale Verdikt [das negatives Urteil, der Urteilsspruch] des kollektiven Mitläufertums galt, ist eine offenbar zeitgemäße Erkenntnis." (Im Nachwort von Almut Giesecke, S.687)



Berliner Gedenktafel am Haus Amsterdamer Straße 10/Berlin-Wedding
Aus:https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Hermann_Hampel

Wolfgang Neugebauer, Peter Schwarz: „Der Wille zum aufrechten Gang – Offenlegung der Rolle des BSA bei der gesellschaftlichen Reintegration ehemaliger Nationalsozialisten“ CZERNIN 2005, Herausgegeben vom Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen (BSA)
Stefan Moritz (Österr. Theologe): „Grüß Gott und Heil Hitler – Katholische Kirche und Nationalsozialismus in Österreich“ PICUS 2.Auflage 200202
Dr. Gerald Steinacher: „Nazis auf der Flucht – Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen“ STUDIEN VERLAG, Band 26, Institut für Zeitgeschichte der UNI Innsbruck 2008; "Hakenkreuz und Rotes Kreuz. Eine humanitäre Organisation zwischen Holocaust und Flüchtlingsproblematik" Studienverlag 2013. http://geraldsteinacher.com/home/
Simon Wiesenthal (1908-2005,österr.Architekt,Publizist,jüdischer Schriftsteller): „Doch die Mörder leben“ herausgegeben u. eingeleitet von Joseph Wechsberg (1907-1983) österr.Erzähler, Essayist und Journalist.1967 (Murderers Among Us: The Simon Wiesenthal Story 1989)9)
Zwi Katz (b.1927): „Von den Ufern der Memel ins Ungewisse. Eine Jugend im Schatten des Holocaust“ PENDO 2002
Imre Kertesz (1929-2016, ungarischer Schriftsteller jüdischer Abstammung, 2002 Nobelpreis für Literatur): „Roman eines Schicksallosen“ (Sorstalanság 1975) Rowohlt 31.Auflage 2017 (1996)
Marko Max Feingold (1913-2019, Präsident d. Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg ): „Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh: Eine Überlebensgeschichte“ MÜLLER Neuauflage 2012 (2000)
Werner Robert Leibbrand (1896-1974, Psychiater, Medizinhistoriker,Gutachter bei den Nürnberger Ärzteprozessen (9.12.1946 - 20.8.1947): „Heilkunde – Eine Problemgeschichte der Medizin“ VERLAG KARL ALBER 1953
Hanfried Helmchen, Rolf Winau: „Versuche mit Menschen in Medizin, Humanwissenschaft und Politik“ WALTER de GRUYTER 1986
Ernst Klee (1942-2013): „Was sie taten – Was sie wurden – Arzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord“ FISCHER 1988, „Deutsche Medizin im Dritten Reich – Karrieren vor und nach 1945“ FISCHER 2.Auflage 2001, „Das Personenlexikon zum Dritten Reich – wer war was vor und nach 1945“ FISCHER 2005 (2003), „Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer“ FISCHER 3.Auflage 2004 (1997), „Euthanasie im NS-Staat – Die Vernichtung lebensunwerten Lebens“ FISCHER 11.Auflage 2004 (1983)
Hannah Arendt (1906-1975): „Eichmann in Jerusalem –Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ [Otto Adolf Eichmann 1906-1962], PIPER 2006 (1964), „Macht und Gewalt“ (On Violence1970) PIPER 17.Auflage 2006, „Über das Böse – Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik“ (Some Questions of Moral Philosophy in dem Band Responsibility and Judgment 2003) PIPER 2006, Hannah Arendt (Autor, 1906-1975), Marie Luise Knott (Herausgeber), Eike Geisel (Übersetzung 1991): „Was heißt persönliche Verantwortung in einer Diktatur?“ (“Personal Responsibility under Dictatorship“ Vortrag 1964/65 in Deutschland) und Essay M. L. Knott: „Auf der Suche nach den Grundlagen für eine neue politische Moral“ Piper 6.Auflage 2022 (2018)
Eugen Kogon (1903-1987, deutscher Publizist, Soziologe, Politikwissenschaftler, KZ-Buchenwald Überlebender): „Der SS-Staat: Das System der deutschen Konzentrationslager“ Heyne Verlag 2023 (1946)
Eugen Kogon, Hermann Langbein, Adalbert Rückert (Hsgg): Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas – Eine Dokumentation“FISCHER 1986
Hermann Langbein (1912-1995, Österreich. kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Historiker. Der ehemalige KZ-Häftling war 1954 Mitbegründer des Internationalen Auschwitz Komitees): „Menschen in Auschwitz“ Ullstein 1980 Alexander (1908-1982) & Margarete Mitscherlich (1917-2012): „Die Unfähigkeit zu trauern – Grundlagen kollektiven Verhaltens“ PIPER 2001 16.Auflage (1967)
Alexander Mitscherlich (1908-1982), Fred Mielke: „Medizin ohne Menschlichkeit – Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses“ FISCHER 16.Auflage 2004 (1960)
Alice Platen-Hallermund (1910-2008, deutsch-ital. Ärztin, Psychoanalytikerin):„Die Tötung Geisteskranker in Deutschland“ Mabuse-Verlag 7.Auflage 2008 (Die Tötung Geisteskranker in Deutschland. Aus der Deutschen Ärztekommission beim Amerikanischen Militärgericht“ Frankfurter Hefte 1948
Kurt Kretschmann (1914-2007): "Lüge und Wahrheit. Kriegserlebnisse eines deutschen Soldaten" Mit einem Nachwort von Prof. Dr. Hermann Behrens. VWF-Verlag für Wissenschaft und Forschung 2003
Karlheinz Deschner (b.1924, deutscher Schriftsteller,Religions-/Kirchenkritiker): „Mit Gott und dem Führer. Die Politik der Päpste zur Zeit des Nationalsozialismus“ Kiepenheuer & Witsch 1988, „Musik des Vergessens. Über Landschaft, Leben und Tod im Hauptwerk Hans Henny Jahnns (1894-1959)“ ASKU Presse 2003 (1994), „Abermals krähte der Hahn-Eine kritische Kirchengeschichte“ btb 6.Auflage 1996 (1962), „Kriminalgeschichte des Christentums“ Band I - Die Frühzeit. Von den Ursprüngen im alten Testament bis zum Tod des hl. Augustinus (430). ROWOHLT 6.Auflage 2006 (1986); Band 2 - Die Spätantike. von den katholischen „Kinderkaisern“ bis zur Ausrottung der arianischen Wandalen und Ostgoten unter Justinian I. (527-567) ROWOHLT 4.Auflage 2008 (1988), Band 3 – Die Alte Kirche. Fälschung, Verdummung, Ausbeutung, Vernichtung. ROWOHLT 3.Auflage 2006 (1990), Band 4 – Frühmittelalter. Von König Chlodwig I. (um 500) bis zum Tode Karls „des Großen“ (814). ROWOHLT 2.Auflage 2006 (1994), Band 5 – 9. und 10. Jahrhundert. Von Ludwig dem Frommen (814) bis zum Tode Ottos III. (1002). ROWOHLT 2.Auflage 2006 (1997), Band 6 – Das 11. und 12. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich II., dem „Heiligen“ (1002) bis zum Ende des Dritten Kreuzzugs (1192). ROWOHLT 2.Auflage 2008 (2001), Band 7 – Das 13. und 14. Jahrhundert. Von Kaiser Heinrich VI. (1190) zu Kaiser Ludwig IV. dem Bayern (+1347). ROWOHLT 2003 (2002), Band 8 – Das 15. und 16. Jahrhundert. Vom Exil der Päpste in Avignon bis zum Augsburger Religionsfrieden. ROWOHLT 2006 (2004), Band 9 - Mitte des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts. Vom Völkermord in der Neuen Welt bis zum Beginn der Aufklärung. ROWOHLT 2010, „Oben ohne. Für einen götterlosen Himmel und eine priesterfreie Welt. Zweiundzwanzig Attacken, Repliken und andere starke Stücke“ ROWOHLT 1997 (1990), „Das Christentum im Urteil seiner Gegner“ MAX HUEBER 1986 (in 2 Bänden LIMES, Wiesbaden 1969/71)
Alexander Issajewitsch Solschenizyn (1917-2008): „Krebsstation – Roman (2 Bücher in einem)“ Lizenzausgabe mit Genehmigung des Luchterhand Verlages, Neuwied für Bertelsmann (1960), „Der erste Kreis der Hölle - Roman“ NEUE SCHWEIZER BIBLIOTHEK 1968
Ella Lingens (1908-2002, Österreichische Juristin, Ärztin, Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime, von 1943 bis 1945 in KZ-Haft), Peter Michael Lingens (b.1938, österr.Journalist, Sohn, Herausgeber): "Gefangene der Angst: Ein Leben im Zeichen des Widerstandes" („Prisoners of Fear“ Victor Gollancz London 1948) Deutike Verlag 2.Auflage 2003
Henryk Marcin Broder (b.1946, dtscher Publizist, Buchautor): „Der ewige Antisemit: Über Sinn und Funktion eines beständigen Gefühls“ Mit einem aktuellen Vorwort des Autors“ PIPER 2018 (2005, 1986), „Vergesst Auschwitz! Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage“ Albrecht Knaus Verlag 1.Auflage 2012.
"Der "Erinnerungswahn" ist ein wohlfeiles Ritual, das sich von der Realität losgelöst hat, meint Henryk M. Broder. Im besten Fall ist er unerheblich, im schlimmsten Fall eine rhetorische Nebelwand, hinter der ein neuer Antisemitismus gedeiht, der sich politisch korrekt als "Antizionismus" maskiert. Dieser wiederum speist sich nicht aus den üblichen Ressentiments, sondern aus dem Bedürfnis nach Entlastung: Je übler sich die die Israelis gegenüber den Palästinensern verhalten, desto mehr nimmt das schlechte Gewissen der Deutschen gegenüber den Juden ab. Israel ist ein "daily reminder" daran, was die Nazis und ihre Verbündeten in Europa angestellt haben. Das werden die Deutschen den Juden nie verzeihen. Es wäre besser, die verfluchte Erinnerung endlich ruhen zu lassen und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, neue Genozide zu verhindern und Diktaturen zu bekämpfen. Vergessen wir also Ausschwitz und stellen uns den Dramen der Gegenwart."
(Schutzumschlag vorne) "Vergesst Ausschwitz - bevor es zu spät ist! Die Deutschen leiden an Hitler wie andere an Schuppenflechte. Aus dem Versuch, sich gegen die eigene Geschichte zu immunisieren, ist eine Autoimmunerkrankung geworden. Ob es um den Einsatz in Jugoslawien oder in Afghanistan geht, um Atom- oder Gentechnik, Stammzellen, Sterbehilfe - immer steht das Nazi-Menetekel an der Wand und fordert seinen Tribut. Das ritualisierte Gedenken verschafft keine Erleichterung, es ist nicht mehr als eine leere Geste, eine Ablenkung von der Gegenwart - oder noch Schlimmeres."  (Schutzumschlag hinten)
Wilhelm Kuehs (b.1972, österreich. Schriftsteller, Germanist.): „Dianas Liste: Ein biografischer Roman“ Tyrolia 2017 [Diana Budisavljević, geb. Obexer, (* 15. Januar 1891 in Innsbruck, Österreich-Ungarn; † 20. August 1978 in Innsbruck, Österreich) österreichische Humanistin u. Aktivistin; seit 1917 verheiratet mit FA f. Chirurgie Dr. med. Julije Budisavljevic (1882-1981), 1919 nach Zagreb, 1972 Heimkehr nach Ibk]
Tilar J. Mazzeo (Autorin), Elisabeth Schmalen (Übersetzerin): „Irenas Liste oder Das Geheimnis des Apfelbaums - Die außergewöhnliche Geschichte der Frau, die 2500 Kinder aus dem Warschauer Ghetto rettete“ („Irena's Children: The Extraordinary Story of the Woman Who Saved 2,500 Children from the Warsaw Ghetto“ Gallery Books 2016) ("Ich möchte, dass jeder weiß, dass wir zwanzig bis funfundzwanzig Leute waren, auch wenn ich unsere Bemühungen koordiniert habe. Ich habe es nicht allein getan ... Helden leisten Außergewöhnliches. Was ich tat, war nicht außergewöhnlich. Es war normal." Schluss S.330f) Heyne Verlag 2017 [Irena Sendler (in Polen: Sendlerowa), geb. Krzyżanowska (geb. 15. Februar 1910 in Warschau; † 12. Mai 2008 ebenda)]
Jack Mayer (MD, MPH, Vermont/USA): "Life in a Jar: The Irena Sendler Project" Based on the True Story of Irena Sendler, a Holocaust Hero, and the Kansas Teens [Megan (Stewart) Felt, Elizabeth (Liz) Cumbers-Hutton, Sabrina Coons-Murphy, Jesica Shelton-Ripper in company with 34 Fellow Students] Who „Rescued the Rescuer“ LONG TRAIL PRESS 2nd Edition 2011 (2010)
Viktor Emil Frankl (1905-97,Neuropsychiater, Vater der Logotherapie): „...trotzdem Ja zum Leben sagen – Ein Psycholgie erlebt das Konzentrationslager“ ("Ein Psycholog erlebt das Konzentrationslager" Verlag für Jugend und Volk, Wien 1946) KÖSEL 1995 7. Auflage (1977). Der Buchtitel enthält das Zitat „trotzdem Ja zum Leben sagen“ aus dem Refrain der Lagerhymne "Das Buchenwaldlied", das Ende 1938 im KZ-Buchenwald (am Ettersberg bei Weimar/Thüringen) von Fritz Löhner-Beda [1881 - ermordet, am 4.12.1942 im KZ-Auschwitz), ein österreichischer Librettist, Schlagertexter, Schriftsteller] und Hermann Leopoldi [1888-1959 Wien, ein österreichischer Komponist, Kabarettist, Klavierhumoristen) getextet und komponiert wurde.
Martin Pollack (b.1944, Österreichischer Journalist, Schriftsteller): "Kontaminierte Landschaften" Aus der Reihe "Unruhe bewahren" - Die Gräber sollen unsichtbar werden, in der Landschaft verschwinden, um die namenlosen Opfer für immer aus der Welt zu schaffen: ohne Leiche kein Verbrechen und ohne Verbrechen keine Anklage." Residenz Verlag 2014
Jan Tomasz Gross (b.1947, polnisch-amerikanischer Historiker), Irena Grudzinska-Gross (b.1946): "Golden Harvest: Events at the Periphery of the Holocaust" ("Złote żniwa : rzecz o tym, co się działo na obrzeżach zagłady Żydów" Kraków: Wydawn. Znak, 2011 ) Oxford University Press 2011
Patrick Desbois (b. 1955, frz.Priester): "Der vergessene Holocaust: Die Ermordung der ukrainischen Juden. Eine Spurensuche" Berlin Verlag 2009
Simon Geissbühler (b.1973, schweizer Historiker, Experte f. osteuropäisches Judentum): „Blutiger Juli. Rumäniens Vernichtungskrieg und der vergessene Massenmord an den Juden 1941“ Verlag Ferdinand Schöningh 1.Auflage 2013
Ruta Sakowska (1922-2011, polnische Historikerin am Warsaw JewishHistorical Institute): "Die zweite Etappe ist der Tod. NS-Ausrottungspolitik gegen die polnischen Juden, gesehen mit den Augen der Opfer" Ein historischer Essay und ausgewählte Dokumente aus dem Ringelblum-Archiv 1941-1943. Edition Hentrich 1993. http://rohatyn.blogspot.co.at/
Michaela Christ: „Die Dynamik des Tötens: Die Ermordung der Juden von Berditschew. Ukraine 1941-1944“ Fischer Taschenbuch Verlag 2011. www.kwi-nrw.de/home/profil-mchrist.html
Oksana Sabuschko (b.1960, ukrainische Schriftstellerin, Dichterin, Essayistin): "Museum der vergessenen Geheimnisse" (Muzej pokynutych sekretiv, Музей покинутих секретів, The Museum of Abandoned Secrets 2009) übersetzt von Dr. Alexander Kratochvil. Seite 5. Fischer 2014
Janine Roberts (b.1942, Autor), Carl Amery (Nachwort), Eva Thanner (Übersetzer), Klaus Balzer (Übersetzer): „Nach Völkermord: Landraub und Uranabbau: Die Schwarzaustralier (Aborigines) kämpfen ums Überleben“ (From Massacres to Mining – The Colonisation of Aborigninal Australia 1978) Mit einem Anhang: Der Kampf der Navajos gegen Uranabbau. Gemeinsam herausgegeben von: „Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz“ und „Gesellschaft für bedrohte Völker“ Reihe progrom 1979
...wir Deutschen seien mitverantwortlich am Landraub in Australien. Warum? Weil ein guter Teil des Urans für deutsche Atomkraftwerke aus australischen Minen kommt. Vom Land, das eigentlich den Aborigines gehört. Unser Energiehunger trägt zur Vernichtung einer Kultur bei. So wie der Energiehunger aller industrialisierten Völker die Grundlagen nicht nur der indigenen Völker weltweit vernichtet, sondern auch die Ökologie des Planeten insgesamt in eine Bewegung bringt, die nun beginnt, der gesamten Menschheit zu schaden ..."

"Noch in den Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts [20.Jhd.] wurde ein Kopfgeld für den Abschuss von Aborigines gezahlt. Zehn Dollar für einen Erwachsenen, fünf für ein Kind. Es soll Männer gegeben haben, die gut daran verdienten. Die Literatur berichtet von einem Spezialisten, der die Kinder bei den Fußgelenken nahm und sie mit dem Kopf gegen Bäume und Steine schleuderte, um beim Töten Kugeln zu sparen. Ganze Gruppen wurden zusammen getrieben, in Pferche gesperrt und dann abgemezelt. Es galt bei manchen Siedlern als Mode, Tabaksbeutel aus Hodensäcken erlegter Aborigines zu besitzen. Ganze Gruppen wurden abgeschossen, um einige Aboriginefrauen zu entführen. Nach ihrer "Benützung" wurden auch sie "entsorgt". Bei all diesen Bestialitäten handelte es sich zumeist um staatlich geduldeten oder sogar geförderten Völkermord ... Diese Praktiken hielten sich bis ungefähr in die 1920er Jahre ..."

"'Man kann nicht allen helfen!'
sagt der Engherzige und –
hilft keinem."
Marie von Ebner-Eschenbach
(1830-1916)
Mährisch-österreichische Erzählerin,
Novellistin und Aphoristikerin


"Der damalige Chefankläger in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen Robert H. Jackson (1882-1954)
hatte seinerzeit festgestellt (1), dass die Rechtsprinzipien, die in Nürnberg entwickelt worden sind,
allgemeingültig seien
und somit auch zukünftig bei einer rechtlichen Bewertung von Verbrechen anderer
Staaten, auch der USA, zugrunde gelegt werden müßten
. (2) Würde man diesen Anspruch ernst nehmen, so
hätte, wie Noam Chomsky bemerkte, jeder amerikanische Nachkriegspräsident als Kriegsverbrecher gehängt
werden müssen (3). - Soviel nur am Rande zum amerikanischen Exzeptionalismus ... [dieser] bezeichnet
eine Ideologie, der zufolge die USA aufgrund ihrer besonderen Geschichte und ihrer einzigartigen
Machtfülle eine einzigartige Sonderstellung unter den Nationen der Welt einnähmen.
Der Exzeptionalismus stellt die politische Kernideologie der USA dar (4) ..."


Aus: Rainer Mausfeld: "Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstört"
Die Angst der Machteliten vor dem Volk. Demokratiemanagement durch Soft-Power-Techniken, Antiamerikanismus als politischer Kampfbegriff, S.77,
Studienausgabe Westend 3.Auflage 2019. "Die Angst der Machteliten vor dem Volk. Demokratie-Management durch Soft Power-Techniken" pdf
>>>
www.uni-kiel.de/psychologie/mausfeld/pubs/Mausfeld_Die_Angst_der_Machteliten_vor_dem_Volk.pdf, S.16
(1/24) "If certain acts and violations of treaties are crimes, they are crimes wheter the United States does them or whether Germany does them.
We are not prepared to lay down a rule of criminal conduct against others which we would not be willing to have invoked against us." Robert H. Jackson
Aus: Telford Taylor (1908-1998, US-am.Jurist): "The Anatomy of the Nuremberg Trials: A Personal Memoir" New York Little Brown 1993
(2/25) Zu Fragen einer "Siegerjustiz" und von Doppelstandards bei der Entwicklung eines internationalen Strafrechts siehe z.B.:
Frédéric Mégret: "The Politics of International Criminal Justice" European Journal of International Law 2002, 5, 1261–1284.
William Schabas: "Unimaginable Atrocities: Justice, Politics, and Rights at the War Crimes Tribunals" Oxford University Press 2012
(3/26) "Die USA haben sich seit dem Zweiten Weltkrieg unzähliger Kriegsverbrechen schuldig gemacht und zugleich eine "culture if impunity"
[Kultur der Straffreiheit] entwickelt, die internationales Recht zu einem Recht des Stärkeren hat verkommen lassen." "If the most powerful
country in the world - a country that still, decades after the end of the Soviet Union, calls itself "the leader of the free world" - can
violate international laws of war and human rights with complete impunity, then why should any other nation be constrained?"
Aus: Rebecca Gordon: "American Nuremberg: The U.S. Officials Who Should Stand Trial for Post-9/11 War Crimes" p.8, Hot Books 2016
(4/20) Trevor B. McCrisken: "Exceptionalism" 2002 In: A. Deconde, R. D. Burns & F. Logevall (eds.): "Encyclopedia of American
Foreign Policy" Vol. 2, 2nd ed. New York: Scribner, pp. 63–80. "American Exceptionalism and the Legacy of Vietnam: US Foreign Policy
since 1974" NewYork, Palgrave Macmillan 2003


Die schwarzen Sänger
"Vom Vorurteil zur Toleranz"

"Als ich im Jahre 1927 an einer großen Universität in einer kleinen Stadt im mittleren Westen Nordamerikas zwischen
Mais- und Weizenfeldern ein Studienjahr verbrachte, ereignete sich eine Geschichte, die ich nie vergessen werde.

Eine Gruppe von Negern gab ein Konzert mit vierstimmig vorgetragenen Spirituals, also den inzwischen auch bei uns bekannten
und geschätzten geistlichen Volksliedern, die zum Teil noch aus der Zeit der Sklaverei stammen und mit denen die schwarzen Bürger
ihre führende Rolle im Musikleben der Vereinigten Staaten begründet haben. Meine Freunde von der Universität sagten mir, ich dürfe
das Konzert auf keinen Fall versäumen. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt, die vierstimmigen Sätze waren hervorragend,
ihr Vortrag war es nicht minder, der Beifall war stürmisch und es wurde eine Zugabe nach der anderen verlangt.
Aber am nächsten Morgen kam mir etwas zu Ohren, was ich nicht erwartet hatte.

Die schwarzen Sänger hatten am Abend in keinem Hotel der Stadt Unterkunft gefunden. Die Veranstalter, eine kleine Gruppe fort-
schrittlicher und aufgeschlossener Studenten, waren mit ihnen von einer Tür zur anderen gefahren, aber merkwürdigerweise war gerade
an diesem Abend, wie einst in Bethlehem, nirgends ein einziges Bett frei. Nach einer ermüdenden Irrfahrt klopften sie zuletzt bei dem
Geistlichen der Unitarian Church an und fanden in seinem gastlichen Haus ein Nachtlager. Dass gerade dort ihre Aufnahme nicht von der
richtigen Hautfarbe abhängig gemacht wurde, ist nicht verwunderlich. Denn in der Unitarischen Kirche, die fast nur im angelsächsichen
Bereich verbreitet ist, wird ein Christentum im aufgeklärten Geiste Lessings [Gotthold Ephraim L., 1729-1781, bedeutender Dichter d.
deutschen Aufklärung] gepflegt, in dem zwar nicht auf geregelte Formen des Gottesdienstes verzichtet, aber die Entscheidung, ob
Christ oder Nicht-Christ, nicht vom Bekenntnis, sondern allein von der ausgeübten Nächstenliebe abhängig gemacht wird.

An den darauffolgenden Tagen gab es aufgeregte Gespräche, in denen meine amerikanischen Freunde das Verhalten der Gastwirte
zu entschuldigen suchten. Man könne es ihnen nicht verübeln, wenn sie keine Neger in ihr Haus aufnehmen. Das geschähe nur aus
Rücksicht auf ihre anderen Gäste. Sie müßten damit rechnen, dass es sich fortan herumspräche, es sei nicht ausgeschlossen, dass
man bei ihnen mit Schwarzen an einem Tisch sitzen oder in einem Bett liegen müsse, in dem in der Nacht zuvor ein Neger geschlafen
hatte. Das hätte zur sofortigen Folge, dass ihr Haus künftig von den Weißen gemieden würde. Ihr Verhalten wurde also
als eine Art berechtigter Notwehr gedeutet.

Die allgemeine panische Angst, mit Schwarzen in nähere Berührung zu kommen, äußerte sich auch noch auf andere auffällige Weise.
Die Universität ließ zwar damals schon Schwarze als Studenten zu. Aber es war diesen unmöglich, von dem wunderschönen großen
Schwimmbecken im Hochschulgelände Gebrauch zu machen. Unterstand sich einer von ihnen, in das Becken zu springen, so stiegen
unverzüglich alle Weißen aus der Flut und weigerten sich, von der Badegelegenheit Gebrauch zu machen, solange nicht das Wasser
ausgewechselt war. Sie benahmen sich, als sei das Wasser durch das Eintauchen eines Negers vergiftet. Auf meine Frage nach dem
Grund dieses Verhaltens hatten meine Freunde auch hierfür eine zunächst einleuchtende Erklärung: Die Schwarzen hätten einen üblen
und dabei durchdringenden Körpergeruch
... Ich meinte, ich hätte zwar bisher davon nichts gemerkt, wenn es aber so sei, so verstünde
ich zwar, dass man die Schwarzen auf Baumwollfeldern und auch als Stiefelputzer auf der Straße beschäftigte, aber ich wunderte mich
ganz außerordentlich, dass man ihnen mit Vorliebe als Köchin die Zubereitung der Mahlzeiten anvertraue und dass in gehobenen weißen
Famlien Negerinnen als "Mammies", das heißt als Kinderfrauen ganz besonders geschätzt seien. Es sei mir schwer verständlich, wie
man es in diesen Familien zulassen könne, dass die Kinder ihre ersten Lebensjahre fast ununterbrochen auf dem Arm dieser übelriech-
enden Personen zubringen. An die Antwort auf diesen Einwand erinnere ich mich nicht genau: Sie könnte gelautet haben, es gebe doch,
wie überall, so auch beim Körpergeruch erträglichere Ausnahmen. Im übrigen berief man sich darauf, dass es sich dabei um Gefühle
handle, und Gefühle ließen sich doch nicht wegdisputieren. Aber deutlich habe ich noch das Achselzucken vor Augen, mit dem sie
zugaben, dass sie im Grund mit ihrem Latein am Ende waren. - Damit wäre auch die Geschichte zu Ende,

wenn nicht inzwischen in Amerika eine Untersuchung über die Bedeutung des Körpergeruchs für die Unterscheidung der Rassen
durchgeführt worden wäre. Einer Gruppe von 50 Beurteilern wurden in undurchsichtiger Reihenfolge bei verbundenen Augen vier junge
Männer vorgeführt, zwei schwarze und zwei weiße, die im ersten Teil des Versuchs aus der Dusche kamen, im zweiten unmittelbar
zuvor eine Viertelstunde lang anstrengenden Sport getrieben hatten, mit der Frage, "schwarz oder weiß?". Der Ausfall des Versuchs
bestätigte die Geruchs-Annahme nicht. Die Zuordnungen waren völlig zufällig. Kurz, unter sauberen Versuchsbedingungen lassen
sich Schwarze und Weiße am Geruch nicht unterscheiden
. Es trifft nicht zu, dass die Neger einen gemeinsamen und daher
kennzeichnenden Körpergeruch haben, und noch weniger, dass ihr Geruch allgemein so widerwärtig ist, dass man es in ihrer
Nähe nicht aushalten kann. - Alles das triftt sowenig zu wie, dass sie allgemein weniger begabt, weniger beherrscht
und weniger zuverlässig als ihre weißen Landsleute seien."

Aus: Wolfgang Metzger (1899-1979, deutscher Psychologe, Vertreter der II Generation d. Gestalttheorie der Berliner Schule):
„Vom Vorurteil zur Toleranz“ 1. Ein Beispiel: Die schwarzen Sänger. S.7-9, Herausgegeben von der Niedersächsischen
Landeszentrale für Politische Bildung 1973



Aus: Janine Roberts: „Nach Völkermord: Landraub und Uranabbau: Die Schwarzaustralier
(Aborigines) kämpfen ums Überleben“ Seite 8. Reihe progrom 1979



"Ich bin ein Poet, ein Träumer. Ich glaube, das Didgeridoo [Yedaki,Gurrmurr] trägt die Kraft in sich, dem Denken eine neue Richtung zu geben. Es bedarf nur eines Menschen, der bereit ist zu spielen. Nicht zu lernen. Zu spielen ... Die Kraft der Veränderung durch Schwingungen und Spiel ist äußerst real ... Denn das ist das Vermächtnis des Didgeridoo: Es trägt das Potential in sich, LEBEN in BEWEGUNG und BEWEGUNG ins LEBEN zu bringen. Wir verdanken es dem Alten Volk [Aborigine, indigene Australier] ...

Würden die Weißen einsehen, dass sie das PRINZIP LEBEN und das PRINZIP SCHÖPFUNG nicht ganz durchschauen, sie würden vielleicht die Wälder am Amazonas nicht abholzen und sie würden sich hüten, Menschen anderer Kultur oder Hautfarbe in Konzentrationslager zu sperren oder ihre Hoden als Tabaksbeutel zu verwenden ... Vor der Ankunft der Weißen gab es über dreihundert verschiedene Sprachen in Australien, fünf- bis sechshundert verschiedene Dialekte ... Heute sprechen noch weniger als zehn Prozent der Uraustralier ihre indigenen Sprachen ..." (Janine Roberts)


SARAJEVO
"Hauptstadt und Regierungssitz von Bosnien und Herzegowina"
Die Mayrhofner (2006) mit Erwin Aschenwald
www.mayrhofner.at/
Der Krieg in Bosnien und Herzegowina
von 1992 bis 1995

"Der Wind singt schon leise
SARAJEVO

Er träumt eine Melodie
Die Lieder sie weinen
SARAJEVO

Doch Hoffnung auf Frieden
Stirbt nie!

Die Augen deiner Kinder
SARAJEVO
Sind Traum einer Ewigkeit
Sie fragen die Sterne
Ganz leise
Dann findet das Glück
Deine Zeit
OH SARAJEVO

Jede Träne die leise
Auf Dich fällt
OH SARAJEVO

Ist ein Spiegel, ein Spiegel
FÜR unsere Welt

Was musst Du ertragen
SARAJEVO
Das Blut deiner Väter
Im Krieg
Das Flehen der Mütter
SARAJEVO

Verlierer der Macht
Nie ein Sieg
Nur LIEBE ist Anwort
SARAJEVO

Nicht Kanonen im Feuer der Zeit
Gewalt hat für ewig verloren
Weil Menschen gar schwarz sind
Oder weiß
OH SARAJEVO

Jede Träne die leise
Auf dich fällt
OH SARAJEVO

Ist ein Spiegel, ein Spiegel
Unsrer Welt
OH SARAJEVO

Alle Völker der Erde
Sind bereit
OH SARAJEVO

Der erste Zug fährt ins Glück
Deiner Zeit
Der erste Zug fährt ins Glück
Deiner Zeit
SARAJEVO

Text abgehört, am 26.9.2019, aus:
3.CD - 12.Lied in 3er CD - Der Sonntagsjodler
Die Mayrhofner mit Erwin Aschenwald


Musiker erschaffen
wovon die Menschheit seit Anbeginn träumt:
Frieden und vollkommene Harmonie!

In: David Lindner: „Traumzeit - Didgeridoo spielerisch erlernen und
seine heilsame Kraft selbst erfahren – Das Geheimnis des Didgeridoo“
S. 181, 176f, 182f, 194f. 6. Auflage Traumzeit 2011

HUMAN SPIRIT
www.youtube.com/watch?v=aKk4r7q-9R8
The 10th track of the album
"Life In A Beautiful Light" (2012)
Amy Elizabeth Macdonald
(b. 1987)
Schottische Musikerin
Singer-Songwriterin

"The world kept moving and you stood still
Caught in a moment against your will
And I think of you
Tonight
The world kept going and nobody could see
The hell that was happening, to hard to believe
And I'll shed a tear
For you
No matter how many bombs we've dropped
No matter how many wars we've fought
It's good to see that it's not dead
Human spirit
Is alive and well

The people couldn't get it they said it wasn't true
How could this happen, happen to you
But we'll try our best to be home
For Christmas
And all the while we're still thinking bout ourselves
Worrying bout money and stressing about wealth
But there much more much more
To live for
No matter how many bombs we've dropped
No matter how many wars we've fought
It's good to see that it's not dead
Human spirit
Is alive and well
Human spirit
Is alive and well
Human spirit
Is alive and well
"







Meine "unvollständige" Literaturliste >>>