„Desiderata“
lat. desiderare: ersehnen, wünschen, Segenswunsch,
„So führst Du ein glückliches Leben“
„Die
Lebensregel von Baltimore“
Geh
ruhig durch diese Welt voll Lärm und Hast
und sei dir
des Friedens gewahr, der in der Stille weilt.
Soweit es
dir möglich ist, sei allen Menschen gut gesinnt.
Sprich deine
Wahrheit ruhig und klar und höre anderen zu,
auch denen,
die abgestumpft und unwissend scheinen:
auch sie
haben ihre Geschichte.
Meide laute
und streitsüchtige Menschen, sie führen dich in die Irre.
Vergleichst
du dich mit anderen, so magst du eitel oder bitter werden,
denn es wird
immer größere oder geringere Menschen geben als dich selbst.
Freue dich
an deinen Errungenschaften und Vorhaben.
Folge deinem
Lebensauftrag – jedoch demütig – er ist ein echter Schatz
in den
wandelbaren Strömungen der Zeit.
Übe Vorsicht
bei all deinen Unternehmungen, denn die Welt ist voller Betrug.
Doch lass
dich nicht davon abbringen, das Tugendhafte wahrzunehmen;
denn viele
Menschen streben hohe Ideale an und überall triffst du Mutige.
Sei Du
selbst.
Vor allem
heuchle nicht Mitgefühl und spotte nicht über die Liebe,
denn auch
wenn du Entbehrungen und Enttäuschungen erlebst,
kehrt sie
wieder wie das Gras.
Nimm den Rat
der Jahre wohlwollend an und lass in Würde die Jugend hinter dir.
Pflege und
nähre die innere Kraft, damit sie dich in Augenblicken des Leids schütze,
doch quäle
dich nicht mit Vorstellungen.
Viele Ängste
entstehen aus Einsamkeit und Ermüdung.
Unter einer
heilsamen Disziplin geh sanft mit dir um.
Ein Kind des
Universums bist du, nicht weniger als die Bäume und Sterne.
Du hast ein
Recht hier zu sein – und ob es dir nun klar ist oder nicht –
es besteht kein
Zweifel: Das
Universum entfaltet sich wie es soll.
Deshalb:
Sei in Frieden mit Gott, was immer er
für dich ist
und was immer deine Arbeiten und Ziele auch sind
in dieser
geräuschvollen Verwirrung des Menschseins.
Halte
Frieden in deinem Inneren.
Mit all
ihrer Mühsal, mit all ihren Täuschungen
und all ihren zerbrochenen Träumen
ist die Erde
eine schöne Welt.
Sei achtsam.
Sei
glücklich.
Aus:
„The Poems of Max Ehrmann“
Bruce Humphries
Publishing Company
Boston, Massachusetts 1948
von
Max Ehrmann
(1872-1945)
Deutschstämmiger
Amerikanischer Jurist
und Dichter
(Indiana/USA)
Max Ehrmann beantragte bereits am 3. Januar
1927
das Urheberrecht für dieses
Gedicht,
das bis heute bei seinen
Verwandten liegt.
1959 veröffentlichte der Pfarrer der Kirche St. Paul's in Baltimore
(US-Bundesstaates Maryland),
Rev. Frederick Ward Kates (1956
- 1961 Rektor von Old St. Paul’s) die Desiderata in einer Sammlung
seiner Pfarrbriefe in dem Buch
„Between Dawn and Dark“.
Auf dem Umschlag dieses Buches
steht, wie bei solchen Veröffentlichungen üblich, der Name der Kirche
und ihr
Gründungsjahr, hier also „From the Old Saint Paul´s Church, Baltimore, 1692“
Daraus wurde fälschlicherweise
geschlossen - und es wird noch immer als Legende verbreitet -
dass es sich um
eine Inschrift in dieser Kirche handle und diese Weisheiten schon aus uralter
Zeit stammten.
Der Text wurde aus dieser
Falschannahme auch als public domain („Gemeinfreiheit“,
ohne Urheberrecht) angesehen und millionenfach
vervielfältigt.